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Wachskapseln

Von Korken, Kapseln, Kellermessern
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Neuppy

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Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 11:16

Hallo,
bis dato hatte ich mir keinerlei Gedanken über Wachskapseln gemacht und diese nicht als besonders geeignete Verschlussform angesehen.
Vor kurzem hatte ich aber in Clive Coates Wines of Burgundy gelesen, daß vielen Burgunder vor 2005 (vor allem Weiße) das Problem einer verfrühten Oxidation aufgewiesen hätten. Einzig bei den Weinen von Raveneau sei dies nicht der Fall gewesen.
Coates vermutete hier, daß eben die Wachskapsel den Wein vor Oxidation schützen würde, da diese ja absolut luftundurchlässig sei.
Dies machte auf mich einen sehr logischen Eindruck, kann dieses aber selbst noch nicht verifizieren, da ich bisher nur eher junge Weine mit Wachskapseln getrunken habe (Pavillo 2006, Benoit Ente 2009).
Habt Ihr Erfahrungen mit älteren Weinen (so 10 - 15 Jahre +), die mit Wachskapseln verschlossen waren. Ich wollte das jetzt mal etwas "wissenschaftlicher" im Selbstversuch angehen, da ist ein Meinunsaustausch natürlich nicht schlecht.
Grüße
Peter
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Gerald

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Re: Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 11:22

Hallo Peter,

eigene Erfahrungen habe ich damit nicht, aber allgemein halte ich es doch für recht unwahrscheinlich, dass Wachs hier einen nennenswerten Einfluss hat. Erstens da bestimmt Gas durchdiffundieren kann (konkrete Zahlen habe ich auf die Schnelle nicht gefunden) und zweitens wegen mikroskopischer Risse, die wohl unvermeidbar sind.

Und drittens: wenn man so einfach Weine vor Oxidation schützen könnte, würde es bestimmt jedes Weingut machen ...

Grüße,
Gerald
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BuschWein

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Re: Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 18:20

Also die Flasche zusätzlich zum Korken noch mit Wachs zu versiegeln, ist eine durchaus gebräuchliche Methode (zumindest gewesen). Ich kenne sogar den einen oder anderen Weinfreund, der dies mit seinen Weinen im Keller macht, wenn er diese besonders lange aufheben will.

Für Weingüter ist das ganze aber eher weniger sinnvoll, da der Aufwand doch recht groß ist und dazu der Nachteil kommt, dass man das Wachs oft sehr schlecht wieder abgelöst bekommt, das führt dann meist zu einer echten Sauerei beim Lösen. Mancher versucht es dann mit der Gewaltmethode, also Korkenzieher durch das Wachs und in den Korken und dann den Korken raus ohne vorher mühevoll das Wachs erst zu entfernen, nicht selten führt das dazu, dass der Korken abbricht oder dass kleine Wachsstückchen im Wein landen.

Also im Prinzip eine gute Sache, aber das Handling ist oft schwierig.
Armin
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Markus Vahlefeld

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Re: Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 18:27

BuschWein hat geschrieben:Also im Prinzip eine gute Sache, aber das Handling ist oft schwierig.

Ist es wirklich eine gute Sache oder eher so Wein-Folklore, die herrlich retro und authentisch anmutet?
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BuschWein

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Re: Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 18:38

Markus

Wie gesagt ich kenne ein paar Menschen, die das mit ihren besten Flaschen machen, wenn sie diese länger aufheben wollen und die scheinen gute Erfahrungen damit gemacht zu haben. Ich persönlich habe das noch nie gemacht und habe es auch nicht vor. Ich besitze aber auch nicht so viele Flaschen, die unbedingt 20 und mehr Jhare alt werden müssen, sollen ;) .

Ich kann mir schon vorstellen, dass Siegelwachs über dem Korken, die Unterschiede beim Korken nivellieren kann. Das Problem der Rinde sind ja nicht die 100% guten Korken, sondern die mit Einschlüssen und kleinen Kanälen, bei denen Luft in die Flasche kommt. So etwas sollte mit Siegelwachs zu verhindern sein.
Armin
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UlliB

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Re: Wachskapseln

BeitragMi 17. Jul 2013, 20:45

Neuppy hat geschrieben:Vor kurzem hatte ich aber in Clive Coates Wines of Burgundy gelesen, daß vielen Burgunder vor 2005 (vor allem Weiße) das Problem einer verfrühten Oxidation aufgewiesen hätten.


Das leidige PremOx-Problem besteht bei weißen Burgundern auch weiterhin, und undichte Korken sind nur eine mögliche Ursache - und aus meiner Sicht nicht gerade die plausibelste, auch wenn Clive Coates ein Anhänger dieser Theorie ist. Denn während ein paar Winzer offensichtlich nie von diesem Problem betroffen waren (nicht nur Raveneau, sondern soweit ich weiß z.B. auch Coche-Dury und die Domaine Leflaive [die meines Wissens nach kein Wachs benutzt]), hat es andere ziemlich regelmäßig erwischt, und es wäre schon ein Wunder, wenn die einen nur die guten Korken und die anderen die schlechten bekommen. Außerdem ist das Phänomen außerhalb von Burgund so gut wie unbekannt, auch bei Chardonnay.

Mittlerweile vermuten die meisten Experten die Ursache in Veränderungen der Vinifikation in den letzten 25 Jahren. Genannt werden unter anderem gegenüber früher deutlich reduzierte Schwefelgehalte der Weine bei der Abfüllung, verlängerte Maischestandzeiten vor dem Abpressen, erhöhte Neuholzanteile beim Ausbau, veränderte Holzqualitäten, forcierte batonnage, und noch ein paar Dinge mehr, die mir jetzt gerade nicht einfallen. Klarheit herrscht aber immer noch nicht; das Problem ist wohl nicht monokausal verursacht und deshalb schwer zu greifen. Wie gesagt; die Korken alleine sind's wohl nicht.

Gegen ein Versiegeln mit Wachs oder Siegellack spricht aus meiner Sicht dennoch nichts; schaden tut es der Lagerfähigkeit sicherlich nicht, und bei einem nicht ganz dichten Korken sollte schon ein gewisser Nutzwert da sein. Es bleibt lediglich die von Armin schon erwähnte Sauerei beim Öffnen der Flasche; bei Siegellack meiner Erfahrung nach noch viel mehr als bei Wachs.

Gruß
Ulli
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klha

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Re: Wachskapseln

BeitragDo 18. Jul 2013, 18:46

Hallo Forum

Gerade bei den edelsüssen Weinen findet man den Wachsverschluss immer wieder, z.B. bei Pfeffingen (zumindest in 2007, 2008; dort befindet sich das Wachs erfreulicherweise nur über dem Korken und nicht auch um den Flaschenhals), auch bei Grossformaten sehe ich es häufiger. Wenn man die Winzer darauf anspricht, dann wird meist im Sinne einer längeren Haltbarkeit aufgrund einer geringeren bzw. keiner Luftdurchlässigkeit argumentiert. Ob etwas daran ist, kann ich noch nicht bestätigen. So oder so, wie das Grossformat scheint auch die Versiegelung zum besonderen Anlass zu passen.
Allerdings habe ich selbst einmal wegen des Verdachts auf Korkfliegen/-motten im Keller alle Flaschen mit einem Wachs versiegelt - eine wirksame Methode, um dem Befall vorzubeugen. Metall- und Plastikkapseln haben ja oft eingestanzte Löcher, bieten hier also keinen Schutz. Die Sorge war jedoch zum Glück unbegründet.

Ein paar Anmerkungen zu Wachsversiegelung:
1) Handling: Das Handling des Wachses ist nicht so einfach. Beim Versiegeln der Flasche muss das Wachs die richtige Temperatur haben, man muss die richte Dicke für die Wachsschicht finden, zudem gibt es mitunter Lufteinschlüsse im Wachs, die aufbrechen können, und dann war es umsonst; die Wachskapsel ist dann durchlässig. Auch Mikrorisse, wie von Gerald beschrieben, treten auf, insbesondere bei harten Wachsen, die Siegellack ähneln. Sie sind insbesonder in kühler/kalter Umgebung sehr stossanfällig und nehmen entsprechend Schaden, wenn die Flaschen hin und her geräumt werden, z.B. beim Befüllen der Regale. Die Belästigung beginnt also nicht erst beim Öffnen der Flaschen, wie zurecht von BuschWein beschrieben. Denn auch dort splittern oft Stücke ab, zudem haften Reste am Flaschenrand und gelangen allzuschnell in den Wein bzw. der Wein fliesst darüber. Es ist zu befürchten, dass der Wein den unerwünschten, chemischen Geschmack annimmt.
2) Das Wachs wird ein ständiger Begleiter. Hunde- und Katzenbesitzer können das sicherja gut nachvollziehen, denn die Tierhaare finden sich auch bald überall. Zumindest wenn man alle Flaschen versiegelt, verhält es sich auch so mit Wachsresten. Sie sind im Keller, im Klimaschrank, im Kühlschrank, im Auto, in der Tasche, bei engen Freunden, im Büro. Tritt man darauf, gibt es unschöne und hartnäckige Flecken.
3) Wenn alle Flaschen mit einer roten Wachskappe versiegelt sind, verliert man schnell die Orientierung im Weinkeller. Ein schneller Zugriff aufgrund der Kapselfarbe und -gestaltung ist nicht mehr möglich. Insbesondere bei enger Lagerung wie in Weinklimaschränken ist das für mich ein Nachteil, die Suchkosten bzw. die Zeit im Keller nehmen zu, die Geduld dabei ab.
4) Versiegelte Weinflaschen wirken wertiger, zumindest bei Weinlaien werden so auch Gutsrieslinge zu Schätzen (siehe auch den Einwand von Markus). Wenn es sich um die eigenen Weine handelt, kommt es selbstverständlich nicht zu dieser Täuschung.

Das Wachs hatte ich in einem Geschäft für Braubedarf besorgt, wo es zur Versiegelung empfohlen wurde. Sicher gibt es auch weichere Wachse, die weniger Nachteile haben und einfacher zu handhaben sind. In der Zwischenzeit habe ich davon Abstand genommen und versiegele keine Weine mehr. Bei den mir wichtigen Weinen habe ich bereits eine ausreichend lange Vorfreude - länger müssen sie nicht reifen.

Alles Gute
Klaus

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