Aktuelle Zeit: Do 28. Mär 2024, 18:30


Zweite Chance?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
  • Autor
  • Nachricht
Offline

jessesmaria

  • Beiträge: 377
  • Registriert: Mo 28. Dez 2020, 15:11

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 18:34

Rieslingfan hat geschrieben:
jessesmaria hat geschrieben: @Rieslingfan: Isst du auch jeden Tag das Gleiche?
Äh, nein.

Angenommen du isst sehr gerne Rumpsteak, dass dir in einem bestimmten Restaurant in diversen Variationen vorzüglich schmeckt, dann wirst du doch vermutlich wenn es um Rumsteak geht, diesem Restaurant stets den Vorzug geben, da du von der Qualität eben überzeugt bist.

Nicht anders verhält es sich bei mir im Bezug auf Wein. Wozu sollte ich mich auf die Weine diverser Weingüter einlassen, wenn mir die Weine eines Weinguts hervorragend schmecken.


Für mich hinkt der Vergleich. Wein ist doch sehr viel vielseitiger als Rumpsteak, das ist doch das Tolle am Wein. Angenommen, es gäbe im näheren Umfeld des Arbeitsortes 10 hervorragende Italiener, die vorzügliche Pasta zum Mittagstisch anbieten. Würde ich jedes Mal zum gleichen gehen? Natürlich nicht. Beim Wein ist es ja noch viel extremer: es gibt viel zu viel fantastischen Wein für ein Menschenleben...
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7485
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 07:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 18:42

Angenommen, es gäbe im näheren Umfeld des Arbeitsortes 10 hervorragende Italiener, die vorzügliche Pasta zum Mittagstisch anbieten. Würde ich jedes Mal zum gleichen gehen?


Na ja, ich persönlich würde lieber beim gleichen Italiener 20 verschiedene Pasta-Varianten probieren als bei 20 verschiedenen Lokalen jeweils die Carbonara oder so ähnlich ...

So sehe ich das auch beim Wein - lieber von einem Erzeuger alle verschiedenen Lagen kreuz und quer durchprobieren als von vielen Erzeugern immer nur einen Wein.

Ideal wäre natürlich von jedem Erzeuger die gesamte Palette - aber das tut weder Geldbeutel noch Leber so richtig gut. :D

Grüße
Gerald
Offline
Benutzeravatar

Rieslingfan

  • Beiträge: 456
  • Bilder: 2
  • Registriert: Mi 3. Aug 2022, 14:11
  • Wohnort: Rheinland-Pfalz

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 19:13

Gerald hat geschrieben:So sehe ich das auch beim Wein - lieber von einem Erzeuger alle verschiedenen Lagen kreuz und quer durchprobieren als von vielen Erzeugern immer nur einen Wein.


Ganz meine Meinung.
Gruß Markus
Offline

niers_runner

  • Beiträge: 1162
  • Registriert: Sa 18. Dez 2010, 18:36
  • Wohnort: Niederrhein

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 19:16

Ich kaufe von weinigen Ausnahmen abgesehen, meine Weine vor Ort bei meinen Stammwinzern.
Wenn eine Lage in einem Jahr dann auch mal schwach ausfällt, ist das kein Grund diese Lage für immer zu ignorieren. Ist sowieso schwierig, das gesamte Jahres Sortiment einzukaufen. Meistens finden 3 oder 4 Lagenweine den Weg in meinen Kofferraum.

Beste Grüße

Peter
“Wie liebe ich die Kühnheit! Wie liebe ich die Leute, welche aussprechen was sie denken.”
(Voltaire)
Offline

Bernd Schulz

  • Beiträge: 6518
  • Registriert: Sa 11. Dez 2010, 23:55

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 20:44

harti hat geschrieben:Vieles ist schon gesagt worden, aber noch nicht von jedem ;) .


Eben! ;) ;)

Manchmal gebe ich zunächst abgeschriebenen Betrieben, Regionen, Rebsorten eine neue (unter Umständen auch dritte oder vierte) Chance, manchmal nicht. Wenn ersteres geschieht, geschieht es manchmal freiwillig, manchmal dadurch, dass mich ein Weinfreund einfach noch einmal mit dem von mir bislang ungeliebten Thema konfrontiert. Und nicht selten muss ich meine bisherigen Vorurteile dann doch revidieren - ein Paradebeispiel dafür ist der Grüne Veltliner, von dem ich über einige Zeit ganz fälschlicherweise geglaubt habe, dass ich ihn als Sorte generell nicht mag.

Es gibt ja genug Leute, die grundsätzlich Rotwein ablehnen. Oder Weißwein. Oder restsüßen Wein. Oder trockenen Wein. Meiner Meinung nach beruht das oft auf Autosuggestion - man hat einmal eine nicht so positive Geschmackserfahrung mit einem bestimmten Produkt gemacht und leitet dann daraus sofort eine generelle Abneigung ab, ohne sich auf weitere Auseinandersetzungen mit diesem Produkt einzulassen. -

Von solchen Grundsatzfragen ganz abgesehen ändert sich der Stil/das Niveau eines einzelnen Weinguts über ein paar Jahre oder sogar über eine kürzere Zeit hinweg manchmal sehr deutlich. In solchen Fällen finde ich es oft schwierig, das einmal im Kopf vorhandene Bild zu korrigieren :oops:; trotzdem versuche ich nach Kräften (und nach Gelegenheit), meinen zunächst gefassten Vorurteilen zu entkommen. Schlecht gelingt mir das leider bei Betrieben, die mir aus Gründen, die nichts mit der absoluten Weinqualität zu tun haben, ausgesprochen unsympathisch sind :oops:

Gerald hat geschrieben:So sehe ich das auch beim Wein - lieber von einem Erzeuger alle verschiedenen Lagen kreuz und quer durchprobieren als von vielen Erzeugern immer nur einen Wein.


Aus schlichten finanziellen Gründen ist es für mich viel leichter möglich, von vielen Erzeugern immer nur einen Wein zu probieren als mich durch das gesamte Sortiment eines einzelnen guten Betriebs zu trinken. Von den Finanzen ganz abgesehen finde ich aber, dass beide Vorgehensweisen ihren eigenen Reiz haben. Bei der einen geht der Gewinn an Tiefe auf Kosten der Breite, bei der anderen verhält es sich logischerweise umgekehrt - jeder muss selber sehen, welcher Weg für ihn der passende ist. Und vor allem auch, wann er für ihn der passendere ist. Man muss ja nicht stur und ständig in die gleiche Richtung weitermarschieren; zu gegebener Zeit lohnt es sich manchmal auch, einer (möglicherweise im scharfen Winkel verlaufenden) Abzweigung zu folgen.....

Herzliche Grüße

Bernd
Offline

jessesmaria

  • Beiträge: 377
  • Registriert: Mo 28. Dez 2020, 15:11

Re: Zweite Chance?

BeitragDi 25. Okt 2022, 21:48

Gerald hat geschrieben:
Angenommen, es gäbe im näheren Umfeld des Arbeitsortes 10 hervorragende Italiener, die vorzügliche Pasta zum Mittagstisch anbieten. Würde ich jedes Mal zum gleichen gehen?


Na ja, ich persönlich würde lieber beim gleichen Italiener 20 verschiedene Pasta-Varianten probieren als bei 20 verschiedenen Lokalen jeweils die Carbonara oder so ähnlich ...


Wenn der Italiener 20 verschiedene Pasta-Varianten hat, würde ich schnell die Flucht ergreifen. :mrgreen:
(Und selbst dann, falls er gut wäre, würde es mir auf die Dauer auch langweilig werden, immer nur dorthin zu gehen.)

Bernd Schulz hat geschrieben:Es gibt ja genug Leute, die grundsätzlich Rotwein ablehnen. Oder Weißwein. Oder restsüßen Wein. Oder trockenen Wein. Meiner Meinung nach beruht das oft auf Autosuggestion - man hat einmal eine nicht so positive Geschmackserfahrung mit einem bestimmten Produkt gemacht und leitet dann daraus sofort eine generelle Abneigung ab, ohne sich auf weitere Auseinandersetzungen mit diesem Produkt einzulassen.


Für mich liegt Wein gefühlt irgendwo zwischen Rumpsteak und Kunst. Klar, wenn man einmal den Fleischerzeuger seines Vertrauens gefunden hat, kann man das Rumpsteak immer dort kaufen; die Qualität sollte stimmen, aber letztlich ist es mit gutem Fleisch eben getan. Andererseits würde sich doch niemand über einen langen Zeitraum hinweg tagtäglich immer den gleichen Song anhören. Und selbst nur Musik eines Künstlers wird auf die Dauer langweilig. Die von dir beschriebene Autosuggestion gibt's, wie ich finde, in ganz ähnlicher Weise auch in der Kunst oder Literatur. Man hat einmal in der Schule mit Schiller schlechte Erfahrung gemacht und meidet fortan sein Leben lang klassisches Drama. Man hat einmal eine schlechte Aufführung eines sinfonischen Blasorchesters oder eines Opernorchesters erlebt oder ein langweilige Jazz-Platte erwischt und meidet fortan das gesamte Genre, weil das "nichts für einen ist". Man findet barocke Gemälde grundsätzlich uninteressant, weil man mit Rembrandt auf Anhieb nichts anzufangen wusste usw. usf.
Es muss kein "FOMO-getriebene Rumgejage" sein, aber viele ästhetischen Erfahrungen auf bislang fremdem Gelände erschließen sich eben nicht sofort, da man immer zunächst die vertrauten Maßstäbe anlegt, die vielleicht gar nicht passen. Man muss seine Antennen stets ein wenig neu justieren und diesen Prozess kann man auch nicht unendlich abkürzen. Wenn man schließlich nach ehrlicher Einlassung zu dem Ergebnis kommt, dass etwas einem gar nichts sagt oder gibt, ist das natürlich vollkommen in Ordnung, absolut niemand ist für alles empfänglich...
Für mich sind alle Kunstepochen und ebenso alle Weinregionen je ein Kosmos an sich mit bestenfalls der ganzen Bandbreite an sinnlichen bzw. Ausdrucksqualitäten. Innerhalb dieser Zonen gleicher Spielregeln (also etwa "Romantik", "Bebop", "Süßwein" oder "Kabinett") konkurrieren die Produkte womöglich untereinander, aber nicht die Zonen als Ganze miteinander. Ich kann höchstens bestimmte Zonen a priori ausklammern, da sie meinem Naturell tendenziell weniger entgegenkommen und eine Hinwendung zu allen meine zeitlichen und finanziellen Ressourcen überfordern würde.
Offline

olifant

  • Beiträge: 3735
  • Registriert: Mi 8. Dez 2010, 08:58
  • Wohnort: Bayern

Re: Zweite Chance?

BeitragMi 26. Okt 2022, 08:32

jessesmaria hat geschrieben:Wenn der Italiener 20 verschiedene Pasta-Varianten hat, würde ich schnell die Flucht ergreifen. :mrgreen:
(Und selbst dann, falls er gut wäre, würde es mir auf die Dauer auch langweilig werden, immer nur dorthin zu gehen.)


Nunja,...

unter Umständen würde ich auch zu einem Italiener gehen der nur 5 Varianten an bietet oder täglich wechselnde Varianten, denn das Entscheidenende wäre ja trozdem, dass es bestens schmeckt. Und wenn dieser eine Italiener der wäre, der vorzüglich kochen kann, dann gehe ich doch lieber nicht zu anderen, wenn ich weis, dass es bei denen nicht schmeckt.
Hätte ich jedoch die Auswahl zwischen 20 Italienern die vorzüglich kochen, dann würde ich doch sicher zum durchprobieren neigen :lol:

Jetzt ersetze im vorangegangenen Text Italiener gegen Winzer und was sinngemäß für Nudelgerichte steht gegen Wein und kochen gegen produzieren.
Kommt halt auch immer darauf an, welche Prämissen gesetzt werden.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7485
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 07:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Zweite Chance?

BeitragMi 26. Okt 2022, 09:05

Nun, wir sind uns doch soweit einig, dass kaum jemand hier ständig den gleichen Wein trinken möchte, oder?

Also "variatio delectat", wie der Lateiner so sagt. Die Frage ist nur, in welche Zielrichtung die variatio gehen soll. Ich persönlich finde "naturgegebene" (im weitesten Sinn) Unterschiede wie die verschiedenen Lagen, Rebsorten oder auch Jahrgänge interessanter als die unterschiedlichen Herangehensweisen und "Philosophien" der Winzer. Andere werden es genau umgekehrt sehen, manch einer findet es ja besonders spannend, die Persönlichkeit des Winzers in seinen Weinen wiederzufinden - ein Gedanke, der mir wieder völlig fremd ist. ;)

Wobei ich natürlich zugeben muss, dass bei "naturgegeben" ohnehin einiges an Illusion bzw. Mythos dahintersteckt, da ja alle diese Unterschiede stark durch die konkrete Tätigkeit des Winzers beeinflusst werden. Einige sind ja sogar der Ansicht, dass z.B. die Lagencharakteristik nur zu einem geringen Teil vom Boden, Mikroklima etc. kommt, sondern vor allem von der Interpretation durch den Winzer, der dementsprechend seine Arbeit im Weinberg und Keller ausrichtet.

Grüße
Gerald
Offline

mixalhs

  • Beiträge: 1745
  • Bilder: 0
  • Registriert: Mi 7. Sep 2011, 10:29

Re: Zweite Chance?

BeitragMi 26. Okt 2022, 09:30

... und dann gibt es vielleicht auch Winzer*innen, die froh sein können, wenn sich ihre Persönlichkeit NICHT in ihren Weinen widerspiegelt. Ich jedenfalls versuche gar nicht erst, das in einem Wein zu finden.

"variatio delectat" wäre ein Motto, das auch für mich gilt, allerdings mit Einschränkungen. Es gibt Länder und Regionen, in denen ich mich ziemlich gut auskenne und aus denen ich immer wieder zahlreiche Weine finde, die ich sehr mag (DE, AT, GR, IT, FR, dort aber nur wenige Regionen). Der Rest interessiert mich nur mäßig, und ich beschäftige mich entsprechend selten mit diesen Weinen. Ja, wenn ich einen guten Tipp bekomme oder auch wenn ich mal auf einer Weinprobe bin, probiere ich das gern mal aus. Auch im Restaurant lasse ich mir gern Weine empfehlen, die mir unbekannt sind und mache damit oft gute Erfahrungen. Zum Beispiel habe ich auf diese Weise für mich endeckt, dass es spanische Weißweine gibt, die, wenn sie gereift sind, ein ganzes Menü hervorragend begleiten können. Aber regelmäßig Weine zu probieren, die außerhalb meines eigentlichen Beuteschemas liegen oder von denen ich sogar weiß, dass sie mir wahrscheinlich nicht gefallen werden, dazu fehlen mir die Zeit, das Geld und die Motivation.
Offline

amateur des vins

  • Beiträge: 4271
  • Bilder: 10
  • Registriert: Sa 10. Mär 2012, 21:47
  • Wohnort: Berlin

Re: Zweite Chance?

BeitragMi 26. Okt 2022, 09:44

Gerald hat geschrieben:Also "variatio delectat", wie der Lateiner so sagt. Die Frage ist nur, in welche Zielrichtung die variatio gehen soll. Ich persönlich finde "naturgegebene" (im weitesten Sinn) Unterschiede wie die verschiedenen Lagen, Rebsorten oder auch Jahrgänge interessanter als die unterschiedlichen Herangehensweisen und "Philosophien" der Winzer. Andere werden es genau umgekehrt sehen
Das eine tun und das andere nicht lassen.

Ich denke, wir sind uns auch einig, daß der Winzereinfluß die von Dir aufgezählten Aspekte dominiert, oder? Jedenfalls Lagen, aber teilweise auch Jahrgänge und Rebsorten.

Wenn der Winzeraspekt Dich weniger interessiert, mußt Du ja erstmal einen finden, der das alles bietet, und Dir genug von ihm hinlegen. Womöglich möchtest Du Jahrgänge nicht nur als Momentaufnahme vergleichen; dann gilt es Vertikalen zu pflegen. Und wenn Du das alles durchdekliniert hast, bleiben keine Kapazitäten (in welchem Sinn auch immer) mehr für anderes (ich übertreibe).

Ich jedenfalls habe bei einzelnen Winzern übertrieben und zuviele Flaschen. (Noch bin ich guter Dinge, daß die dennoch wegkommen.) Gemäß meiner Rolle als Universaldilettant möchte ich einige Winzer im Detail erkunden, ohne daß dabei die Vielfalt zu kurz kommt, aber auch ohne mich zu verzetteln. Mit starren Regeln geht da garnix; das mache ich so nach schwankendem Gefühl.

Übrigens eines noch: Einen Lieblingswinzer, -wein, -jahrgang oder eine Lieblingsrebsorte könnte ich trotz deutlicher Präferenzen garnicht benennen, weil die Umstände nach Variation verlangen: Tagesform, Marriage, Mittrinker - you name it.
Besten Gruß, Karsten
VorherigeNächste

Zurück zu Aktuelle Themen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen