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Genossenschaftsweine

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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OsCor

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 10:46

Erich, ich rede hier von einer absoluten Mehrheit in deutschen Landen! Als Leser beinahe jeden Beitrags hier war mir durchaus bewusst, dass es mit den Südtiroler Genossenschaften eine eigene Bewandnis hat.
Gefühlt sieht es für mich aber so aus, dass die Südtiroler die Touristen (über die Gastronomie und direkt) aus beiden Himmelsrichtungen versorgen. Bei den Preisen wird sich die Bevölkerung wohl anderweitig bedienen. Kann ich aber nur vermuten, ich war leider schon ewig lange nicht mehr dort.

Gruß
Oswald
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Judo

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 11:28

Der LEH macht es mit der Zuckerreduzierung bei bestimmten Produkten ja vor (leider nur sehr punktuell).
Das wäre doch mal was, woran sich die Winzer ein Beispiel nehmen könnten. Ich bin da auch beim Henne-Ei-Vergleich. Alles auf die „Verbraucher“ zu schieben, halte ich für zu einfach.
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UlliB

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 11:34

Georg R. hat geschrieben:Ja, publikumstauglich wird von den Genossen gerne genommen um Ihre hohen Restzuckerwerte zu verteidigen, "der Verbraucher will das so"
Aber so einfach ist das nicht, erinnert mich ein wenig an die Frage - wer war zuerst, das Huhn oder das Ei?
Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es die Genossen sind, die dem Verbraucher diesen "Stil" aufdrücken.

Beinahe geschockt hat mich die Entdeckung des Jungwinzerprojektes der Sasbachwaldener.
Ein 15er Spätburgunder, 2 Jahre im Barrique, 14,5 Umdrehungen, 6 gr Rz.
Sogar die Kids machen schon Dienst nach Vorschrift...

Das Thema "Restsüße in badischen Genossenschaftsweinen" hatte ich ja schon mal auf der ersten Seites dieses Threads erwähnt:
UlliB hat geschrieben:Irgendjemand hat da mal die Doktrin entwickelt, dass Weine dann harmonisch schmecken, wenn der Restzuckergehalt gleich dem Säuregehalt ist, und so findet man ganz ganz regelmäßig "trockene" Weine mit 5 bis 6 Gramm Restzucker (durchaus auch bei Rotweinen), was insbesondere den Burgundersorten gar nicht gut bekommt.

Das Verblüffende dabei ist, dass die privaten Spitzenbetriebe in der Gegend dieser Doktrin überhaupt nicht folgen und fast durchgängig völlig durchgegorene Weine erzeugen. Dass das auch kommerziell gut funktioniert, ist durchaus sichtbar: diese Betriebe wachsen laufend und graben den Genossen zusehends das Wasser ab.

Vermutlich hat Georg deshalb recht, wenn er meint, dass es die Genossen sind, die ihren Kunden den restsüßen Stil aufdrücken. Wobei es mich schon wundert, wie einheitlich diese Restsüße-Orthodoxie betrieben wird, es gibt unter den Genossen dort ja kaum Ausnahmen... verfolgen die das Marktgeschehen wirklich nicht? Oder irren wir uns, und die wissen doch besser, was die Mehrzahl ihrer Kunden wünscht (siehe den Luca Maroni - Thread)?

Gruß
Ulli
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Ollie

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 12:13

Der Vergleich mit Spitzenwinzern ist hier vielleicht weniger informativ als der Vergleich mit den sonstigen Weinen, die im selben Vertriebskanal konkurrieren. Es ist ja nicht so, als ob diese ganzen Jacob's Creeks dieser Welt ganz trocken wären. Primitivo, die unsägliche Ripasso-Mode im Valpolicella und die eine oder andere Missetat aus der Rest-EU gibt's schließlich auch noch.

Aber selbst wenn z.B. der Supermarkt-Chilene ganz trocken wäre, müsste man immer noch schauen, ob die deutschen Genossenschaften / Großkellereien mit ihren untrockenen Rot- und Weißweinen nicht doch ein Marksegment erfolgreich (erfolgreicher gar als die Konkurrenz?) bedienen, das sonst halt nicht bedient wird. Wobei ich natürlich nicht weiß, wohin das ganze Süße-Oberbergener-Baßgeigen-Geraffel verschifft wird. Vielleicht nach Skandinavien?

Cheers,
Ollie
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amateur des vins

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 13:07

Ollie hat geschrieben:Wobei ich natürlich nicht weiß, wohin das ganze Süße-Oberbergener-Baßgeigen-Geraffel verschifft wird. Vielleicht nach Skandinavien?
Ich weiß es natürlich noch weniger, vermute aber Gelegenheiten, bei denen "etwas feines" irgendwie dazugehört, nach dem Kaffekränzchen aber schnell zu sauer wäre.

Gibt es einen signifikanten Markt für dieses Segment in China? Immerhin stehen dort sehr viele auf süß. Russische Oligarchen werden es nicht sein, die mixen ihre Coca-Cola lieber mit Latour.

Um zum Thema zurückzukehren: Ich denke nicht, daß das ein Genossenschaftsphänomen ist, sondern es tatsächlich dem Marktgeschehen entspricht - und zwar aufgrund rein anekdotischer Evidenz. :mrgreen: Mir genügen da mein Besuch bei Gies-Düppel und die Vorsicht, die ich im Supermarkt beim Griff nach einem Kochwein walten lassen muß.
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 15:57

OsCor hat geschrieben:Erich, ich rede hier von einer absoluten Mehrheit in deutschen Landen!

...das ist mir schon klar, dennoch geht es eben auch anders, wenn man nur will. Auch in D gibt es -leider sehr wenige, zumindest mir bekannte- Beispiele dafür. Gerade kommt mir der Winzerverein Deidesheim in den Sinn, wenn ich da z.B. an den Riesling vom Grainhübel als Kabinett trocken denke...
Viele Grüße
Erich

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Jochen R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 16:15

EThC hat geschrieben:
OsCor hat geschrieben:Erich, ich rede hier von einer absoluten Mehrheit in deutschen Landen!

...das ist mir schon klar, dennoch geht es eben auch anders, wenn man nur will. Auch in D gibt es -leider sehr wenige, zumindest mir bekannte- Beispiele dafür. Gerade kommt mir der Winzerverein Deidesheim in den Sinn, wenn ich da z.B. an den Riesling vom Grainhübel als Kabinett trocken denke...

Hallo Erich,
in bin (bzw. war vor Corona) recht oft in Deidesheim und habe
demzufolge auch den Winzerverein das eine oder andere Mal
heimgesucht. Trocken können die!
Aber selten so viele Lange Weile im Glas gehabt. Möglicherweise
ist das jetzt unfair, ob der Konkurrenz vor Ort ...

Viele Grüße,
Jochen
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EThC

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 17:06

Jochen R. hat geschrieben:Aber selten so viele Lange Weile im Glas gehabt. Möglicherweise
ist das jetzt unfair, ob der Konkurrenz vor Ort ...

...ich hatte jetzt schon ein paar Jahre nichts mehr vom WVD im Glas, aber Langeweile kam da bei mir nicht auf. Die Lagenweine in der 8 bis 9 Euronen-Klasse konnten sich damals sehr gut gegen die Ortswein- und teils auch EL-Liga der dortigen Granden behaupten. Solange man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, m.E. eine der erfreulicheren Genossenschaftsadressen, es sei denn, die Qualität hätte sich zwischenzeitlich signifikant geändert...
Viele Grüße
Erich

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Jochen R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 17:49

EThC hat geschrieben:...Solange man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, ...

Da ich dort immer urlaubsbedingt kulinarischen Köstlichkeiten
ausgesetzt war, mache ich das wohl (durchaus bewusst). Trotzdem:
gutes Ortsweinniveau ja, vergleichbar mit Ersten Lagen der Granden
vor Ort: never. Es sei denn, das war früher anders ...

Viele Grüße,
Jochen
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Georg R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragFr 2. Apr 2021, 21:53

UlliB hat geschrieben:.............
Das Verblüffende dabei ist, dass die privaten Spitzenbetriebe in der Gegend dieser Doktrin überhaupt nicht folgen und fast durchgängig völlig durchgegorene Weine erzeugen. Dass das auch kommerziell gut funktioniert, ist durchaus sichtbar: diese Betriebe wachsen laufend und graben den Genossen zusehends das Wasser ab.


Genau das ist der Punkt, den ich nicht verstehe. Auch kleinere Betriebe, die man noch nicht zu den Grossen zählt, erzeugen durchgegorene trockene Weine - in den selben Lagen wie die Genossen.

Wenn ich so die letzten Jahre überblicke, war aus Baden kein einziger selbständiger Betrieb dabei, der diese 50/50 Politik der Genossen betreffend Rz/S übernommen hätte, und sie leben scheinbar besser damit.

Aber vielleicht hat Ollie auch ein wenig recht, nur, da fehlt es mir an Hintergrundinformation wer was wohin verschifft.

In einem Punkt muss ich die Genossen sogar in Schutz nehmen, oder sagen wir so, ich könnte mir einen Grund vorstellen, warum sie dieses Restzuckerwerte anstreben.
Man stelle sich einen Kellermeister in einer Genossenschaft vor: Lesegut von unterschiedlichen Böden mit unterschiedlicher Reife...und daraus muss die arme Sau einen anständigen Wein machen.
Die Restsüsse kann in solchen Fällen schon einiges überdecken, was bei einem durchgegorenen Wein zum Vorschein käme.
Nur so ein Gedanke.

Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
Mark Twain
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