Aktuelle Zeit: Sa 27. Apr 2024, 08:39


Kupfer im Bioweinbau

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
  • Autor
  • Nachricht
Offline
Benutzeravatar

Markus Vahlefeld

Administrator

  • Beiträge: 1689
  • Bilder: 2
  • Registriert: Do 4. Nov 2010, 11:43

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 18:41

VillaGemma hat geschrieben:
Zu A) Falsch.


Nein, richtig!
Ein Review der University of London zu allen wissenschaftlichen Studien aus den letzten 50 Jahren kam zu dem Schluss, dass es zwischen ökologisch und konventionell produzierten Nahrungsmitteln keine bedeutenden gesundheitsrelevanten Unterschiede im Nährstoffgehalt gibt.
http://webarchive.nationalarchives.gov. ... ul/organic

Bitte einfach mal die vielen Stichproben von Ökotest / Greenpeace zum Thema (...)


Nein, ich informiere mich bei Greenpeace auch nicht über die Energiewende. Da gibt es Einrichtungen, die definitiv weniger Eigeninteresse an den Ergebnissen haben. Die University of London dagegen halte ich für ziemlich unabhängig.

Aber um ein Missverständnis auszuräumen: Du versuchst, mich in die Anti-Bio-Ecke zu stellen. Aber da musst Du schon Gewalt ausüben, um mich dahin zu bekommen. Ich werde dennoch nicht den Taufspruch runterbeten, dass "ich fast nur Bio kaufe". Allein schon deswegen nicht, weil ich keiner Religionsgemeinschaft angehören möchte. Und der Kirche der "Apokalypse ohne Bio" noch viel weniger.
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7487
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 19:05

Beim Rauchen gibt es bessere Statistik, mit der einwandfrei die schädliche Wirkung bewiesen werden konnte. Langzeitstudien hingegen bei Menschen, die sich "normal, nicht bio" ernähren.


Nein, ich meinte nicht bio/konventionell, sondern allgemein die Art der Ernährung. Wer sich überwiegend von Biowurst und Bio-Pommes ernährt, der wird sich ebenfalls einem stark erhöhten Risiko verschiedener Zivilisationserkrankungen (Herz-Kreislauf, Krebs, Diabetes etc.) aussetzen. Das ist inzwischen meines Wissens wissenschaftlich weitgehend abgesichert. Nur kommt dann von vielen Leuten einfach das Argument "für den Genuss opfere ich gerne ein paar Lebensjahre".

Dazu werden nicht nur Umweltthemen, sondern auch Fragen des Tierschutzes immer mehr öffentlich thematisiert. Vor 20 oder 30 Jahren hat das so gut wie niemanden interessiert. Daher denke ich, dass in einiger Zeit auch ein sozialer Druck dazukommen wird, weniger oder keine tierische Produkte mehr zu konsumieren. So wie Rauchen jetzt (vor 30 Jahren noch wurde man als verrückt angesehen, wenn man schüchtern gefragt hat, ob man im geschlossenen Raum vielleicht auf das Rauchen verzichten könnte) ...

Grüße,
Gerald
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 19:33

Gerald hat geschrieben:
Beim Rauchen gibt es bessere Statistik, mit der einwandfrei die schädliche Wirkung bewiesen werden konnte. Langzeitstudien hingegen bei Menschen, die sich "normal, nicht bio" ernähren.


Nein, ich meinte nicht bio/konventionell, sondern allgemein die Art der Ernährung. Wer sich überwiegend von Biowurst und Bio-Pommes ernährt, der wird sich ebenfalls einem stark erhöhten Risiko verschiedener Zivilisationserkrankungen (Herz-Kreislauf, Krebs, Diabetes etc.) aussetzen. Das ist inzwischen meines Wissens wissenschaftlich weitgehend abgesichert.


Gerald, genau so ist. Bezogen auf durch die Ernährung verursachten Gesundheitsrisiken bestehen in aller Regel völlig absurde Vorstellungen, gerade auch bei Bio-Anhängern. Da paniken Leute wegen ein paar Nanogramm Dioxin im Ei, wissen aber nicht, wo die wirklichen Gefahren lauern.

Die erste und allerwichtigste Frage bei der Ernährung ist: wie viel? Überernährung ist die Ursache der sich in der westlichen Welt seuchenartig aubreitenden Kulturfolgekrankheiten wie Diabetes und kardiovaskulärer Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt. Das Risiko für diverse Krebsarten ist bei Übergewichtigen deutlich erhöht. Wer beständig mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht, erhöht sein Krankheitsrisiko drastisch - und zwar völlig unabhängig davon, ob er sich das Fett mit Demeterprodukten anfrisst oder mit Discounterware.

Danach, aber schon mit Abstand, folgt die zweite Frage: was? Damit ist nicht bio vs nicht-bio gemeint, sondern die prinzipielle Art des Nahrungsmittel. Hoher Konsum von rotem Fleisch korreliert hochsignifikant mit mehreren Krebsarten wie z.B. Darmkrebs, hoher Konsum von tierischen Fetten mit kardiovaskulären Erkrankungen, etc. In vielen Fällen sind die Kausalketten mittlerweile ganz gut durchschaut, un die haben auch hier nichts mit bio vs nicht-bio zu tun.

Bleibt, ganz am Ende, die Exposition mit "Chemie" aus der Nahrung. Ob da überhaupt ein relevantes Risiko besteht, ist unklar (aber eben auch nicht auszuschließen). Das hiermit verbundene Risiko ist aber gemessen an den beiden ersten Risikofaktoren schon fast infinitesimal klein und ließe sich durch Überlagerung diverser weiterer Risikofaktoren auch in riesigen Studien nicht mehr sauber "abschälen". Man bewegt sich hier in der Welt des Glaubens, und das wird auch so bleiben.

Wer "Bio" in der Absicht konsumiert, damit sein Krankheitsrisiko zu minimieren und seine Chancen auf ein langes Leben zu erhöhen, hängt einer weder belegten noch belegbaren Lehre an. Allerdings: schaden tut's auch nicht, und man fühlt sich wenigstens gut dabei.

Wirklich relevante Gründe, die für einen "ernsthaften" Biolandbau sprechen, sehe ich im tendenziell doch eher schonenderen Umgang mit der Natur im Vergleich zum konventionellen Landbau, zumindest bei Verbänden mit stringenten Regeln, und vor allem in einer artgerechteren Tierhaltung. Letzteres ist eine ethische Frage, aber keine der Produktsicherheit.

Gruß
Ulli
Offline

C9dP

  • Beiträge: 801
  • Bilder: 3
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:10

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 19:42

Nein, richtig!
Ein Review der University of London zu allen wissenschaftlichen Studien aus den letzten 50 Jahren kam zu dem Schluss, dass es zwischen ökologisch und konventionell produzierten Nahrungsmitteln keine bedeutenden gesundheitsrelevanten Unterschiede im Nährstoffgehalt gibt.


Ist auch richtig. Die Geschmacksunterschiede richten sich nämlich nach dem saisonalen Verzehr der Lebensmittel. Erdbeeren aus Deutschland im Sommer schmecken immer besser als Erdbeeren im Winter. Ob bio oder nicht ist da völlig schnuppe. Wichtiger ist da eher noch die Sorte.

Bei Fleisch schmeckt man den Unterschied auch nur dann, wenn man Massentierhaltung mit extensiver Nutztierhaltung vergleicht. Auch hier muss es nicht zwangsläufig demeter oder Bioland sein. Es kommt darauf an, wie lange das Tier zur Gewichtszunahme hat. Das hat aber auch wieder nicht direkt was mit Bio zu tun. Bio kommt als Label ins Spiel, um die Produkte besser vermarkten zu können.

Ich bin übrigens auch skeptisch, dass sich am Konsumverhalten was ändern wird. Es ist leider so, dass viele Konsumenten mitlerweile ein Masthähnchen einem Biohähnchen bevorzugen, weil das Fleisch zarter (=wässriger) ist. Traurig aber wahr.
Viele Grüße

Aloys
Offline
Benutzeravatar

Markus Vahlefeld

Administrator

  • Beiträge: 1689
  • Bilder: 2
  • Registriert: Do 4. Nov 2010, 11:43

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 20:10

UlliB hat geschrieben:Wirklich relevante Gründe, die für einen "ernsthaften" Biolandbau sprechen, sehe ich im tendenziell doch eher schonenderen Umgang mit der Natur im Vergleich zum konventionellen Landbau (...)

Ja, und - was man als Bauer immer beachten sollte - im viel gefahrloseren Umgang mit den Mitteln und Präparaten. Der chemieintensive Landbau hat einige "Berufskrankheiten", die mit großer Wahrscheinlichkeit auf die toxische Wirkung zurückzuführen sind. Mit Hornmistelpräparat wäre das nicht passiert... ;)

C9dP hat geschrieben:Ich bin übrigens auch skeptisch, dass sich am Konsumverhalten was ändern wird. Es ist leider so, dass viele Konsumenten mitlerweile ein Masthähnchen einem Biohähnchen bevorzugen, weil das Fleisch zarter (=wässriger) ist. Traurig aber wahr.

So wie früher - um zum Thema Wein zurückzukommen - mehr Met oder mit Kräutern versetzter Wein als "naturreiner" Wein getrunken wurde.
Offline
Benutzeravatar

VillaGemma

  • Beiträge: 861
  • Bilder: 19
  • Registriert: Do 17. Nov 2011, 14:28
  • Wohnort: Berlin
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 20:17

Markus Vahlefeld hat geschrieben:
VillaGemma hat geschrieben:
Zu A) Falsch.


Nein, richtig!
Ein Review der University of London zu allen wissenschaftlichen Studien aus den letzten 50 Jahren kam zu dem Schluss, dass es zwischen ökologisch und konventionell produzierten Nahrungsmitteln keine bedeutenden gesundheitsrelevanten Unterschiede im Nährstoffgehalt gibt.
http://webarchive.nationalarchives.gov. ... ul/organic


Nein falsch, genau lesen. "im Nährstoffgehalt". Richtig, da stimme ich zu bzw. habe ich auch schon gehört. Nur was bitte hat das mit chemischen Rückständen am Produkt zu tun? Und ich werde niemanden in irgendeine Ecke drängen...außer beim Boxen, wo ich das versuche ;) ...aber sicher nicht hier. Wenn ich eins gelernt habe, im Leben: Man ändert sich selbst wenig genug, und andere zu ändern ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ist mir auch egal. Nur direkt falsche Aussagen möchte ich gern korrigieren. Aber ich brauche ja keine Quellen von GP oder Ökotest raussuchen, wenn Du die eh nicht liest...
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7487
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 20:21

Ohne genaueste Produktkontrolle können Bioprodukte sogar gesundheitlich riskanter als konventionelle sein, wenn man an Mutterkorn im Getreide oder Verunreinigung durch Stechapfelsamen denkt (vor einigen Jahren bei Bio-Hirse passiert). Das wäre mit einer kräftigen Dosis Fungizid bzw. Roundup vor der Aussaat nicht passiert :o

Ich denke aber, dass den meisten Konsumenten der Umweltschutz- bzw. Tierschutzgedanke bei "bio" ohnehin wichtiger als der gesundheitliche Aspekt ist. Denn sonst sollte das Angebot mengenmäßig ganz anders aussehen (wenig Biofleisch, viel Biogemüse etc.).

Und im Weinbau hat man irgendwie die Wahl zwischen Pest und Cholera: konventionelle Pestizide, die gut abbaubar sind, aber die Gesundheit des Winzers gefährden (neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson sind da ja im Gespräch) oder Kupfer, das den Boden auf Dauer belastet.

Nicht ganz ernstgemeinte Frage: wie wirkt sich eigentlich eine hohe Kupferbelastung des Bodens auf das "Terroir" aus? ;)

Grüße,
Gerald
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 20:38

Gerald hat geschrieben:Und im Weinbau hat man irgendwie die Wahl zwischen Pest und Cholera: konventionelle Pestizide, die gut abbaubar sind, aber die Gesundheit des Winzers gefährden (neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson sind da ja im Gespräch) oder Kupfer, das den Boden auf Dauer belastet.


Ach ja, weil der Zusammenhang zwischen Pestiziden und Parkinson im Forum schon mehrfach erwähnt wurde, und weil es hier schön passt: ein Hauptverdächtiger in diesem Zusammenhang ist Rotenon, ein Insektizid. Anders als bei vielen anderen synthetischen Pestiziden gibt es hier eine ganze Reihe tierexperimenteller Daten, die den Verdacht erhärten, und die Substanz wird mittlerweile in der Pharmaindustrie zur Provokation von Parkinson in einigen Tiermodellen verwendet. Außerdem ist Rotenon extrem toxisch für Fische und hochgradig gewässergefährdend.

Was jetzt vermutlich einige Leute bis ins Mark erschüttern wird: Rotenon ist ein Naturstoff, und durch die EU-Verordnung 889/2008 für die Verwendung als Insektizid im Öko-Landbau zugelassen :o :shock:

Es gibt im Ökolandbau also durchaus noch ein paar andere Dinge als Kupfer, über die man bei Bedarf diskutieren könnte.

Gruß
Ulli
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 14:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 20:46

Hallo Gerald,

Ich schätze die Weine werden weniger mineralisch, dafür aber etwas metallischer schmecken :D

Was Insektizide angeht, werden im deutschen Weibau seit langer, langer Zeit pheromonfallen eingesetzt. Dh Null Insektizide. Ãœbrigens eine Entwicklung aus dem konventionellen bereich :shock:

Gruß!
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline
Benutzeravatar

VillaGemma

  • Beiträge: 861
  • Bilder: 19
  • Registriert: Do 17. Nov 2011, 14:28
  • Wohnort: Berlin
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragMo 22. Jul 2013, 21:47

C9dP hat geschrieben:Es ist leider so, dass viele Konsumenten mitlerweile ein Masthähnchen einem Biohähnchen bevorzugen, weil das Fleisch zarter (=wässriger) ist. Traurig aber wahr.


Oder Kindern, denen der "Erdbeerjoghurt" ausm Chemiebaukasten / Schimmelpilz besser schmeckt als echter Joghurt mit Erdbeeren. Ich glaube, im Rahmen von Quarks+Co hatte eine Familie letztes Jahr an einem "Versuch" teilgenommen, einen Monat auf alle Fertigprodukte zu verzichten...oder auf alles in Plastik. Eine Familie mit 2 Kindern. Und siehe da, am Ende der Zeit hat den Kindern der echte Joghurt besser geschmeckt.

Ich hatte mein Highlight mal in einem Kochkurs. Da meinte eine nicht gerade untraktive junge Frau zu mir: Sie kauft keinen Bio-Salat, weil da so viele Viecher drin sind. Dann lieber gespritzt...joch, keine weiteren Fragen :lol: ..da wusste ich nicht, was ich höflich drauf antworten sollte und besann mich auf mein Essen.

Eins noch: Für mich hat BIO nix mit "Glauben" zu tun. Sondern mit Geschmack, Verantwortung, einer gesunden Portion Skepsis/Misstrauen gegenüber der Chemie/dem Menschen, Moral und Ethik (Thema Tiere)...und einer Vorliebe für gutes Essen + Wein. Beim Wein musste ich allerdings lernen, dass man im Leben doch Kompromisse machen muss ;) . Denn ein BIO-Zertifikat haben die wenigsten Flaschen bei mir, auch wenn viele C9dP aktuell umsatteln oder umgesattelt haben (Cristia, CdC, viele Weine von Tardieu und viele mehr).
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
VorherigeNächste

Zurück zu Tendenzen im Weinbau

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 32 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen