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Franz Keller Schwarzer Adler

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UlliB

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSo 31. Mai 2020, 12:58

Hallo Georg,

vor einem Jahr war der 16er Chardonnay "Franz Anton" ebenfalls absolut überzeugend - mit gekonntem (d.h. zurückhaltendem) Holzeinsatz und wirklich ganz wunderbarer Harmonie und Komplexität, getrunken zum Essen im Rebstock gegenüber vom Schwarzen Adler. Da scheint man ein Händchen für die Sorte zu haben.

Ansonsten: Winzer des Jahres 2018 hin oder her - ich kenne kaum einen Produzenten, dessen Weine dermaßen qualitativ inhomogen sind wie die von Franz Keller. Da stehen Weine, die zur absoluten Spitze im Kaiserstuhl gehören, ganz unvermittelt neben blasser Konfektionsware, und hin und wieder gibt es dort auch welche, die für mich in die Kategorie "überhaupt nicht gut" fallen. Das ist jedenfalls kein Erzeuger, bei dem ich irgendwas kaufen würde, ohne es vorher verkostet zu haben.

Apropos Schwarzer Adler: der hat dieses Jahr seinen Michelin-Stern verloren, zum ersten Mal nach rund 40 Jahren*. Und das aus meiner Sicht völlig zu Recht. Eine immer noch wirklich sensationelle Weinkarte reicht halt nicht, wenn die Küchenleistung nicht stimmt. Und die hat zumindest bei meinen letzten Besuchen (einmal in 2019, zwei mal in 2018) nicht mehr wirklich gestimmt.

Wahrscheinlich sollte sich der Chef mehr um seinen Laden kümmern statt um Fußball :twisted:

Gruß
Ulli


*Edit: gerade nochmal gegoogelt - der Schwarze Adler hatte seinen Stern als eines der ersten deutschen Restaurants schon 1969 bekommen, d.h. der hielt genau 50 Jahre. Lange ist's gegangen, jetzt ging es dann nicht mehr...
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Georg R.

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSo 31. Mai 2020, 19:18

Hallo Ulli,

mit den Basisweinen bin ich auch noch nie warm geworden.
Die "Franz Anton" Linie ist jedoch - für mich - fast wie eine Bank, die ich auch unprobiert bestelle.

Und ja, gerade für die Chardonnays scheint man ein Händchen zu haben.
Von 2015-18 war das alles blitzsauber, nicht zu vergessen das GG vom Kirchberg.

Das mit dem Stern war sicherlich ein Tiefschlag, nach 50 Jahren.
Den ersten Stern hatte übrigens die Mutter von Fritz Keller erkocht.
Die Geschichte wurde aber erst später publik, denn offiziell hatte man einen Küchenchef angestellt,
der dann das Lob einsteckte.
Zu der Zeit war es noch nicht üblich, einer "Hausfrau" solch eine Ehre zukommen zu lassen.

Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
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amateur des vins

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSo 31. Mai 2020, 21:53

Das ist ja eine nette Anekdote. Danke dafür! :)
Besten Gruß, Karsten
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Trapattoni

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragDi 30. Jun 2020, 19:41

Guten Abend zusammen,

heute bin ich in meinem Keller auf einen Wein gestoßen, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich ihn besitze:
2002 Spätburgunder Selection A vom Weingut Franz Keller
Kann mir da vielleicht jemand was zu sagen, vor allem wie sowas altert? :?
Danke im Voraus und Grüße
Dieter
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Georg R.

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragDi 30. Jun 2020, 21:06

Hallo Dieter,

Vor der VDP Zugehörigkeit wurden die Spitzenweine mit "A" benamst, die zweithöchste Stufe war "S"

Hofschuster gab dem Wein damals 90 Punkte:
"Bei aller Kraft überraschend kühl im Mund, sehr klare Pinot-Frucht, feines Tannin und ziemlich präsente Säure, dicht und nachhaltig am Gaumen, mineralisch, ganz zart rauchige Noten, sehr gute Struktur, viel Biss..." (Barriqueausbau)

Das Trinkfenster wird mit 2006 - 2010 angegeben....wie üblich sehr zurückhaltend bei Wein +

Am besten den Korken ziehen und berichten :-)

Gruss
Georg
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Trapattoni

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 4. Jul 2020, 10:57

Georg R. hat geschrieben:Hallo Dieter,

Vor der VDP Zugehörigkeit wurden die Spitzenweine mit "A" benamst, die zweithöchste Stufe war "S"

Hofschuster gab dem Wein damals 90 Punkte:
"Bei aller Kraft überraschend kühl im Mund, sehr klare Pinot-Frucht, feines Tannin und ziemlich präsente Säure, dicht und nachhaltig am Gaumen, mineralisch, ganz zart rauchige Noten, sehr gute Struktur, viel Biss..." (Barriqueausbau)

Das Trinkfenster wird mit 2006 - 2010 angegeben....wie üblich sehr zurückhaltend bei Wein +

Am besten den Korken ziehen und berichten :-)

Gruss
Georg

Hallo Georg,

ungern berichte ich über solch einen Wein, der für mich sämtliche Vorurteile über deutsche Spätburgunder bestätigt hat.
Die erste Nase ist noch ganz interessant, weil sie so minzig ist. Das ist natürlich auch schon verdächtig, weil es auf viel und sehr stark getoastetes Holz hinweist. Und genau das ist auch schon das Problem. Extrem harzige Schwarzwaldfichte, die kurz vor der Holzkohle doch noch als Fassholz verkauft wurde?
Dahinter kann man kaum etwas anderes wahrnehmen, vielleicht noch angebrannten Kakao und verkochte Heidelbeeren.
Mit jedem Schluck steigt die Angst, am nächsten Tag mit einem Wahnsinns-Helm aufzuwachen. Für mich hat das alles mit Wein, vor allem Burgunder, nichts zu tun.
Blind hätte ich gesagt, da hat ein Önologie-Lehrling einen bescheidenen Versuch gestartet.
Ich weiß, das wird diesem renommierten Gut vielleicht nicht gerecht, aber dieses Erlebnis hatte ich auch schon bei vielen anderen deutschen Spätburgundern - und günstig sind die ja heute auch nicht mehr. :(
Das Positive: Dieser Wein kann mit Sicherheit sehr gut altern, wird aber seinen Fake-Charakter nicht abschütteln können. Einfach nicht meins! :evil:

Grüße
Dieter
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glauer

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 4. Jul 2020, 16:54

Trapattoni hat geschrieben:
Georg R. hat geschrieben:Hallo Dieter,

Vor der VDP Zugehörigkeit wurden die Spitzenweine mit "A" benamst, die zweithöchste Stufe war "S"

Hofschuster gab dem Wein damals 90 Punkte:
"Bei aller Kraft überraschend kühl im Mund, sehr klare Pinot-Frucht, feines Tannin und ziemlich präsente Säure, dicht und nachhaltig am Gaumen, mineralisch, ganz zart rauchige Noten, sehr gute Struktur, viel Biss..." (Barriqueausbau)

Das Trinkfenster wird mit 2006 - 2010 angegeben....wie üblich sehr zurückhaltend bei Wein +

Am besten den Korken ziehen und berichten :-)

Gruss
Georg

Hallo Georg,

ungern berichte ich über solch einen Wein, der für mich sämtliche Vorurteile über deutsche Spätburgunder bestätigt hat.
Die erste Nase ist noch ganz interessant, weil sie so minzig ist. Das ist natürlich auch schon verdächtig, weil es auf viel und sehr stark getoastetes Holz hinweist. Und genau das ist auch schon das Problem. Extrem harzige Schwarzwaldfichte, die kurz vor der Holzkohle doch noch als Fassholz verkauft wurde?
Dahinter kann man kaum etwas anderes wahrnehmen, vielleicht noch angebrannten Kakao und verkochte Heidelbeeren.
Mit jedem Schluck steigt die Angst, am nächsten Tag mit einem Wahnsinns-Helm aufzuwachen. Für mich hat das alles mit Wein, vor allem Burgunder, nichts zu tun.
Blind hätte ich gesagt, da hat ein Önologie-Lehrling einen bescheidenen Versuch gestartet.
Ich weiß, das wird diesem renommierten Gut vielleicht nicht gerecht, aber dieses Erlebnis hatte ich auch schon bei vielen anderen deutschen Spätburgundern - und günstig sind die ja heute auch nicht mehr. :(
Das Positive: Dieser Wein kann mit Sicherheit sehr gut altern, wird aber seinen Fake-Charakter nicht abschütteln können. Einfach nicht meins! :evil:

Grüße
Dieter


Hallo Dieter
Das überrascht mich jetzt nicht so ganz. Die A Weine waren wirklich fast immer extrem vom neuen Holz geprägt. Ich hatte mir auch mal je eine Kiste weiss und rot gekauft (klassischer Schwarzer Adler Fehler: Nach dem 4 Stunden Mittagessen noch schnell in den Weinverkauf...) und mich nach der ersten Flasche Spätburgunder dann nicht mehr an eine weitere trauen wollen (Die Weissburgunder waren leider alle oxidiert, aber das ist eine andere Geschichte). Den Rest der Rotweine habe ich dann bis auf eine oder zwei an bekennende Vanillefreunde verschenkt. Da ich inzwischen natürlich gelernt hatte dass die Versprechung vom sich integrierenden Holz bei gewissen Weinen eher selten wahr wird. Ich mache die letzte mal dieses Wochenende auf, zum Vergleich mit Deiner Erfahrung.
ABER: Das ist inzwischen deutlich anders. Die Weine haben zwar immer noch ganz deutlich das Barrique gesehen (und entsprechen daher nicht ganz meinem bevorzugten Beuteschema), nur ist das jetzt viel feiner und subtiler. Bei denen glaube ich, dass das mit ein paar Jahren Reife sehr sehr gut wird. Der "typisch deutsche Stil" hat sich ja erfreulicherweise bei vielen sehr stark zum Guten weiterentwickelt.
Georg (L., nicht R.)
Zuletzt geändert von glauer am So 5. Jul 2020, 00:04, insgesamt 1-mal geändert.
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amateur des vins

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 4. Jul 2020, 20:10

Trapattoni hat geschrieben:Die erste Nase ist noch ganz interessant, weil sie so minzig ist. Das ist natürlich auch schon verdächtig, weil es auf viel und sehr stark getoastetes Holz hinweist.
Könntest Du das bitte näher ausführen? Daß aus Toasting empyreumatische Noten resultieren, ist klar. Im weiteren Sinne dann auch Kaffee, Karamell und was nicht noch.

Aber Minze?! :?
M.W. ist die Herkunft dieser Aromen bzw. Assoziation nicht endgültig geklärt. Die "heißesten" Kandidaten sind Terpene, die unabhängig vom Toasting in den Beeren vorkommen können.
Trapattoni hat geschrieben:Und genau das ist auch schon das Problem. Extrem harzige Schwarzwaldfichte, die kurz vor der Holzkohle doch noch als Fassholz verkauft wurde?
Fichte als Holz für Weinfässer? Davon habe ich auch noch nicht gehört. Wurden früher noch verschieden Laubhölzer verwendet, dürfte man heute ausschließlich Eiche in der einen oder anderen Form finden.
Besten Gruß, Karsten
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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 4. Jul 2020, 20:50

amateur des vins hat geschrieben:Fichte als Holz für Weinfässer? Davon habe ich auch noch nicht gehört. Wurden früher noch verschieden Laubhölzer verwendet, dürfte man heute ausschließlich Eiche in der einen oder anderen Form finden.

Eiche wird sicher hauptsächlich verwendet, Akazie und Kastanie tauchen aber auch öfter auf. Weichholz wie Fichte allerdings gar nicht...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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Georg R.

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 4. Jul 2020, 22:43

glauer hat geschrieben:ABER: Das ist inzwischen deutlich anders. Die Weine haben zwar immer noch ganz deutlich das Barrique gesehen (und entsprechen daher nicht ganz meinem bevorzugte Beuteschema), nur ist das jetzt viel feiner und subtiler. Bei denen glaube ich, dass das mit ein paar Jahren Reife sehr sehr gut wird. Der "typisch deutsche Stil" hat sich ja erfreulicherweise bei vielen sehr stark zum Guten weiterentwickelt.
Georg (L., nicht R.)


Definitiv,
seit man das neue Kellergebäude nutzt und der Junior Friedrich für die Weine verantwortlich ist,
werden dort feine Burgunder auf die Flasche gefüllt.
Eines meiner schönsten Pinoterlebnisse aus D hatte ich mit dem Enselberg aus 2016 - ein ganz Feiner.

@ Dieter: Danke für Deinen Bericht.

Gruss
Georg
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