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Alko-Bomben

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Gerald

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 07:26

Das mit dem "acquired taste" ist ein interessantes Stichwort. Denn gerade solche Produkte, die beim ersten Kontakt nicht so richtig munden, sind ja meistens die, die am meisten Faszination ausüben bzw. über die am meisten geschrieben oder gesprochen wird. Neben Alkohol ist das ja auch die erwähnte Bitterschokolade, aber auch Kaffee, Käse (zumindest die würzigeren Sorten), Chilis und viele weitere.

Vielleicht liegt das daran, dass man zu einem Thema, das man sich erst quasi mühsam "erarbeiten" muss, mehr inneren Bezug aufbaut und es daher eine wichtigere Rolle im eigenen Leben spielt. Vielleicht auch, da man sich darüber besser definieren kann und von anderen, die den "Weg" noch nicht gefunden haben, abgrenzen ...

Bei leichten, restsüßen Weinen ist eine gewisse Ähnlichkeit zu "Alkopops" nun mal vorhanden, die ja durch die Süße und den relativ geringen Alkohol die Einstiegsschwelle gering halten und auch deshalb ja in letzter Zeit als Problemfall bei Jugendlichen aufgefasst wurden. Solche Weine abzulehnen (auch wenn es objektiv keinen Grund dafür gibt), ist vermutlich für viele Menschen ein Mittel, die eigene "Kennerschaft" zu bestätigen ;)

Übrigens mag ich auch keine restsüßen Weine :oops:

Grüße,
Gerald
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Weinzelmännchen

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 09:13

Liebe Forianer!

Gestern hatte ich einen Selbstversuch mit einer Alko-Bombe aus dem Friaul gestartet, und zwar:

Cabernet Franc 2007 DOC Collio vom Weingut Toros aus Cormons mit 14,5% Vol
In der Nase (noch) angenehm, schon leichte Schnapsigkeit bemerkbar; sehr dunkles garanatrot, farblich zu kräftig für die Rebsorte; am Gaumen ist die typische Würzigkeit des Cabernet Franc anzutreffen, aber wie in Watte versteckt, der Alkohol übertönt alles, die Reintönigkeit des Geschmacksempfindens wird durch den Alkohol "weggepuffert", zuerst noch süß, aber dann zunehmend bitter; Abgang des Weines recht kurz, des brandigen Nachgeschmacks schier unendlich.

Ergebnis: Selbstversuch abgebrochen, auf ein Reperatur-Pils umgestiegen.

Hätte der Wein 2% weniger Alkohol gehabt, hätte er mir garantiert gefallen; er wurde halt durch den Alkohol erschlagen. Dieser Wein wurde mit Sicherheit nicht für eine Prämierung aufgehübscht. Bei jedem halbwegs erfahrenen Tester fällt so ein Wein durch. Ich glaube vielmehr, dass der Winzer kellertechnisch nicht weiß, wie er mit sehr hohen Mostgewichten umzugehen hat.
MvG
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Daniel
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austria_traveller

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 09:22

Weinzelmännchen hat geschrieben:Liebe Forianer!

Gestern hatte ich einen Selbstversuch mit einer Alko-Bombe aus dem Friaul gestartet, und zwar:

Cabernet Franc 2007 DOC Collio vom Weingut Toros aus Cormons mit 14,5% Vol

Servus,
Also ich käme nie auf die Idee einen reinsortigen Cabernet Franc aus 2007 jetzt schon zu trinken. Reinsortigen CFs sind doch meines Wissens eher auf lange Lagerung ausgelegt, wodurch sich dann der Alkohol auch besser mit Aromen des Weins verbindet. Das ist genauso, wie einen jungen Pintia, Aalto o.ä. zu verkosten - das Ergebnis ist vorprogrammiert; in Ihrer Jugend sind das alles Alko-Bomben.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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Weinzelmännchen

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 09:46

Hallo Gerhard,
du darfst friulaner Cabernet Francs nicht mit einem Aalto, den ich sehr schätze, vergleichen. Im Friaul ist der CF sehr stark verbreitet, viel stärker als der CS. Um ein Collio DOC-Wein zu sein, muß der CF laut Amtsblatt vom 11.04.1990 mindestens 11,5% Vol haben. Die Collio Weine kommen aus dem Hügelland und gehören zu den bestens Friauls. im Flachland (zB Latisana) benötigt ein CF DOC laut Amtsblatt vom 05.11.1975 nur mindestens 10,5% Vol.

Der CF ist im Friaul der rote Zechwein schlechthin. Wenn du in eine Trattoria gehst und offenen Roten bestellst, wirst du in aller Regel einen CF bekommen. Diese Weine werde jung getrunken. Mein Selbstversuch-Wein war von der Stilistik nicht für ein langes Leben gedacht; ihm fehlte dafür die Tiefe und Robustheit.
MvG
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Daniel
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austria_traveller

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 09:51

Weinzelmännchen hat geschrieben:Der CF ist im Friaul der rote Zechwein schlechthin.

Sorry, dann paßt das natürlich nicht. Die CFs die ich getrunken habe sind in ihrer Jugend :?
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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Gerald

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 09:53

Hallo,

ganz nebenbei bemerkt ist - zumindest für mich - ein hoher Alkoholgehalt nicht das größte Problem hinsichtlich Trinkfreudigkeit. Sondern eher die Kombination mächtiger Körper (wobei der Alkohol natürlich auch eine Rolle spielt, aber nicht alleine) mit wenig Säure und oft noch deutlichem Restzucker. Gerade bei vielen ansonsten großartigen Veltlinern des Jahrgangs 2009 ist das für mich das Hauptproblem. Interessanterweise (oder auch nicht) räumen diese Weine in den Weinguides aber die meisten Punkte ab ...

Grüße,
Gerald
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Weinzelmännchen

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 10:07

Lieber Gerhard,

natürlich gibt es auch im Friaul für die Lagerung prädestinierte Rebsorten. Zwei autochthone rote Rebsorten sind Pignolo und Tazzelenghe, die sich dafür sehr gut eignen. Der Tazzelenghe ist als Jungwein beinahe ungenießbar, erst durch die Reifung wird er zu einem wirklich guten Wein; btw Tazzenlenghe bedeutet "Zungenschneider", was ja schon alles sagt.
MvG
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Daniel
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Mr. Nebbiolo

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 11:27

Gerald hat geschrieben:Hallo,

ganz nebenbei bemerkt ist - zumindest für mich - ein hoher Alkoholgehalt nicht das größte Problem hinsichtlich Trinkfreudigkeit. Sondern eher die Kombination mächtiger Körper (wobei der Alkohol natürlich auch eine Rolle spielt, aber nicht alleine) mit wenig Säure und oft noch deutlichem Restzucker.

Grüße,
Gerald



Hallo zusammen,

dem kann ich nur zustimmen.

Ein sehr konzentrierter, sehr fruchtiger, dicker Wein mit weniger Säure ist doch meist weniger "trinkig". Ich kenne einige solche, die "nur" 13,5 % haben und nicht trinkig sind, aber auch viele Nebbiolo mit 14,5 (oder auch Weißweine aus dem Eisacktal mit der gleichen Gradation) die sehr trinkig sind.

Wenn jeder Rotwein ab 14,5 % nicht meht trinkbar wäre, dann frage ich mich, wer dann die ganzen Prioratos trinkt und das nicht nur schlückchenweise ;) :D
Grüße

Klaus
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austria_traveller

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 11:32

Mr. Nebbiolo hat geschrieben:Wenn jeder Rotwein ab 14,5 % nicht meht trinkbar wäre, dann frage ich mich, wer dann die ganzen Prioratos trinkt ...

Genau, Torsten alleine wird das ja nicht schaffen :mrgreen:
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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thvins

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Re: Alko-Bomben

BeitragDo 3. Mär 2011, 11:46

austria_traveller hat geschrieben:
Mr. Nebbiolo hat geschrieben:Wenn jeder Rotwein ab 14,5 % nicht meht trinkbar wäre, dann frage ich mich, wer dann die ganzen Prioratos trinkt ...

Genau, Torsten alleine wird das ja nicht schaffen :mrgreen:


Nö, der eine oder andere hilft dabei schon... Nachdem gestern quasi über Nacht z.B. der gesamte Restbestand vom Noster geordert wurde, hab ich eben noch mal 120 Flaschen davon sicherstellen können, bevor Barth nun diese Ecke seines Kellers ausfegt :lol: 8-) ...

Ich denke, beim Priorat ist es halt auch das Terroir, was da eine Rolle spielt... Ich seh das grad wieder bei den Roussillons die ich ja auch mag und die auch keinesfalls schlecht sind, aber die Gardiès aus 2000 jenseits vom Millerès waren doch deutlich schwerer im Trinkfluss als die Prioratos, die z.T. noch mehr Alkohol haben als die Gardiès-Weine (die aber mit 14, 14,5° auch in 2000 schon nicht grad wenig hatten...)
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
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