Mi 15. Jun 2022, 18:09
Kleine Weintour in und um Naoussa , 15. Juni 2022In den vergangenen Tagen hatte es viel geregnet, und es gab auch Hagel. Glücklicherweise sind die Trauben klein und fest, so dass sie wenig gelitten haben, und auch die Blätter der Weinstöcke haben wenig abbekommen - zumindest bei den Weingütern, die wir besucht haben:
Kelesidis, Giannakochori:
Zu Beginn ein spannender 2020er Weißwein (Malagouzia 70%, Xinomavro BdN 30%). Kräuterige Noten, gute Säure, spannungsreich, die wilden Noten des Xinomavro dominieren das Sanfte und Blumige der Malagousia, und das ist gut so. Arothimies 2017, semidry (Xinomavro 50%, der Rest Merlot und Syrah), leichte Restsüße, sicher unter 10g, schönes Tanningerüst, schöner Wein; trotz Merlot und Sryrah ist die Xinomavrostilistik deutich zu erkennen. Naoussa "Merchali" 2016, ein rundum guter Naoussa-Xinomavro, wie üblich das etwas rauhe Tannin, die Kirsch-, Tomaten- und Olivennoten. Dieser Wein gehört zum Besten, was man derzeit für weniger als 15 Euro in dieser Stilistik (Xinomavro, Nebbiolo, Pinot Noir) bekommen kann. Der 2017er ist bereits gefüllt, wird aber erst im Herbst 2022 in den Handel gebracht - und das in einer Zeit, in der andere Weingüter bereits jetzt den Jahrgang 2020 vermarkten. Chapeau!
Argatia, Rodochori:
Charoula 2020, eine Cuvée aus Assyrtiko und Malagousia, frisch, trocken, gut, aber auch ein wenig langweilig. Assyrtiko dominiert, generiert aber nicht die mineralischen Noten, die man von Tinos oder Santorini kennt. Andererseits sprechen wie hier von einem Wein, der ab Weingut gerade mal 6 Euro kostet. Welches Potenzial dieser Wein hat, zeigt sich, wenn man den Jahrgang 2015 im Glas hat: reife gelbe Frucht, Mirabellen und Reneclauden, perfekt eingebundene Säure, von mir 90 Punkte für diesen Wein, der, als er auf den Markt kam, fünf oder sechs Euro kostete und damals wohl auch eher belanglos wirkte. Danach Horis 2021, ein Rosé aus Xinomavro-Trauben mit knackiger Säure und verhaltenen Noten von gekochten Erdbeeren. Mit dieser Säure passt das sicher nicht in das Beuteschema der meisten Rosétrinker*innen, aber mir gefiel das ausnehmend gut. Schließlich Naoussa 2018, ein hellrotes Weinchen, das dem, was ich als Naoussa kanne, nicht gerecht wird. Die Single-Vineyard-Version, die ich im März auf der Oenorama im Glas hatte, war definitiv ein anderes Kaliber, und davon habe ich dann auch gekauft.
Dalamara, Naoussa:
Schon Kapnistos 2019, ein Assyrtiko, der leicht oxidativ ausgebaut ist, war beeindruckend. Ayehoros 2021 (80% Xinomavro, 20% Merlot) ist ein durch Zugabe von Merlot "bessänftigter" Xinomavro, gut, aber für mich zu wenig Xinomavro. Richtig gut - wie jedes Jahr - ist dagegen Naoussa 2020 mit schöner, leicht kratziger Tanninstruktur, getrockneten Tomaten, etwas gekochten Erdbeeren und einem Hauch gefühlter Restsüße. Der wird sich in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln, ist jetzt aber noch zu jung. Ähnliches gilt für Paliokalias 2019, deutlich dunkler, festes, aber dennoch zugängliches Tannin, tolle Struktur, verhaltene Kirschfrucht, sicher einer der besten Rotweine Griechenlands. Leider bereits ausverkauft und im Weingut nicht mehr zu käuflich zu erwerben. Ich hätte sonst sicher zugeschlagen.
Zusammenfassung:
Ein toller Tag in Naoussa mit sehr verschiedenen Facetten, die von dem warm-familiären Ambiente mit vier Generationen an einem Tisch bei Kelesidis bis zur hochkompetenten Erklärung der Weinbereitung bei Dalamara reichte. Drei wunderbare Weingüter, drei wunderbare Winzerfamilien. Efcharoístó pára polí!
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mixalhs am Do 16. Jun 2022, 12:56, insgesamt 2-mal geändert.