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Weißburgunder vs. Grauburgunder

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amateur des vins

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Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragSo 21. Mai 2017, 18:20

Die aromatischen Unterschiede zwischen Weiß- und Grauburgunder schienen mir seit längerem ziemlich klar. Mme. Amatrice, keinem guten Glas Wein abgeneigt, aber mitnichten Freak wie wir, waren diese nicht so offensichtlich. Etwas vollmundig kündigte ich einen Vergleich an, der das klären würde.

Als Vergleichsobjekte hielten Herrenberg 2015 von Holger Koch her. Die Unterschiede schienen mir gering, aber erkennbar: der weiße etwas strahlender und (sic!) weißfruchtiger, der graue etwas erdiger und pochierte Birne oder so. Tatsächlich waren sie aber fast ununterscheidbar. Meine Freundin fand den weißen etwas "kräftiger und voller" und hielt ihn - nach meiner Vorabbeschreibung - folgerichtig für den grauen. Nachvollziehbar...

Langer Rede kurzer Sinn:
Was erwartet ihr von Grau- und Weißburgunder? Was findet ihr vor? Wieviel davon ist breite Ruländer-Remineszenz? Sind die Unterschiede bei anderen Winzern auch so gering, oder deutlicher? War Holger Koch besonders brilliant, Grauburgunder so schlank hinzubekommen, oder ist eher zu kritisieren, daß die Unterschiede so minimal sind?

Mangels Alternativen werde ich den Test bei Gelegenheit mit den *** von Holger Koch wiederholen. Ich hatte die bisher nur einzeln, meine aber, daß sie sich deutlicher unterschieden als die Herrenberg.
Besten Gruß, Karsten
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OsCor

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragMo 22. Mai 2017, 14:28

Meine meisten Weineinkäufe bei weißen Burgundern sind trockene Kabinette und Spätlesen aus dem Breisgau und vom (nördlichen) Kaiserstuhl, und zwar häufig von den WGs.
Dabei waren die Weißburgunder von den jahrgangsgleichen Grauburgundern stets deutlich zu unterscheiden. Es geht mir häufig so, dass ich Grauburgunder, die irgendwo gereicht werden, fast immer auf Anhieb (schon häufiger blind) erkenne auf Grund ihres kräftigen Geschmacks. Bei Weißburgunder würde ich mir das nicht unbedingt zutrauen.
Gut finde ich als Vergleichsbegriff „strahlend”: Bei Grauburgunder fehlt mir häufig genau das und ich habe festgestellt, dass mir dieser selbst bei der Basisqualität bei einfachen Gerichten zu kräftig (leider stehen meinen Rezeptoren nicht viele Begriffe zur Verfügung) und im Sinne von „nichtstrahlend” stumpf vorkommt.
Deine Erfahrung mit diesen Weinen von Holger Koch habe ich bei anderen Paaren noch nicht machen können. Sehr interessant jedenfalls.

Gruß
Oswald
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EThC

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragMo 22. Mai 2017, 20:17

Da ein allgemeingültiges Unterscheidungsmerkmal aufstellen zu wollen ist aus meiner Sicht gar nicht so einfach, bzw. ich kann's nur annähernd für die Regionen, aus denen ich etwas mehr WB UND GB im Keller habe, das sind vor allem Südtirol und Baden, hier insbesondere der Bodensee. Aus der Pfalz, Rheinhessen und Franken habe ich in der Regel nur WB's, da fehlt mir weitgehend die Vergleichsmöglichkeit.
Bezogen auf die beiden Regionen sind die WB's im Mittel etwas mehr mit Zitrusaromen gesegnet und haben weniger oft ein Säureproblem bzw. gleiten nicht ganz so schnell ins cremige ab. GB's sind dann meist etwas gelbfruchtiger. Wenn diese auch eine schöne Säure haben, ist hier dann eher ausschlaggebend, wie gut Extrakt und Säure sich gegenüberstehen, bei den WB's hilft da häufiger ein -wenn auch meist kleiner- Zitrusanteil zum nötigen Trinkfluß...
Viele Grüße
Erich

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mixalhs

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragDi 23. Mai 2017, 08:59

Zum Thema kann ich meine Erfahrungen mit mehreren Jahrgängen WB versus GB vom Weingut R&C Schneider (Endingen, Kaiserstuhl) beitragen. Der GB heißt dort Ruländer, die Schneiders verwenden weiterhin die Prädikate "Spätlese" und "Auslese" auch für trockene Weine, und sie geben, zumindest bei den Weißen, keine Orts- oder Lagenbezeichnungen an.

Die WB sind generell zugänglicher, die GB etwas komplexer mit Anflügen von Haselnuss, die in Kombination mit einer spürbaren Säure, vielen Leuten nicht so zusagen. Bei den Verkostungen wurden die WB im Durchschnitt der Verkoster meistens besser bewertet als die GB der gleichen Qualitäts- und Preisstufe, wobei einzelne Personen (ich eingeschlossen) systematisch die GB eher vor den WB hatten. Beide Weine, sowohl der WB und der GB, reifen sehr gut. Neulich erst hatten wir zum Bärlauchhühnchen einen 2010er Ruländer Spätlese trocken, der ganz wunderbar war und gar nicht alt wirkte.
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amateur des vins

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Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragDi 23. Mai 2017, 10:58

Danke für Eure Eindrücke!

Was mir nicht klar ist: Sind die Unterschiede - so sie denn erkennbar sind - eher den Rebsorten oder eher der Weinbereitung geschuldet? Offenbar beidem, denke ich, aber was ist der primäre Grund? Es ist ja auch denkbar, daß historisch die Erwartung an GB gewachsen ist, er habe kraftvoll/breit/säurearm/... zu sein, sich einige "moderne" Winzer aber davon emanzipieren und deshalb genauso schlanke/frische/präzise/fokussierte/... GB erzeugen, wie es ihre WB sind?
Besten Gruß, Karsten
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OsCor

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragDi 23. Mai 2017, 13:19

Sorry, kurzer OT-Einwurf:
mixalhs hat geschrieben:Neulich erst hatten wir zum Bärlauchhühnchen einen 2010er Ruländer Spätlese trocken, der ganz wunderbar war und gar nicht alt wirkte.
Ich muss zugeben, ich bin sprachlos, das hätte ich mich nicht getraut, weil ich da viel zu viel Wucht gegenüber dem Hähnchen erwartet hätte.

Gruß
Oswald
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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragDi 23. Mai 2017, 15:36

amateur des vins hat geschrieben:Was mir nicht klar ist: Sind die Unterschiede - so sie denn erkennbar sind - eher den Rebsorten oder eher der Weinbereitung geschuldet? Offenbar beidem, denke ich, aber was ist der primäre Grund?


Ich habe mich mit meiner Aussage jetzt auf den für mich jeweils möglichen Vergleich von WB's / GB's gleicher Hersteller bezogen, das sind konkret Aufricht, Kress, Schmitt vom Bodensee sowie Nals-Margreid, Tiefenbrunner, Elena Walch, Eisacktaler Kellerei und Franz Haas aus Südtirol. Nur beim Tiefenbrunner habe ich es mal erlebt, daß im gleichen Jahrgang der Pinot Grigio deutlich "spritziger" als der Pinot Bianco war. Ansonsten sind die Unterschiede zwischen den beiden jeweiligen Probanden tendenziell so, wie von mir beschrieben. Deshalb würde ich davon ausgehen, daß ein wesentlicher Einfluß schon von der Rebsorte kommt.
Vom Seehof in Rheinhessen habe ich zwar auch beide Burgundersorten im Keller liegen, den GB habe ich aber noch nicht probiert...
Viele Grüße
Erich

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olifant

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragMi 24. Mai 2017, 09:38

OsCor hat geschrieben:Sorry, kurzer OT-Einwurf:
mixalhs hat geschrieben:Neulich erst hatten wir zum Bärlauchhühnchen einen 2010er Ruländer Spätlese trocken, der ganz wunderbar war und gar nicht alt wirkte.
Ich muss zugeben, ich bin sprachlos, das hätte ich mich nicht getraut, weil ich da viel zu viel Wucht gegenüber dem Hähnchen erwartet hätte.

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olifant

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragMi 24. Mai 2017, 09:42

EThC hat geschrieben:... Nur beim Tiefenbrunner habe ich es mal erlebt, daß im gleichen Jahrgang der Pinot Grigio deutlich "spritziger" als der Pinot Bianco war. ...


Das wird wohl in dem Jahr gewesen sein, als die Cuveé Anna, vormals eine WB/GB-Cuveé, zu einem reisortigen WB wurde und zusätzlich ein reinsortiger GB (Pinot Grigio) Turmhof in den Verkauf kam. Evtl. auch hoher Anteil an jungen Rebstöcken ...
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Ralf

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EThC

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Re: Weißburgunder vs. Grauburgunder

BeitragMi 24. Mai 2017, 17:36

olifant hat geschrieben:Das wird wohl in dem Jahr gewesen sein, als die Cuveé Anna, vormals eine WB/GB-Cuveé, zu einem reisortigen WB wurde und zusätzlich ein reinsortiger GB (Pinot Grigio) Turmhof in den Verkauf kam. Evtl. auch hoher Anteil an jungen Rebstöcken ...


Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, könnte aber 2012 gewesen sein. Da habe ich in der Jausenstation so ziemlich alles probiert und dann den WB aus der Turmhof-Linie nicht mitgenommen, den GB bzw. Pinot Grigio schon...
Viele Grüße
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