Do 28. Apr 2016, 21:59
Nach längerer Zeit mal wieder etwas aus böhmischen Gefilden, und zwar direkt aus dem Elbtal. Das Weingut
Porta Bohemica (
http://www.vinarstvi-portabohemica.cz/) wurde 2010 vom Seiteneinsteiger Aleš Svatoš gegründet, der die etwa 4 ha Lagen in Velké Žernoseky (Groß Tschernosek) im Nebenerwerb bewirtschaftet. Weinbau ist in dem Ort seit Mitte des 13. Jahrhunderts belegt. Das Weingut gehört zu den „fortschrittlichen“, neuen kleinen (Garagen)-Betrieben Tschechiens, die sich bemühen, Weine abseits eines langweiligen / industriellen Mainstreams herzustellen.
Der Betrieb bemüht sich um naturnahe Bewirtschaftung mit niedrigen Erträgen, die Vinifikation erfolgt ohne Zusatzstoffe wie Enzyme usw., bei der Vergärung wird auf Reinzuchthefen verzichtet, es wird nur grob filtriert. Hauptsorte ist – vielleicht etwas überraschend – der Müller-Thurgau. Angebaut werden darüber hinaus St. Laurent, Pinot Noir und in kleineren Mengen Gewürztraminer und Frühroter Veltliner.
Porta Bohemica, Müller Thurgau 2014, 12% vol.Ungewöhnlich sattes gelb (ich tippe auf längere Maischestandzeit), leichte Trübung. Nicht ganz typische Nase, Apfel, Trauben, Apfelmost, dezent oxidativ, nussige und würzige Töne, insgesamt untypisch, aber nicht uninteressant. Am Gaumen auch Apfel, deutliche erdige, nussige und würzige Aromen, gute Säure, leicht Gerbstoff, ändert sich an der Luft permanent, zeigt immer wieder interessante Nuancen. Mittlere Länge.
Untypischer MT, nicht ganz mein bevorzugter Weißweinstil, aber durchaus interessante Erfahrung. In den Keller legen muss ich mir das aber nicht.
Porta Bohemica, St. Lauren 2014, 11% vol.Dunkles bordeaux-rot mit violetten Einschlägen. Recht kühl und „hart“ wirkende Nase, rote Johannisbeere, Blaubeere, eine Spur Balsamico, auch erdige Töne, rote Beete, Blut, rohes Fleisch. Am Gaumen sofort präsent, wieder rote Frucht, Johannisbeere, rote Beete, mittlerer Körper, stramme Säure, eher einfach gestrickt, würzig-erdiger Abgang.
Das ist schon eher was für mich, wobei die Säure wohl eher Riesling-gestählten Gaumen entgegenkommt. Ich habe den Weine gerne getrunken, er hat mir mit seiner Direktheit und relativen Einfachheit durchaus Vergnügen bereitet. Allerdings ziehe ich einen Nachkauf auch angesichts des nicht ganz unambitionierten Preises (12 Euro Handel, MT 9 Euro) derzeit nicht in Betracht.
Insgesamt aber ein sympathisches Weingut-Projekt, dem ich in Zukunft sicherlich noch mal eine Chance gebe.
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