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Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Di 11. Jan 2011, 10:48
von olifant
Vor kurzem folgenden Wein im Glas:

Oestricher Lenchen Spätlese 2006 Qualitätswein mit Prädikat :P

rel. helles Strohgelb; leichter Petrolton, Melone, Guave, Litschi und noch andere exotische Anklänge mehr; angenehme Dichte, leichte Spritzigkeit, erneut die genannten Früchte und reife Aprikose, leicht mineralisch, deutliche Süsse jedoch ohne Klebrigkleit, angenehmes Süsse-Säure-Spiel; mittellanger bis langer Abgang Abgang mit dominierenden Fruchtnoten und angenehm süss-sauerem Ausklang - 16,5-17/20 op

Für eine Spätlese überraschend leicht und beschwingt - 7,5% mit am 1.Tag leichter Kohlensäure - und ein für mich gänzlich ungewohntes Trinkgefühl. Am besten schmeckte er mir am 3.Tag - alles sehr rund und harmonisch.
Zum asiatischen Essen 'ging's so lala', für meinen Geschmack besser als 'leichter' Apero - sehr animierend.

Noch ein Satz zur Flasche: Der blaugrüne 'Schlegel' mit klassizistisch-römischen Designanklängen ist sicher nicht jedermanns Geschmack, schafft für Spreitzer jedoch eine gewisse 'corporate identity'; gelungen hierzu das umlaufende Etikett mit Reihngau - Hügelsilouhetten.

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Di 11. Jan 2011, 19:23
von octopussy
Bin großer Spreitzer Fan, kenne aber bislang nur die trockenen Weine, die ich etwas weniger gefällig und damit besser finde als die von einigen seiner Rheingauer Kollegen.

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Mi 12. Jan 2011, 09:57
von olifant
Hallo Stephan,

na ja, allzu viel kenne ich nun weder von deutschen Weinen im Allgemeinen, noch von Spreitzer im speziellen.

Bis dato hatte ich von Spreitzer 'Riesling trocken' aus 06 und 07, beide gut bis sehr gut, sowie einen Blanc de Noir aus 05 oder 06, ebenfalls sehr gut. Ein ebenfalls getrunkener Weisherbst war weniger mein Ding.

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Mo 19. Mai 2014, 23:43
von Ollie
Kurzprobe bei den Schlemmerwochen. Insgesamt ganz ordentliche (auch hier noch zu junge) Weine ohne allzugrosse Hoehenfluege, alles sehr lieb und unverbindlich. Positiv aufgefallen (ca. 85) sind (alles Rieslinge):

2013 Oestricher Doosberg Alte Reben trocken
Ganz ordentlich, typischer Doosberg mit recht viel Saft.

2013 Oestricher Lenchen Kabinett
Gelungener Rheingauer Kabinette; koeperreicher als Mosel, viel Saft (Lehm), blumiger als der Doosberg, im Abgang trocken. Interessant, aber mit EUR 9,20 recht ambitioniert bepreist.

2013 Oestricher Lenchen Alte Reben halbtrocken
Hat sich von allen Weinen am harmonischsten praesentiert. Gut!

2013 Oestricher Lenchen Spaetlese
Typische, sehr beerige Aromatik der grosse Schwester "303", aber weniger bappsuess, dadurch insgesamt harmonischer, transparenter und interessanter.

2013 Oestricher Lenchen SL "303"
Wie Vorwein, nur mit viel mehr traubenzuckriger und Honigsuesse, dadurch etwas schwergaengig. War schon mal besser gelungen.

2012 Lenchen "Rosenberg" GG
Solide, aber nicht wirklich ein GG, eher eine sehr gut geratene SL. 88+

Ingesamt kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass den Spreitzers die Weine schon mal besser geraten waren...

Cheers,
Ollie

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Di 20. Mai 2014, 09:52
von Charlie
Von Spreitzer habe ich früher immer nur Weine probiert, bei denen mir nur das Prädikat "glatt" eingefallen ist. Sind sie immer noch so?

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Di 20. Mai 2014, 10:10
von Ollie
Jetzt in der sehr jungen Jugend ganz extrem, ich wuerde sogar sagen: mehr als sonst. Mal sehen, wie sie sich im Herbst geben.

Cheers,
Ollie

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Do 27. Okt 2016, 21:36
von UlliB
Anlässlich eine geschäftlichen Aufenthalts im Rheingau dachte ich, ich könnte trotz des allgemeinen Rheingau-Bashings mal wieder ein paar Rheingauer Rieslinge einkellern. Nach einiger Überlegung habe ich mich für einen Besuch bei Spreitzer entschieden, von dem ich vor ein paar Jahren einige Weine recht ansprechend fand. Alles in allem erwies sich das als eine recht gute Entscheidung.

Die Weine wurden mir von einem der beiden Spreitzer-Brüder präsentiert, der bei der Gelegenheit gründlich über die konfusen VDP-Bezeichnungsregeln gemoppert hat, womit er bei mir natürlich offene Türen einrennt. Spreitzer ist seit 1999 Mitglied im VDP und hält sich penibel an die Regeln des Verbandes, nutzt aber die Spielräume nicht aus - z.B. wird außer bei den GGs auf eine Erwähnung des Klassifizierungsstatus der jeweiligen Lagen auf Etikett und / oder Kapsel auch dort verzichtet, wo das grundsätzlich möglich wäre.

Bei der Verkostung habe ich mich mit einer Ausnahme auf 2015er beschränkt - die trockenen Weine mit Lagenangabe sowie drei restsüße Weine aus dem Oestricher Lenchen. Dazu kam noch ein GG aus 2014.

Die 15er sind allesamt von einer kräftigen, aber nicht spitzen oder gar grünen Säure geprägt, die zumindest hier und da weniger säuretolerante Weintrinker auf eine harte Probe stellen dürfte. Mir hat's gut gefallen.

Oestricher Doosberg "Alte Reben" trocken 2015 Harmonisch und ausgewogen, recht fein, die Säure zwar präsent, aber gut eingebunden, insgesamt ziemlich "mainstreamig" und ohne besonders hervortretende Eigenschaften, gut zu trinken, aber vielleicht etwas langweilig.

Hallgartener Hendelberg "Alte Reben" trocken 2015 Aus einer der höchsten Lagen im Rheingau, hier ist es kühler als im Doosberg, was man dem Wein auch sofort anmerkt: deutlich säurebetonter (hier dürfte für manchen Trinker die Toleranzgrenze überschritten sein), rassig, mit mineralischem Zug und großer innerer Spannung, wirkt völlig trocken. Für mich deutlich interessanter als der Doosberg, absolut erstklassig und sein Geld (13,30 Euro ab Hof) mehr als wert.

Wisselbrunnen GG 2015 Mehr Substanz als der leichtfüssig daherkommende Hendelberg, deutlich dichter, aber zeigte sich in der Nase unentwickelt und im Gaumen ziemlich verschlossen. Schwierig zu verkosten, könnte aber gut werden.

Rosengarten GG 2015 Eine warme Lage, direkt gegenüber vom Weingut und damit quasi im Ort, fast am Rheinufer. Wesentlich zugänglicher als der Wisselbrunnen, weicher, cremiger und opulenter, auch ein kleiner Zuckerschwanz, der aber gut eingebunden ist. Charmant auf wirklich sehr hohem Niveau.

St. Nikolaus GG 2014 Über ein Jahr im neuen 600-Liter-Holzfass ausgebaut. Das Neuholz ist immer noch deutlich zu erkennen, aber mittlerweile recht gut verarbeitet, dicht und etwas wild, sehr interessant. Wer mit dem von-Winning-Stil zurechtkommt, sollte es vielleicht auch mal hiermit probieren.

Nach den trockenen gab es noch drei restsüße Weine:

Oestricher Lenchen Kabinett 2015 Wirkte nach den trockenen Weinen schon sehr süß, die Säure hält dagegen, aber irgendwie harmoniert das Ganze nicht miteinander, komponentig und auch etwas stumpf. Nicht mein Fall.

Oestricher Lenchen Spätlese 2015 Von allem etwas mehr als beim Kabinett, hier passt das Zusammenspiel auch deutlich besser. Typische restsüße Rheingau-Spätlese, schön, aber zündet bei mir auch nicht richtig.

Oestricher Lenchen Spätlese "303" 2015 Aber die zündet jetzt. Eigentlich eine Auslese, aus der Kernparzelle des Lenchen, aus möglichst wenig botrytisiertem Lesegut vinifiziert. Glockenklar, enorm traubig, edelsüß, die klirrende Säure gibt Spannung, viel Spiel, langer Abgang. Erstklassig, und vermutlich sehr langlebig.

Gruß
Ulli

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Do 27. Okt 2016, 21:53
von Bernd Schulz
Hallo Ulli,

danke für die interessanten Notizen! Es ist leider über 10 Jahre her, dass ich einen Riesling von Spreitzer im Glas hatte - mein Eindruck war aber damals auch sehr positiv:

Bild

UlliB hat geschrieben:Oestricher Lenchen Kabinett 2015 Wirkte nach den trockenen Weinen schon sehr süß, die Säure hält dagegen, aber irgendwie harmoniert das Ganze nicht miteinander, komponentig und auch etwas stumpf. Nicht mein Fall.


Was zum Teufel bedeutet denn "komponentig"? Dieses Adjektiv ist mir im Leben noch nie untergekommen!

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Do 27. Okt 2016, 22:04
von OsCor
Ich bin zwar nicht Ulli, aber jetzt habe ich einen Begriff gefunden, wie ich einen Wein beschreiben kann, bei dem sich die einzelnen Komponenten nicht zu einem Ganzen zusammengefügt haben, sondern quasi nebeneinander vorhanden sind - wie Backsteine, denen der Mörtel fehlt. Das hatte ich schon einige Male.

Re: Josef Spreitzer

BeitragVerfasst: Do 27. Okt 2016, 22:07
von UlliB
Bernd Schulz hat geschrieben:Was zum Teufel bedeutet denn "komponentig"? Dieses Adjektiv ist mir im Leben noch nie untergekommen!

Hallo Bernd,

soll heißen: die einzelnen Komponenten (hier Säure, Süße, Frucht) stehen unverbunden nebeneinander und ergeben kein harmonisches Ganzes.

Übrigens ist das nicht meine Wortkreation; wenn ich mich richtig erinnere, stammt sie von René Gabriel, und ich habe sie irgendwann übernommen, weil sie (für mich) in einem Wort zusammenfasst, was ich empfinde.

Gruß
Ulli

@Oscor: genau so meine ich es. Kreuzpost :lol: