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Beurer

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Bernd Schulz

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Re: Beurer

BeitragDo 26. Sep 2019, 21:41

Ralf Gundlach hat geschrieben:Ein richtig gelungener Gutsriesling mit schöner Frucht, einer lebendigen, feinen Säure und mineralischen Noten. Die vorhandene Restsüsse ist sehr stimmig integriert. Hier passt "extrem trinkig". Toll!


Du hast mich überredet - ich habe den Wein gerade auch noch aufgeschraubt.... und.....absolute Zustimmung!

Meines Erachtens ist gerade dieser Gutsriesling ein sehr geeignetes Beispiel für die Vorteile der Spontanvergärung, solange es um Fragen wie die der aromatischen Vielfalt geht.... ;) :oops: :twisted:

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: Beurer

BeitragDo 28. Mär 2024, 11:11

Seit viereinhalb Jahren gibt es in diesem Thread keinen Beitrag mehr. An der Weinqualität kann das eigentlich nicht liegen, soweit ich das anhand einiger Begegnungen in den letzten Jahren beurteilen kann.

Vor ein paar Tagen ergab sich die Gelegenheit, vor Ort einige Weine zu verkosten. Beurer ist Mitglied im VDP, aber von dem bei VDP-Betrieben mittlerweile häufig anzutreffendem Schickimicki ist hier nichts zu merken – kein vom Stararchitekten entworfenes Kellergebäude, und kein zeitgeistig modern designter Verkostungsraum. Der Betrieb befindet sich in einem älteren, schlichten Einfamilienhaus in der Hauptstraße von Stetten.

Der Fokus liegt hier für Württemberg etwas ungewöhnlich auf Riesling, zwei Drittel der Rebfläche sind damit bestockt. Beurer ist Demeter-zertifiziert, alles wird spontan vergoren und bekommt ein längeres Hefelager, so dass die Weine später auf den Markt kommen als die der meisten Konkurrenten. Bei den trockenen Riesling-Ortsweinen ist der aktuelle Jahrgang der 2021er, die 22er werden gerade erst gefüllt. Diese Weine tragen als Bezeichnung die Bodenformation, auf der die Reben stehen: Gipskeuper, Schilfsandstein, und Kieselsandstein.

Der Riesling Gipskeuper 2021 zeigt die schönste Nase der drei, ganz klar und strahlend. Am Gaumen sehr mineralisch, aber auch sehr schlank – für meinen Geschmack könnte er ein bisschen mehr Fleisch am Knochen haben.

Das hat dann der Riesling Schilfsandstein 2021, der deutlich dichter und kräftiger erscheint, aber in der Nase vergleichsweise zurückhaltend ist. Ideal wäre vermutlich eine Synthese aus beiden Weinen, die gibt es aber nicht.

Der komplexeste Wein der drei ist der Riesling Kieselsandstein 2021 – unfiltriert und trübe. Neben der Riesling-typischen Frucht kommt hier etwas Dunkelfruchtiges hinzu, vielleicht sogar ein wenig Kirsche, mineralisch-erdig, auch floral, große Spannung zwischen den hellen und dunklen Tönen. Gefällt mir sehr, ist allerdings mit 18,50 € auch der teuerste der drei (die beiden anderen kosten 14,80 €).

Alle drei Weine wirken noch sehr jung und dürften noch lange halten und sich dabei weiterentwickeln.

Als letzten Riesling habe ich das 2020er GG Pulvermächer „Berge“ verkostet. Deutlich voluminöser als die drei 21er, gelbfruchtiger, auch weicher, und für meinen Geschmack etwas sehr gesetzt. Kostet mit 42 € mehr als das doppelte vom 21er Kieselsandstein und war damit nicht sehr kaufanimierend.

Nach den Rieslingen gab es noch zwei Rote. Dass Zweigelt auch im Remstal angebaut wird, und das nach Aussage des Winzers sogar häufig, war mir nicht bewusst. Der 20er Untere Bunte Mergel kam tiefdunkel mit violettem Rand ins Glas. Aus der frisch aufgeschraubten Flasche gab es in der Nase einen schwefligen Reduktionston (ein leichter Böckser), im Gaumen ist der Wein jedoch sauber und zeigt die Zweigelt-typische intensive Kirschfrucht. Ich vermute, dass sich die Reduktionsnote ablüften lässt.

Auf den Reduktionston angesprochen, meinte der Winzer schulterzuckend, dass das unter einem Korken nicht passiert wäre. Ich hatte mich mit ihm schon zuvor über sein Verschlusskonzept unterhalten – die GGs unter Naturkork, der ganze Rest verschraubt – und er hatte dabei erwähnt, dass der Junior entweder zum Naturkork zurückkehren oder auf DIAM umstellen möchte, er selber aber noch unschlüssig sei.

Der 2021er Lemberger Untere Bunte Mergel kam trotz Schraubverschluss unmittelbar nach dem Öffnen blitzsauber ins Glas. Ich könnte hier ganz einfach das wiederholen, was der User Michl ein paar Beiträge weiter oben zum 2013er geschrieben hat, das passt völlig. Das ist einer von den Weinen, die viel mehr Spaß machen, als eine nüchterne Bepunktung ausdrücken kann.

Zum Schluss gab es dann noch einen Wein mit Restsüße, den 2022er Gewürztraminer feinherb, mit knapp 20 Gramm Restzucker. Der Wein hat lediglich 11,5%Vol. und ist damit völlig anders strukturiert als Elsässer GT mit ähnlichem Zuckergehalt, die dann aber 13,5 bis 14,5% Alkohol enthalten. Der Wein ist schlank, sehr klar, überhaupt nicht schwerfällig, und die Betonung liegt hier mehr auf der Frucht als auf den würzigen Noten. Sehr erfreulich und eine interessante Interpretation einer Rebsorte, die in Deutschland fast verschwunden ist.

Alles in allem war das ein lohnender Besuch, der gezeigt hat, dass Beurer unverändert zur Gebietsspitze gehört.

Gruß
Ulli
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Re: Beurer

BeitragDo 28. Mär 2024, 11:54

UlliB hat geschrieben:Beurer ist Mitglied im VDP, aber von dem bei VDP-Betrieben mittlerweile häufig anzutreffendem Schickimicki ist hier nichts zu merken – kein vom Stararchitekten entworfenes Kellergebäude, und kein zeitgeistig modern designter Verkostungsraum.
...ohne das belegen zu können, würde ich mal steil behaupten, daß das auf die meisten VDP-Betriebe zutrifft. Nur stehen halt die "Premium"-VDP-Betriebe in einem ganz anderen Rampenlicht, was den Gesamteindruck diesbezüglich wohl schon verzerrt.
UlliB hat geschrieben:Auf den Reduktionston angesprochen, meinte der Winzer schulterzuckend, dass das unter einem Korken nicht passiert wäre. Ich hatte mich mit ihm schon zuvor über sein Verschlusskonzept unterhalten – die GGs unter Naturkork, der ganze Rest verschraubt – und er hatte dabei erwähnt, dass der Junior entweder zum Naturkork zurückkehren oder auf DIAM umstellen möchte, er selber aber noch unschlüssig sei.
...in der weit überwiegenden Zahl der Fälle, bei denen ich auf einem Weingut über die Verschlüsse diskutiert habe, schauten mich die Gesprächspartner völlig ungläubig an, als ich erwähnte, daß es ja auch Schrauber mit definierten OTR's gibt; in deren Hirnen war fix eingebrannt, daß ein Schrauber immer quasi dicht ist. Soviel zum Thema Kompetenz in Sachen Verschlüsse auf der Winzerseite...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
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glauer

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Re: Beurer

BeitragDo 28. Mär 2024, 19:54

UlliB hat geschrieben:Alles in allem war das ein lohnender Besuch, der gezeigt hat, dass Beurer unverändert zur Gebietsspitze gehört.

Gruß
Ulli


Hallo Ulli,
war das alles was es gerade gab oder nur das was Du probieren wolltest?
Ich bin ein grosser Fan von Jochen Beurers Weinen und mag gerade auch die manchmal etwas abseitigeren Sachen sehr. Gerade auch die diversen Rotweine und den Rosé finde ich sehr animierende Essensbegleiter (der Chef sagt er mache Rotweine als Weissweinwinzer, vor allem auf Frische bedacht).
Jahr fuer Jahr ist fast immer der Schilfsanstein unter den Mittelklasserieslingen mein liebster. Wobei vielleicht der Kieselsandstein nach 5 Jahren einen Vorteil hat. Alle reifen aber sehr gut und ich trinke kaum einen der Weine vor 5 Jahren nach Ernte (habe gerade eine Kiste 2014 entdeckt und da ist keinerlei Müdigkeit festzustellen). Der Schilfsandstein war auch der Wein der mir im Loire Thread sofort in den Sinn kam als ein Wein der auch die besseren Muscadets bei ähnlichem oder gar geringerem Preis an Qualität und vor allem Komplexität regelmässig übertrifft. Fuer mich sind das mit die am preiswertesten Weine im Gebiet.
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UlliB

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Re: Beurer

BeitragDo 28. Mär 2024, 20:17

glauer hat geschrieben:war das alles was es gerade gab oder nur das was Du probieren wolltest?

Gegeben hätte es schon wesentlich mehr Weine. Ich habe mich beim Probieren auf das beschränkt, was ich auch eventuell kaufen möchte. Ich finde es nicht fair, sich durch das ganze Sortiment durchzukosten (zumindest wenn dafür Flaschen eigens geöffnet werden müssen) und am Ende den Hof nur mit sechs oder zwölf Flaschen zu verlassen (bei mir wurden es am Ende fünfzehn).

Ich fand den Kieselsandstein interessanter als den Schilfsandstein. Aber auch hier gilt: beide kamen aus frisch aufgeschraubten Flaschen, und es war einfach nicht genug Zeit, um zu sehen, wie sich die Weine an der Luft entwickeln. Wie ich ja schrieb: die 21er Rieslinge wirkten alle noch sehr jung und dürften sich weiterentwickeln. Für ein abschließendes Bild müsste ich beide in Ruhe und über längere Zeit direkt gegeneinander verkosten.

Gruß
Ulli
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