Mein Zugang zu den Saalwächter-Weinen ist ja etwas ambivalent, sprunghaft bisweilen gar. Zuletzt schien sich abzuzeichnen, daß ich den Grauen Burgunder ziemlich gerne mag, Silvaner und Weißer Burgunder ganz erheblich abfallen, und der hochgelobte Chardonnay mir keinen Spaß macht, weil er zu sehr auf die schweflig-reduzierte Seite getrieben wurde.
Irgendwann vor einem Jahr oder so habe ich Einzelflaschen der roten mitbestellt, um die Elogen auf jene einer persönlichen Überprüfung zu unterziehen. Eine davon ist der
Saalwächter, Spätburgunder Alte Reben 2018Merkwürdig: Zunächst fand ich eine leichte Purpurtendenz, jetzt eine leicht gelbliche. Das hängt vermutlich stark von den Lichtverhältnissen hier ab. Einigen wir uns also darauf, daß er ziemlich normal rot ist.
Die Farbsättigung ist gering, will heißen: Der Wein ist recht helltransparent.
Die Nase ist "spätburgundisch" (im Gegensatz zu "pinotesk"), aber auf der kargen, maskulinen Seite. Dennoch finde ich neben Kirsche und Cranberry auch Himbeere, was sich roter liest als er auf mich wirkt, und dazu leicht kokelige Noten.
Am Gaumen zeigt sich der Wein sehr säurebetont und weist auch unterschwellig einiges CO₂ auf. Hier ist das Aromenprofil dann weniger rotfruchtig und ein wenig schwärzer, kokeliger. Eher dezente Tannine mit nicht allzufeiner Körnung.
Im Abgang sauerdropsig und eine leichte Bitternote. Später ganz hinten leicht, aber erkennbar hefig.
Zuerst das Gute: Trotz des heißen und problematischen Jahres zeigt der Wein keine Anzeichen von Trockenstreß. Auch dreht er mit 12% angenehm niedertourig.
Allerdings scheint mir die Kehrseite der Medaille ein Wein zu sein, der von früher Lese mit all ihren Begleiterscheinungen geprägt ist. Er schmeckt nicht direkt grün, ist aber nahe dran. Und der Ausbau ist womöglich nicht geeignet, diesen Eindruck deutlich abzupuffern.
Ich vermute stark, der Leitgedanke ist hier der "rote Riesling", und so dies das Ziel war, wurde es erreicht. Jedoch werde ich das Gefühl nicht los, dieser Wein sei ziemlich hedonismusbefreit und intellektfokussiert: Zwar trinkt er sich durchaus zügig weg (die Säure ist nicht
abschreckend hoch), jedoch fehlt es ihm an Substanz und Charme für unbeschwertes Trinkvergnügen. Ich vermute allerdings, daß er zu passendem Essen (gebratene Wachtel vielleicht?) eine bessere Figur machen könnte, als er dies gerade bei mir als Solist vermag. Und schließlich sind die 22,90 € für das Gebotene ziemlich sportlich bepreist; ein Sachverhalt, den wir weiter oben im Thread ja auch schon diskutiert hatten.
Für einen Verriß reicht's also nicht ganz, aber weiterverfolgen werde ich das Thema auch nicht.