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Diverse Winzer

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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragSo 24. Okt 2021, 16:56

... Jakob Tennstedt schreibt es so auch auf seiner website und meint es vielleicht etwas anders?

Je nach Jahrgang wird dem Lesegut Maischestandzeit eingeräumt vor der langen, langsamen Ganztraubenpressung.

https://www.jakobtennstedt.com/im-keller/

Bernd Schulz hat geschrieben:Das Naturweinige liegt dann für mich doch stark über der eigentlichen Herkunft.

Die Frage bleibt, was längere Reifung bringen kann. Wegen möglicher Instabilität des „Naturproduktes“ und mangelnder Erfahrung mit diesem Wein fand ich es richtig, ihn jetzt schon zu öffnen. Anscheinend verträgt er aber eine längere Wartezeit. Vielleicht verdeckt der „Naturweincharakter“ in dieser Phase Besonderheiten der Lage ebenso wie es Primärfrucht bei einem klassischen jungen Riesling tun könnte. Diese Besonderheiten könnten wiederum ganz anders schmecken, als man es von Weinen aus der Region gewohnt ist und trotzdem typisch für sie sein.
Euch, Michl, Bernd und Ralf, danke ich sehr für eure Eindrücke! Ich konnte über die Weine bislang nur wenig und fast nur Euphorisches hören und eine geplante Live-Verkosung scheiterte an Ausgangssperren...

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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UlliB

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Re: Diverse Winzer

BeitragSo 24. Okt 2021, 17:26

Kle hat geschrieben:... Jakob Tennstedt schreibt es so auch auf seiner website und meint es vielleicht etwas anders?

Je nach Jahrgang wird dem Lesegut Maischestandzeit eingeräumt vor der langen, langsamen Ganztraubenpressung.

https://www.jakobtennstedt.com/im-keller/

Ja, vermutlich liegt da eine Begriffsverwirrung vor.

Ganztraubenpressung bedeutet, dass die ganzen unbeschädigten Trauben (ohne sie vorher eingemaischt zu haben) als solche abgepresst werden. Eine wichtige Zielsetzung dabei ist der vollständige Erhalt der Säure.

Bei der bereits in der Zielsetzung fundamental unterschiedlichen Maischestandzeit geht es darum, Bestandteile der Schale zu eluieren, im anorganischen Bereich vor allem Kalium, welches anschließend durch Weinsteinausfall eine deutliche Säurereduktion im fertigen Wein bewirkt. Ein Nebeneffekt ist die Extraktion weiterer Traubenbestandteile, z.B. von Gerbstoffen.

Ganztraubenpressung und Maischestandzeit sind ein innerer Widerspruch, das geht nicht zusammen. Ich vermute, dass hier die Begriffe von einem Seiteneinsteiger fehlerhaft gehandhabt werden. Wenn ich mir die VKN hier ansehe, meint er vielleicht eine vinification entière, das heißt, dass nicht entrappt wird und die Stielgerüste in der Maische verbleiben. Eingemaischt wird aber trotzdem, und damit ist eine Ganztraubenpressung nicht mehr möglich.

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Diverse Winzer

BeitragSo 24. Okt 2021, 21:27

UlliB hat geschrieben:Ja, vermutlich liegt da eine Begriffsverwirrung vor.


Mir ist der Widerspruch zwischen Ganztraubenpressung und Maischestandzeit zugegebenermaßen erst einmal überhaupt nicht aufgefallen, aber vorhanden ist er gemäß Ullis Erklärung ohne jeden Zweifel.

Vielleicht mag ja jemand (Carsten ;) :?: ) Jakob Tennstedt per Mail vorsichtig auf diesen Punkt hinweisen beziehungsweise fragen, wie es zu der nicht ganz unproblematischen Kombination von Aussagen hinsichtlich der Weinbereitung gekommen ist? Ich selber fühle mich dazu aus verschiedenen Gründen derzeit nicht berufen - aber ein wirklich ambitionierter Erzeuger müsste sich ja eigentlich über derartige Reaktionen seitens der "Konsumenten" seiner Produkte eher freuen als ärgern!

Herzliche Grüße

Bernd
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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragDi 26. Okt 2021, 13:39

Sehr geehrter Herr Tennstedt,

im Weinforum viewtopic.php?f=57&t=190&start=900
hat sich eine angeregte Diskussion über Ihren „Mauerfuchs“ 2018 ergeben, wobei zuletzt Unklarheit über den Ausbau im Keller aufkam. So glaubt ein Diskutant zu wissen, dass „Maischestand“ und „Ganztraubenpressung“ zwei einander ausschließende Verfahren sind. Auf Ihrer website heißt es jedoch, dass sie in Ihrem Keller nacheinander angewendet werden. Es würde mich freuen, wenn Sie kurz schildern könnten, wie Sie die Begriffe verstehen.


danke für Ihre Nachricht. Es ist schön zu lesen, dass den Weinen und deren Herstellung soviel Neugier gewidmet wird.

Für die Herstellung meiner Weine stellt eine Maischestandzeit und eine Ganztraubenpressung immer die Grundlage für den späteren Wein dar. Die ganzen Trauben werden zuerst sanft angequetscht (in einer Mühle mit Gummiwalzen), sodass etwas Saft austritt. Diese Maische ruht dann (je nach Jahrgang und nach Beschaffung der Trauben) mehrere Tage kühl in einem geschlossenen Maischetank aus Edelstahl (eine Gärung tritt dabei nicht ein und soll auch nicht eintreten). Diese Maische wird dann in eine Presse überführt und langsam abgepresst.

Diese Herstellung von Wein entspricht eigentlich der traditionellen Arzt und Weise eines damaligen Moselrieslings. Damals wurden die Trauben, bei der Weinlese, in großen Bottichen im Weinberg gesammelt und wurden aufgrund des Eigendrucks oft schon angequetscht und machten dadurch eine kürzere oder längere Maischestandzeit durch. Bis die Trauben gepresst wurden, verging damals oft mehr Zeit als heute und auch die Pressung in einer Korbkelter benötigt mehr Zeit und steht eigentlich immer in Verbindung mit einer Maischestandzeit.

Ich hoffe, ich kann Ihnen mit dieser Erklärung Klarheit verschaffen.

Viele Grüße,

Jakob Tennstedt


Edit: Jakob Tennstedt hat mir erlaubt, ihn hier zu zitieren.
Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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UlliB

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Re: Diverse Winzer

BeitragDi 26. Okt 2021, 14:56

Danke für die Mühe. Ich verstehe, was der Winzer macht (so ähnlich hatte ich das ja schon vermutet). Fachlich falsch bleibt seine Antwort dennoch, denn bei einer Ganztraubenpressung findet gerade keine vorherige Einmaischung der Trauben statt. Das kann man mühelos recherchieren, wenn man denn möchte.

Die prinzipielle Gegensätzlichkeit beider Verfahren wird in der Fachliteratur sogar hervorgehoben, nur ein Zitat von hier: https://www.am.rlp.de/Internet/global/t ... enDocument

Die Arbeitsweise [bei der Ganztraubenpressung] ist von ihren Effekten her konträr zu denen der Maischestandzeit zu bewerten.

Ist aber auch egal, wenn am Ende der Wein gut ist, und das scheint er ja zu sein. Nur kann man sich schlecht über Vinifikationsverfahren unterhalten, wenn deren Definition nicht bekannt ist...

Gruß
Ulli
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PSI

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Re: Diverse Winzer

BeitragDi 26. Okt 2021, 21:04

Ich habe wiederholt Angebote für das Weingut Josef Milz bekommen und habe mir das Weingut an sich mal genauer angesehen.
Mit den Lagen Trittenheimer Apotheke, mitten drin das Leiterchen (Monopollage), Felsenkopf (ebenfalls Monopollage) sowie dem Drohner Hofberg ist das Weingut lagentechnisch sehr gut aufgestellt und besonders groß scheint es auch nicht zu sein (ca 8ha)
Hatte jemand schonmal dieses Weingut im Glas bzw. weiß wie es um die Qualität bestellt ist? Weil groß Informationen zu deren Weine sind nicht zu finden und die Homepage gibt auch nicht sonderlich viel Preis.
Aber 19,50 für ein Riesling GG? Das macht mich doch ein wenig skeptisch.
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amateur des vins

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Re: Diverse Winzer

BeitragMi 27. Okt 2021, 18:32

Vielen Dank für die äußerst anregende Diskussion zu Jakob Tennstedt! Ich habe still, aber sehr interessiert mitgelesen - und mir 'was zur Probe bestellt, um mir selber ein Bild zu machen:

Jakob Tennstedt, mauerfuchs 2018 (13,0%)
Jakob Tennstedt, perlmutt 2018 (13,5%)


Beide Weine zeigen sich honig- bis bernsteinfarben und deutlich trüb; m nochmal signifikant dunkler.
Beide deutlich apfelmostig, zum Verwechseln ähnlich. Die Rebsorte ist nicht erkennbar.
[+5'] m Ganz, ganz leichte Kohlensäure. Frische Säure, (nur) leichter Grip. Quitte, getrocknete Früchte, hpts. Orange. Vibrierend, ausgewogen, sehr lang - und hier am Gaumen weniger "naturweinig" als erwartet. Dennoch ist die Rebsorte bestenfalls zu erahnen.
p stilistisch ähnlich, aber: noch weniger (fast keine) Kohlensäure, weniger vibrierend, etwas hellere Frucht (Ananas), deutlich kräuterig-herb, besonders im Abgang.
[+30'] m wird oranger und schlanker, p weißer und fülliger.
[+40'] m Michl: "Kastanienhonig, Feige" - jau! Wäre ich aber selber nicht drauf gekommen. :(

Superspannendes Zeuch! Sehr naturweinig (worauf ich eigentlich nicht besonders stehe), aber unter fast völliger Vermeidung alles Anstrengenden; übrig bleiben intensive, komplexe und harmonische(!) Aromen.
Sehr, sehr gut!

@Kle Ich finde nicht, daß die Aromen für sich stehen - etwas, das ich bisweilen als "disjunkt" umschreibe. Im Gegenteil, ergibt sich für mich ein äußerst stimmiges und harmonisches Gesamtbild, gleichwohl weitab eingetretener Pfade.
@Bernd Fehlende Komplexität? Auch wenn ich nicht alles benennen kann, ist das für mich ein tiefes, schillerndes Aromen-Potpourri. Aber, auch wenn Äpfel mit Birnen zu vergleichen Naturwein vielleicht angemessen ist: Du punktest nur minimal (im Rahmen des Meßfehlers) höher als z.B. Egon Schäffers MT AR?! :shock: Da liegen für mich Größenordnungen, nein: Welten dazwischen! Liegt es an der "Untypizität"?

Muß mich gerade zwingen, die Buddeln wegzustellen, um auch in den nächsten Tagen noch was davon zu haben. :ugeek: Ich bin ja sicher kein ausgewiesener Naturwein-Fan, aber dieses Zeug macht einfach mal richtig Spaß!
Besten Gruß, Karsten
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Bernd Schulz

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Re: Diverse Winzer

BeitragMi 27. Okt 2021, 19:07

amateur des vins hat geschrieben:@Bernd Fehlende Komplexität? Auch wenn ich nicht alles benennen kann, ist das für mich ein tiefes, schillerndes Aromen-Potpourri.


Ein solches Potpourri hat mir/uns gefehlt. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass meine Probe von Carsten in eine kleine Flasche umgefüllt wurde und danach noch einige Zeit auf dem Postweg und in meinem Kühlschrank verbracht hat. Das muss nicht zwingend viel ausmachen, kann es aber....

amateur des vins hat geschrieben: Du punktest nur minimal (im Rahmen des Meßfehlers) höher als z.B. Egon Schäffers MT AR?! Da liegen für mich Größenordnungen, nein: Welten dazwischen! Liegt es an der "Untypizität"?


Nein, das liegt nicht an der "Untypizität" des Mauerfuchses, sondern daran, dass ich Schäffers MT AR völlig anders als du wahrgenommen habe. In puncto Schäffer werden wir uns ja schon länger gar nicht einig. Da herrscht zwischen den Fronten (wenigstens Ralf steht an meiner Seite!) fast so etwas wie eine Art Glaubenskrieg :mrgreen:

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Mi 27. Okt 2021, 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragMi 27. Okt 2021, 20:04

Hallo Karsten,

Deine Begeisterung für die Weine gefällt mir, sie drückt aus, was ich mir für sie aus guten Gründen erhoffe, während Michls und Bernds Notizen meine jetzigen Wahrnehmungen bestätigen. Und zwar so gut, dass ich kaum an schädliche Auswirkungen von Luft und Transport glauben kann.
Ich finde sehr gut, dass du die Aromen nicht als für sich stehend betrachtest, denn dies war mein Hauptproblem, an dem ich mir sozusagen den Gaumen ausgebissen habe :D . Umso neugieriger bin ich aufs nächste Probieren!
Vielleicht meinen wir aber auch verschiedene Dinge, denn für mich ist es viel mehr als etwas, was sich als "disjunkt" beschreiben ließe. Die kulinarischen Eigenschaften eines Weines sind für mich zweitrangig, ich erhoffe aromatische Beziehungen für einen Rausch, der möglichst wenig mit dem Alkohol zu tun hat. Jetzt schweife ich ab.
amateur des vins hat geschrieben:Beide deutlich apfelmostig, zum Verwechseln ähnlich.

Ebenso habe ich es auch empfunden.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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EThC

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Re: Diverse Winzer

BeitragMi 27. Okt 2021, 21:04

amateur des vins hat geschrieben: Ich bin ja sicher kein ausgewiesener Naturwein-Fan, aber dieses Zeug macht einfach mal richtig Spaß!
...ach ja, wenn ich nicht so viel anderen Sch... im Keller hätte, würde ich da jetzt glatt was bestellen. Aber irgendwann wird's wieder passieren... :D
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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