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Müller Thurgau

Gewürztraminer, Scheurebe, Morio Muskat u.a.
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Weinzelmännchen

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Müller Thurgau

BeitragDo 17. Mär 2011, 18:46

Liebe Forianer!

Lange habe ich überlegt, unter welchem Thema ich diesen Beitrag einordnen soll. Unter Frankenwein war meine erste Überlegung, die ich dann wieder verworfen habe, weil die Herkunft der Weine von untergeordneter Bedeutung ist. Dann kam mir die Idee, den Beitrag unter Tendenzen im Weinbau einzustellen; eine Tendenz konnte ich aber nach Überlegung nicht ausmachen. Blieb der Bereich der Rebsorten allgemein, was aber gleichfalls nicht optimal ist, weil auch die Rebsorte an sich von untergeordneter Bedeutung ist.

Genug der Vorrede. Gestern hatte ich ein großartiges, für mich bislang einzigartiges Erlebnis. Und das mit Müller Thurgau! Wie aber gerade gesagt, spielt die Rebsorte an sich nicht die tragende Rolle. Müller Thurgau wurde vom Weinmacher bewußt deshalb ausgewählt, weil er an dieser übel beleumundeten Sorte sein Experiment ausführen wollte. Jetzt könnte man die Idee haben, den Beitrag unter Experimentalweine einzustellen. Passt aber auch nicht, weil das Experiment mit eher herkömmlichen Mitteln ausgeführt wurde; keine Amphoren, kein ungeschwefelter Wein etc.

Suart Pigott hielt gestern eine sehr launige, kleine Weinprobe in Salzburg ab. Er berichtete, dass er 2 Semester als Gasthörer in Geisenheim inskribiert war. Jeder Student bekam eine Aufgabe gestellt und von seinem Ergebnis der "Seminararbeit" durften wir eben kosten.

Basis für die "Seminararbeit" war ein Weinberg von Christian Stahl aus Auernhofen im Taubertal; siehe http://www.winzerhof-stahl.de/willk.htm Christian Stahl stellt Stuart Pigott 10 Rebzeilen der mit Müller Thurgau bestückten Steillage Hasennest zur Verfügung, damit letzterer dort seinen Wein keltern konnte. Wir durften dann das Original mit der "Seminararbeit" vergleichen, was mir unvergessen bleiben wird.

Zunächst das Original: Müller Thurgau 2009 Hasennest Damaszener Stahl
Hell, brilliant; sehr traubig, frisch, nicht als Müller Thurgau zu erkennen; packende Säure, sehr mineralisch, weißer Tee, hoher Trinkspass; guter Abgang.

Dann die Seminararbeit: Müller Thurgau 2009 Hasennest GGStuart Pigott
Kräftiges Gelb, wie ein schwerer Chardonnay; tiefes Aroma nach Mineralität und exotischen Früchten; volles, packendes, Kräftiges Aroma, kein Hinweis auf Müller Thurgau, noch mineralischer, kräftige Tannine, noch etwas Hefeanklänge, sehr jung, öffnet sich langsam, Wein mit riesigem Potential, ein richtig großer Wein; langer Abgang.

Der Wein von Christian Stahl gehört sicher zum Besten, was ich an Müller Thurgau je getrunken habe. Mit viel Einfühlsvermögen kann er gerade noch als Müller Thurgau identifiziert werden. Der Wein von Stuart Pigott, von dem es nur 240 Flaschen gibt, gehört aber in eine andere Dimension; siehe oben.

Was aber das Beeindruckendste war, war der Umstand, dass es den beiden gelungen ist, vom gleichen Weinberg im gleichen Jahr 2 vollkommen unterschiedliche Weine zu machen. Die wichtigsten technischen Unterschiede sind.
Stahl: unter 40 hl Ertrag, nur gesundes Traubenmaterial, Reinzuchthefe, 13, 7% Vol, die aber überhaupt nicht feststellbar sind
Pigott: 18 hl Ertrag, 1 Woche späterer Lesetermin,30% Botrytisanteil (im Wein nicht merkbar, keine Brot- und Honigaromen), Verwendung eines Gäransatzes mit Spontanhefen, lange Maischestandzeit, 14,1% Vol (man merkt schon, dass die "Seminararbeit" höher im Alkohol ist; die 14,1,% Vol merkt man dem Wein aber nicht an)


Beide Weine sind im Stahlstank vergoren und gelagert worden. Beim Original ist dies prägend; die "Seminararbeit" scheint dies zu verleugnen. Pigotts Wein wird vom Extrakt, dem Tannin und den Hefen geprägt. Diese beiden Weine waren ein eindrucksvoller Beleg, welche Bedeutung dem Weinmacher zukommt.

Nachtrag:
GG beim Wein von Stuart Pigott wurde von ihm bewußt gewählt und bedeutet "Grobes Geschwätz", wobei der Schriftzug so gewählt wurde, dass optisch eher "Großes Geschwätz" rüber kommt.
Näheres zu diesem Wein ist in Pigotts Buch Weinwunder Deutschland zu lesen.
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel

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