Mo 13. Feb 2012, 00:28
Am Samstagabend hatte ich das Vergnügen Enrico Traplettis Fassproben zu verkosten. Enrico gehört seit Anfang 2000 als illustrer Name zu Tessiner Weinszene und ist mitunter anerkannt mit seinen Culdree einen der elegantesten Merlots auf die Flasche zu ziehen.
Als wir dann bei Tagliata am Tisch sassen schenkte er mir blind die drei Fassproben ins jeweilige Glas.
Glas 1: Rubin, schöne Himbeerfrucht, die sich mit Pflaume abwechselt. schönes Konzentrat, gute Säure mit etwas zu festem Tannin (wird sich das legen?). Gut extrahiert. Wirkt trotz der Ruppigkeit nicht zu extrem gebaut. Schöner Wein, der mich aber noch nicht von den Socken reisst. Es war der Culdree 2010, aus einem für das Tessin doch nicht ganz einfach Jahr. Ich werde ihn mir wohl trotzdem zulegen...
Glas 2: Nein, das kann kein Merlot sein dachte ich erst. Der war so dicht, so pflaumig, so violett. Purer Samt, der sich über den Gaumen ergoss. Ein wirklich dramatischer Geschmacksdruck. Ich kann wirklich nur nochmals die Dichte dieses Weines erwähnen, so total anders, als ich Culdree sonst kenne. Enrico bestätigte mir den auch, dass er die Vinifikation verändert hat und seinem Topmerlot das angedeihen lassen will, was er eben verdient: die Substanz um reifen zu können und mit dieser Reife noch mehr Grösse aufzubauen. Ich bin überzeugt, mit dem 2011er Culdree ist in Enricos Kellern ein grosser Wein am schlummern, der auch die Bestätigung für meine bisherige Einschätzung des Jahres 2011 im Tessin bietet: Ich glaube wir werden es mit einem weiteren guten bis grossen Jahr im Süden der Schweiz zu tun bekommen.
Glas 3: Definitiv ein Wein internationalen Zuschnittes. Enricos Nabumba 2009, um es vorneweg zu nehmen. Eine Cuvee aus 30% Nebbiolo, 30% Merlot, 10% Petit Verdot, etwas Cabernet Franc und Sauvignon und der Rest sind farbliefernde Sorten. Superdichter, tanninstarker Wein. Auch hier pflaumig, mit viel dunkler Kirsche. Superdicht. Ein, der in einer Blinddegustation nie der Schweiz zugeordent werden würde. Enorm modern und im besten Sinne gewaltig.
Mein Fazit? Nun, Nabumba ist hypermodern aber sicher ein Versuch wert. Culdree 2010 ist eine interesssante Essenz, die aber nicht jedermanns Geschmack treffen kann und Culdree 2011 wird meiner Meinung nach ein ganz grosser werden, weil er wirklich vereint, was einen grossen Wein aus einem grossen Jahr ausmacht - wenn bis dahin im Keller alles glatt läuft