Markus Vahlefeld hat geschrieben:Trotzdem bin ich immer leicht genervt, wenn ich merke, dass an den Weinen rumgefrickelt wurde. Sei es das Ausreizen des Botrytizideinsatzes, sei es der Verschnitt zwischen unreifem und vollreifem Material, was man dann intelligente Cuveetierung nennt, die zu frühe Lese, um "Frische" im Wein zu haben, bis hin zum Einsatz von Ascorbinsäure. In 2011 und auch in 2012 (!) war in Deutschland bekanntlich die Aufsäuerung erlaubt. Warum wohl? Weil ein deutscher Wein halt Säure haben muss. Und wenn sie nicht natürlich kommt, hilft man halt nach.
Und warum ist in jedem Jahrgang die Entsäuerung zulässig? Damit die Winzer die Möglichkeit haben, Riesling zu erzeugen, der wie weißer Châteauneuf du Pape schmeckt
?
Markus, ist der Einsatz von neuem Holz bei Riesling für dich "Rumfrickeln"? Ist BSA für dich "Rumfrickeln"? Ist Entsäuerung durch chemische Mittel für dich "Rumfrickeln"? Ist der Verschnitt von gesunden, reifen Trauben mit einer Partie botrytisierten Trauben für dich "Rumfrickeln"? Ist Maischestandzeit für dich "Rumfrickeln"?
Was ich mit diesen Fragen sagen will: Die Grenzen verschiedener Tätigkeiten im Weinberg und im Keller von gewünschten Eingriffen, um eine bestimmte Charakteristik zu erzielen, zum "Rumfrickeln" sind fließend. Ich stimme mit dir überein, dass häufig keine guten Weine herauskommen, wenn ein Winzer jedes Jahr ein ähnliches Geschmacksbild für bestimmte Weine haben will, auch wenn ein bestimmter Jahrgang das eigentlich nicht hergibt. Aber deine Äußerungen klingen in ihrem Gesamtbild (Stichwort: Idealbild Wachauer Smaragd oder weißer C9dP) so, als würden dich gewisse stilbildende Tätigkeit im Weinberg und Keller mehr stören als andere.
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Mir geht es auf den Keks, ständig zu hören, dass deutsche Weine so und so sein müssten.
...hast aber offensichtlich kein Problem damit, zu äußern, dass deutsche GGs wie Wachauer Smaragde (Riesling oder Veltliner?) oder weiße Châteauneuf du Pape schmecken sollen
. Ich persönlich finde ja, dass deutsche trockene Rieslinge so
und so sein sollten, die Vielfalt macht's. Glücklicherweise haben wir ja nicht alle denselben Geschmack.
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Ganz konkret: ich habe gerade einen 2003er Doosberg von Kühn im Glas. Was für ein großer Stoff! Hat aber wirklich nichts mit Riesling zu tun, aber sehr viel mit Weltklasse-Wein: Marzipan, Karamell, Passionsfrucht, großer Körper, wunderbare Länge, ganz leicht bitter im Abgang, was sich in den nä. Jahren legen dürfte. Ist das jetzt ein schlechter Wein, nur weil's nicht "Riesling-typisch" ist?
Wir hatten den Wein vor ein paar Monaten in einer Probe. Auch wenn mir der Wein an dem Abend blind eher mittelmäßig geschmeckt hat, fand ich ihn jedenfalls sehr individuell und ehrlich gesagt auch Riesling-typisch. Ich wage mal zu behaupten, dass er in jeder Blindprobe weißer Châteauneuf du Papes, Wachauer Smaragde oder weißer Prioratos sofort als Pirat aufgefallen wäre.