Aktuelle Zeit: Sa 27. Apr 2024, 16:50


Terroir vs. Keller

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
  • Autor
  • Nachricht
Offline
Benutzeravatar

Markus Vahlefeld

Administrator

  • Beiträge: 1689
  • Bilder: 2
  • Registriert: Do 4. Nov 2010, 11:43

Re: Terroir vs. Keller

BeitragMi 11. Sep 2013, 11:58

Nun ja, bei der ganzen Diskussion um die Lagen wird IMHO etwas leicht unterschlagen, das vielleicht wegen der langen ungebrochenen Tradition weniger für das Burgund gilt, aber eben doch für Deutschland, das sich erst seit ca. 10 Jahren anschickt, die Lagen wieder als Qualitätsmerkmal zu etablieren. Es gibt Traubenweine (Gutsweine), es gibt Bodenweine (Ortsweine) und es gibt Lagenweine. Vor allem bei letzteren sollte schon der Winzer in die Pflicht genommen werden zu beschreiben, wie er vorgeht, um die Lage abzubilden oder auszudrücken. Diese Frage wird leider viel zu selten gestellt.

Bei allen Lebensmitteln - Fleisch, Käse, Gemüse etc. - ist es nicht ehrabschneidend nach den Produktionsbedingungen zu fragen, und je hochpreisiger das Produkt wird, desto virulenter werden die Fragen. Aber (fast) kein Weinkritiker fragt nach den Produktionsbedingungen der Weine. Da wird ausschließlich nach (persönlichem) Geschmack bewertet und geurteilt. Das halte ich nicht nur für zu wenig, sondern auch nicht mehr zeitgemäß.

Das wichtige Stichwort heißt hier "Transparenz". Vor ihr haben die meisten Winzer aber soviel Angst wie vor dem Gottseibeiuns, weil es leichter ist, von einem Mythos zu leben und zu verlangen, dass der Konsument eben diesen anbetet und nicht hinterfragt.

Dabei geht es nicht um eine "richtige Moral" (nach dem Motto: Bio ist besser), sondern um die Darlegung der eigenen Betriebsphilosophie und wie sie auf die Weine wirkt. Denn solange keine Lagenkenntnis aus Hunderten von Jahren Tradition vorhanden ist, bleibt die Betriebsphilosophie das vornehmlich Schmeckbare.
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 14:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragMi 11. Sep 2013, 13:32

Bei dem Thema "Lagengeschmack" gibt es meiner Meinung nach einige Grundprobleme:

1. welchen Anteil am Geschmack trägt die Lage überhaupt? Auch hier liest man oft wenn es um das Thema geht, dass bspw. eine bestimmte Obstsorte als typisch mit der Lage assoziert wird. Das ist meines Erachtens schon mal grundlegend falsch. Für mich persönlich bürgt eine gute Lage (Herkunft) in einer gewissen Konstanz über Jahre hinweg für hohe Reifegrade mit gesunden Trauben. Dies ist klimatisch bedingt durch Dinge wie Sonenneinstarhlung, Windeinfall ("Durchlüftung") etcpp. Dann kann mit Sicherheit ein gewisser Anteil des Geschmacks den Bodentypen zugeschrieben werden. Unterschiedliche Schieferanteile schmeckt man jedenfalls deutlich (Schiefersorten mit ausreichend Übung auch). Um mal 2 Beispiele zu nennen mit denen ich Erfahrung habe: bei vergleichbaren Reifegraden bringt unser Adler "breitere" Weine hervor als die eher "filigranen" aus dem Königslay. Ich kann hier keinen wissenschaftlichen Beweis anführen woher diese "Grundunterschiede" kommen, halte es aber für nicht unwahrscheinlich dass es mit unterschiedlicher Nährstoffversorgung aus den Böden herrührt. Sonenneinstrahlung ist in etwa gleich. Der Königslay hat wie der Name schon sagt fast schon ausschliesslich Schieferfels und sehr "karge Verhältnisse" und der Adler hat schon einen etwas geringeren Schieferanteil mit "Mutterboden" durchsetzt - besserer Wasserspeicher - und bringt etwas "fettere" Weine mit sich.

2. das zweite Problem ist die Erfahrung die man mit einzelnen Lagen hat. Ich persönlich schmecke nach mittlerweile fast 20 jähriger Verkostungs-/ & Ausbauerfahrung von Weinen aus unserem kleinen Ort blind die Lage heraus. Nicht nur bei meinen Weinen, sondern auch bei denen anderer Winzer aus dem Ort, die zT ganz andere Ausbauarten anwenden. Kein Problem. Aber: fahre ich in den Nachbarort bin ich dazu schon nicht mehr in der Lage (welch Wortspiel :) ), weil mir einfach diese intensive Erfahrung fehlt. Da stellt man sich schon die Frage wie mancher Kritiker, dessen Lagenerfahrung sich auf das hin- und wieder Verkosten einer Lage beschränkt dazu kommt mal eben von einer Verkostung zur nächsten Lagen rausschmecken zu wollen und dann als Grund für die Lagenzuordnung bspw. eben auch noch diese typischen "Obstsorten" anführt. Ich habe sogar schon die Erfahrung gemacht, dass mehrere Lagen an der Mosel, die geographisch sehr weit auseinanderliegen ziemlich ähnliche Weintypen hervorbringen und hier Verwechslungsgefahr besteht. Allerdings kommt man immer dann auch wieder auf den Schluss: "Aha, vergleichbare Bodentyp, vergleichbare Sonennausrichtung, etcppp".

3. Ein letztes nicht zu unterschätzendes sind die Lageneinteilungen bzw. Klassifikationen, die meiner Meinung nach größtenteils einfach viel zu weit gefasst sind. Wenn ich teilweise Lageneinteilungen mit 10 Hektar (und da gibts ja noch DEUTLICH größere...) sehe, stelle ich mir dann schon die Frage wie man solche Flächen überhaupt zusammenfassen und dann auch noch eine allgemein gültige Qualitätsaussage für disen Bereich treffen kann, denn es sind doch oft nur wirklich wenige Parzellen die in dieser Lage wirklich herausragend sind.

Für mich persönlich bleibt unterm Strich: Herkunft (oder eben Lage) macht den Löwenanteil der späteren Weinqualität (unabhängig von Vorlieben beim Ausbaustil) aus, denn sie bestimmt die Grundlage dessen was später zu Wein wird. Man kann aber unmöglich ohne lange, intensive Erfahrung hier irgendetwas zuordnen. Da wird, wie Markus schon sagte meist "Betriebsphilosophie" geschmeckt und mit Lagencharakter verwechselt. Man sollte aber nicht aufgrund fehlerhafter Lagen-Einteilungen bzw. falscher Herangehensweise beim Verkosten sagen: Herkunft spielt keine Rolle.
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7488
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 10:38

Noch kurz eine Ãœberlegung aus der Sichtweise der Produzenten ...

Wäre ich Winzer, warum sollte ich überhaupt versuchen, die Lage so herauszuarbeiten, dass man sie leicht erkennt, genauso wie in den Weinen meiner "Konkurrenz", die ebenfalls Anteile an dieser Lage haben?

Sollte ich nicht eher versuchen, die Stilistik meines Betriebs unverwechselbar herauszuarbeiten, um meinen Weinen eine Art Wiedererkennbarkeit zu garantieren und ihnen damit ein Alleinstellungsmerkmal zu geben? Und umgekehrt - wenn ich Weine aus verschiedenen Einzellagen mit Lagenangabe anbiete (so wie zumindest in Ö der Normalfall): sollte ich dann nicht versuchen, die Unterschiede zwischen den Lagen so stark wie möglich zu betonen (selbst wenn die Lagen für sich relativ ähnlich sind)? Denn wozu sollte man als Kunde Weine aus mehreren Lagen eines Weinguts kaufen, wenn ohnehin alles gleich schmeckt?

Grüße,
Gerald
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 14:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 11:09

Hi Gerald,

das eine widerspricht dem anderen doch nicht!

Ich kann eine Lagenerkennbarkeit mit eigener Betriebsstilistik herausarbeiten. Die Lagenunterschiede ergeben sich doch sowieso. Voraussetzung ist natürlich dass die Lagen von Natur aus geschmacklich überhaupt unterscheiden. Das ist zumindest in den Steillagen an der Mosel größtenteils der Fall - wie gesagt, ich will garnicht abstreiten, dass 2 Lagen, die räumlich vielleicht 50-100 km auseinanderliegen durchaus Ähnlichkeit aufweisen können. Wieso auch nicht, sie sind beide im gleichen Gebiet, und haben zufäälig ähnliche Sonnenausrichtung, Böden etcpp. Macht doch auch nix.

Ich finde übrigens, dass die Lage nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal darstellen sollte. Ist meist besser wenn mehrere Winzer in einer Lage arbeiten - hält den Wettbewerb am Leben. Und das ist meiner Erfahrung nach förderlich für die Weinqualität. Wenn Du bspw. in einem guten Jahr einen Wein aus einer Toplage "versemmelst", dann ist das peinlich und Ausreden gibts dann nicht ;)

Alleinstellungsmerkmal sollte immer einzig und allein der Betrieb sein.

Meine bescheidene Meinung.

Gruß, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline

Ollie

  • Beiträge: 1931
  • Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 14:55

Michael,

zu deinem vorherigen Beitrag ein paar Anmerkungen.

Zu 1. Keinen Widerspruch zu deiner Einschaetzung dessen, was die Qualitaet einer Lage ausmacht, das schreibe ich genau so auch immer. Daher nur einen Hinweis auf die Weintypen: Es gibt ja z.B. einen Zusammenhang zwischen der Mundfuelle ("Koerper") eines Weins und seinem Kaliumgehalt, und es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Kaliumgehalt eines Mosts und der (freien) Wasserkapazitaet eines Bodens.

Zu 2. Bereits im Nachgang zum Berliner Riesling Cup 2011 hat Markus Vahlefeld das Thema Lagentypizitaet aufs Tapet gebracht, und zwar wieder am Beispiel des Pettenthals.

viewtopic.php?f=29&t=2148&p=46713#p46712

Es gab auch eine Debatte darueber, was denn nun entscheidend sei, Lage oder Rebsorte:

viewtopic.php?f=32&t=2241

(Das ist weiss Gott keine vollstaendige Auflistung aller threads, die es in diesem oder in irgendeinem anderen Diskussionforum gibt. Das Thema ist ja nun alt. Schade aber, dass diese einzelnen Faeden hier im Forum nicht wirklich effizient miteinander verknuepft werden [koennen], denn sie zeigen sehr deutlich, wie ungeeignet das Format "blog" fuer die Ausleuchttung komplexer Zusammenhaenge und die Fuehrung ebenso vielschichtiger Diskussionen ist.)

Zurueck zu dem, was du in 2. schriebst: Es geht nicht so sehr darum, blind eine Lage aus einem pool bekannter Lagen zu erschmecken; das waere hoechstens die Zweite Stufe der Erkenntnis, und ganz sicher setzt das voraus, dass man den pool der Lagen sehr, sehr gut kennt. Wenn vorzugsweise an der Mosel Lagen quer ueber verschiedene Erzeuger hinweg erkannt werden koennen, dann zeigt das schlimmstenfalls, wie gleichartig die Herstellungsverfahren der Weine von Hersteller zu Hersteller, und bestenfalls, wie deutlich unterschiedlich die Wachstumsbedingungen (siehe deinen Punkt 1) von Lage zu Lage doch sind - mit der von dir schon vorgebrachten Einschraenkung, das sehr aehnliche Wachstumsbedinungen sehr aehnliche Weincharakteristiken erbringen koennen. Was ja voll ins Modell passen wuerde.

Sondern, und das ist Markus' oft wiederholter Punkt, es geht um folgendes: Man hat vor sich eine Anzahl Weine, von denen man genau weiss, dass sie aus ein und der selben Lage kommen. Trotz (oder wegen?) dieses Wissens ist man nicht imstande, den gemeinsamen Nenner der Weine zu erschliessen, der, zumindest nach Konstruktion des Experiments, die Lagentypizitaet wiedergeben (oder sein) sollte. Wenn man aber schon das nicht kann, wird man die Lage natuerlich niemals blind aus anderen Lagen herauspicken koennen. Konsumenten haben mit einer solchen Situation ein fast theologisches Problem, denn Lagen, die ihre Typizitaet auch gegen alle Ausbaumethoden verteidigen koennen, stehen im Pantheon hoeher als solche, die das nicht koennen bzw. ueberhaupt nur solche Lagen werden als "lagenwuerdig" angesehen.

Waere es moeglich, so wie ich weiter oben vermutete, dass man -eine Lagentypizitaet nur mitels einer Art "Differentialanalyse" erschliessen kann, also durch direkten Vergleich mit Weinen mindestens einer anderen Lage, um per Ausschlussverfahren festzustellen, was Weine einer bestimmten Lage alles nicht sind, und so die Aehnlichkeiten der Weine aus einer Lage besser einzukreisen?

Beschreib doch bitte mal, was genau in deinem Kopf ablaeuft, wenn du die Lagen deines Dorfs blind erkennst. Offenbar sind die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Lagen groesser als diejenigen zwischen den einzelnen Weinen einer selben Lage, selbst wenn letztere, wie du schriebst, voellig unterschiedlich hergestellt wurden. Was sind denn dann konkret die Unterschiede zwischen den Weinen deselben Lage, die du wahrnimmst, und welche unterschiedlichen Herstellungen erkennst du woran? Bist du imstande, bei zwei Weinen aus verschiedenen Lagen die gleiche Herstellung zu erkennen (also Erzeugerprofil im weitesten Sinne)? Kannst du Lage+Erzeuger (also beides) auch dann blind erkennen, wenn man dir nur einen Wein vorsetzt und nicht eine Reihe von Weinen?

Danke & Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
Offline
Benutzeravatar

sorgenbrecher

  • Beiträge: 1233
  • Bilder: 83
  • Registriert: Di 6. Sep 2011, 15:32
  • Wohnort: Ffm.

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 15:57

ich bin ja der meinung, dass sich eine gewisse lagencharakteristik nur durch relativen quervergleich von weinen verschiedener erzeuger und innerhalb des portfolios der erzeuger erkennen lässt. wenn ich beispielsweise drei verschiedene chambertin von drei erzeugern nebeneinander probiere, dann sind die unterschiede teils gewaltig und eine durchgängige charakteristik erschließt sich nicht bzw. nur mit viel phantasie. wenn ich aber von den gleichen drei erzeugern noch weitere weine aus anderen (aber über die erzeuger hinweg gleichen) lagen parallel probiere, dann zeichnet sich eben doch sehr häufig ein besseres bild der jeweiligen lagen. relativ zu den anderen weinen des jeweiligen erzeugers lässt sich dann eben auch oft ein chambertin klar zuordnen und von z.b. einem musigny eindeutig unterscheiden - aber eben innerhalb der übergeordneten und dominierenden betriebsphilosophie.

diese dominaz des winzers auf den wein gerät meines erachtens nur dann etwas stärker in den hintergrund, wenn innerhalb eines kleinen gebietes und klar definierter lagen alle nennenswerten winzer weitgehend gleich vinifizieren - was wohl heute kaum noch vorkommt.
Gruß, Marko.
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 14:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 16:44

Hi Olli,

puh, versuche das mal Punkt für Punkt so gut wie möglich abzuarbeiten:

Wenn vorzugsweise an der Mosel Lagen quer ueber verschiedene Erzeuger hinweg erkannt werden koennen, dann zeigt das schlimmstenfalls, wie gleichartig die Herstellungsverfahren der Weine von Hersteller zu Hersteller, und bestenfalls, wie deutlich unterschiedlich die Wachstumsbedingungen (siehe deinen Punkt 1) von Lage zu Lage doch sind - mit der von dir schon vorgebrachten Einschraenkung, das sehr aehnliche Wachstumsbedinungen sehr aehnliche Weincharakteristiken erbringen koennen.


die Herstellungsverfahren sind deutlich verschieden. Unterschiedliche Reberziehungsarten, Ertragsregulierungen, von Sponti über Reinzucht bis zu Aromahefen, von Stahltank bis Holzfass, von Maischestandzeit bis Direktpressung...etcppp..da ist alles dabei...teilweise sogar unterschiedliche Verfahren beim gleichen Erzeuger. Ich probiere auch mit unterschiedlichen Rangehensweisen rum. Dennoch: die Spitzenlagen sind deutlich schmeckbar - bei all den verschiedenen Vorgehensweisen. Und die Lagen in denen man selbst arbeitet kennt man eben sehr gut - und schmeckt sie auch bei anderen Erzeugern der gleichen Lage raus. Das ist denke ich einfach Erfahrungssache. Wie gesagt: im Nachbarort könnte ich die Lage nicht zuordnen, aber sehr wohl den Weinen die Faktoren "Toplage" oder "solala-Lage" zuordnen.

Sondern, und das ist Markus' oft wiederholter Punkt, es geht um folgendes: Man hat vor sich eine Anzahl Weine, von denen man genau weiss, dass sie aus ein und der selben Lage kommen. Trotz (oder wegen?) dieses Wissens ist man nicht imstande, den gemeinsamen Nenner der Weine zu erschliessen, der, zumindest nach Konstruktion des Experiments, die Lagentypizitaet wiedergeben (oder sein) sollte. Wenn man aber schon das nicht kann, wird man die Lage natuerlich niemals blind aus anderen Lagen herauspicken koennen. Konsumenten haben mit einer solchen Situation ein fast theologisches Problem,


Das hat vielleicht mit dem von mir angesprochenen Punkt zu tun, dass die Lagen geographisch viel zu weit gefasst sind und das eben eine solche Fülle an klimatischen Unterschieden in der gleichen Lage vorliegen, dass es eben vielleicht garkeinen roten Faden/gemeinsamen Nenner zu finden gibt. Wir haben hier an der Mosel - was dieses Thema hier angeht - den Vorteil der vielen, sehr kleinen Einzellagen, die parzellenweise (und diese Parzellen haben teilweise nur einige 100 Quadratmeter) auf verschiedene Erzeuger aufgeteilt sind, die unterschiedlich arbeiten. Das macht die Sache für den Konsumenten zwar erstmal komplizierter (weil komischerweise die Annahme von Konsumentenseite besteht, Lagen rauszuschmecken wäre quasi der Ritterschlag des Weinkenners), auf der anderen Seite kann man aufgrund dieser vielen kleinen Unterschiede den Faktor Herkunft sehr deutlich abbilden. 99% (geschätzt...) der "Konsumenten" erkennen die Unterschiede sofort. Sie müssen sie doch garnicht einer Lage zuordnen können. Es reicht doch der "Aha-Effekt", dass Herkunft bei Wein entscheidend ist und nicht wie in Dirks Blog (auf den ich mich bezog) angezweifelt vielleicht doch garkeine große Rolle spielt. Mir geht es garnicht darum, dass ein Aussenstehender eine unserer Lagen blind rausschmecken kann. Das wäre denke ich einfach viel zu viel verlangt.

Was sind denn dann konkret die Unterschiede zwischen den Weinen deselben Lage, die du wahrnimmst, und welche unterschiedlichen Herstellungen erkennst du woran?

Das sind idR unterschiedliche Methoden, die vor allem ausbaubedingt sind. Sponti/Reinzucht versus Aromahefen, Oxidativ oder reduktiv ausgebaut, frühe Klärung/Füllung oder Ausbau auf der Feinhefe, biologischer Säureabbau ja oder nein. Etcpp. Alles schmeckbar. Trotzdem bleibt der Lagencharakter schmeckbar. Gehe jetzt der Vollständigkeit davon aus, dass egal bei welchem Ausbaustil, sauber gearbeitet wurde und keine größeren Weinfehler vorliegen und keine geschmacksverändernden Zusatzstoffe a la Ascorbinsäure oder Aromachips oderoderoder verwendet wurden. Dann wirds schwierig, obwohl ich dann auch schmecke, dass eben diese Zusatzstoffe drin sind. Und das völlig unabhängig von jeder Lage :lol:.

Bist du imstande, bei zwei Weinen aus verschiedenen Lagen die gleiche Herstellung zu erkennen (also Erzeugerprofil im weitesten Sinne)?

Die groben Eckdaten der Herstellung (siehe Parameter Antwort vorher): absolut ja

Kannst du Lage+Erzeuger (also beides) auch dann blind erkennen, wenn man dir nur einen Wein vorsetzt und nicht eine Reihe von Weinen?

Lage: ja, Erzeuger: nur wenn ich den Erzeuger intensiv kenne. Wenn nicht, kann ich zwar sagen wie es gemacht wurde, aber nicht unbedingt von wem.

Wie gesagt: das funktioniert für mich alles nur in unserem kleinen Bereich mit dem ich eben sehr viel Erfahrung habe. Notgedrungen :lol:
Ein paar Kilometer weiter funktioniert dann nur noch: "Topwein, bestimmt ne Toplage. Lass mich raten..." Ist aber auch völlig OK und meiner Meinung nach kein weinkennerischer Makel. Wichtiger als den Namen zu kennen ist zu verstehen/erkennen wie ausschlaggebend Herkunft ist.

Und Du hast sowas von recht: so ein Forum ist komplett ungeeignet für dieses Thema. Da hilft nur Verkosten und Debattieren ;)

Gruß, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline

Ollie

  • Beiträge: 1931
  • Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 17:08

Michael, vielen Dank! Dass lass ich mal sacken, dann komme ich wieder. Bis dahin nur eine ganz kleine Korrektur (voellig off-topic):

MichaelWagner hat geschrieben:Und Du hast sowas von recht: so ein Forum ist komplett ungeeignet für dieses Thema. Da hilft nur Verkosten und Debattieren


Nein, ich meinte wirklich "blog" und nicht "Forum". Denn genau da - und nur da - kann man sinnvoll debattieren. Blogs sind eher Seifenkistchen, von denen herab "nur" verkuendigt wird. Das kann durchaus interessant sein, aber es ist nicht auf Debatte angelegt. Insofern sind blogs wirklich nur Web 0.0 und die Kommentare Leserbriefe. Wie weiland bei den Holzmedien.

Und um von meiner These den Bezug zum aktuellen Thema herzustellen: Ich sehe ja, wie die gleiche Diskussion beim Wuertz verlaeuft. Keine weiteren Fragen.

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 14:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 17:17

Ja, nu, Forum sicherlich besser als Blog, aber Ideales Terroir bietet hier nur die Verkostung mit Live-Diskussion :lol:
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7488
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Terroir vs. Keller

BeitragDo 12. Sep 2013, 17:23

aber Ideales Terroir bietet hier nur die Verkostung mit Live-Diskussion :lol:


bitte noch ein bisschen Geduld. Ich arbeite gerade an einer Funktion, mit der man Weinproben hoch- und woanders wieder herunterladen kann, um wirklich gemeinsame Verkostungen zu ermöglichen. Leider funktioniert es noch nicht ganz, liegt wohl an der Datenbankversion am Server. :D

Grüße,
Gerald
VorherigeNächste

Zurück zu Tendenzen im Weinbau

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 30 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen