So 17. Mai 2020, 22:30
Aus Leutesdorf hatte ich bislang noch nie etwas wirklich Überzeugendes im Glas. Dieser Riesling stellt eine Erstbegegnung mit den Erzeugnissen des Weinguts Peter Hohn dar und überrascht mich wirklich positiv:
Zu mir gefunden hat die 2014er Leutesdorfer Gartenlay Spätlese trocken "S" auf eine sehr ungewöhnliche, fast schon makabre Art. Ich nehme, da ich überwiegend zu Hause arbeite, ja oft Pakete für die Nachbarn an. Im Januar klingelte unser großartiger DHL-Bote bei mir:
"Herr Schulz, Ihr Nachbar Herr X macht mir nicht auf! Können Sie das Paket für ihn annehmen?" - "Klar, mache ich!" -"Der Inhalt sieht ja so aus, als ob er ganz auf Ihrem Gebiet liegen würde
. Ich will Sie ja nicht....aber....Herrn X sehe ich eh nur fünf Mal im Jahr...also ich würde es ihm nicht verraten....verstehen Sie, was ich meine.....?"
Mein Nachbar war über 90 Jahre alt; seit einiger Zeit kam jeden Morgen der Pflegedienst zu ihm, und angesichts der dünnen Wände zwischen unseren Reihenhäuschen war das unüberhörbar. Ich hatte aber seit ein paar Tagen morgens nichts mehr gehört. Als ich ihm, da ich ja ein einigermaßen ehrlicher Mensch bin, die (zwei) Weine übergeben wollte, erfolgte keine Reaktion auf mein Klingeln. Ich habe dann das im Namen des "Vereins der Siemens-Jubilare Köln" vom Weingut Peter Hohn versendete Paket in meinem Keller gebunkert, bis ich vor zwei Wochen von der übernächsten Nachbarin erfuhr, dass Herr X schon Anfang des Jahres verstorben ist. Wir hatten seit mehr als 25 Jahren ein äußerst angenehmes, von jedweder Störung freies nachbarschaftliches Verhältnis - und trotzdem haben es die Angehörigen nicht für nötig befunden, mich in irgendeiner Form (beispielsweise durch ein Kärtchen im Briefkasten) zu informieren.
Daher habe ich beschlossen, mit den beiden von seinem ehemaligen Arbeitgeber Siemens für ihn bestimmten Flaschen imaginär auf Herrn X anzustoßen, anstatt mühsam zu versuchen, die Erben, von denen ich keine Kontaktdaten habe, ausfindig zu machen.
Herzliche Grüße
Bernd