Hallo Björn,
Prinzipiell ist Akazie natürlich eine gute Wahl. Was mich wundert, ist, dass Du 200 Stickel für solch einen niedrigen Preis bekommen kannst. Höchstwahrscheinlich sind das dann sehr junge Bäume (in Tschechien und Ungarn gibt es da regelrechte Plantagen!), die sehr schnell gewachsen sind und einen sehr hohen Splintholzanteil haben. Dieses Holz ist dann nicht sehr dauerhaft bei Bodenkontakt. Aber unabhängig davon kann ich Dir nur raten, bei organischer Bewirtschaftung auf Einzelpfahlerziehung zu verzichten! Du musst wirklich alles tun, um durch kulturtechnische Arbeiten wie bspw. Laubarbeit, Bodenbewirtschaftung etc. den Pilzdruck zusätzlich zu den Spritz-/Sprühmaßnahmen zu reduzieren bzw. in den Griff zu bekommen. Einzelpfahlerziehung ist da einfach nur hinderlich! Der Boden, wie er da auf dem Bild zu sehen ist, ist dafür darüberhinaus noch gar nicht geeignet. Normalerweise müsstest Du als erstes damit anfangen, den umzustellen. Der hat dann später auszusehen wie hier auf dem Titelbild:
https://www.amazon.de/Biologischer-Wein ... way&sr=8-2
Das ist übrigens das erste Buch, das ich Dir empfehlen kann. Trotz allem: Du wirst auch bei biologischer Bewirtschaftung nicht um Pflanzenschutz herumkommen. Und wenn Du keinen Sachkundenachweis hast, dann darfst Du außer Pflanzenstärkungsmitteln wie bspw. Schachtelhalmtextrakt rein gar nichts spritzen/sprühen. Du bist dann also zwingend darauf angewiesen, dass Dir ein Sachkundiger diese Arbeit abnimmt. Die Profiwinzer jedoch werden kaum mit Rückenmotorgerät durch Deine Reihen laufen, um das für Dich zu tun. Mit einem Traktor kommen sie dann ja nicht durch, wenn Du die Breite zu gering wählst. Gerade bei biologischer Bewirtschaftung kann das in kritischen Jahren bis zu 16 bis 18 Durchgängen ausarten. Auf jeden Fall deutlich mehr als mit konventionellem (integrierten) Pflanzenschutzmaßnahmen. Darüberhinaus muss jede einzelne Maßnahme fein säuberlich dokumentiert werden. Natürlich auch hier: wo kein Kläger, da kein Richter. Aber wehe, es kommt zu einer Betriebsprüfung oder einer schwärzt Dich an. Selbst wenn Du bspw. nur Kaliumhydrogencarbonat gespritzt hast, was prinzipiell völlig harmlos ist, dann hast Du ein Riesenproblem, da a) kein Sachkundenachweis (SKN) und b) kein zugelassenes Pflanzenschutzmittel. Ein Mittel wie Kumar besteht zwar auch bezüglich des Wirkstoffs (neben Formulierungshilfsstoffen) aus KHCO³, hat jedoch eine Zulassung. Ohne SKN kommst Du da aber gar nicht dran. Ein anderer Winzer wiederum darf Dir dann auch nichts geben, da Du keinen SKN hast, sonst macht er sich selbst strafbar. Der kann dann nur die Aufgabe für Dich übernehmen. Du schreibst zwar, dass Dir ein Totalverlust egal sei. Aber glaube mir, wenn Du soviel Arbeit initial hineinsteckst und nachher auch noch den jährlichen Aufwand, dann wird Dir das nicht egal sein. Erst recht nicht dann, wenn Dir das Jahr für Jahr passiert. Schau zu, dass Dir ein Winzer diese Arbeit erledigt. Und kläre das bitte umgehend!
Bedenke auch, dass es zuerst einmal darum geht, die Jungreben groß zu bekommen. Ohne Pflanzenschutzmaßnahmen (PSM) werden die kleinen Dinger mit ziemlich hoher Sicherheit Peronospora und eventuell auch Oidium bekommen. Darüberhinaus müssen die Jungreben auch deutlich länger als die Ertragsreben gespritzt werden, oftmals bis Ende September oder auch in den Oktober hinein. Das ist schon wieder was, was den Profiwinzern nicht so wirklich liegt. Es sei denn, sie haben selbst Jungreben. Denn nur für Dich werden sie kaum extra Spritzbrühe ansetzen und ausbringen. Wird der Pflanzenschutz unterlassen, dann wird die Ausfallrate sehr hoch sein. Sprich: Du kannst im Folgejahr wieder neue Setzlinge einbuddeln. Oder der Aufwuchs geht nur schleppend voran, die Reben werden dann immer kränklich sein. Es ist halt nicht jedes Jahr so einfach wie 2018. Probiere Deine Vorstellungen erst in ein paar Jahren. Dann haben die Reben ein gewisses Alter und entsprechende Widerstandskraft und vertragen auch einmal einen heftigen Totalrasen aus Peronospora deutlich besser. Und davor kannst Du Dich um entsprechenden Boden kümmern, der Dir Leben in die Bude bringt. Die Wiese, wie auf dem Bild zu sehen, ist da noch Meilen von entfernt.
Und nochmals zum Einzelpfahlsystem: hör' auf mich und lass' das sein! Du wirst bei biologischer Bewirtschaftung viel mehr Probleme damit haben als bei konventionellen PSM. Die Laubwand ist viel dichter, Pflanzenschutzmittel lagern sich nicht überall an. Das Mikroklima weist deutlich höhere Luftfeuchtigkeitswerte auf, was jeden Pilz, egal ob Peronospora oder Oidium oder Botrytis als Hauptvertreter, vor Freude zum Hüpfen bringt, Abtrockung erfolgt viel langsamer. Und, was auch noch zu beachten ist, Dir wird der Rücken weh tun beim Binden! Die Parzelle scheint nur sehr wenig Neigung zu haben. Die Einzelpfahlerziehung findet man eigentlich nur in Steillagen. Da steht man dann unterhalb des Rebstocks und kann aufgrund der Steigung noch einigermaßen komfortabel arbeiten. In der Ebene darfst Du Dich dann bücken. Binden in einer Drahtrahmenanlage geht um Welten einfacher und schneller. Auch wenn es ein Hobby ist, versuche Dir die Sache einfach zu machen. Einzelpfahl ist nicht mehr zeitgemäß. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe selbst noch so eine Parzelle in Steillage mit 60% Gefälle.
Das Thema hat sehr viele Facetten. Ich will hier auch keine Vorlesung halten (vom Ausbau des Weins dann ganz zu schweigen). Wenn Dir mehr daran gelegen ist, dann kannst Du gerne auch mal bei mir vorbeikommen. Nach Bockenheim sind's von hier ca. 120 km.
Nun aber noch ein paar Literaturtipps. Leider gibt es gar nicht allzu viel dazu, zumindest nicht im deutschsprachigen Raum. Die Kundschaft ist einfach viel zu dünn gesät mit den paar tausend Winzern hier im Land. Darüberhinaus machen viele davon alles nur nach Schema F und lesen sowas erst gar nicht. Empfehlen kann ich Dir auf jeden Fall folgende Bücher (neben dem oben bereits erwähnten vorzüglichen Buch von Uwe Hoffmann). Die sind alle in meinem Fundus, so dass ich den Inhalt und die Tauglichkeit gut kenne.
1. Quasi als "Allround"-Buch:
https://www.amazon.de/Weinbau-Karl-Baue ... 5NT0JE94P6
2. Rebschnitt und Erziehung:
https://www.amazon.de/Rebschnitt-Weintr ... KT369S1HVT
3. Laubwandmanagement (TOP !!):
https://www.amazon.de/Laubarbeiten-Wein ... way&sr=8-9
Und als schneller Überblick über verschiedene Erziehungssysteme:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reberziehung
Du wirst sehen, wenn Du bspw. das Laubwandmanagement-Buch von Dr. Edgar Müller gelesen hast, dass Du durch Deine Rebmaterialwahl Dich schon auf einiges festgelegt hast. Und nun noch als Kontrolle, ob Du wirklich bis hierhin gelesen hast
: welche Unterlage hast Du eigentlich gewählt?
Viele Grüße
Markus