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Kühling-Gillot

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port_ellen

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMo 24. Jun 2013, 00:08

tjaa, der doosberg 2003, damals ein highlight des jahrgangs, ich weiss gar nicht, ob ich noch ein fläschchen davon habe... (was macht eigentlich der nikolaus?).
damals unter 16 euro, dafür gibts heute "von der fels"..., und die GGs haben sich verdoppelt, aber das ist ein anderes thema...

gruss, m
...and you may ask yourself - well...how did I get here ?
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octopussy

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMo 24. Jun 2013, 08:37

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Trotzdem bin ich immer leicht genervt, wenn ich merke, dass an den Weinen rumgefrickelt wurde. Sei es das Ausreizen des Botrytizideinsatzes, sei es der Verschnitt zwischen unreifem und vollreifem Material, was man dann intelligente Cuveetierung nennt, die zu frühe Lese, um "Frische" im Wein zu haben, bis hin zum Einsatz von Ascorbinsäure. In 2011 und auch in 2012 (!) war in Deutschland bekanntlich die Aufsäuerung erlaubt. Warum wohl? Weil ein deutscher Wein halt Säure haben muss. Und wenn sie nicht natürlich kommt, hilft man halt nach.


Und warum ist in jedem Jahrgang die Entsäuerung zulässig? Damit die Winzer die Möglichkeit haben, Riesling zu erzeugen, der wie weißer Châteauneuf du Pape schmeckt ;) ?

Markus, ist der Einsatz von neuem Holz bei Riesling für dich "Rumfrickeln"? Ist BSA für dich "Rumfrickeln"? Ist Entsäuerung durch chemische Mittel für dich "Rumfrickeln"? Ist der Verschnitt von gesunden, reifen Trauben mit einer Partie botrytisierten Trauben für dich "Rumfrickeln"? Ist Maischestandzeit für dich "Rumfrickeln"?

Was ich mit diesen Fragen sagen will: Die Grenzen verschiedener Tätigkeiten im Weinberg und im Keller von gewünschten Eingriffen, um eine bestimmte Charakteristik zu erzielen, zum "Rumfrickeln" sind fließend. Ich stimme mit dir überein, dass häufig keine guten Weine herauskommen, wenn ein Winzer jedes Jahr ein ähnliches Geschmacksbild für bestimmte Weine haben will, auch wenn ein bestimmter Jahrgang das eigentlich nicht hergibt. Aber deine Äußerungen klingen in ihrem Gesamtbild (Stichwort: Idealbild Wachauer Smaragd oder weißer C9dP) so, als würden dich gewisse stilbildende Tätigkeit im Weinberg und Keller mehr stören als andere.

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Mir geht es auf den Keks, ständig zu hören, dass deutsche Weine so und so sein müssten.


...hast aber offensichtlich kein Problem damit, zu äußern, dass deutsche GGs wie Wachauer Smaragde (Riesling oder Veltliner?) oder weiße Châteauneuf du Pape schmecken sollen ;). Ich persönlich finde ja, dass deutsche trockene Rieslinge so und so sein sollten, die Vielfalt macht's. Glücklicherweise haben wir ja nicht alle denselben Geschmack.

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Ganz konkret: ich habe gerade einen 2003er Doosberg von Kühn im Glas. Was für ein großer Stoff! Hat aber wirklich nichts mit Riesling zu tun, aber sehr viel mit Weltklasse-Wein: Marzipan, Karamell, Passionsfrucht, großer Körper, wunderbare Länge, ganz leicht bitter im Abgang, was sich in den nä. Jahren legen dürfte. Ist das jetzt ein schlechter Wein, nur weil's nicht "Riesling-typisch" ist?


Wir hatten den Wein vor ein paar Monaten in einer Probe. Auch wenn mir der Wein an dem Abend blind eher mittelmäßig geschmeckt hat, fand ich ihn jedenfalls sehr individuell und ehrlich gesagt auch Riesling-typisch. Ich wage mal zu behaupten, dass er in jeder Blindprobe weißer Châteauneuf du Papes, Wachauer Smaragde oder weißer Prioratos sofort als Pirat aufgefallen wäre.
Beste Grüße, Stephan
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Markus Vahlefeld

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMo 24. Jun 2013, 09:12

octopussy hat geschrieben:Markus, ist der Einsatz von neuem Holz bei Riesling für dich "Rumfrickeln"? Ist BSA für dich "Rumfrickeln"? Ist Entsäuerung durch chemische Mittel für dich "Rumfrickeln"? Ist der Verschnitt von gesunden, reifen Trauben mit einer Partie botrytisierten Trauben für dich "Rumfrickeln"? Ist Maischestandzeit für dich "Rumfrickeln"?


Das kann man halt so leicht nicht sagen. Es ist eher so: wenn ein Winzer einen "Konzeptwein" produziert, bei dem er in den Prozess derart vorsätzlich eingreift, um ein bestimmtes Geschmacksbild zu erhalten, geht es mir wie dem ollen Goethe: ich spüre die Absicht und bin verstimmt. Das "Absichtslose" finde ich als Konzept viel spannender, auch wenn ich weiss, dass es weder nachweisbar noch mit dem Willen des Menschen vereinbar scheint. Es ist eine Tendenz bei Weinen, die ich damit meine und ich gebe zu, dass ich sie spannender finde als jedes Konzept, das meist auf Lügen aufbauen muss, weil man seinen Kunden nicht ehrlich sagen kann, was man alles auf die Trauben draufsprüht und in den Most reinkippt.

octopussy hat geschrieben:Was ich mit diesen Fragen sagen will: Die Grenzen verschiedener Tätigkeiten im Weinberg und im Keller von gewünschten Eingriffen, um eine bestimmte Charakteristik zu erzielen, zum "Rumfrickeln" sind fließend. Ich stimme mit dir überein, dass häufig keine guten Weine herauskommen, wenn ein Winzer jedes Jahr ein ähnliches Geschmacksbild für bestimmte Weine haben will, auch wenn ein bestimmter Jahrgang das eigentlich nicht hergibt.


Ich würde eher sagen: die meisten Weine, die als groß und herausragend gelten, sind durch "Frickeln" entstanden. Und es sind ja oft wirklich große Weine. Aber es gibt einen Schritt, der vom Großen zum Authentischen führt. Und DEN find eich viel spannender.

octopussy hat geschrieben:Aber deine Äußerungen klingen in ihrem Gesamtbild (Stichwort: Idealbild Wachauer Smaragd oder weißer C9dP) so, als würden dich gewisse stilbildende Tätigkeit im Weinberg und Keller mehr stören als andere. (...)...hast aber offensichtlich kein Problem damit, zu äußern, dass deutsche GGs wie Wachauer Smaragde (Riesling oder Veltliner?) oder weiße Châteauneuf du Pape schmecken sollen ;).


Ich sprach nicht von Idealbild, sondern von Geschmacksbild. Und von "so und so soll Wein schmecken" habe ich auch nicht gesprochen. Ich glaube aber trotzdem, dass viele deutsche Winzer den Widerspruch zwischen cool climate und Klimaerwärmung noch nicht aufgelöst haben. Es wird an "cool climate" Idealbildern festgehalten, was aber nur durch erheblichen Kellereinsatz möglich ist. Ganz radikal würde ich auch erstmal sagen, dass alle qualitativ hochwertigen Nicht-Öko-Beriebe vornehmlich deswegen nicht Öko sind, um weiterhin Botrytizide einsetzen zu können, die das Reifeverhalten der Trauben erheblich verzögern. Auch hier: Ausnahmen blablabla. Aber das Offenhalten der Hintertür ist halt schon Teil des "Konzepts".

Bei deutschen Rieslingen versuche ich, auch anderen geschmacklichen Eindrücken gegenüber offen zu sein, auch wenn sie oft als Riesling-untypisch diffamiert werden. Das "Typische" ist für mich keine Qualitätskategorie a priori. Aber es ist trotzdem schwer, dem Typischen nicht zuviel Rechnung zu tragen und am schwersten ist es in großen Proben, bei denen das Kallibrieren eingesetzt hat. Aber das ist auch ein anderes Thema.

octopussy hat geschrieben:Wir hatten den Wein vor ein paar Monaten in einer Probe. Auch wenn mir der Wein an dem Abend blind eher mittelmäßig geschmeckt hat, fand ich ihn jedenfalls sehr individuell und ehrlich gesagt auch Riesling-typisch. Ich wage mal zu behaupten, dass er in jeder Blindprobe weißer Châteauneuf du Papes, Wachauer Smaragde oder weißer Prioratos sofort als Pirat aufgefallen wäre.
[/quote]

Mir ging es um Umgekehrte: in jeder Riesling-Probe wäre er als Pirat oder untypisch aufgefallen.
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Jochen R.

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMi 25. Dez 2013, 23:41

Gestern u. a. Kühling-Gillot Pettenthal Riesling GG 2009 im Glas. Über
3 Tage verfolgt - gestern einfach hervorragend (wenn auch noch sehr jung).

Geniale intensive Nase: Dezente Petrolnote, Tabak, gelbe Früchte, Gewürze
und ein bißchen Honig. Setzt sich so am Gaumen fort. Druckvoll, sehr würzig,
frisch, sehr langer Abgang. 93 P.

Viele Grüße,
Jochen

PS: Zur Weihnachtsgans gab´s einen C9dP von Roger Sabon (Cuvee Reserve 2009)
und zum Nachtisch ein Glas Sauternes (Doisy Vedrines 2009). Tolle Weine, keine
Notizen.
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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mixalhs

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMo 17. Feb 2014, 20:21

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oli_oli_oliver

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Re: Kühling-Gillot

BeitragMi 19. Feb 2014, 21:29

Hallo mixahls,

ich kann Deinen Eindruck nur bestätigen. Ein grandioser Riesling, wenn man den opulenten Stil einigermaßen mag. Mir gefällt er - zumindest aktuell - auch besser als der Pettenthal aus gleichem Haus, der einen deutlich verschlosseneren Eindruck macht.

Von der letzten Flasche hatte ich extra ein Rest-Drittel über Nacht im Kühlschrank gebunkert. Ergebnis am Folgeabend: für mich noch einen Tick besser weil schlanker und feiner.

Viele Grüße,

Oliver
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amateur des vins

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Re: Kühling-Gillot

BeitragDo 15. Sep 2016, 20:20

Kühling-Gillot war für mich der "Türöffner" zu deutschen Weinen im allgemeinen und hochwertigen Rieslingen im besonderen. Mittlerweile sind S-F und Wittmann meine Favoriten. Die Bestände an K-G sind abgeschmolzen, und so schlachtete ich heute meinen letzten Vertreter aus diesem Hause:

Rothenberg 2009 GG

Die Farbe ist eher blass, vielleicht noch leicht grünlich, jedenfalls ohne jede altersbedingte Dunkelung.
Die Nase ist tief, komplex, würzig, kräuterig. Nur andeutungsweise Petrolaromen. Für mich keine erkennbaren Frucht- oder floralen Aromen.
Am Gaumen ähnlich wie in der Nase. Noch ausreichend Säure. Deutliche Bitternote, aber recht mild. Erstaunlich weich im Trinkfluss. Immens lang (Kräuter). Wirkt nicht ganz trocken, aber das muss nicht unbedingt Restzucker sein (Extrakt, Glycerin)?! Mit der Zeit immer mehr Nektar/Honig.

Ich denke, es war eine gute Zeit, ihn seiner Bestimmung zuzuführen. Zwar sind sieben Jahre kein biblisches Alter für ein Riesling-GG, und auch die typischen Petrol-Alterungsnoten waren nur ganz leicht angedeutet, so dass man meinen könnte, er habe noch Zeit. Aber nachdem ich eh kein großer Freund mehr als nur leichter Tertiäraromen im Wein bin, vermisse ich da nix. Andererseits empfand ich die sehr milde Säure und den weichen, druckarmen Gaumen als grenzwertig: Mir mangelte es doch etwas an Spannung, obwohl die Aromatik beeindruckend ist. Die Stilistik ist aber wirklich nicht meine derzeit bevorzugte.

Hat jemand von Euch die Technischen Daten zu diesem Wein (Restzucker, Säure bei Abfüllung)?
Sind die ausgeprägten Kräuteraromen Hinweis auf Botrytis, oder welche Ursachen kommen in Frage?
Besten Gruß, Karsten
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innauen

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Re: Kühling-Gillot

BeitragDo 15. Sep 2016, 22:31

Hallo,

ich hatte unlängst sowohl Rothenberg als auch Pettenthal 2009 im Glas. Makellos. Ohne Schwäche und ohne unangenehme Alterungstöne. Vielleicht eine Frage der Lagerung?

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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amateur des vins

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Re: Kühling-Gillot

BeitragFr 16. Sep 2016, 18:35

Hallo Wolf,
innauen hat geschrieben:ich hatte unlängst sowohl Rothenberg als auch Pettenthal 2009 im Glas. Makellos. Ohne Schwäche und ohne unangenehme Alterungstöne. Vielleicht eine Frage der Lagerung?
Die letzten Jahre hat er im Weinkühlschrank vergraben verbracht, aber für die ersten ein, zwei Jahre würde ich nichts beschwören. Ich meine aber, es sollte ihm gut ergangen sein.

Wie sehr Weinbewertung von Tagesform und Entwicklung abhängt, erfahre ich heute: Ein gutes Glas war übrig und hat die Nacht in der Flasche im Weinkühlschrank verbracht, nur verkorkt, nicht abgepumpt, und schon garkein Inertgas.

Der Wein ist nur mit Mühe wiederzuerkennen: Die Säure ist immernoch nicht üppig oder griffig, aber ausreichend frisch. Die wilde, ungestüme Kräuternote ist weitgehend verschwunden, und mit ihr ein Gutteil der Bitternote. Im Vergleich zu gestern meint man einen viel feineren Wein im Glas zu haben, obwohl er - absolut gesehen - eher kraftvoll als finessereich ist. Insgesamt deutlich harmonischer, geschliffen, aber keineswegs müde.

Es scheint mir jetzt offensichtlich, dass "pop-n-pour" vielleicht doch keine so gute Idee war. Jedenfalls meine ich, dass der Wein enorm von der Luft profitiert hat.

Macht heute viel mehr Spaß, auch wenn er weiterhin nicht meine derzeit bevorzugte Stilistik trifft.
Besten Gruß, Karsten
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Ralf Gundlach

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Re: Kühling-Gillot

BeitragDo 1. Dez 2016, 20:38

Mein erster Kühling-Gillot: 2012 Riesling Nackenheim trocken, Nase etwas zurückhaltend, am Gaumen eleganter Pfirsich und Melone, salzige Mineralität, feine Säure, hat Power (hoher Extrakt), aber nicht zu fett oder ins Breite tendierend, strukturiert und durchaus komplex, könnte auch ein kleines GG sein, 89 Punkte,

Gruß

Ralf
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