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Weinhof Herrenberg

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Ralf Gundlach

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragDi 12. Dez 2023, 23:33

Naiv und neugierig wie ich bin habe ich vier Pullen vom "Quasaar" bei Ebay ersteigert, drei Pullen aus warmen Jahrgängen. Den Anfang macht der :
2006 "Quasaar"

Orange im Glas. Nein, es ist nicht ein Naturwein. In der Nase leichte Karamellnoten und eine Vorstufe von Üppigkeit. Am Gaumen zeigt er noch alles....das, was er mal konnte. Die Üppigkeit kann man noch hinter einer bitteren Boytritisnote erkennen. Ich kann durchaus auch noch die feinen Pfirsichnoten erahnen. Die Säure steht brav in der Ecke. Ich hätte es eigentlich wissen müssen. Die Restsüssen können wahrscheinlich noch was. Aber danach ist Schluß, zumindest bezogen auf die warmen Jahrgängen. Dafür fährt der Weinhof Herrenberg eine zu ertragsreduzierte Stilistik. Mann kann den noch trinken. Gerade so. Aber die biestigen Noten kommen immer mehr zum Vorschein.
Das zeigt die Schattenseiten der Stilistik auf.

Gruß

Ralf
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UlliB

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMi 13. Dez 2023, 14:02

Ralf Gundlach hat geschrieben:Naiv und neugierig wie ich bin habe ich vier Pullen vom "Quasaar" bei Ebay ersteigert, drei Pullen aus warmen Jahrgängen. Den Anfang macht der :
2006 "Quasaar"

Orange im Glas. Nein, es ist nicht ein Naturwein. In der Nase leichte Karamellnoten und eine Vorstufe von Üppigkeit. Am Gaumen zeigt er noch alles....das, was er mal konnte. Die Üppigkeit kann man noch hinter einer bitteren Boytritisnote erkennen. Ich kann durchaus auch noch die feinen Pfirsichnoten erahnen. Die Säure steht brav in der Ecke. Ich hätte es eigentlich wissen müssen. Die Restsüssen können wahrscheinlich noch was. Aber danach ist Schluß, zumindest bezogen auf die warmen Jahrgängen. Dafür fährt der Weinhof Herrenberg eine zu ertragsreduzierte Stilistik. Mann kann den noch trinken. Gerade so. Aber die biestigen Noten kommen immer mehr zum Vorschein.
Das zeigt die Schattenseiten der Stilistik auf.
Hallo Ralf,

dabei ist zu berücksichtigen, dass 2006 ein außerordentlich problematisches Jahr war. Auf Grund der Wetterbedingungen breitete sich zur Lesezeit rasant Fäulnis aus (und das war nicht nur "gute" Botrytis), und gleichzeitig gingen die Säurewerte in den Keller.

Zwar gab es an Mosel, Saar und Ruwer so viele Hochprädikate wie seit 1976 nicht mehr, aber die erforderliche Geschwindigkeit bei der Lese und der Zustand der Trauben machte eine eigentlich erforderliche penible Selektion praktisch unmöglich, so dass einiges im Lesegut landete, was da besser nicht hingehört hätte. Leute, die zur Lesezeit vor Ort waren, haben berichtet, dass in den Lesebehältern eine Art brauner Matsch lag.

Wirklich gute 2006er sind eine Seltenheit (Christoffel jr. hatte einige erzeugt, JJ Prüm auch); aber das meiste aus dem Jahr hätte wohl besser schon getrunken sein sollen, wenn es denn überhaupt einmal brauchbar war.

Ich vermute, dass die von dir geschilderte Problematik bei diesem Wein eher dem Jahrgang als der grundsätzlichen Stilistik geschuldet ist.

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMi 13. Dez 2023, 16:41

UlliB hat geschrieben:Ich vermute, dass die von dir geschilderte Problematik bei diesem Wein eher dem Jahrgang als der grundsätzlichen Stilistik geschuldet ist.


Hallo Ulli,

das, was du über den Jahrgang 2006 geschrieben hast, ist natürlich alles völlig richtig (und Ralf sicherlich auch bekannt). Aber trotzdem dürfte auch der Stil des Hauses seinen Anteil an dem nach fast 15 Jahren eher schwachen Erscheinungsbild haben; meine Erfahrung mit vielen (nicht allen!) Herrenberg-Rieslingen geht nämlich dahin, dass sie trotz stainless cap nicht so besonders gut reifen, sondern eher nach fünf oder spätestens zehn Jahren ausgetrunken werden sollten. Jung sind die bekanntlich aus sehr geringen Erträgen stammenden Weine, die mittlerweile eine abartige Preisdimension erreicht haben (der 22er Quasaar kostet bei PdP knappe 30 Euro) oft sehr beeindruckend, aber in puncto Lagerfähigkeit haben andere Betriebe im M-S-R- Gebiet die Nase deutlich vor Herrenberg.

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMi 13. Dez 2023, 16:58

Bernd Schulz hat geschrieben:aber in puncto Lagerfähigkeit haben andere Betriebe im M-S-R- Gebiet die Nase deutlich vor Herrenberg
...das klingt ein bißchen nach Qualitätsmerkmal in der Art, daß der der länger kann, auch automatisch besser ist. Oder meinst Du das anders?
So wie's gerade bei mir ankommt, teile ich es nicht, es gibt Weine, die sind für 2, 5, 10, 20 oder auch 50 Jahre gemacht, was für mich erst mal keine qualitative Aussage ist, sondern eine produktspezifische Eigenschaft, die man einfach beachten sollte. Man sollte aber wissen -im besten Falle von Seiten des Weinguts oder des Händlers- wie lange ein Wein "kann". Und es sollten keine Weine mehr verkauft werden, wenn man weiß oder annehmen kann, daß diese schon im Sturzflug sind, hab ich leider schon auch ab Weingut erlebt...
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMi 13. Dez 2023, 17:30

EThC hat geschrieben:...das klingt ein bißchen nach Qualitätsmerkmal in der Art, daß der der länger kann, auch automatisch besser ist. Oder meinst Du das anders?


Beim deutschen Riesling (mit Restsüße) wird die Lagerfähigkeit gemeinhin als Qualitätskriterium betrachtet. Aber natürlich verhält sich die Sache komplex; ein Wein, der insgesamt nur mäßig spannend ist, aber sehr lange diese mäßig spannende Form hält, wird von mir als schwächer angesehen als ein einigermaßen vergleichbarer Wein, der jung grandios wirkt, aber nach fünf Jahren etliches von seiner Grandezza verloren hat.....

EThC hat geschrieben:es gibt Weine, die sind für 2, 5, 10, 20 oder auch 50 Jahre gemacht, was für mich erst mal keine qualitative Aussage ist


Naja, 2 Jahre bei Rieslingen mit Anspruch....so etwas nennt man dann "Blender"....

Aber natürlich gibt es Weintypen, die jung weggezischt werden sollen, und bei denen stellt es logischerweise kein Qualitätskriterium dar, ob sie ein paar Jahre länger halten oder nicht. Hier spielen bei der Beurteilung ausschließlich andere Kriterien eine Rolle.

Anders ausgedrückt: Die Lagerfähigkeit ist (für mich, aber auch für viele andere) kein pauschales Qualitätskriterium. Bei bestimmten Weintypen spielt sie aber im Hinblick auf die Beurteilung durchaus eine mehr oder minder große Rolle. Einen Bordeaux, der nach fünf Jahren schon die Grätsche macht, wird wohl kein Bordeaux-Freak als erstklassig betrachten.

Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMi 13. Dez 2023, 17:51

Bernd Schulz hat geschrieben:Die Lagerfähigkeit ist (für mich, aber auch für viele andere) kein pauschales Qualitätskriterium.
...ok, danke, verstanden! Paßt! :D
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragSo 4. Feb 2024, 22:25

Im Chaos meines Kellers habe ich eben diesen 05er von den Lochs gefunden. Und in Anbetracht dessen, was ich weiter oben über die Lagerfähigkeit der Herrenberg-Rieslinge geschrieben habe, habe ich dann auch gleich den Kronkorken vom Flaschenhals abgehebelt:

Bild

Mein allererster Eindruck war: "Puh, damit ist nicht mehr viel los!" Aber mit etwas Luft drehte der Wein dann doch deutlich auf - 2005 war eben doch weit weniger problematisch als 2006. Alles in allem handelt es sich schon noch um einen recht eindrucksvollen Riesling aus der halbtrockenen Kategorie; die extrem niedrigen Erträge, die bei den Lochs von jeher gefahren wurden, manifestieren sich in einer enormen Dichte, wobei man, wenn man so etwas noch im Keller liegen hat, gewiss keine 5 Jahre mehr mit dem Trinken warten sollte. Das Zeug muss weg, lieber heute als morgen!

Ein extremes Ärgernis war für mich wieder einmal der Berg von Plaste, unter dem der Kronkorken schamhaft versteckt wurde. Was sich die Lochs (als Ökowinzer :!: ) damals bei dieser Schichtung von Müll auf dem Flaschenhals gedacht haben, weiß der liebe Geier!

Herzliche Grüße

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragSo 4. Feb 2024, 23:04

Bernd Schulz hat geschrieben:Ein extremes Ärgernis war für mich wieder einmal der Berg von Plaste, unter dem der Kronkorken schamhaft versteckt wurde. Was sich die Lochs (als Ökowinzer ) damals bei dieser Schichtung von Müll auf dem Flaschenhals gedacht haben, weiß der liebe Geier!
...bei den ganzen Natur- / Ökowinzern steht ja das Gewachse in allerlei Konsistenz hoch im Kurs, wobei ein Coating über einem Kronkork schon maximal zweckfrei ist. Bei der Kombination Kork und Wachs steht zumindest die Überlegung im Raum, daß man dadurch die Sauerstoffdiffusion beeinflußt, warum man dann aber nicht gleich einen Schrauber nimmt :?: :?
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Bernd Schulz

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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMo 5. Feb 2024, 00:59

Hallo Erich,

das "Gewachse" stellt fraglos auch ein größeres Ärgernis dar, aber bei den Herrenberg-Rieslingen aus der Ära um 2005 herum muss man sich tatsächlich mit drei :!: :!: :( Pellen Plaste herumschlagen, bis dann irgendwann doch noch - schon kaum noch erhofft :!: - unter den Kunststoffschichten der rostfreie Stahl des Kronkorkens (den ich grundsätzlich für eine bessere Lösung als die Baumrinde halte) auftaucht. Wie soll man das denn nennen? Anders als völlig bescheuert :evil: wohl kaum, oder?

Mittlerweile hat das Weingut offenbar auf (besonders hochwertige) Schrauber umgestellt. Zum Glück!

Was die/den stainless cap (System Querbach) anbelangt: Es hieß mal, dass es sich dabei um einen noch gasdichteren Verschluss als den Schrauber handeln würde. Mich beschleicht aber mittlerweile der Verdacht, dass das nichts anderes als eine Falschmeldung war....

Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Weinhof Herrenberg

BeitragMo 5. Feb 2024, 11:35

Bernd Schulz hat geschrieben:Was die/den stainless cap (System Querbach) anbelangt: Es hieß mal, dass es sich dabei um einen noch gasdichteren Verschluss als den Schrauber handeln würde. Mich beschleicht aber mittlerweile der Verdacht, dass das nichts anderes als eine Falschmeldung war....
...soweit ich weiß, ist das "System Querbach" doch letztlich auch nichts anderes als ein Kronkorken. Entscheidend ist die Dichtpaarung, Glas auf der einen Seite ist klar, im Kronkork selber gibt's mannigfaltige Möglichkeiten, beim Wein -vorwiegend den PétNats- ist in der Regel ein PE-Stöpsel drin, anders als z.B. bei Bierflaschen, bei denen der Dichtkörper relativ plan ist, teils haben die auch so eine Art Hartschaum im Verschluß.
Und: die Verschlußmaschine muß in Ordnung sein, zu geringer Anpreßdruck (auch beim Schrauber) beeinträchtigt die Dichtheit erheblich...
Viele Grüße
Erich

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