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Hochwasserkatastrophe an der Ahr

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EThC

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragDo 30. Sep 2021, 13:10

UlliB hat geschrieben:der steuerliche Zeitwert ist bei vollständig abgeschriebenen Anlagen, die aber durchaus noch benutzt werden können, tatsächlich null
...das ist richtig, aber diese Werte werden in solchen Fällen nicht herangezogen, sondern man muß hier "marktübliche Preise" ermitteln, was im Einzelfall allerdings schwierig sein kann, wenn man am Markt einfach keinen vergleichbaren Preis findet. Hilfsweise kann man dann noch den Nutzungszeitraum heranziehen; wenn der bei einem Equipment jedoch z.B. 20 Jahre beträgt, es aber schon 19 Jahre alt war, eigentlich aber nochmal gut 10 Jahre hätte halten können, dann hätte man hier auch die A....karte gezogen...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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UlliB

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragDo 30. Sep 2021, 13:40

EThC hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:der steuerliche Zeitwert ist bei vollständig abgeschriebenen Anlagen, die aber durchaus noch benutzt werden können, tatsächlich null
...das ist richtig, aber diese Werte werden in solchen Fällen nicht herangezogen, sondern man muß hier "marktübliche Preise" ermitteln, was im Einzelfall allerdings schwierig sein kann, wenn man am Markt einfach keinen vergleichbaren Preis findet. Hilfsweise kann man dann noch den Nutzungszeitraum heranziehen; wenn der bei einem Equipment jedoch z.B. 20 Jahre beträgt, es aber schon 19 Jahre alt war, eigentlich aber nochmal gut 10 Jahre hätte halten können, dann hätte man hier auch die A....karte gezogen...

Das hatte ich ja auch als zweite Möglichkeit skizziert, und wie Du richtig schreibst, kann auch diese Variante für die Betroffenen denkbar schlecht ausgehen.

Es war ja von Anfang an klar, dass es eine Fülle von Definitionsfragen und weiteren bürokratischen Problemen geben wird. Die Behörden werden (verständlicherweise) erwarten, dass Nachweise über die Verluste erbracht werden. Aber wie sollen die erbracht werden, wenn sämtliche Betriebsunterlagen der Flut zum Opfer gefallen sind? Nur auf "Treu und Glauben" geht wohl kaum, aber reichen z.B. Zeugenaussagen? - Das Problem der Wertermittlung ist nur eines vom vielen...

Ich fürchte, dass es wie bei den "Corona-Hilfen" ausgeht: man lobt Riesensummen aus, aber Monate später ist davon nur ein Bruchteil beantragt und noch viel weniger ausgezahlt, weil das Erstellen der Anträge sehr kompliziert ist, viele Anträge falsch ausgefüllt oder unvollständig sind oder das "Kleingedruckte" am Ende dann doch vorsieht, dass man deutlich weniger oder gar nichts von der Antragssumme bekommt. Der Staat benimmt sich da nicht so sehr viel anders als private Versicherungsgesellschaften, die im Schadensfall versuchen, die Erstattung so niedrig wie möglich zu halten.

Gruß
Ulli
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Weinschlürfer

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragDo 30. Sep 2021, 14:46

Das ist das Problem an dem Deutschland immer mehr erkrankt. Es ist inzwischen wie in großen Unternehmen.
Große Pläne oben.. ständige Initiativen. Umsetzungspower und Skill in der Mitte und an der Basis nicht vorhanden
oder Scheitern aufgrund anderer Dinge. Oder weil man noch dabei ist die Änderungen von 2016 umzusetzen...
Oder weil die Komunen kaputt gespart sind während Bundesbehörden / Ministerien aufgebläht wurden (Asymetrie).

Manigfaltige Beispiele: Coronahilfen, Schulenmodernisierung, Digitalisierung, Netzausbau, Internetinfrastruktur.....

---

in diesem Beispiel ist es aber in der Tat schwierig.
Soll der Staat einfach per Gieskanne das Geld verteilen? Ich weiss es nicht... Irgendwie auch nicht.
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UlliB

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragDo 30. Sep 2021, 16:07

Weinschlürfer hat geschrieben:in diesem Beispiel ist es aber in der Tat schwierig.
Soll der Staat einfach per Gieskanne das Geld verteilen? Ich weiss es nicht... Irgendwie auch nicht.

Geht mir genauso. Mir fällt auch keine Lösung ein, die einerseits Betrug unterbindet und andererseits schnell und unbürokratisch ist.

Am Ende bedeutet das aber, dass zumindest einige Betroffene nicht das bekommen werden, was sie bräuchten, um ihren Betrieb fortzuführen. Und wenn sie es doch bekommen, dann spät. Für einige dann vielleicht zu spät.

Gruß
Ulli
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VillaGemma

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 11:25

Was man im Fall der zerstörten Häuser und Existenzen sicherlich machen kann:

1. Den Gebäudeschaden schätzen und entsprechend zu 100% entschädigen.
2. Den Verdienstausfall durch den zerstörten noch gelagerten Wein schätzen und zu 100% entschädigen.
3. Die zerstörten Arbeitsmittel auf Neuanschaffung schätzen und entschädigen.

Das könnte man machen. Mir ist jedoch nicht bekannt wie man das bislang bei Flutkatastrophen gehandhabt hat. Das Elbe-Hochwasser zB war auch eine heftige Nummer...da war Kanzel Schröder noch mit Gummistiefeln unterwegs...

Will man jedoch diese Region retten, muss man aktuell als Staat großzügig sein...und auf ein paar 10 MRD Schulden kommt es doch nach Corona auch nicht mehr an. Die Geldmengen sind ohnehin nur noch virtuell-abstrakt...und entkoppelt von jedweder Realität.
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UlliB

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 11:45

VillaGemma hat geschrieben:Was man im Fall der zerstörten Häuser und Existenzen sicherlich machen kann:

1. Den Gebäudeschaden schätzen und entsprechend zu 100% entschädigen.
2. Den Verdienstausfall durch den zerstörten noch gelagerten Wein schätzen und zu 100% entschädigen.
3. Die zerstörten Arbeitsmittel auf Neuanschaffung schätzen und entschädigen.

Eine 100%ige Entschädigung durch den Staat ist nicht vorgesehen und wäre rechtssystematisch auch außerordentlich problematisch, da man damit diejenigen, die jahre- oder jahrzehntelang hohe Beiträge in die Elementarschadenversicherung bezahlt haben, ex post benachteiligen würde. Wie ich gelesen habe, wollen mehrere Versicherungen bereits gegen die 80% klagen, da ihr Geschäftsmodell dadurch geschädigt wird. Das wird noch spannend.

Das Problem mit der Schätzung ist, dass man zumindest bei Punkt 2 und 3 auf die Angaben der Geschädigten angewiesen ist und hier natürlich dem Betrug Tür und Tor geöffnet wird. Die Versuchung wird sehr groß sein, den Schaden höher anzugeben, als er tatsächlich ist, und möglicherweise marode Betriebe auf diese Art finanziell zu sanieren. Dem sozialen Frieden in der Gegend dürfte das eher schaden - Nachbarn wissen schon ganz gut, welcher Schaden tatsächlich entstanden ist und was am Ende entschädigt wurde.

Man darf bei der ganzen Aktion nicht vergessen, dass man hiermit auch einen Präzedenzfall für zukünftige, möglicherweise noch größere Schadensereignisse schafft. Die Vorstellung, dass man grenzenlos Geld aus dem Nichts schöpfen kann, ist naiv - die erste Quittung dieser Denkweise bekommen wir gerade mit einer antrabenden Inflation.

Gruß
Ulli
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VillaGemma

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 12:33

Nicht falsch verstehen, Ulli, ich sehe die Sache sehr ähnlich wie Du und habe das ja zwischen den Zeilen auch geschrieben. Das mit der Klage der Versicherer wäre mal wieder so ein Fall, wo man nur sagen kann: Das sind wahre Christen :roll:
Trotzdem muss sich meiner Meinung nach die Politik hier fragen: Will ich diese Gegend wie so aufbauen, wie sie war...oder lass ich sie vor die Hunde gehen. Nur über Spenden und Flutweinpakete wird der Aufbau nicht möglich sein...
Zur Inflation...diese paar 10 MRD machen den Kohl nicht mehr fett...irgendwann platzt ohnehin diese Blase..aber nicht durch einen möglichen Ahr-Wiederaufbau.
Tja...schwierig.
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EThC

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 12:39

VillaGemma hat geschrieben:Will ich diese Gegend wie so aufbauen, wie sie war...
...das aus meiner Sicht sowieso nicht. Solche Ereignisse werden sich generell mehren, deshalb sollte man nicht so tun, als ob das an der Stelle die nächsten Tausend Jahre nicht mehr passieren kann. Der Staat sollte hier eher Anreize schaffen, sein neues Domizil weiter oben aufzubauen...
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UlliB

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 14:07

EThC hat geschrieben:
VillaGemma hat geschrieben:Will ich diese Gegend wie so aufbauen, wie sie war...
...das aus meiner Sicht sowieso nicht. Solche Ereignisse werden sich generell mehren, deshalb sollte man nicht so tun, als ob das an der Stelle die nächsten Tausend Jahre nicht mehr passieren kann.

Irgendwo hier im Forum gibt es einen Link zu einem Interview mit Lukas Sermann vom Weingut Sermann in Altenahr, ich finde es nur gerade nicht. Er erwähnt darin, dass er überlegt, den Betrieb (der bislang unmittelbar am Ufer der Ahr liegt) an eine hochwassersichere Stelle zu verlagern. Kurz darauf unterliegt er dann aber gleich dem Fehlschluss, dass jetzt erstmal für die nächsten 100 Jahre Ruhe sein müsste, da die letzten in der Dimension vergleichbaren Ereignisse 110 Jahre (1911) bzw. 217 Jahre (1804) zurückliegen. Der Impuls, alles gleich wieder so aufzubauen, wie es war, ist verständlicherweise sehr groß, auch wenn das nicht sehr vernünftig ist.

Abgesehen davon würde eine Verlagerung auf eine Fülle praktischer Probleme stoßen. So gut wie der gesamte mit Wohn- und Betriebgebäuden bebaute Talgrund oberhalb von Ahrweiler war Überschwemmungsfläche. Wenn man das alles "nach oben" verlagern wollte, wäre das eine Jahrhundertaufgabe. Und wohin nach oben? In die Hänge hinein wäre extrem teuer und würde dort außerdem den Weinbau verdrängen. Realistisch wäre nur eine Verlagerung auf die flussnahe Eifel-Hochfläche möglich, da gibt es aber momentan keine Infrastruktur.

Es ist alles wirklich sehr vertrackt...

Gruß
Ulli
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VillaGemma

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Re: Hochwasserkatastrophe an der Ahr

BeitragFr 1. Okt 2021, 17:14

Meinst Du das:
https://www.spiegel.de/panorama/gesells ... 8ea3a94910

Aber da äußert er sich noch nicht zu den Zukunftsplänen...und diesen Satz kann ich sehr gut verstehen:

"Viele unserer Nachbarn hier haben ihre Häuser wohl für immer verlassen. Die kommen nie wieder."

Vielleicht ist es die richtige Antwort auf die Situation. Blöd nur, wenn in den Weinbergen die Berufung liegt...aber selbst in dem Artikel steht drin, dass es 2016 schon einmal ein Jahrhunderthochwasser gab...ggf. ist es eine Ecke, wo man nicht mehr vernünftig leben kann.
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