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Egon Schäffer

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Bernd Schulz

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Egon Schäffer

BeitragMo 20. Jan 2020, 00:05

Für meine Begriffe handelt es sich beim Weingut Schäffer um eine der letzten Bastionen des ebenso traditionellen wie kompromisslosen fränkischen Stils. Und angesichts des Müller-Thurgaus, den ich gerade im Glas habe, mache ich jetzt doch mal einen eigenen Thread für diesen mir sehr sympathischen Betrieb auf:

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Wenn Müller-Thurgau, dann so! Der mineralisch-herbe, aber trotzdem nicht anstrengend wirkende Wein bewegt sich in einer ganz anderen Dimension als die zahlreichen nett primärfruchtigen "Frank&Frei"-Geschichten (die auch nicht immer schlimm ausfallen, aber in der Regel weit weniger Ausdruck zeigen). Er hat ein richtiges Gesicht mit einigen Ecken und Kanten und bietet in puncto Authentizität mehr als so mancher Silvaner oder Riesling von anderen fränkischen Winzern, die über keinen ganz schlechten Ruf verfügen. Nixe gestylt, nixe Fruchtbömbchen! Und offenbar riskiert man es mittlerweile bei Schäffer jetzt doch, den einen oder anderen Wein spontan zu vergären - umso besser!

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Egon Schäffer

BeitragMo 27. Jan 2020, 21:30

Bei Ralf bekam ich gestern abend diesen schönen Silvaner vorgesetzt - es handelte sich um einen immer noch bestens erhaltenen Rest aus einer schon vor 8 Tagen geöffneten Flasche:

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Ein im klassisch fränkischen Stil gehaltener Wein, der mich durch sein leises, aber trotzdem substanzreiches Auftreten überzeugt! Sozusagen das Gegenteil eines Schreihalses....

Herzliche Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Egon Schäffer

BeitragSa 1. Feb 2020, 19:38

Im Glas ein schönes Getränk:

2015 Escherndorf Müller-Thurgau

Riecht nach Mirabellen. Am Gaumen ein richtig, richtig guter M-T. Knackiger Pfirsich, dezent Kräuter. Wunderbar mineralisch für einen M-T ( kannte ich bis jetzt nur von Kraemer so ähnlich). Perfekte Säure. Nicht zu schlank, was für den Jahrgang ja passt. Sehr schöne Länge. Richtig trocken. Gerade am Beginn seines Trinkfensters ( eine leichte Hefenote zeigt sich auch ). Ist durchaus anspruchsvoll, aber nicht anstrengend. Bis jetzt habe ich keinen besseren Müller-Thurgau im Glas gehabt, höchstens anders ( Kraemer).
90 Punkte. Kostet 7,80 Euro ab Weingut.
P.S. Ich freue mich richtig, das ich nach ein paar Jahren nochmal bei Schäffer bestellt habe. Die Ortsweine sind bis jetzt toll. Ich habe noch jeweils eine Pulle Silvaner und Riesling vom Lump im Keller, da bin ich auch mal gespannt.
Ich mag ja auch die Trockenen Schmitts, aber das hier ist spannender und langlebiger.

Gruß

Ralf
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Bernd Schulz

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Re: Egon Schäffer

BeitragSo 2. Feb 2020, 22:42

Dank Ralf :) habe ich jetzt auch den 2015er Müller-Thurgau im Glas:

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Punktemäßig liege ich etwas niedriger als Ralf, aber trotzdem handelt es sich auch hier wie schon im Falle des 2017ers um einen erstklassigen, sehr ernsthaft gestrickten Vertreter seiner Sorte. Schön, dass Winzer wie Schäffer und Krämer zeigen, was man aus Müller-Thurgau auch machen kann!

Herzliche Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Egon Schäffer

BeitragSa 15. Feb 2020, 22:01

Im Glas:
2016 es-binoh Rose
Cuvee aus Schwarzriesling und Spätburgunder. Lachsfarben. Nase eher zurückhaltend. Am Gaumen ein ernsthafter Rose, der wenig mit dem gängigen Typus in Deutschland zu tun hat. Eher wenig Frucht ( Walderdbeeren), dafür Kräuter und eine mineralische Note. Knochentrocken. Sehr gelungen und sicher ein richtig guter Essensbegleiter. Den könnte ich mir sowohl zu diversen Fischgerichten als auch zu Geflügel mit heller Soße vorstellen.
87 Punkte. Kostet 8,50 Euro.

Gruß

Ralf
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Ralf Gundlach

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Re: Egon Schäffer

BeitragSa 22. Feb 2020, 19:48

Hatte gerade eine aufwendigere VKN zum 2016 Escherndorfer Lump Silvaner geschrieben und plötzlich war sie weg. Deswegen eine kurze Zusammenfassung: Toller Lagensilvaner mit differenzierter Aromatik und mineralischen Einschlag. Kraftvoll, lebendig mit durchaus fordernder Säure für einen Silvaner. Vielschichtig. Knochentrocken. Langer Abgang. Aber viel zugänglicher als die oft barocken Lagensilvaner von Schäffer früher. Hätte ich blind als GG getippt. Sicher ein toller Essensbegleiter ( werde ich gleich mal zu Brathähnchen mit Steinpilzsoße probieren).
91 Punkte. Kostet 14,10 Euro ab Hof.

Gruß

Ralf
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Ralf Gundlach

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Re: Egon Schäffer

BeitragSa 14. Mär 2020, 21:15

Im Glas:

2016 Escherndorfer Lump Riesling trocken

Nase nach Orangen. Am Gaumen Zitrus ,feine Orangen und Kräuter. Mineralisch. Schöne Struktur. Feine Säure. Erstaunlich elegant für einen Wein von Schäffer. Richtig trocken. Schöne Länge.
Summasumarum ein sehr schöner und richtig guter Lagenriesling. Ich komme selten auf die Idee, einen Riesling aus Franken zu bestellen. Schön, dass ich den hier mitbestellt hatte.

90 Punkte. Kostet ab Hof 14,60 Euro.

Gruß

Ralf
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stollinger

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Re: Egon Schäffer

BeitragSa 20. Jun 2020, 14:00

Hallo,

vor kurzer Zeit habe ich das Weingut mal besucht und konnte eine Reihe von Weinen vor Ort verkosten. Insgesamt fand ich, waren die Weine vom Stil her eher reif, mit einer schönen Phenolik und mit wenig Frucht, dafür ausgesprochen würzig.

Den von Bernd eingangs der Fadens beschriebenen MT habe ich auch probiert.

Weingut Egon Schäffer - Escherndorf - Müller-Thurgau trocken 2017:

Bild

Ja, Primärfrucht ist hier definitiv nicht das Thema. Mir war der aber etwas zu spannungslos, zu saftartig. Ich habe die Säure als mild bis matt empfunden, Bernd schreibt ja von einer ziemlich lebhafte[n] Säure; ich würde vermuten, dass die Flasche beim Weingut einfach schon zu lange offen war. Ich möchte aber noch erwähnen, dass die zahlreichen nett primärfruchtigen "Frank&Frei"-Geschichten, wie von Bernd geschrieben, mittlerweile auch mehr Klischee als Realität sind, zumindest in meiner Wahrnehmung. Ich finde man bekommt durchaus häufig einen anständigen, authentischen, trockenen MT, den ich als solchen auch wirklich zu schätzen weiß.

Weiter ging es mit den Silvanern.

Weingut Egon Schäffer - Unterheisenheim - Silvaner trocken 2016:

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Wie erwähnt, im typischen Stil, würzig und wenig Frucht (die aber reif).


Weingut Egon Schäffer - Escherndorf - Silvaner trocken 2016:

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Bei diesem Silvaner Ortswein aus 2016 steht dann doch mehr die Frucht im Vordergrund, weniger die Würze. Der war mir dann, auch mit dem Süßeeindruck vom Extrakt, zu fruchtbetont.

Schlecht waren die Silvaner aus 2016 wirklich nicht, aber die Exemplare aus 2017 legten für meinen Geschmack noch mal deutlich was drauf. Die waren spannunsvoller und intensiver.

Weingut Egon Schäffer - Escherndorf - Silvaner trocken 2017:

Bild

Der hat auch etwas Frucht, im Vergleich zum 2016er weniger reif; aber insgesamt, wie auch Bernd schreibt, feine Kräuterwürze, wenig auf die Frucht gestellt. Hat mir für einen Ortswein, für 9€, ganz ausgezeichnet gefallen.

Richtig toll fand ich den Weingut Egon Schäffer - Escherndorfer Lump - Silvaner trocken 2017:

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Der war dicht, intensiv, griffig und ziemlich vollständig. Für eine erste Lage wohl wirklich weit vorn. Das Silvaner GG aus dem gleichen Jahr konnte ich auch probieren.

Weingut Egon Schäffer - Escherndorfer Am Lumpen 1655 Silvaner GG 2017:

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Der wurde unmittelbar vorher geöffnet, deshalb einfach schwierig, den Wein zu greifen. Im Vergleich zur ersten Lage noch mal etwas reifer und auch schwerer. Ich glaube insg., mit Relation zum Preis, sehe ich die 1. Lage vorne, aber dass werde ich in einigen Jahren noch mal überprüfen.

Ansonsten habe ich noch den Riesling - Escherndorfer Lump 2015 probiert, der mit 4.9g/l Restzucker und 8.5 g/l Säure für das Weingut und wohl auch für einen fränkischen Riesling im allgemeinen eher untypisch ist. Wie die analytischen Werte vermuten lassen, hatte er eine frische, lebhafte Säure, gut eingebunden. Extraktreich, voll, lang und intensiv. In Kombination mit dem Extrakt merkt man den Zucker schon. Der Riesling - Escherndorfer Lump 2017 zeigte hingegen wieder die typisch würzige Charakteristik des Weinguts, der hatte m.M. nach fast eine Würzigkeit von einem Müller-Thurgau. Der Weißburgunder - Escherndorfer Fürstenberg 2017 war trotz 6.7 g/l Säure sehr weich und sanft und cremig. Die Frucht ausgesprochen reif, das war mir dann in Kombination doch etwas too much.

Insgesamt fand ich den Besuch sehr lohnenswert. Ich habe die Stilistik als recht reif empfunden, die Fruchtreife ist wohl einfach nötig, um auch eine entsprechende phenolische Reife zu erzielen. Der Ausbau stellt die Frucht dann aber auch nicht in den Vordergrund, ich habe bei eigentlich allen Weinen die Würze als stilbildend empfunden.
Diese schöne phenolische Reife ermöglicht die gute Struktur bei hohem Extrakt, unterstützt einen Frischeeindruck, lässt die Weine teilweise straff erscheinen und ermöglicht Eleganz. Durch den Ausbau im großen Holzfass wird diese strukturelle Eigenschaft noch weiter hervorgearbeitet, Holzaromen kommen hingegen nicht vor. Die Weine sind balanciert und rein.

Das ist nicht unbedingt meine absolute Lieblingsstilistik, aber es sind Weine die ich gerne im Keller habe, weil ich doch von Zeit zu Zeit Lust auf solche Weine verspüre. Manchmal ist mir das dann aber etwas zu viel des Guten, das ist aber wirklich eine Geschmacksfrage. Das Preisniveau finde ich fair.

Den Pet-Nat habe ich auch noch probiert.

Weingut Egon Schäffer - Pétillant naturel "Pet Nat" brut nature:

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Der hat mir auch gut gefallen, ich muss aber sagen, dass ich z.B. für die selben Zwecke z.B. einen Cidre bevorzugen würde. Mir sind 12.5% Alkohol für ein Getränk, was ich nur vor dem Essen als Appetitanreger oder am Abend auf der Terrasse zu mir nehmen wollte, einfach zu viel. Für den beiläufigen Genuss nimmt mir das vom Alkohol in meinem Kopf zu viel Raum ein.

Grüße, Josef
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Bernd Schulz

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Re: Egon Schäffer

BeitragMo 6. Jul 2020, 20:50

stollinger hat geschrieben:Den Pet-Nat habe ich auch noch probiert.


Josef, den Pétillant naturel hat uns Egon Schäffer am Freitag bei unserem Besuch im Weingut zuerst eingeschenkt, und da wir von ihm ziemlich angetan waren, haben wir uns eine Flasche zwecks Vernichtung in der Ferienwohnung geleistet. Am Samstagabend war der Sekt nach hinreichender Kühlung fällig; ich habe mir keine Notiz gemacht, aber ich bin in seiner Beschreibung aus der Erinnerung heraus fast ganz bei dir! Lediglich die Perlage habe ich als eher fein wahrgenommen. --

Gerade im Glas befindet sich Schäffers Gutssilvaner aus 2018:

Bild

Trotz der dezent süße Noten gefällt mir dieser Wein besser als der 2019er "vom Muschelkalk" des Kollegen Rainer Sauer, weil er auf mich in sich stimmiger wirkt. Obwohl er aus einem VDP-Betrieb kommt :mrgreen:, sehe ich bei ihm eine richtig gute Relation von Preis und Qualität, - und ich frage mich, wo man außerhalb Frankens überhaupt noch erfreuliche VDP-Sachen zu einem Kurs von lediglich 7,50 bekommen kann? Das ehemals im deutschlandweiten Vergleich hochpreisige Anbaugebiet ist offenbar zu einem Schnäppchenparadies geworden..... :twisted: :)

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Egon Schäffer

BeitragMi 8. Jul 2020, 21:03

Im Glas befindet sich gerade der Escherndorfer Müller-Thurgau aus 2018:

Bild

Die mittlerweile hier im Forum berüchtigte ;) "2018er Süße" ist zwar wahrnehmbar, aber im Gesamtkontext stört sie mich überhaupt nicht. Und den nicht selten parfürmiert wirkenden Müller-Thurgau-Charakter mit leicht muskatigen Noten lässt dieser Wein völlig vermissen; er zeigt vielmehr eine für die Sorte ungewöhnliche Kraft und vor allem Mineralität. Neben dem einen oder anderen Exemplar aus dem Hause Stephan Krämer zählt dieser 2018er zu den mit Abstand besten von mir jemals getrunkenen Vertretern seiner Spezies. Das ist große Müller-Thurgau-Kunst! ;) :)

Herzliche Grüße

Bernd
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