Mi 11. Sep 2013, 09:54
Danke für den Link. Sehr interessant, vor allem die Diskussion unter dem Blogbeitrag.
Für mich bringt es Felix B. auf den Punkt, wenn er schreibt:
Schnutentunker hat geschrieben:...wenn ich meine aus dem Gedächtnis und dem Internet zusammengekratzten Informationen richtig interpretiere, wäre es ein Wunder, wenn Du aus allen Pechstein-Weinen die gleiche Typizität erschmeckst. Die Lage ist 17 ha groß, der namensgebende Basaltgraben aber nur 11 (und wohl nicht vollständig von Reben bedeckt). Neben Basalt gibt es noch Buntsandstein und Lehm. Manche Quellen schreiben von der Filigranität der Weine, andere von der Kraft, einige von den tiefen Wurzeln wegen Wassermangels (Basalt), andere von der guten Wasserversorgung und -speicherfähigkeit (Lehm) – interessanterweise reicht aber beides als Begründung für die große Mineralität der Weine! Die Wahrheit ist IMHO: Das sind mindestens drei Lagen, je nachdem wo Du Deine Reben hinstellst. Und dann schau Dir mal so Riesenlagen wie das Piesporter Goldtröpchen an, die Parzellen unten (am Wasser) und oben (am Wald) sind dermaßen unterschiedlich, dass man das nicht mal mit Wohlwollen als einheitliches Terroir bezeichnen kann.
Nach meinem Verständnis richtet sich die Lagenklassifikation und das Klassifikationssystem des VDP am Burgund aus. Das dortige System der Generique (VDP Gutswein), Village (VDP Ortswein), 1er Cru (VDP Erste Lage) und Grand Cru (VDP Große Lage) Weine basiert aber auf einer ganz anderen geologischen Grundlage als dies die deutschen Lagen hergeben. Im Burgund ist die Klassifikation vergleichsweise einfach: der Boden ist Kalkboden und zwar so gut wie durchgängig von Marsannay bis Santenay. Es gibt zwei Trauben, die die Klassifikation nutzen dürfen: Pinot Noir und Chardonnay (+ Aligoté im Morey St. Denis 1er Cru Monts Luisants). Auf dieser Basis ist eine Unterscheidbarkeit der einzelnen Lagen *vergleichsweise* einfach herzustellen. Man sieht das ja auch schon an der Anordnung der Grand Crus. Die ziehen sich fast wie eine Linie die gesamte Côte de Nuits entlang, und zwar (mit Ausnahmen, siehe Gevrey Chambertin) auf dem Hangmittelstück, d.h. nicht auf den Flachstücken und nicht an der Waldgrenze. In Nuits St. Georges, wo es keine Grand Crus gibt, zeigt sich das gleiche Bild mit den Premier Crus. An der Côte de Beaune ist das Bild nicht mehr ganz so eindeutig.
Eine solche Einheitlichkeit herrscht in Deutschland für Riesling weder über die Weinanbaugebiete hinweg noch innerhalb der Weinanbaugebiete über die dort befindlichen Lagen hinweg. Wie Felix richtig ausführt, zeigt sich auch innerhalb zahlreicher Lagen kein homogenes Bild. Als große Ausnahme könnte man höchstens Mosel, Saar und Ruwer anführen. Dort herrscht mit Ausnahme der Obermosel und einigen ausgewählten Lagen der Schiefer in verschiedenen Ausprägungen vor. Es fällt mir übrigens auf (das kann aber ein falscher Eindruck sein), dass - wenn von Lagenerkennbarkeit in Deutschland die Rede ist - einzelne Lagen an Mosel, Saar und Ruwer besonders oft als Beispiele angeführt werden.
Wie sollen z.B. aus dem fast 150 ha großen Westhofener Morstein homogen nach der Lage schmeckende Weine erzeugt werden, selbst wenn der Boden dort halbwegs homogen ist (Kalk)? Wie soll sich eine über 10 oder mehr Erzeuger hinweg erkennbare Lagenausprägung entwickeln, wenn es Weine aus 10 verschiedenen Rebsorten aus der Lage gibt?
Ich will nicht behaupten, dass in Deutschland außerhalb von Mosel, Saar und Ruwer Lagencharakteristika nicht möglich sind, vorkommen und blind erkannt werden können. Aber - wenn es überhaupt gewollt ist - wird die Ausprägung bestimmter Charakteristika m.E. erstens noch mehrere Jahrzehnte dauern und weit mehr auf hohe Qualität setzende Betriebe erfordern als derzeit vorhanden, und zweitens nie das Level erreichen, die der Lagenunterscheidbarkeit im Burgund nahekommt. Wenn letzteres angestrebt wird, halte ich das für ein Wunschdenken.