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Condrieu

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amateur des vins

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Re: Condrieu

BeitragSo 22. Mai 2022, 22:05

Nora, Perret war und ist eine wirklich schöne Empfehlung! Lediglich der weiße Saint-Jo war mir zu breit und alkoholisch, aber die roten und der Basis-Condrieu haben mir sehr gut gefallen. Umso gespannter war ich auf Deine besondere Empfehlung "Chéry":

André Perret, Condrieu Chéry 2019

Satt Fahlgelb, klar.
In der Nase Orchideen, Mandarine, Aprikose, ein Hauch milder Honig sowie ausgeprägte Mineralität. Blumenwiese und etwas Vanille. Sogar ein wenig roter Apfel.
Am Gaumen deutlich süßlich, was zusammen mit der Vanille zwar recht parfümiert wirkt, mich aufgrund des harmonischen Gesamtbildes aber überraschenderweise garnicht weiter stört. Zudem hat er für Condrieu (jedoch nicht absolut) erfreulich viel Säure, und auch die Mineralität trägt zum Frischeeindruck bei.
Etwas erwärmt, zeigt sich moderat, aber deutlich Holz in der Nase; am Gaumen ist es ziemlich unauffällig.
[+1d] Bei immernoch süßlichem Charakter (ich gehe fest davon aus, daß es kein RZ ist) übernimmt heute exotische Frucht: Mandarine, reife Ananas und Mango dominieren. Er wirkt etwas weniger frisch als gestern; die Säure ist jetzt doch rebsortentypisch niedrig, der Wein deshalb aber keineswegs "latschert". Das Holz (und auch die Vanille) ist heute weitgehend unauffälllig, aber er wirkt etwas alkoholisch wärmend - nicht ganz überraschend bei 15%.

Auch zwei Schwalben machen noch keinen Sommer. Dennoch versteige ich mich im Vergleich zum Basis-Condrieu zu der Hypothese, daß 2017 den Weinen willkommene zusätzliche Frische verlieh, wohingegen 2019 eher eine gewisse Opulenz betont.
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Condrieu

BeitragDo 16. Jun 2022, 21:15

Bestimmt wäre es spannend gewesen, ihn mit dem Chéry direkt zu vergleichen, aber es hat nicht sollen sein. So also heute solo:

André Perret, Condrieu Clos Chanson 2019

Auch hier könnte man von "satt Fahlgelb" sprechen.
In der Nase finde ich Wiesenhonig, Mango, Ananas, Quitte, Aprikose und - wie schon beim Chéry - sogar einen Hauch roten Apfel. Ausgeprägt mineralisch, von barocker Eleganz (sic!).
Am Gaumen dito. Etwas "glycerid-süßlich". Der Alkohol ist nicht ganz unauffällig, weniger gekühlt auch etwas wärmend, aber im Rahmen.
Ganz zuletzt ist da ein wenig Ingwer-Chili-Schärfe.

Trotz des nicht ganz unauffälligen Alkohols gefiel mir der Wein etwas wärmer besser. Insgesamt scheint er mir nämlich deutlich feiner, etwas "schlanker" und auch etwas exotischer als sowohl der Basis-Condrieu als auch der Chéry zu sein; er dreht auch einen halben Prozentpunkt niedriger (aber immernoch mit 14,5 %). Diese (Condrieu-relative) Feinheit ist solo sehr einnehmend. Bei der Wiederholung der Kombination mit Gado-Gado war sie allerdings nicht unbedingt vorteilhaft: Noch etwas feiner, und der Wein wäre von der Erdnußsauce überfordert gewesen. So aber hielt er (gerade noch) stand und sorgte wieder für eine schöne Marriage.
Besten Gruß, Karsten
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Herr S.

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Re: Condrieu

BeitragSo 16. Okt 2022, 08:04

Moin moin,

gestern kam ein etwas älterer Clos Chanson von Perret ins Glas:

Bild

Im Vergleich zu 2019 hat der Wein nochmal zugelegt und war deutlich ansprechender. Ob das jetzt der Reifung, einer Flaschenvarianz oder dem Bias des Verkosters geschuldet ist sei dahingestellt. Auf jeden Fall ein Bilderbuch-Viognier, den ich vermutlich auch blind erkannt hätte.

Viele Grüße,
Björn
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amateur des vins

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Re: Condrieu

BeitragSo 16. Okt 2022, 12:30

Herr S. hat geschrieben:Auf jeden Fall ein Bilderbuch-Viognier, den ich vermutlich auch blind erkannt hätte.
...erkannt als Viognier, Condrieu, Perret oder Clos Chanson?
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Condrieu

BeitragMo 21. Aug 2023, 21:02

Nach den zuletzt sehr schönen Erfahrungen zum Gado-Gado, suchte ich im Keller nach einem der sehr wenigen Condrieus (oder Condrieux?). Als erster in die Hand fiel mir der

François Villard, Le Grand Vallon 2020

Strohgelb mit dtl. Grünschimmer.
In der Nase zunächst gelbfloral sowie etwas Honig und Salzzitrone. Nach Schwenken erheblich straffer und deutlich mineralisch. Die Frucht bekommt nun eine deutlich Birnennote.

Schon jetzt ist eigentlich klar, daß das zum Gado-Gado und speziell der Erdnußsauce nicht so gut gehen wird: Dem Wein "fehlt" die süßliche Opulenz, er ist viel fokussierter und mineralischer.

Am Gaumen sehr dichte, ganz leicht ölige Textur, aber schöne Frische trotz (viogniertypisch) niedriger Säure. Auch hier überwiegt der weißfruchtige und mineralische Eindruck. Im Abgang animierend herb; als einziges minimales Manko leider auch ganz leicht (alk.) wärmend, trotz nur 13,5 %.

Wir haben ihn dann zurückgestellt und stattdessen einen Huet demi-sec getrunken. Ging auch nur so la-la, aber immerhin wesentlich besser als der Villard, um den es einfach nur schade gewesen wäre, weil er an der Erdnußsauce zerschellt.

[+1d] Heute nochmal deutlich harmonischer. Das Wärmende ist weg, der Wein präsentiert sich schlank, fokussiert und sehr mineralisch.

Sehr gut!
Besten Gruß, Karsten
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JPO

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Re: Condrieu

BeitragSo 5. Nov 2023, 21:47

De Boisseyt - Condrieu Les Corbonnes 2019

Vor Kurzem bei Lobenberg zugeschlagen im Rahmen seines letzten Sale und 3 Flaschen geordert für 34 €/Fl (ist auch jetzt noch zu haben). Ich hatte vorher hier im Forum den Condrieu-Faden durchgelesen und fand interessant, was hier zu diesem Wein geschrieben wurde. Meine Erwartungen waren entsprechend hoch und wurden bitter enttäuscht. Direkt aus der Kühlschrank-kalten Flasche ins Glas gab der Wein werder geruchlich noch geschmacklich irgend etwas preis. In den dann folgenden 15 bis 30 Minuten, die der Wein im Glas auf dem Tisch stand, wurde er wärmer und es kamen dezente Geruchs- und Geschmacksnoten auf, die ich nicht einordnen kann, aber es verlangte dazu höchste Aufmerksamkeit. Sagt man dazu dezent oder reduktiv oder puristisch oder leicht und unaufdringlich? Für mich alles viel zu positive Vokabeln, für mich ist das nur wenig Geschmack für viel Geld.

Reift Condrieu mit der Zeit, wird er durch Reife geschmacklich üppiger? Falls nicht, war das für mich ein Fehlkauf. Die verbleibenden 2 Flaschen werde ich jedenfalls erst einmal im Keller für ein paar Jahre vergessen und so gegen 2030 wieder hervorkramen.

Nachkauf 0/3
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Nora

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Re: Condrieu

BeitragMo 6. Nov 2023, 09:05

Hallo JPO,

vorneweg möchte ich betonen, dass ich den Wein nicht kenne. Deshalb nur der Versuch einer Antwort.

Findet sich in einem Condrieu zu vordergründig Holz, kann man ihn sicher ein paar Jahre liegen lassen, damit sich das harmonisiert.

Ansonsten gilt, dass die Weine jung getrunken werden sollten, da sie sonst ihre schöne Frucht und Frische verlieren könnten. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel, dann sollte es sich aber um einen Spitzenwein handeln.

Condrieu ist meistens durch ein kräftiges Bukett von exotischen Früchten, sowie blumigen Noten geprägt. Am Gaumen ist er rund und vollmundig, oft sogar buttrig, ölig. Die Beschreibungen des Les Corbonnes 2019 sowohl bei Lobenberg als auch bei CT deuten darauf hin, dass es sich bei diesem Wein um einen schlanken und damit eher untypischen Vertreter handelt. Wahrscheinlich hattest du den Wein anders erwartet und daher deine Enttäuschung.

Fazit: Ich würde ihn nicht so lange liegen lassen. Üppiger wird er dadurch sicherlich nicht. Selbst Lobenberg gibt ein Trinkfenster bis lediglich 2027 und das will schon etwas heißen. :P

Probiere ihn doch in ein paar Monaten noch einmal mit einem leichten, frühlingshaften Gericht, vielleicht etwas mit frischen Gartenerbsen oder kurz sautiertem grünen Spargel.

VG, Nora
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JPO

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Re: Condrieu

BeitragMo 6. Nov 2023, 21:00

ja, natürlich habe ich mir die Beschreibungen durchgelesen, dass Condrieu im allgemeinen als üppig und opulent beschrieben wird und im Besonderen bei Lobenberg der Les Corbonnes von De Boisseyt gerade nicht mit diesem Vokabular versehen wird. Allerdings steht für mich "dezenter Holzeinsatz, elegant, gelbe Birne, Quitte, Limettenzesten, einfach schön" nicht synonym für: geschmacksneutral. Wenn ein Wein als Vertreter seiner opulenten Art eine Stufe niedriger als opulent einzuordnen ist, so war meine Kauf-Erwartungshaltung nichts desto trotz doch, dass er eher zu den aromastärkeren Weinen zählen dürfte. Da mache ich Lobenberg den Vorwurf, warum er so ein Wasser überhaupt in sein Sortiment nimmt, immerhin bereist er und sein Team ja regelmässig Frankreichs Winzer und kauft nicht blind (wie ich in diesem Fall, desshalb möchte ich mich ja auf Lob verlassen können).

Aber: heute am 5. und letzten Tag hat der Wein etwas an Aroma zugelegt, er ist immer noch auf der leichten Seite, aber völlig geschmacklos war er nicht mehr. Daher mein Rat zu dieser Flasche: ausgiebige Belüftung ist notwendig sowie 15 Grad Trinktemperatur.
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amateur des vins

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Re: Condrieu

BeitragMi 8. Nov 2023, 23:14

Gerade im Glas:

Domaine De Bosseyt, Condrieu Les Corbonnes 2019

Komplexe, intensiv fruchtige Nase, schwer benennbar: Pfirsichhaut, Exotisches (Papaya?), auch etwas Birne. Dazu eine Spur Honig.
Am Gaumen leicht ölige Textur, aber gute Frische - nicht selbstverständlich für Condrieu. Etwas Honigsüße, erheblich weniger fruchtig als in der Nase. Dafür aber ausgeprägt mineralisch, mit nicht ganz leichtem, aber nicht unangenehmem Bitterle. Der Alk. wird's bei geradeeinmal 13,0 % nicht sein.

Das ist ein guter Wein und ziemlich typischer Condrieu: Textur, Frucht und Mineralik passen. Er ist sicher nicht maximalopulent, aber genausosicher nicht minimalexpressiv. Etwas, aber nicht extrem auf der leichteren Seite von Condrieu. Der Kontrast zwischen expressiv fruchtiger Nase und mineralischem Gaumen ist ziemlich spannend. Uns stört ein wenig die lange nachhallende Bitternote, selbst wenn sie nicht sehr heftig ist. Deshalb kein Nachkaufkandidat, aber auch sicher kein Bedauern, diesen Wein probiert zu haben.

@JPO:
Ich fürchte, unsere Weinwahrnehmungen sind inkompatibel. Abgesehen davon, daß kühlschrankkalt so ziemlich jeder Wein "tot" sein wird, war ich nach Deiner Beschreibung zunächst versucht, einen Korkschleicher anzunehmen. Aber der hätte es auch nicht vermocht, die ölige Textur in's Wässrige zu ziehen. So bleibt mir nur zu konstatieren, daß unsere Urteile über diesen Wein kaum weiter auseinanderliegen könnten.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Condrieu

BeitragSa 24. Feb 2024, 10:12

Condrieu (und ganz allgemein Viognier) habe ich nur selten im Glas, und dann hat es sich nach meiner Erinnerung immer um recht junge Weine gehandelt. Hier mal ein deutlich gereiftes Exemplar:

Condrieu Villa Pontciana 2012 (François Villard) 13%Vol. Gold. Die Nase erinnert verblüffenderweise an eine lange gereifte Spätlese von der Mittelmosel: weiße Blüten, dazu intensiv schiefrig-mineralisch, auch etwas Herbes. Dieser Eindruck verschwindet aber am Gaumen sofort, da ist wesentlich mehr Substanz und Dichte als ein Mosel haben könnte, druckvoll, greift die Aromen der Nase wieder auf, dazu auch ein wenig Honig, die Aromatik signalisiert "süß", der Wein ist aber völlig trocken. Moderate, aber passende Säure. Kleidet den Mund aus, im langen Abgang dann mit Grapefruit-artiger und lang haftender Bitterkeit.

Das ist schon sehr speziell, und immer möchte ich so etwas nicht im Glas haben. Gestern abend passte es aber - als Solist. Mit welchem Essen man das kombinieren könnte, weiß ich nicht.

Gruß
Ulli
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