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Genossenschaftsweine

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Wolfgang Kärcher

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Genossenschaftsweine

BeitragSa 9. Jan 2021, 19:21

Hallo

Ich weiß nicht, ob ich die richtige Rubrik gewählt habe.

Ich habe in der Vergangenheit viele Weine der örtlichen Genossenschaften gekauft. Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass ich mitten im Württembergischen wohne. Gleichzeitig hat sich auch bei mir stark die Tendenz verstärkt, direkt bei den Selbstvermarktern zu kosten und zu kaufen.

Hier im Forum - jedenfalls mein Eindruck - spielen Genossenschaftsweine kaum eine Rolle. Oder täuscht mein Eindruck?

Ich kenne - für meinen Geschmack - sehr schöne Weine aus hiesigen Genossenschaften:

Besigheimer Felsengartenkellerei - Merlot "Schwarzer Rappe"
Dürrenzimmern hat einen sehr schönen trockenen Gewürztraminer (wo findet man hier in der Gegen schon einen trockenen?)
Cleebronn -Güglingen bietet mittlerweile hervorragende Rieslinge

Wie steht Ihr zu Genossenschaftsweinen?

Gruß
Wolfgang
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Jochen R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSa 9. Jan 2021, 20:04

Hallo Wolfgang,
ich bin aus der Region und kenne die von dir genannten Genossen-
schaften. Witzigerweise hat mir erst am 6. Jan. mein Vater ganz stolz
einen Weißen Burgunder der Besigheimer Felsengartenkellerei kredenzt.
Und das meine ich keineswegs abwertend (auch wenn´s mein Fall
nicht so war, weil nicht ganz trocken), ihm hat´s wunderbar geschmeckt.

Ich probiere da immer wieder gerne - v. a. auf der Suche nach ein-
fachen/unkomplizierten (auch das ist nicht abwertend gemeint)
frischen Sommerweinen (hauptsächlich Rieslinge). Mein Weinhändler
vor Ort ist da "breit" aufgestellt.

Viele Grüße,
Jochen

PS: Besonders empfehlenswert finde ich persönlich die Weine vom
Collegium Wirttemberg. Hier ist v. a. die Rotwein-Cuvee "Salucci"
immer wieder stark!
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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robertz

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSa 9. Jan 2021, 21:01

Hallo Wolfgang

Vorab, als Österreicher kann ich eigentlich wenig über deutsche Genossenschaften sagen.

Ich kenne aber einige internationale Genossenschaften, die zu den Top-Betrieben der jeweiligen Gebiete gehören und den meisten lokalen Winzern zumindest ebenbürtig sind.

Meine beiden Top-Genossenschaften sind die Produttori del Barbaresco (in Barbaresco) und die Domäne Wachau (Dürnstein in der Wachau).
Desweiteren habe ich diverse Genossenschaften in Südtirol und im Elsass kennen und schätzen gelernt. (Cantina in Tramin, Kaltern, Terlan, …. oder Cave de Turckheim, Cave de Ribeauvillé).
Wobei die wirklich guten Genossenschaften haben auch zu den Winzern ebenbürtige ähnliche Preise 8-) .

Schöne Grüsse aus Wien, Robert
Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte. ;)
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EThC

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSo 10. Jan 2021, 11:59

...in D laufe ich den Genossenschaftsweinen nicht hinterher, meine Erfahrungen damit waren einfach zu schlecht und über "ganz in Ordnung, aber reichlich belanglos bzw. austauschbar" bin ich da jetzt nicht gekommen.
Anders dagegen in Südtirol: hier produzieren die Genossenschaften m.E. sogar mehrheitlich sehr ausdrucksstarke und charaktervolle Weine, das findet sich dann auch in den Bewertungen der diversen Weingazetten etc. wieder, was für die deutschen Genossenschaften meiner Wahrnehmung nach fast gar nicht stattfindet.
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
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Ostbelgier

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSo 10. Jan 2021, 12:12

Hallo zusammen,

den Genossenschaftsgedanken fand ich immer interessant und ehrenwert. Als ich noch überwiegend deutschen Wein trank, mochte ich zum Beispiel sehr die Weine der WG Kasel an der Ruwer, die leider nicht mehr existiert.
In Frankreich habe ich nur ausnehmend gute Erfahrungen mit Genossenschaften gemacht, angefangen mit den Genossen von Cleebronn im Nordelsass, im Maconnais gibt es gleich 2 sehr gute Genossenschaften, in Senas in der Provence kenne ich den kleinen, aber feinen Cellier Saint Augustin und dann die Vignerons de Cadierenne in den Hügeln oberhalb von Bandol mit den herrlichen und preiswerten Weißweinen. Die Liste liesse sich fortsetzen. Mir ist nicht ein wirklich schlechter Wein dort begegnet, im Gegenteil.

Viele Grüße

Markus
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stollinger

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSo 10. Jan 2021, 17:17

Hallo,

bei deutschen Genossenschaften kenn ich mich rein gar nicht aus. Besser bei der französischen Cave Cooperative. In meiner Einschätzung gibt es da ja durchaus Beispiele mit gelungenen Weinen, meistens recht preiswert. Gute Erfahrungen habe ich mit z.B. mit La Chablisienne, Cave de Roquebrun, Castelmaure, mit Abstrichen Cave de Tain. Nicht gut finde ich die korsischen (z.B. Cave coopérative d'Aléria, Les Vignerons d’Aghione).

Aus der Erfahrung mit letzteren erwächst auch mein Kritikpunkt an dem ansonsten sinnvollen Zusammenschluss: Ich empfinde die Cooperativen weintechnisch zu behäbig, ja schon fast reaktionär. Es werden noch immer die selben Massenträger von vor 20 - 30 Jahren kultiviert, Bewirtschaftungsmethoden sind häufig konventionell, stilistisch ist das Sortiment sehr unauffällig.

In der Regel haben die Cooperativen ja ein sehr großes Sortiment, trotzdem finde ich es sehr einheitlich. Das Anreizsystem für den Traubenbauer ist zu stark auf Ertrag ausgelegt, er hat keinen Vorteil, wenn er qualitativ hochwertige Trauben erzeugt. Ein qualitativer Vorteil geht halt verloren, wenn andere Traubenbauern in der Cuvée nicht mitziehen. Die Winzer, die was ändern wollen, oder eine andere Philosophie bevorzugen, haben dann die Pistole auf der Brust: Sie müssen austreten um ihre Vorstellungen zu verfolgen, was mit einem erheblichem Mehraufwand und einem finanziellen Risiko verbunden ist, oder in der Cooperative und dem status quo bleiben.

Grüße, Josef
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robertz

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragSo 10. Jan 2021, 21:07

Hallo Josef

Die Genossenschaften, die ich kenne und genannt habe, haben Top-Leute als Kellermeister, die ihren Traubenproduzenten (Mitgliedern) genau vorschreiben, was sie wann im Weingarten zu tun haben, damit letztendlich das Ergebnis (der Wein) passt.

In Österreich gibt es genügend Winzer, die ähnlich mit Nebenerwerbs-Traubenproduzenten arbeiten. Das ist oft eine Win-Win-Situation, da der Winzer auf diese Art ein überlebensfähiges Sortiment/Menge hat und der „Nebenerwerbsbauer“ vom Know How profitiert und einen vernünftigen Preis für seine Trauben aus Kleinparzellen (oft mit alten Reben) erhält.

Die Produttori del Barbaresco produzieren nur eine Rebsorte (Nebbiolo) mit genau 11 Weinen (in guten Jahren sind es 9 Lagenweine, in schlechten Jahren bleiben sogar nur 2 Weine übrig). Wobei diese sicher die Speerspitze von Genossenschaften und somit eine Ausnahme darstellen. :lol:

Schöne Grüße aus Wien, Robert
Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte. ;)
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Dilbert

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 10:34

Ich muss in der Tat auch zugeben, dass ich mit den deutschen Genossenschaften nicht so viel anfangen kann. Allerdings gibt es etliche Beispiele im Ausland, die ich sehr gut finde. Neben den schon erwähnten (Domäne Wachau und Produttori de Barbaresco) finde ich auch regelmäßig die Champagner von Nicolas Feuillatte sehr gut. Diese Genossenschaft ist auch in meiner Wahrnehmung nicht alt oder verstaubt, sondern im Gegenteil sehr innovativ und umtriebig!

Da wir dort schon seit Jahren in Urlaub fahren, kann ich auch die von Josef schon angesprochenen Cave Cooperative in Castelmaure sehr empfehlen. Eher ein kleinerer Betrieb aber ein sehr umtriebiges Team, dass selbst in der Region einen Gewissen Kultstatus genießt. Leider gibt es in D oft nur einen kleinen Teil bei z.B. Jacques Weindepot o.ä. zu kaufen (bei Lobenberg läuft der Top-Wein unter Michel Tardieu - was mich schon sehr ärgert). Die Winzer bringen in jedem Jahr zwei neue Weine heraus, die auch ständig in Ihrer Rebsortenzusammensetzung wechseln und thematisch vermarktet werden. In 2020 waren das "Thelma" und "Louise". Sind in D aber nur schwierig zu finden. Außerdem hat man dort auch schon vor ein paar Jahren einen Wein ohne Sulfite abgefüllt - also durchaus innovativ! Aber das steht und fällt natürlich immer mit den Machern an der Spitze einer solchen Genossenschaft!

Gruß,
Jochen
„Eine Magnum-Flasche? Genau die richtige Größe für einen schönen Abend. Vorausgesetzt, man beginnt mit einem Champagner, man endet das Menu mit einem Sauternes, und man ist allein daheim…“
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UlliB

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 11:39

In Deutschland ist das Bundesland mit dem höchsten Genossenschaftsanteil Baden-Württemberg - hier hatten die Genossenschaften früher einmal gegenüber wenigen Einzelwinzern eine absolut marktbeherrschende Position.

Zu den württembergischen Genossenschaften kann ich nichts sagen - obwohl ich in Württemberg lebe, ist der Anteil an Weinen von hier in meinem Keller sehr gering. Ich kenne aber etliche badische Genossenschaften ganz gut, insbesondere im Kaiserstuhl und dem Gebiet unmittelbar darum. Ich mache dort regelmäßig im Frühjahr eine Woche Urlaub (dieses Jahr wohl nicht...) und schaue dann auch mal bei der einen oder anderen Genossenschaft vorbei, um zu sehen, was sich da tut.

Leider tut sich da nicht allzuviel, jedenfalls nichts Gutes. Die Weinbereitung erfolgt meistens stereotyp "nach Rezept", was bei den trockenen Weinen heißt, dass diese nicht wirklich trocken sind. Irgendjemand hat da mal die Doktrin entwickelt, dass Weine dann harmonisch schmecken, wenn der Restzuckergehalt gleich dem Säuregehalt ist, und so findet man ganz ganz regelmäßig "trockene" Weine mit 5 bis 6 Gramm Restzucker (durchaus auch bei Rotweinen), was insbesondere den Burgundersorten gar nicht gut bekommt. Rotweine werden sehr häufig mittels Maischeerhitzung hergestellt - hochwertige Produkte sind so nicht möglich. Und die "Premiumweine", die jede Genossenschaft hat, sind in der Regel einfach fetter und alkoholreicher als der Rest des Sortiments, aber nicht feiner oder vielschichtiger.

Den Anschluss an die selbständigen Topbetriebe im Gebiet hat man jedenfalls verloren. Und die Genossenschaften haben ernste Probleme, nämlich Mitgliederschwund: einige Ex-Mitglieder haben ihre Flächen an die laufend wachsenden großen Einzelbetriebe verkauft, andere arbeiten denen als Vertragswinzer zu, weil es dort mehr Geld gibt. Die Genossenschaften versuchen, das durch Fusionen zu kompensieren (z.B. Bischoffingen mit Endingen, und Jechtingen mit Amoltern). Dass es denen trotzdem nicht gut geht, sieht man manchen Betrieben schon von außen deutlich an, da blättert schon mal die Farbe ab oder der Putz hat große Risse.

Ein bisschen ist da schon Endzeitstimmung, und ich weiß nicht, ob die noch mal die Kurve kriegen. Eine Abwärtsspirale aus niedrigen Preisen und mäßiger Qualität bei massiver Konkurrenz im Zielsegment ist nicht leicht zu durchbrechen.

Gruß
Ulli
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OsCor

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 12:15

Ich habe mir jetzt beispielhaft mal die Genossen aus Dürrenzimmern angeschaut. Nach dem fünften „trockenen” Weißwein mit >6 g RZ habe ich aufgegeben. Bei denen aus Cleebronn-Güglingen steht groß:
´Die derzeit wahrscheinlich beste Genossenschaft in Deutschland.´VINUM Weinguide 2021

Angaben zu Säure und RZ sucht man vergeblich; sowas nervt mich. Wenn ein trockener Riesling des Jahres 2019 dann mit nur 12% Alkohol angegeben wird, schließe ich gleich mal, dass da auch nicht wenig Restzucker vorhanden ist.
Irgendwie bin ich jetzt etwas enttäuscht :roll: Ich hätte die Schwaben jetzt etwas sparsamer (mit Zucker) eingeschätzt…

Gruß
Oswald
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