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Tobias Knewitz

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bordeauxlover

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Re: Tobias Knewitz

BeitragFr 27. Okt 2023, 20:48

Ich habe jetzt auch mal eine Flasche Knewitz Chardonnay Reserve 2017 aufgemacht, der mir in der Jugend gut gefallen hat. Direkt nach dem Öffnen eine Schwefelwolke, die schon stark Richtung faule Eier geht. Am Gaumen trinkbar, aber kein Genuss. Außer einer relativ weichen Säure kommt da wenig bis nichts. Brauchbarer Soßenwein? In der Preisklasse natürlich katastrophal. Ich gebe ihm mal mehr Zeit und Luft. Aber Eure Berichte machen wenig Hoffnung auf Besserung. Wenn da heute Abend nichts Gescheites mehr nachkommt, brauche ich einen Reparaturwein. Immerhin: Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Schöne Grüße
Armin
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bordeauxlover

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Re: Tobias Knewitz

BeitragSo 29. Okt 2023, 19:35

Da ist Freitagabend nicht mehr gekommen und gestern Abend auch nicht. Es würde mich wundern, wenn da heute Abend noch was käme. Da kann ich künftig drauf verzichten. Für den schnellen Genuss ohne nennenswerte Lagerfähigkeit geschweige denn Entwicklungspotenzial brauche ich keinen Wein in der Preisklasse. Vielleicht ist das ja eine altmodische Einstellung? Aber dann ist das so.

Schöne Grüße Armin
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Weinschlürfer

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Re: Tobias Knewitz

BeitragMo 30. Okt 2023, 18:33

Mal was erfreuliches.

Appenheimer Riesling Kalkstein 2018.

Halbe Flasche war getrunken von Verwandschaft.
1 Woche später konnte man den Rest noch recht schön trinken zum Essen.
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nahebub

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Re: Tobias Knewitz

BeitragDo 2. Nov 2023, 23:33

Knewitz Chardonnay Reserve 2016
über 2 Tage getrunken. Reduktive Nase. Zündplättchen. Wenig Frucht. Recht reduktiv. Guter Grip und Länge. Puristisch. Die Zündplättchen sind im Laufe der Zeit etwas zurück gegangen. Sollte auch nicht zu kühl getrunken werden. Für den damaligen Preis von 26 € in meinen Augen ein sehr guter Wein. Aber auch nichts, was ich jeden Tag trinken wollen möchte.
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Michl

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Re: Tobias Knewitz

BeitragSa 4. Nov 2023, 10:40

Angesichts der jüngsten Beiträge hier habe ich letzte Woche zwei jüngere und formal hochwertige Weine des Weinguts aufgemacht. Irgendwie kann ich es noch immer nicht fassen, in welchem Ausmaß die Chardonnays, die mich in ihrer Jungend wegen ihres einzigartigen Stils begeistert hatten, mies gealtert waren und vielleicht mussten ja auch jüngere Weine bald weg.
Zum einen war es der Top-Weiburgunder des Hauses, also der Eselspfad, aus 2019 und zum anderen das Große Gewächs vom Riesling aus dem Nieder-Hilbesheimer Steinacker aus 2021.
Nachdem ich beide Weine im Glas hatte, war schnell klar, dass beide Weine stilistisch genau dem Typus Wein entsprechen, weswegen ich die Weine des Weinguts so ungemein schätzte. Aber ich muss zugeben, dass ich aufgrund der jüngsten Frustration auch unsicher war, was von den Weinen zu halten ist. Ich habe deshalb Carsten (Kle) und Alex (marzemino) zwei Proben zukommen lassen, die sie blind getrunken haben. Beide waren für mein Gefühl sogar noch wesentlich mehr von den Weinen angetan als ich. Da Alex ja nur in der Datenbank schreibt, stelle ich seine Notizen einfach einmal hier ein. Vielleicht hat Carsten ja noch Zeit und Lust etwas zu ergänzen.

Weißer Burgunder Eselspfad 2019:

Ich:

In der Nase deutlich reduktiv-funkig (Zündplättchen), aber nicht spontig-stinkig, deutlich vegetabil und frisch grün-rindig, Hauch Süßholz, ziemlich ähnlich zum Chardonnay.
Im Mund bei leichtem-mittlerem mit hohem, animierendem Säurezug, aromatisch begrenzt, dafür aber wunderbar feingliedrig-schlank und mit Luft nach 30 Min durchaus hell-expressiv, sehr kühl-fluide und ohne beschwerenden Schmelz.
Bewegt sich nur an der Oberfläche (keine Tiefe), bildet diese aber klar, hell und belebend ab. Wird ziemlich sicher nicht gut altern, ist aber aktuell sehr schön, balanciert und auf den Punkt. Die 94 Vinum-Punkte sehe ich nicht. 89 P

Alex:

Der Wein ist auf jeden Fall saugut. Komplex, ohne vordergründig-banale Fruchtigkeit. Aus der Tiefe nach Vorwärts drängend. Enorm zupackend, salzig-bissig, leicht ingwerschärfend. Phenolisch-griffig mit Substanz und Tiefgang. Geradezu kreidig die Zähne und den Mundraum belegend und Speichel ziehend. Fordernd, Aufmerksamkeit heischend, herausfordernd. Super!

Nieder-Hilbesheim Steinacker Riesling Großes Gewächs 2021:

Ich:

Faszinierend schöne, sehr kühle, kalkig-staubige Nase mit viel „nasalem Grip“, ganz frische, scharfe Frucht (grüne Ananas, Limette, grüner Apfel), ganz minimal asiatische Kräuter im Oberton
Im Mund bei leichtem-mittlerem Körper sehr frisch, ungemein animierend mit ganz schlanker und gewichtsloser, aber mundwässernder Säure, straff und fokussiert, zupackend, aber nie fest oder sehnig, hohe Mineralität und deutlich Tanninbiss, mit Luft immer länger
Extrem trinkiger, mundwässernd- animierender Riesling. Der jungendliche Biss passt ganz wunderbar zur schlanken, zupackenden Struktur., Großartig gelungen 92-93 P

Alex:

Der Wein ist ebenfalls saugut. Nein, der ist von geradezu überwältigender Grazie, Eleganz und Ausgewogenheit. Das ist harmonisch, komplex und filigran und dabei ebenso fest, mineralisch und gleichzeitig charmant, dass alles um mich herum Stille wird. Zarte, anrührende und präzise Frucht von weißem Pfirsich, Reneclaude und blütenduftiger Grapefruit. Und das vollkommen eingewoben in eine mineralische und phenolische Textur. Nichts daran ist banal oder vordergründig, laut oder in irgend einer Weise aufdringlich. Das ist erhaben, das ist sublim und anrührend. Das hat schwebende, duftige Festigkeit (ja, man muss es in so ein Oxymoron packen) und Intensität. Ganz zart aber bestimmt wird man erfasst und weggetragen... Was um Himmels willen ist das?

Carsten hiel den Weißburgunder zunächst für einen Chardonnay, was ich völlig nachvolliehen konnte. Mir wäre es blind genau so gegangen. Er "vermisste" das "Aufgedunsene" oder "Tortenhafte", das deutsche Chardonnays nicht selten zeigen. Beides sind wunderbare Metaphern, die ich mir merken muss.

Alex meinte als Fazit: "Krass, wie extrem meine Wahrnehmungen der Weine dieses Weingutes auseinanderklaffen. Das reicht von 'großartig' bis 'schier untrinkbar'. Was bleibt ist wohl die Erkenntnis, dass Wein mit zunehmendem Alter nicht unbedingt besser wird und im Zweifelsfall gilt: Jetzt trinken!" Dem kann ich nichts hinzufügen. Der Weißburgunder ist ziemlich sicher nicht für die lange Strecke gemacht, beim Riesling wage ich keine Prognose, aber beide Weine sind jetzt top. Und den Steinacker sollte man mal allein aus stilistischen Gründen getrunken haben. Richtig faszinierend!
Viele Grüße

Michl
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Kle

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Re: Tobias Knewitz

BeitragSo 5. Nov 2023, 14:47

Herzlichen Dank, Michl, für diese Vergleichsprobe, die mich ganz besonders beeindruckt hat. Nicht wegen der „Knewitz-Debatte", denn ich habe zuvor nichts von dem Weingut probiert und auch nicht geahnt, was auf uns zukommt. Sondern weil die Weine mir so markant in ihren Mitteln erschienen, als werde hier etwas besonders gut sichtbar.
Wein Nr. 1 mit würziger Landnase, auch etwas, in keiner Weise penetranter, Stallgeruch (schwieriger Begriff, ich weiß, mir fällt nichts Besseres ein) wehte herüber. Ich finde diese Aromen auch beim Trinken, wobei sie das Fruchtaroma änlich wie feine Gewürze heben, ohne für sich selbst zu sehr aufzufallen. Im Mittelpunkt steht das intensive, aber wie auf einen feinen Kern gereifte Rebsortenaroma, das ich für Chardonnay gehalten hatte, mit reifen Früchten und viel Nuss/Mandeln. Es besitzt eine verführerische und geradezu räumliche Festigkeit ohne den Eindruck von Gedunsenem, Aufgeschlagenem (Schaumcreme) und Tortenhaftem wie ich ihn bei dieser Rebsorte häufiger habe. Dieser aromatische Kern erscheint sowohl gefestigt wie vielschichtig, spricht ganz für sich selbst und mich an. Ebenso dominant ist herbe Citrussäure. Sie lässt den Wein auch überaus trocken erscheinen.
Jeder Schluck mit enormem Nachhall. Es ist, als ob sich eine lange Welle über den Gaumen ausbreitet, dann präzise bemessen innehält und sich allmählich zurückzieht. Während des Rückzugs- auch ähnlich wie am Strand - blitzen feine Aromen noch einmal auf. Sowohl differenziert wie auch in einer unüberschaubaren Stickerei (um nicht Sternenhimmel zu sagen (; ).
Die auf den Punkt geschmiedete Pseudo-Chardonnay-Frucht (ich muss sie so nennen, da ich ganz hingerissen von meiner Täuschung war; in Wahrheit natürlich Weißburgunder) und die Ingwer-scharfe Säure schmeckten aufregend und eigenwillig. Die Rebsorteninterpretation (der falschen natürlich :roll: ) wirkte derart souverän, wie ich es bislang für ein deutsches Weingut kaum für möglich gehalten hätte. Der entschiedene Zuschnitt dieses Weines und die ungepufferte "Moselsäure" ließen mich aber nicht an die Bourgogne denken.

Die Analysewerte für Wein 2 lauten, sofern meine nachträglichen Recherchen stimmen: Restzucker: 2,9 g/l | Säure: 8,5 g/l | Alc: 12,5 % vol.
Ich glaubte jedoch, den typischen Geruch von Weinen in der Nase zu haben, bei denen Zucker stilistisch eingesetzt wird. Dazu kamen schöne mineralische Noten und etwas rauere, die in Richtung Toasting gingen.
Im Mund ein sehr plastischer, vollaromatischer Eindruck. Ähnlich dem Biss in einen reifen Apfel - real live. Der Zuckereindruck bestätigte sich für mich. Eben nicht, weil der Wein deutlich süß schmeckte, sondern durch eine gewisse leere Geschmacksverfremdung wie bei einer Mehlschwitze. Der Zucker, so schien es mir, würde die deutlich vorhanden Säure in ihrer Wirkung abpuffern. Ich erwartete bei jedem Schluck, dass sie jetzt eigentlich zustechen müsste. Doch sie endete jedes Mal wie weich aufgefangen und ließ einen ausbalanciert wohlmundigen Gesamteindruck entstehen (der allerdings nicht nach meinem Geschmack war). Nun besitzt der Wein zwar auch einige kräuterig-mineralische Vorzüge, aber ich hielt ihn für limitiert, bis mit mehr Luft und Wärme eine wundersame Verwandlung geschah. Die volle Rieslingfrucht und "Zuckermarmorierung" :roll: zogen sich immer mehr zurück zugunsten aufregender steiniger und bitterer Töne, auch Schiefer vielleicht. Es war, als ob sich die Oberfläche öffnete und ein reiches Innenleben zum Vorschein brachte. Es gab überhaupt keine andere Chance, als sich irgendein Terroir mit buntem Gestein und Gestrüpp vorzustellen, so eindruckvoll jenseits von Frucht entwickelte sich der Wein. So hatte der zuerst Zweitplatzierte plötzlich die Nase vorn.

Nach 24 Stunden fand ich die Weine geruchlich verblüffend ähnlich. Leider konnte ich die untergründige aufregende Schönheit von Wein 2 nicht wiederfinden. Er wirkte überhaupt nicht müde, besaß keinerlei Süße-Anmutung mehr, war ganz wohlgebauter, dichter Stoff. Ohne sein zweites Gesicht hat er mich aber nicht mehr inspiriert. Wein 1 hatte nach 24 Stunden in den Schlucken, die noch übrig waren, für mich ebenfalls seine entscheidenden Feinheiten verloren. Dies sind natürlich keine Argumente gegen die Weine, die zuvor bereits umgefüllt worden waren und eine längere Reise zurückgelegt hatten. Ich bin jetzt sogar außerordentlich neugierig, wie sie in mehreren Jahren schmecken.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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stollinger

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Re: Tobias Knewitz

BeitragSo 19. Nov 2023, 19:27

Richtig interessant hier, da wollte ich nicht nachstehen. Mein elektronisches Kellerbuch behauptet noch eine Flasche Chardonnay Holzfass 2017 sei im Bestand; sie ließ sich nicht auffinden. Anstelle dessen gab es im Kreis der Familie einige Probeschlücke Nieder-Hilbersheimer Riesling Eisenerz trocken 2016, bevor der Rest der Flasche in den Ausguss ging.

Bild

Blind wäre das als Wein nicht mehr zu erkennen gewesen, im Mund hinterließ es eher den Eindruck einer Zitronensäurelösung. Mir ist gar nicht klar, was da chemisch in der Flasche passiert, um nach einigen Jahren bei diesem Resultat zu enden.

Grüße, Josef
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Pointless

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Re: Tobias Knewitz

BeitragDi 28. Nov 2023, 10:31

Zu den Knewitz Chardonnay Reserven noch ein Zwischnstand. Ich hab vor ca 2 Wochen den 2014er getrunken (ohne VKN), den fand ich gelungen, überhaupt nicht hinüber, sehr schön gereift. Man hat schon gemerkt, dass der auf der ehr kargen Seite ausgebaut wurde, war sehr straff und mineralisch, aber mit den leichten Reifenoten sehr schön. Vielleicht leicht diffus, wei viele 2014er. War ja damals nicht so teuer und das war auch OK, ehr sehr gutes Ortsweinniveau als (wie heute) GG. Aber für mich jedenfalls kein Grund bei Knewitz das Handtuch zu werfen.
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