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Baden im Gault Millau

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octopussy

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Baden im Gault Millau

BeitragMi 13. Apr 2011, 16:12

Beim Durchblättern der letzten beiden Ausgaben vom Gault Millau ist mir neulich Folgendes aufgefallen: Anders als in manchen anderen Anbaugebieten finden sich in Baden besonders viele Betriebe abseits der absoluten Spitze, die fast durchgängig hohe Punkte für ihre Weißweine bekommen (>85). Von den allermeisten dieser Betriebe habe ich noch nie etwas getrunken, von vielen auch noch nie etwas gehört. Liegt nun diese gute Bewertung an dem speziellen Gault-Millau Tester für Baden oder an einer durchgängig soliden bis hohen Qualität der Erzeuger im Mittelbau?

Leider lässt es mein nur begrenzt möglicher Weinkonsum (Wein ist kein Wasser ;)) nicht zu, das selbst auf breiter Basis auszutesten, aber angesichts doch recht zahlreicher positiver Erfahrungen mit Weinen von weniger bekannten Badener Betrieben bin ich fast geneigt, die zweite oben angegebene Variante anzunehmen. Wie sehen das andere, insbesondere vielleicht etwas erfahrenere Freunde badischer Weißweine?
Beste Grüße, Stephan
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weinfex

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragDo 14. Apr 2011, 07:31

Schönes Wortspiel!? ;)

Vielleicht liegt es daran, dass Baden relativ
wenig vergleichbare Regionen hat, welche
ebenso stark im weissen Burgunderbereich
aufgestellt sind? Somit ist die Gefahr einer zu
"relativen hohen Bewertung", um auch wahrgenommen zu werden,
vielleicht grösser...?

Es gibt wirklich spannende Weissweine in dieser Region,
allerdings beherrscht auch hier die langweilige Reinzuchthefe100%Sicherheitsdenken-
mainstreamfraktion den Markt... ;)
Grüsse weinfex
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octopussy

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragDo 14. Apr 2011, 10:33

weinfex hat geschrieben:Vielleicht liegt es daran, dass Baden relativ wenig vergleichbare Regionen hat, welche ebenso stark im weissen Burgunderbereich aufgestellt sind? Somit ist die Gefahr einer zu "relativen hohen Bewertung", um auch wahrgenommen zu werden, vielleicht grösser...?

Kann sein. Die einzige Kokurrenzregion mit wirklich breitem Programm für weiße Burgundersorten ist eigentlich nur die Südpfalz. Auch dort bekommen die Weiß- und Grauburgunder sowie Chardonnays allerdings durchgängig recht hohe gute Bewertungen.

weinfex hat geschrieben:Es gibt wirklich spannende Weissweine in dieser Region, allerdings beherrscht auch hier die langweilige Reinzuchthefe100%Sicherheitsdenken-mainstreamfraktion den Markt... ;)

Kann ebenfalls sein, dazu habe ich keine Meinung. Jedoch machen die Badener Winzer m.E. auch keinen groß öffentlich ausgepusteten Wind um die Art, wie sie ihre Weine vinifizieren. Und es gibt m.W. durchaus einige Betriebe in Baden, die ihr ganzes oder Teile ihres Programms spontan vergären, z.B. Ziereisen, Duijn, M. Wassmer, H. Koch, Salwey, Männle, Pix oder Alexander Laible. Letzlich finde ich aber auch, dass Spontanvergärung allein einen Wein nicht vom Mainstream abhebt. Den Reiz der Badener Weine aus Burgundersorten sehe ich darin, dass sie hervorragende Speisenbegleiter sind, oft schön schmelzig und ohne großes Philosophieren trinkbar. Ob da nun ganz oder teilweise spontan oder mit Reinzucht vergoren wird, ist mir eigentlich egal, solange kein Aromahefen-Fruchtkitsch vorhanden ist. Und letzteren habe ich bei den Badener Burgundersorten bislang noch nicht gehabt.
Beste Grüße, Stephan
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BuschWein

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragDo 14. Apr 2011, 11:07

Ich denke es liegt eher daran, dass der GM in Baden weniger "Top-Betriebe" nennt, sprich der Mittelbau breiter ist und das liegt wohl daran, dass es dort nicht so viele Riesling-Erzeuger gibt, ohne Top-Rieslinge in trocken und edelsüß bekommt man die 4 Trauben doch fast nicht.
Armin
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DerFranki

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragDo 14. Apr 2011, 12:24

Vielleicht stellen auch einfach nur weniger Badener- oder Württemberger Winzer ihre Weine beim GM an.

Unter Umständen gibt es dort noch dutzende von 100 Punkte-Weine, die wir einfach nur nicht kennen und die sich die Einheimischen bei den Kirmesen hinter die Binde schütten. :D
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argentum

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragFr 15. Apr 2011, 08:55

weinfex hat geschrieben:Es gibt wirklich spannende Weissweine in dieser Region, allerdings beherrscht auch hier die langweilige Reinzuchthefe100%Sicherheitsdenken-mainstreamfraktion den Markt... ;)

Kann ebenfalls sein, dazu habe ich keine Meinung. Jedoch machen die Badener Winzer m.E. auch keinen groß öffentlich ausgepusteten Wind um die Art, wie sie ihre Weine vinifizieren. Und es gibt m.W. durchaus einige Betriebe in Baden, die ihr ganzes oder Teile ihres Programms spontan vergären, z.B. Ziereisen, Duijn, M. Wassmer, H. Koch, Salwey, Männle, Pix oder Alexander Laible. Letzlich finde ich aber auch, dass Spontanvergärung allein einen Wein nicht vom Mainstream abhebt. Den Reiz der Badener Weine aus Burgundersorten sehe ich darin, dass sie hervorragende Speisenbegleiter sind, oft schön schmelzig und ohne großes Philosophieren trinkbar. Ob da nun ganz oder teilweise spontan oder mit Reinzucht vergoren wird, ist mir eigentlich egal, solange kein Aromahefen-Fruchtkitsch vorhanden ist. Und letzteren habe ich bei den Badener Burgundersorten bislang noch nicht gehabt.[/quote]

Wegen der Vergärung würde ich jetzt auch nicht die Hand ins Feuer legen, was die spätere "subjektive" Qualität eines Weines betrifft. Was ich hierzu einfach einbringen möchte ist, was mit ein Winzers aus Baden, mit dem ich mich auch über die Thematik des Vergärens unterhalten habe, dazu erzählte. Er zum Beispiel lässt am Anfang alles offen für eine Spontanvergärung. Setzt sie gar nicht oder nicht rechtzeitig ein, wird mit entsprechenden Hefen nachgeholfen. Im Grossen und Ganzen teile ich die Ansicht von octopussy.
Gruss
Philipp

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weinfex

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragFr 15. Apr 2011, 09:37

Ihr nagelt mich hier zu sehr auf die
Reinzucht/Spontangärung fest ;) , woran ich Dank meines Statements
ja selbst schuld bin...

Es ging mir nicht ausschliesslich um die
Begrifflichkeiten, sondern um die Schlussfolgerung
daraus. Wer spontan vergärt, wird im Grundsatz auch
immer derjenige sein, welcher insgesamt risikofreudiger arbeitet
und die spannenderen Weine produziert (Ausnahmen
bestätigen selbstverständlich auch hier die Regel), und
umgekehrt...

Ich weiss, schön provokanter Ansatz... :D

P.S. Und wo wir schon dabei sind, ich bin auch nicht
der Meinung das wir in einer "parkerisierten Weinwelt" leben,
sondern in einer "reinzuchthefenisierten Weinwelt", aber das
nur am Rande :ugeek:
Grüsse weinfex
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argentum

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragFr 15. Apr 2011, 09:49

Um Gotteswillen! Ich würde mir nie erlauben dich "festzunageln" ;-)

Der mit der Risikofreude ist sicherlich ein Argument, aber eben: Man muss auch Geld verdienen und kann nicht immer nur riskieren. Wenn es in die Binsen wirds empfindlich schmerzlich auf dem Konto, denk ich...

Wollen wir nun abstimmen welche Hefen am besten für Herrn Parker sind? :mrgreen:
Gruss
Philipp

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weinfex

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragFr 15. Apr 2011, 10:31

argentum hat geschrieben:
Wollen wir nun abstimmen welche Hefen am besten für Herrn Parker sind? :mrgreen:


Hallo Phillip,

mir ist diese landläufige Meinung schon bewusst, es ist aber
meines Erachtens zu kurz/bequem gedacht, so wie wir Menschen das
halt gerne machen...

Fakt ist aber, mit dem "Auftauchen von Parker" setzte im
Weinbau, ebenso wie in der gesamten Lebensmittelindustrie,
die "komplette Industriealisierung" ein, bzw. gewann an enormer Fahrt
(was miteinander nichts zu tun hat, sondern lediglich ein zeitlicher Zufall war).

Nun war es möglich, dass die viel zu hohen Erträge plötzlich auch noch
"(Industrie)Geschmack" bekamen. Justierte man die Stellschraube Ertrag und
stellt auf sauberes spät gelesenes Traubenmaterial um, war man innerhalb
ein, zwei Jahrgänge "der King". Mit Parker hatte das aber nur peripher zu tun,
denn er bewertete dies zwar hoch, wurde aber in dem Moment lediglich
instrumentalisiert und für etwas "verantwortlich" gemacht, was weniger mit ihm,
sondern mit den "Errungenschaften unserer Zeit" zu tun hatte...

Das ist lediglich ein Gedankenansatz, nicht zuende gedacht und nicht von allen Seiten
beleuchtet, aber manchmal ist Hinterfragen interessanter wie sich mit
allgemeinem Konsens zufrieden zu geben und in Sachen Parker erinnern mich die
"allgemein geäusserten Fakten" eher an eine widerkäuende Kuh, als eine
wirkliche Auseinandersetzung mit der Thematik (das meine ich keinesfalls
persönlich, und auf Dein Statement bezogen, sondern ganz allgemein!)...
Grüsse weinfex
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octopussy

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Re: Baden im Gault Millau

BeitragFr 15. Apr 2011, 10:50

weinfex hat geschrieben:Ihr nagelt mich hier zu sehr auf die Reinzucht/Spontangärung fest ;) , woran ich Dank meines Statements ja selbst schuld bin...

Es ging mir nicht ausschliesslich um die Begrifflichkeiten, sondern um die Schlussfolgerung daraus. Wer spontan vergärt, wird im Grundsatz auch immer derjenige sein, welcher insgesamt risikofreudiger arbeitet und die spannenderen Weine produziert (Ausnahmen bestätigen selbstverständlich auch hier die Regel), und umgekehrt...

Ich weiss, schön provokanter Ansatz... :D

Hallo Andreas,

wenn du einen schon so zum Festnageln einlädst ;) :D. Aber im Ernst: Ich habe schon verstanden, was Du meinst. Ich stimme Dir auch abstrakt zu im Grundsatz. Andere Weinbauregionen in Deutschland sind durchaus dynamischer als Baden. Mir persönlich gefällt an den Badener Burgundern aber vor allem diese vergleichsweise leichte Trinkbarkeit (gleichwohl mit Tiefgang) und ihr tolles Zusammenspiel mit der regionalen Küche sowie - nicht zuletzt - die guten Preise.

Ich denke, das ist wahrscheinlich Geschmackssache. Aber ich suche da unten eben nicht nach High-End Weinen, die das letze Stück Mineralik aus der Rebe kitzeln. Viele von den grandios solo zu trinkenden trockenen Spitzenrieslingen aus Rheinhessen und teilweise auch von der Nahe und aus der Pfalz sind mir gerade zum Essen manchmal einfach zu anstrengend. Da kommt dann ein eher unkomplizierter schmelziger Weiß- oder Grauburgunder oder Chardonnay gerade recht. Diese französische Tradition der Vermählung von regionaler Küche mit den Weinen gefällt mir sehr gut an dem Anbaugebiet Baden. Und man darf nicht vergessen, dass es vor noch nicht allzu langer Zeit hauptsächlich wirklich auf Sicherheit setzende Genossenschaftsschoppen und restsüße üppige Ruländer gab. Die Auswahl an wirklich guten Betrieben ist heute dagegen gigantisch groß.
Beste Grüße, Stephan
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