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Diverse Winzer

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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragDo 21. Okt 2021, 21:10

Jakob Tennstedt, Mauerfuchs 2018:
Eigentlich hätte ich zu diesem Wein nichts geschrieben, da ich aber eine Verkostung mit Michl und Bernd Schulz angeregt habe, um schlauer zu werden, hier mein ganz persönliches Geschmacksurteil. Schon lange frage ich mich, ob bestimmte „Naturweine“ und speziell die von Jakob Tennstedt einen Stil pflegen, den ich entweder verkenne oder der einfach nicht nach meinem Geschmack ist. Von Tennstedt habe ich verschiedene aus 2018 probiert. Sie besitzen enorme Dichte, ohne schwer oder cremig zu sein. Aromen stoßen beim Probieren regelrecht zu, man kann ihnen - obwohl fein - nicht entgehen, wobei der Nachhall kräftig und lang ist. Aber wieder einmal erscheint mir jede Impression punktuell für sich allein zu stehen. Zu reifen Apfel- und Gelbfrüchten, Citrus und etwas Tee habe ich immer wieder die Anmutung von Kaffee und Nussmischungen, was recht schön ist, vital Druck macht und dann vergeht, ohne sich zu vernetzen, zu spielen oder doppelbödig zu sein. Wie weit mangelnde Reife oder auch der Jahrgang für meine Wahrnehmung eine Rolle spielen, weiß ich nicht. Den nächsten werde ich auf jeden Fall wieder probieren…

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Bernd Schulz

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Re: Diverse Winzer

BeitragDo 21. Okt 2021, 23:34

Jakob Tennstedt war mir - um es ehrlich zu sagen - bislang überhaupt kein Begriff :oops: . Carsten, magst Du ein paar Worte über diesen Winzer verlieren? Wie bist Du auf ihn und seine Weine aufmerksam geworden?

Kle hat geschrieben:....da ich aber eine Verkostung mit Michl und Bernd Schulz angeregt habe....


Der Gegenstand der Verkostung wurde heute von meinem freundlichen DHL-Boten bei mir abgeliefert :) . Ich bin sehr gespannt auf den Wein, aber in Ruhe probieren kann ich ihn wohl frühestens übermorgen.

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 08:46

Ich kann Dir auch ein klein bißchen was dazu sagen: Jakob Tennstedt ist ein Winzer in der Nachbarschaft von Martin Müllen und hat im Kautenbachtal in Ungsberg und Hühnerberg ein paar Parzellen mit alten, wurzelechten Reben. Er arbeitet klar in der Naturweinecke und macht sicher keine typischen Moselrieslinge. Aber mir hat der bisher einzige verkostete Wein von ihm äußerst gut gefallen:

Bild
Viele Grüße
Erich

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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 09:21

Hallo Bernd,

es war so, dass Michl mir einen Wein von Koehler-Ruprecht zur Probe schickte und ich Lust bekam, ähnlich einen ganz anderen zu debattieren. Zuerst las ich über Jakob Tennstedt hier im Forum - „EThC“ Erich äußerte sich damals schon sehr angetan, ich glaube im Müllen-thread. Näher bekannt wurde das Gut mir durch Alexander Zülchs „Vin vivants“. Tennstedt bewirtschaftet bis zu 100 Jahre alte Reben in Traben-Trarbach, unter anderem auch im Hühnerberg, weshalb ich mich unbedingt mit ihm befassen wollte. Die Weine entstehen im Sinne des „vin naturel“ sehr sich selbst überlassen. Der "Landwein" Mauerfuchs ohne Fremdstoffe und unfiltriert. Einst glaubte ich, mit der „Naturweinszene“ den Weg zu neuen, aufregenden Erfahrungen gefunden zu haben. Inzwischen stoße ich oft auf einen Charakter, der mir weniger gut gefällt: Expressive Aromen, die aber seltsam für sich selbst stehen, sozusagen keine kompositorische Verbindung eingehen, mitunter wenig miteinander sprechen. Extremes Gegenbild dazu ist der eher sinfonische Riesling, wie er mich zu Beginn meiner Beschäftigung mit Wein z.B. bei Fritz Haag begeisterte. Falls ihr Lust habt, eure Meinung dazu zu schreiben, bin ich sehr gespannt.

Gruß, Kle
Zuletzt geändert von Kle am Fr 22. Okt 2021, 09:31, insgesamt 2-mal geändert.
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Tristram Shandy
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Moselaner

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 09:22

Hallo Bernd, Erich und Kle,

Jakob Tennstedt bewirtschaftet neben einer Parzelle im Hühnerberg auch noch eine Parzelle im Ungsberg.

Das Weingut gibt es auch noch nicht so sehr lange und Herr Tennstedt ist kein gebürtiger Moselaner sondern hat sich in die Weinberge hier „verliebt“. Ursprünglich war er mal Koch, bevor er dann nach Geisenheim ging.

Selber habe ich auch erst zwei Weine (Mauerfuchs und Waldportier 2017) in einem Probensetting verkostet, bei dem der Winzer freundlich und zuvorkommend über seine Weine und die damit verbundene Vision und Stilistik sprach.
Lange Ganztraubenpressung, manche Weine mit Maischestandzeit, Ausbau im alten Holz. Keine Filtration, keine Schönung, kein Schwefel.

Die Weine gehen in die Richtung Naturwein und sind daher deutlich anders als viele Weine die man aus der Region kennt. Spannend ist das ohne Zweifel.

Möchte ich solche Weine von der Mosel nur noch trinken? Eher nein. Bereichert es die Moselweinwelt? Ganz sicher!
Die Produktion ist klein (1,5ha Rebfläche) und es gibt dementsprechend auch nur vier Weine, die ambitioniert bepreist sind (GG Niveau, 30 bis 60 Euro). Bei der kleinen Menge wohl verständlich, aber ein moderat bepreister Einstiegswein um sich der Stilistik zu nähern, wäre schon toll.

Ich freue mich jedenfalls auf eure Eindrücke!

Viele Grüße
Patrick
Zuletzt geändert von Moselaner am Fr 22. Okt 2021, 18:26, insgesamt 1-mal geändert.
Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.
Euripides
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EThC

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 12:00

...ich trinke ja relativ viel von dem Naturkram und das in den meisten Fällen mit großer Freude. Das heißt aber nicht, daß die "Klassik" (egal von welchem Anbaugebiet wir jetzt sprechen) für mich irgendwie zweitrangig wäre, es kommt einfach auf die Stimmung und den Anlaß an. Insgesamt denke ich, daß ich bezüglich meiner Weinvorlieben relativ breit aufgestellt bin, gefühlt über dem Durchschnitt der Forianer hier. Verbunden mit dem Nachteil, daß ich im Detail sicher nicht so viel Ahnung über die Weine einer Region bzw. Stilistik habe als z.B. jemand, dessen Keller zu 90 % mit Mosel-Kabis gefüllt ist und der zielsicher Goldtröpfchen und Würzgarten auseinanderhalten kann. Aber mir ist die geschmackliche Vielfalt da im Zweifel wichtiger.

Im musikalischen Bereich mag ich ja auch einerseits die Orgelwerke von JSB, andererseits aber auch die für die meisten Leute wohl sehr schrägen bis unhörbaren Sachen von Jazz-Avantgardisten à la John Zorn etc. Zumindest für mich schließt das Eine das Andere nicht aus... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 18:07

Vielen Dank für Eure Informationen über Jakob Tennstedt, Erich, Carsten und Patrick!

Ich war früher mehr drin im Weingeschehen rund um Traben-Trabach. Leider hat sich das (hauptsächlich aus Zeitgründen) etwas geändert. :(

Kle hat geschrieben:Zuerst las ich über Jakob Tennstedt hier im Forum - „EThC“ Erich äußerte sich damals schon sehr angetan, ich glaube im Müllen-thread.


Jetzt erinnere ich mich dumpf daran, dass Erich mal etwas über einen interessanten Naturweinproduzenten, der im Ungsberg und Hühnerberg tätig ist, geschrieben hat. Nach einem Blick auf die Preise seiner Weine habe ich den Namen des Winzers aber ganz schnell wieder vergessen....

Moselaner hat geschrieben:Die Produktion ist klein (1,5ha Rebfläche) und es gibt dementsprechend auch nur vier Weine, die ambitioniert bepreist sind (GG Niveau, 30 bis 60 Euro). Bei der kleinen Menge wohl verständlich


Es verhält sich vermutlich so, dass Jakob Tennstedt mit seinem Minibetrieb entsprechende Kurse aufrufen muss, wenn er von seinen Weinen auch nur einigermaßen vernünftig leben will. Aber es verhält sich auch so, dass damit Weinfreunde mit meinem Budget vom Genuss seiner Erzeugnisse ausgeschlossen sind. Fast - denn jetzt bekomme ich den "Mauerfuchs" (warum heißt der eigentlich so?) ja doch noch ins Glas, was für mich natürlich ausgesprochen spannend ist! Ich denke, dass ich morgen zur Tat schreiten werde....

Herzliche Grüße

Bernd
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Kle

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 18:13

Bernd Schulz hat geschrieben:Fast - denn jetzt bekomme ich den "Mauerfuchs" (warum heißt der eigentlich so?) ja doch noch ins Glas

... einen Sinn muss so eine DHL-Aktion ja haben :shock:
Mauerfüchse gibt es anscheinend in dem Weinberg.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 19:04

Bernd Schulz hat geschrieben:Es verhält sich vermutlich so, dass Jakob Tennstedt mit seinem Minibetrieb entsprechende Kurse aufrufen muss, wenn er von seinen Weinen auch nur einigermaßen vernünftig leben will.
...insbesondere bei einem so kleinen Weingut muß man sich halt entscheiden, ob man den Umsatz mit wenigen Oberliga-Weinen oder viel Basis machen will. Oder irgendwas dazwischen. Aber wenn man sich die uralten Reben im Steilhang mal auf seiner Heimseite ansieht, kann man doch schnell erkennen, daß man es sich bei der Größe gar nicht leisten kann, noch was Günstigeres herzustellen, denn ich denke nicht, daß man da den Ertrag in Höhen schrauben kann, bei dem sich das wirtschaftlich darstellen ließe. Er ist ein Nischenfüller, das kann ganz gut funktionieren, wenn man berücksichtigt, daß der Markt sowas nur begrenzt aufnimmt und man dabei klein genug bleibt; zumindest was die aktuelle Linie angeht.
Ich jedenfalls finde, daß der "Sterntaucher" sein Geld durchaus wert ist, er konkurriert da mit Müllens Hühnerberg-Spätlesen, jedenfalls was die Preise angeht, stilistisch ist das natürlich was gänzlich Anderes...
Viele Grüße
Erich

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Michl

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Re: Diverse Winzer

BeitragFr 22. Okt 2021, 19:46

Lieber Kle, herzlichen Dank, dass auch ich in den Genuss dieses Weines kam!

Für mich ist diese „DHL-Aktion“ eine große Bereicherung, weil ich einen Wein ins Glas bekam, den ich sicherlich nicht gekauft hätte. Das liegt zum einen am Preis, vor allem aber auch daran, dass ich im Naturweinbereich überhaupt nicht bewandert bin und aufgrund der wenigen Erlebnisse im niedrigen Qualitätsbereich eher vorurteilsbeladen bin. Alle Weine zeigten ausnahmslos eine Aromatik, die ich mit leerer Blechdose eingemachter Früchte assoziierte, was mir immer richtig missfiel. Ganz anders dieser Wein!
Zum anderen bin ich dann, wenn ich mir einmal etwas Teureres gönne eher konservativ unterwegs und kaufe Weine, die für mich mit weniger Risiko verbunden sind. Umso schöner ist es, von deinem Vorschlag profitieren zu können.
Zum Weingut: Mir ging es wie dir, Bernd, ich kannte den Winzer nicht einmal namentlich, was aber auch nichts heißen will, da ich bei weitem nicht so viel Erfahrung mit Weinen von der Mosel habe wie du oder Patrick. Alles, was ich im Netz lesen konnte, machte mich aber extrem neugierig und seit Carstens Ankündigung war ich richtig gespannt.
Als ich den Wein dann gestern in der Nase hatte, war ich richtig begeistert. Das ist unmittelbar ein hochklassiger Wein, der mir mit seiner verwobenen Aromatik sogar schon perfekt gereift erschien. Die Nase wirkte insgesamt auf mich noch nicht wirklich groß (95+ P), aber ganz klar heraussragend. Dein Gedanke, Carsten, im Kontext von Koehler-Ruprecht diesen Wein probieren zu wollen, ist für mich völlig nachvollziehbar, im ersten Moment erinnerte er mich aber noch eher an den weißen Tondonia Reserva, der für mich das spanische Äquivalent zu K-R darstellt.
Mit dem Geschmack dann kam ich ehrlich gesagt gestern den ganzen Abend über nicht richtig zu Potte. Ohne Zweifel ist der Wein für mich auch im Mund ein klar herausragender Wein, aber abgesehen von einzelnen eher deskriptiven Versatzstücken wollte es mir nicht gelingen, den Gesamtcharakter und die Wirkung des Weines auf mich zu beschreiben, weshalb ich gestern nichts schrieb. Dann habe ich heute Morgen deine Notiz gelesen, Carsten, und plötzlich war mir klar, was mich gestern umgetrieben hat, denn du hast meine Eindrücke perfekt umschrieben:

Kle hat geschrieben:und dann vergeht, ohne sich zu vernetzen, zu spielen oder doppelbödig zu sein


Das hört sich jetzt eher kritisch an, was bitte nicht so aufgefasst werden soll. Ich habe selten im Jahr einen Wein dieser Qualität im Glas! Aber tatsächlich beschreibst du treffen, was diesem Wein auf sehr hohem Niveau fehlt, um wirklich groß werden zu können:
Auf mich wirkte er wie ein großartiger Schauspieler vom Schlage eines Lars Eidinger, der auf der Bühne steht und an diesem Abend einfach nicht aus sich heraus und zu sich kommt, um eine höhere Wirklichkeit zu zeigen. Er bleibt geschmacklich letztlich doch vordergründig, was aus meiner subjektiven Perspektive tatsächlich dieser minimal mostigen Naturweinaromatik geschuldet ist, die den Wein eher domestiziert als aufblühen lässt.
Als schnöde VKN hört sich das dann in meinem Fall so an:

Bild

Jetzt bin ich gespannt, was Bernd noch schreibt.

Auf jeden Fall möchte ich mich abschließend noch einmal bei dir, Carsten, für die Probe bedanken. Diese Teilen von Weinen bereitet mir sehr viel Freude!
Viele Grüße

Michl
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