Ich finde diesen thread gut, denn bin aufgewachsen mit der Maxime, große Rieslinge zeigten erst nach vielen Jahren ihre eigentliche Statur. „Geschmackssache“ klingt erfreulich anders, wobei ich persönlich es als Erlebnissache ansehe. GG nach ca. 20 Jahren haben mich bislang mehrheitlich enttäuscht. Es gibt aber Weine wie z. B. Christmanns Idig 04,die erst dann einen unwiderstehlichen Genuss bereiteten. Ob Warten gut ist, zeigt sich, wenn es so war, ist meine neue Maxime. Bezweifelt z.B. durch Ausnahmen wie Weine von Heymann-Löwenstein aus den 2000er Jahren. Hier gab es einige, die 20 Jahre später Höhepunkte erreichten (für mich) wie es mir Leute vorhergesagt hatten.
Gruß, Kle
Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
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Tristram Shandy
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Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Sehe ich seit dem 2012er ganz genauso. Wobei man freilich auch sehen muss, daß seit etwa einem Jahrzehnt das (bestimmt stattfindende) Feintuning durch Klimawandel und Stilwechsel verdeckt wird.Weinschlürfer hat geschrieben: PS: Um nochmal Öl ins Feuer zu gießen. Ich habe letztens mit Bekannten darüber debatiert, ob die deutschen Spitzenrieslinge ("GGs") besser werden. Meiner Meinung nach: die letzten Jahre nicht mehr
Einzelne Weingüter werden es aber durchaus.
Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard, copropriétaire de Château Smith Haut Lafitte)
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Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
...bei einer 2008er „Abts E®.de“ im letzten Jahr zeigte sich das mit der Geschmackssache recht schön, ich selbst war der Meinung, daß man die Flasche besser schon ein paar Jahre früher aufgemacht hätte, es gab aber auch auch Stimmen am Tisch, die deutlich begeisterter waren als ich...Kle hat geschrieben:denn bin aufgewachsen mit der Maxime, große Rieslinge zeigten erst nach vielen Jahren ihre eigentliche Statur. „Geschmackssache“ klingt erfreulich anders, wobei ich persönlich es als Erlebnissache ansehe
Viele Grüße
Erich
Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.
https://ec1962.wordpress.com/
Erich
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- Rieslingfan
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Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Besten Dank für die bisherigen Kommentare zu dem für mich sehr interessanten Thema.
Gruß Markus
Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Diese Spielchen kann man auf Cellartracker mit Weinen, für die sehr viele VKN verfasst werden, mit besserer Statistik spielen. Ich hatte das mal für einige Jahrgänge La Rioja Alta (LRA) Ardanza usw. gemacht und die Mittelwerte zeitlich (in Jahresschritten) berechnet. Zu meiner großen Überraschung kam heraus, daß sich die Bewertungen über ein Jahrzehnt hinweg nicht sehr ändern - falls Potential im "Jungwein" (also bei Release) erkannt wurde, floss es wohl gleich in die Bewertung ein - oder das Potential wurde auch nach einem Jahrzehnt noch nicht realisiert, oder es war nie da. Wohlgemerkt, im (arithmetischen) Mittel.Rieslingfan hat geschrieben:Ich habe mir bereits des Öfteren die Frage gestellt, ob GG tatsächlich dass ihnen stets zugesprochene Reifepotenzial haben oder anders ausgedrückt, werden sie im Laufe der Jahre tatsächlich besser?
Wenn ein Winzer ein GG bei Verkostungen vorstellt, ist in der Regel die Rede von "der ist noch jung und verschlossen" oder "der zeigt jetzt langsam sein Potenzial", usw.
Persönlich fehlt mir dazu die Erfahrung, doch ausgehend von den Bewertungen von Marcus Hofschuster (Wein-Plus), lässt die Bewertung (Punkte) nicht erkennen, dass die Qualität solcher Weine über die Jahre zunimmt.
Hier einige Beispiele
<snip>
Wie seht ihr das?
Übrigens zeigen Weine von LRA eine sehr auffallend niedrige Standardabweichung; daraus schließe ich persönlich, daß eh nur Liebhaber diese Weine kaufen und sie folglich ähnlich (und ähnlich gut) sehen. Wahrscheinlich können diese Leute dann auch mit ihrer großen Trnkerfahrung das Potential "einpreisen". (Und wer LRA Ardanza furchtbar findet, fällt statistisch nicht ins Gewicht, falls er sich überhaupt traut, eine abweichende Bewertung in Cellartracker zu posten.)
Cheers,
Ollie
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Re: Haben GGe tatsächlich Reifepotenzial?
Vor einem Jahrzehnt habe ich mir mal den Spaß gemacht, eine kleine Analyse der Hofschuster-Wertungen der Jahrgänge 2011 bis 2013 einschließlich anzustellen (stark 60.000 Weine), weil ich nach einigen hypothetischen Effekten gesucht habe. Dabei war mir bei der kumulativen Verteilung der Bewertungen aufgefallen, daß Hofschuster tatsächlich zu konservativ wertet: 91.3% der Weine haben 88 Punkte oder weniger, sind also stark 3 Punkte unterbewertet. Nur 4.6% der Weine haben 90 Punkte oder mehr. Das ist ziemlich eindeutig ein falscher* Gebrauch der 100er-Skala, die sich, wer hätte es gedacht, von Prozenten ableitet. (NB: Hofschuster wertet absolut, d.h. ohne "Peer-Group"-Konzept.)mixalhs hat geschrieben: Zum Seitenthema "Hofschuster":
Ich schätze seine Bewertungen sehr. Sam Hofschuster bewertet eher konservativ, was mir sehr gefällt.
(...)
Marcus Hofschuster wertet im mittleren bis gehobenen Segment sehr konservativ; bei den Spitzenweinen spreizt sich seine Skala dann zunehmend, so dass er, um die Traumweine von den Spitzenweinen zu trennen, gelegentlich zu den Sternen greift, die bei ihm dann bei 95 bis 98 liegen (wobei Heiner Lobenberg dann schon bei 100+ gelandet wäre).
Dazu gesellen sich zwei wichtige Effekte: In der Mittelklasse ist es egal, welchen Weinen Hofschuster wieviele Punkte gibt, weil er ein stark unvollständiges Sample hat. Und "obenrum" ist es so krass Geschmackssache, welchem Wein er über 95 Punkte gibt, daß seine Bewertung irrelevant für meine Kaufentscheidung ist; der Unterschied zwischen 93 und 96 ist nämlich gravierend, aber halt stochastisch. (Das ist kein Versagen von Hofschuster, sondern die Eigenschaft von "persönlichem Geschmack".)
Cheers,
Ollie
*Die richtige Antwort lautet freilich: Die 100er-Skala ist sowieso absoluter Blödsinn.
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Re: Haben GGe tatsächlich Reifepotenzial?
Ich hoffe das jetzt nicht falsch interpretiert zu haben, aber sollte eigentlich bei den Profi Verkostern der persönliche Geschmack keine Rolle spielen?Ollie hat geschrieben:mixalhs hat geschrieben: Zum Seitenthema "Hofschuster":
Ich schätze seine Bewertungen sehr. Sam Hofschuster bewertet eher konservativ, was mir sehr gefällt.
(...)
dazu gesellen sich zwei wichtige Effekte: In der Mittelklasse ist es egal, welchen Weinen Hofschuster wieviele Punkte gibt, weil er ein stark unvollständiges Sample hat. Und "obenrum" ist es so krass Geschmackssache, welchem Wein er über 95 Punkte gibt, daß seine Bewertung irrelevant für meine Kaufentscheidung ist; der Unterschied zwischen 93 und 96 ist nämlich gravierend, aber halt stochastisch. (Das ist kein Versagen von Hofschuster, sondern die Eigenschaft von "persönlichem Geschmack".)
....
Gruss
Marko
Der schönste Sport ist der Weintransport!
Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Das hat du schon richtig verstanden. Allerdings teile ich nicht die Sicht, daß "eigentlich bei den Profi Verkostern der persönliche Geschmack keine Rolle spielen" sollte. Deswegen finde ich es auch nicht schlimm, wenn auch bei Hofschuster der persönliche Geschmack eine Rolle spielt.
Wie sollte man sich den eigenen Geschmack auch aberziehen?
Cheers,
Ollie
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Ollie
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Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
Aberziehen wird wahrscheinlich nicht funktionieren, aber andere Kriterien an den Tag legen schon. Man kann ja durchaus sagen, "ist nicht mein Geschmack, gehört da aber rein und ist deshalb xx Punkte wert". Ich erwarte schon von einem Profi daß er einen großen Wein als solches erkennt, auch wenn es nicht sein style ist. Auch im Sinne der Vergleichbarkeit wäre diese Eigenschaft wünschenswert.
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Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?
...das mit der "objektiven wie neutralen Bewertung" kann man m.E. in der Realität knicken. Zum einen wird niemand seine Vorlieben / Abneigungen gänzlich ausblenden können. Aber selbst wenn, dann bleiben immer noch die individuell unterschiedlichen Wahrnehmungen, sowohl was die Schwellen als auch die Zuordnung angeht. Die Deltas sind vorprogrammiert. Wenn man die Verkoster flächendeckend durch kalibrierte Gaschromatographen ersetzen würde, könnte man die Streuungen sicher deutlich verringern...
Viele Grüße
Erich
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