Der Name "Seckinger" war mir irgendwie geläufig, ohne daß ich jemals Weine dieses Weinguts im Glas hatte. Jedenfalls kann ich mich an keine Begegnung erinnern. Somit konnte ich mich im besten Sinn vollkommen naïv diesem hier nähern:
Seckinger, Petershöhle 2020 (12,5 %)
RieslingDie Robe ist sattgoldgelb, die Nase wirkt erstmal leicht oxidativ auf mich. Massen gelber Pflaumen/Mirabellen werden begleitet von reichlich trockenen Kräutern der Provence und (ja, PdP!) -- Hopfen?!
Am Gaumen sehr dicht und konzentriert, cremig und leicht hefig, aber die kräftige, nicht zu bissige Säure verhindert, daß der Wein auch nur andeutungsweise plump würde. Hinzugesellen sich ein wenig Rost und Buchenholz-Räucherkammer. Mit dem leicht oxidativen Charakter bin ich jetzt allerdings nicht mehr so sicher: Am Gaumen wirkt er eher ganz leicht reduktiv.
...und dann endlich dämmert mir: Das ist ein (dezenter) Naturinger!
Von denen hat es ja schon öfter mal einer geschafft, bei mir gleichzeitig oxidative und reduktive Assoziationen zu wecken. Keine Ahnung, wie das gehen soll: Vermutlich ist das meiner allgemeinen Ahnungslosigkeit zuzuschreiben.
Schließlich habe ich ein bißchen gelesen:
Die Petershöhle weist wohl die Eigenart auf, generell sehr hohe Säurewerte zu produzieren. Anstatt etwas Zucker übrigzulassen, lassen die Seckingers wohl den Wein 3-4 Tage auf der Maische stehen. Wenn ich das richtig verstand, verbindet sich dann wohl ein Teil des Kaliums in den Beeren mit Weinsäure und fällt als Weinstein aus. Man erhält einen Wein, der mit 0(!) g/l RZ und 7,6 g/l Säure angegeben wird. Zudem steht er wohl 12-15 Monate auf der Hefe, was zumindest die leichte Reduktion plausibel macht. Schließlich zeichnet sich die Lage Petershöhle neben Waldboden durch roten Bundsandstein aus, was die Rostassoziation erklärt. Der Rauch dürfte vom Ausbau kommen.
Allenthalben liest man, der Wein sei initial vernagelt und sollte karaffiert werden. Ich habe ihn
pop'n'pour probiert und konnte nach ca. einer Stunde ein deutliche Öffnung und Abrundung vermerken. Ich freue mich auf die Wiedervorlage morgen.
Ich bin ja nicht so der große Naturweinfreund, und auch Maischestand bei Weißwein läßt mich erstmal zweifeln. Hier handelt es sich jedoch um ein Exemplar, bei dem die Naturweincharakteristik ziemlich dezent daherkommt. Im Ergebnis animiert mich der Wein zwar nicht zu Jubelstürmen, schreckt mich aber auch nicht ab und ist jedenfalls hochspannend und individuell, wenngleich mein Interesse hier eher "intellektueller" denn hedonistischer Natur ist.