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Zehnthof Luckert

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amateur des vins

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Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 19:33

Wenn selbst für Bordeaux ein Thread je Château diskutiert wird...
Ich find' das ja gut. 8-)
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 19:48

Silvaner kannte ich lange Zeit nur von der "Indoktrination" meines besten Freundes und daher beschränkt auf die Würzburger Spitäler. Letztens habe ich Teschke angetestet und bin ziemlich begeistert, habe aber auch gelernt, daß dessen Weine ziemlich... untypisch sind.

Zehnthof Luckert stand schon lange auf meiner Wunschliste. Jetzt endlich habe ich es geschafft, ein paar "Testballons" als Beifang mitzubestellen. Der Kennenlernwein ist:

Zehnthof Luckert, Silvaner -Gelbkalk- Sonnenberg 2018

Robe strohgelb/hell goldgelb.
In der Nase leicht reduziert, aber ohne auffälligen Schwefelstinker. Erst sehr dezent, aber nach einigen Momenten kommt doch einiges an sehr feiner, eleganer Aromatik: gelbe Birne, reife Ananas - aber immer mit kalkigem Gerüst.
[+10'] Am Gaumen "stoffig". Den Begriff verwende ich sonst nicht, aber hier ist er überaus passend. Erstaunlich: Wirkt nicht ganz trocken, hat aber nur 2,2 g/l RZ bei 5,6 g/l Säure. Da hätte ich auf mehr getippt. Ist das der Silvaner? Wie geschrieben, habe ich da wenig Erfahrung... Aber in keiner Weise störend. Tolle Mineralik!
Das Fruchtprofil ist noch etwas weißer als in der Nase: Lychee, Pitahaya; die Birne eher im Hintergrund.
Im Abgang ganz zuletzt minimale bittere Phenolik, eher angenehm spannend...

Das war lange überfällig, und ich freue mich, den Zehnthof endlich angetestet zu haben. Und Silvaner füllt bei mir eine Nische; kann sein, daß ich die Rebsorte zukünftig weniger konsequent ignoriere... :mrgreen:
Macht Spaß!
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 20:58

amateur des vins hat geschrieben:Wenn selbst für Bordeaux ein Thread je Château diskutiert wird...

...nur zu! :D
amateur des vins hat geschrieben:Das war lange überfällig, und ich freue mich, den Zehnthof endlich angetestet zu haben.

Meine Zehnthof-Begegnungen waren bis jetzt nicht so überragend, allerdings hatte ich bis jetzt maximal die Ortsweinebene im Glas, die für mich irgendwie beliebig ist. Aber das kenne ich von anderen Weingütern auch, daß der Spaß erst bei den Ersten Lagen anfängt (z.B. Weltner) und unten d'runter eher der Mainstream bedient wird. Was ich persönlich schade finde, aber das Geld wird halt nicht unbedingt mit den oberen Ligen verdient...
Viele Grüße
Erich

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UlliB

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 22:15

amateur des vins hat geschrieben:Erstaunlich: Wirkt nicht ganz trocken, hat aber nur 2,2 g/l RZ bei 5,6 g/l Säure. Da hätte ich auf mehr getippt. Ist das der Silvaner?

Nein, das ist nicht der Silvaner, ganz und gar nicht. Das ist der Jahrgang 2018. Da schaffen es in Franken sogar Weine mit 0,x Gramm Restzucker, deutlich süß zu schmecken, wie auch immer. Schau mal in den "Franken 2018" - Thread.

Ich habe im Frühjahr bei Luckert das gesamte, ziemlich umfangreiche 2018er Silvaner-Sortiment probiert (naturgemäß damals ohne das GG). Der "Gelbkalk" war der einzige, der mir so halbwegs gefallen hat. Aber eben auch nur halbwegs - der ganze Rest war breit und träge, wirkte trotz "fränkisch trocken" deutlich süßlich, zäh, unspannend, und ein wenig fällt für mich auch der "Gelbkalk" in dieses Register.

Der Betrieb kann es deutlich besser, viel knackiger, spannender, und eben nicht nur analytisch trocken, sondern auch geschmacklich. An und für sich ist der Zehnthof Luckert in Franken sicher einer der Spitzenbetriebe, aber 2018 in Franken: für den passionierten Trockentrinker heißt's da "au weia"...

Gruß
Ulli
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EThC

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 22:48

UlliB hat geschrieben:aber 2018 in Franken: für den passionierten Trockentrinker heißt's da "au weia"...

...kann ich nur bestätigen! :cry:
Viele Grüße
Erich

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amateur des vins

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragFr 6. Dez 2019, 23:43

Aber daß Silvaner im allgemeinen nicht gerade dafür bekannt ist, besonders spritzige Weine zu erzeugen, kann man schon sagen - oder? Und das auch bei Analysedaten, die identisch bei Riesling oft ein deutlich knackigeres Resultat erzeugen?

Auch wenn es eine Binsenweisheit ist: Offenbar läßt sich die Statur eben nicht aus Säure und RZ herleiten: Sowohl Rebsorte als auch Jahrgang sind signifikante Einflüsse, und es werden nicht die einzigen sein.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragSa 7. Dez 2019, 08:54

amateur des vins hat geschrieben:Aber daß Silvaner im allgemeinen nicht gerade dafür bekannt ist, besonders spritzige Weine zu erzeugen, kann man schon sagen - oder?

Wenn Du "spritzig" mit säurebetont gleichsetzt: ja.
Und das auch bei Analysedaten, die identisch bei Riesling oft ein deutlich knackigeres Resultat erzeugen?

Bei Silvaner bleibt in den meisten Jahren die Säure unter 7 g/L, über 8 ist schon ziemlich selten. Da fängt's bei Riesling doch eigentlich erst an... also, ich hatte noch keinen Riesling im unmittelbarem Vergleich mit einem Silvaner, wo beide identische Analysedaten hatten. Mag vielleicht so sein, wie Du sagst, aber der wesentliche Unterschied zwischen beiden Sorten liegt für mich in der Aromatik, weniger in der Struktur.

Was aber bei Silvaner definitiv geht, und wie er für meinen Geschmack auch sein sollte: völlig trocken und ohne jeden Restsüßeeindruck. Das ist aber in Franken bei den 2018ern ein Problem. Es gibt da zwar auch ein paar geschmacklich völlig trockene Exemplare, aber wesentlich häufiger scheinen da die Weine zu sein, die merkwürdig süßlich schmecken, auch wenn sie analytisch völlig trocken sind. Und das gilt keinesfalls nur für die Silvaner, bei Luckert war auch der Riesling betroffen...
Auch wenn es eine Binsenweisheit ist: Offenbar läßt sich die Statur eben nicht aus Säure und RZ herleiten
Eben.

Gruß
Ulli
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stollinger

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragSa 7. Dez 2019, 10:20

Ich finde Silvaner funktioniert auch ganz hervoragend mit einer etwas längeren Maischestandzeit. Auch eine lange Standzeit auf der Feinhefe geht gut. Insofern finde ich die Silvaner-Stilistik vielleicht eher wandlungsfähig (mal mit Gerbstoffen, mal voll und Cremig) und nicht so prägnant wie ein zur Frische ausgebauter Riesling.

UlliB hat geschrieben:Das ist aber in Franken bei den 2018ern ein Problem. Es gibt da zwar auch ein paar geschmacklich völlig trockene Exemplare, aber wesentlich häufiger scheinen da die Weine zu sein, die merkwürdig süßlich schmecken, auch wenn sie analytisch völlig trocken sind. Und das gilt keinesfalls nur für die Silvaner, bei Luckert war auch der Riesling betroffen...


Ich bin ja der Meinung, dass hier Glycerin als Gärungsnebenprodukt der Übeltäter ist. Die Mikrobiologie des Weines hat mir verraten, dass Glycerin neben Ethanol bei der Gärung entsteht. Bei Reinzuchthefen im Verhältnis 1:12, bei wilden Hefen 1:8. In 2018 kommt dann zusammen, dass zum Einen der vergärbare Zucker häufig recht hoch ist, zum Anderen, dass durch den Trockenstress in den Beeren weniger Nährstoffe für die Hefen zu Verfügung stehen (z.B. Stickstoffquellen für die Vermehrung der Hefen). Durch den Nährstoffmangel wird dann der Anteil an Gärungsnebenprodukten (i.e. Glycerin) noch weiter erhöht.

Das Glycerin erhöht die Viskosität, was man häufig an kräftigen Schlieren sieht, schmeckt alkoholisch-süßlich, manchmal auch etwas seifig. Es führt auch zu hohen Extraktwerten, auch wenn nur schwach extrahiert wird (der Zucker ist ja problemlos löslich). Alles in 2018 häufig anzutreffen.

Ob das wirklich stimmt, kann ich nicht garantieren, ich bin kein Önologe. Ich würde mich aber freuen, wenn meine Theorie kommentiert/berichtigt wird (z.B. von schreibenden Winzern).
Deshalb die Bitte, mich zu berichtigen, bevor sich meine Theorien in falscher Richtung verselbständigen.

Grüße, Josef
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amateur des vins

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Re: Zehnthof Luckert

BeitragSa 7. Dez 2019, 10:45

Spannend, Josef! Klingt für mich (weder Chemiker noch Önologe) erstmal plausibel. Interessant, daß der Glycerin-"Output" mit sinkendem Nährstoffangebot steigt. Und es paßt dann auch, daß wilde Hefen relativ zu reingezüchteten mehr davon produzieren.

Ich würde mich auch freuen, wenn sich ein "Insider" dazu äußerte.
Besten Gruß, Karsten
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Re: Zehnthof Luckert

BeitragSa 7. Dez 2019, 15:46

...ja, das mit den Theorien ist immer so eine Sache, vor allem wenn es sich um ein so komplexes Gebilde wie Wein handelt. Deshalb halte ich mich lieber an die Praxis. Und in der kommen auch sehr niederviskose, frische Silvaner vor, die es mit einigen Rieslingen gut aufnehmen können. Ich denke aber auch, daß man sich rebsortenbedingt beim Silvaner schon mehr als beim Riesling anstrengen muß, was frisches, belebendes in die Flasche zu bekommen, in 18 erst recht. Jedenfalls ist mir aus diesem Jahr bis jetzt kein wirklich attraktiver Silvaner untergekommen...
Viele Grüße
Erich

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