Sa 28. Jan 2012, 21:04
Wein kann runterziehen oder erheben. Die zweite nach der ersten Variante zu erleben, nachdem man die Hoffnung schon aufgegeben hat, ist immer wieder ein schönes Erlebnis. Hier auf Lanzarote wollte ich zwanglos vom aktuellen Angebot probieren. Während jedoch die Insel sich im grandiosen Licht zeigt und frühere Befürchtungen unbegründet zu sein scheinen (
http://www.talk-about-wine.de/topic.asp?TOPIC_ID=716), konnte ich lange meine Hinwendung zu den Weinen der Insel nicht mehr verstehen. Nicht einmal der verklärende Effekt „vor Ort“ funktionierte. Der einfache Malvasia Seco 2010 von Rubicon änderte dies. Ein Gut, an dem jeder vorbeifährt, der über die berühmte Weinstraße La Geria fährt, und das ich einen Tag vorher umwanderte. Nach all den scharf grasigen und citruslastigen Weinen, die mich in keiner Weise anregten und nicht einmal ein angenehmes Gefühl von Bodenständigkeit weckten ( auch der trockene Fasswein Coleccion von El Grifo nicht), sprach mich dieser Malvasia sofort an, weil er so raffiniert sanftmütig daherkam. Aromatisch gleich wie der Biss in Biskuit. Nougat, Honig, Vanillepudding und florale Noten werden von Metallenem und Mineralischem kontrastiert. Wie der weiche Ton in diesem Wein zustande kommt – mehr Zurücklehnen in die Badewanne als Rückgrat – ist mir ein Rätsel. Da er bei längerem Luftkontakt auch noch prägnante Säure und als Kontrapunkt zu seinen eher wattigen Phänomenen auch Aromen von Senf und pikanten Kräutern zu bieten hatte, war meine Depression bereits besiegt, als ich zum Weingut Mozaga fuhr. Der Rote des Gutes war einer der wenigen vorher probierten Weine, die mir recht gut geschmeckt hatten – süffig und mit einnehmenden Medizinal-Noten. Gestern probiere ich diego 2006 crianza. Ein Wein, der nicht so gefällig aufspielt wie der Rubicon, sondern langsam seine Nuancen entfaltet. Er gefiel mir immer besser und ich habe das Gefühl, in diesem entwickelten Stoff sind die exotischen, oft irrlichternden Inselaromen gut gebändigt: harmonisch zusammengewachsen, aber immer noch munter genug. U.a. mit einer ganz feinen, nahezu ätherischen Honignote. „Gereift“ kann ich ihn kaum nennen, so frisch schmeckt er.
Gruß, Kle