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“Die Inflation der Kritiker”…

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Gerald

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“Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 08:10

Auf Dirk Würtz' Blog gibt es einen spannenden Beitrag zu einem Artikel des Weinkritikers Gian Luca Mazzella im "Feinschmecker". Mazzella meint offenbar, dass mit den Möglichkeiten des Web 2.0 sehr viele Menschen Weinkritiken veröffentlichen, die davon - salopp gesagt - nichts verstehen. Damit soll die "Qualität" im Weinjournalismus verloren gehen.

http://wuertz-wein.de/wordpress/2011/05 ... -kritiker/

Nun, damit könnten wir uns alle eigentlich angesprochen fühlen, die wir hier, in der VKN-Datenbank oder auch in Weinblogs etc. unsere Verkostungsnotizen bzw. Eindrücke schreiben. Vielleicht noch weniger im Forum selbst als in Weinblogs, die auf den mit der Weinszene nicht vertrauten Leser oft den Eindruck erwecken, dass es sich um eine professionelle Produktion handelt und nicht ein Freizeitvergnügen privater Weinfreunde.

Die Aussage von Mazzella ist mir natürlich verständlich als Klage eines professionellen Weinschreibers, dem durch die "Demokratisierung" im Web immer mehr Einfluss und bestimmt auch Einnahmen verloren gehen. Andererseits halte ich eine solche Aussage für hochnäsig und vor allem inhaltlich absurd, da ja auch die meisten professionellen Weinschreiber keinerlei Qualifikationsnachweis für ihre degustatorische Tätigkeit aufweisen können. Wir alle haben schon Statements von Weinautoren in der Art wie "wer den Wein anders als ich sieht, hat eben keine Ahnung davon" gelesen ;) ...

Eine Weinverkostung und Beurteilung ist letztendlich auch nur ein Messverfahren, das eben nicht mit technischen Hilfsmitteln ausgeführt wird, sondern mit dem menschlichen Gaumen bzw. der Nase. In Prüflaboratorien gibt es seit längerem Akkreditierungsverfahren, ohne deren erfolgreichen Nachweis man kaum mehr Aufträge bekommt. Da geht es neben der Qualitätssicherung selbst (Verantwortlichkeiten, lückenlose und nachvollziehbare Aufzeichnung etc.) vor allem um den Nachweis, dass man korrekte und zuverlässige Messungen durchführen kann.

Bei Wein gibt es so etwas nicht, zumindest nicht in einer Art institutionalisierter Form, mit dem jeder Weinverkoster quasi seine Qualifikation nachweisen kann. Dabei müsste man meiner Meinung nach zwei unterschiedliche Faktoren heranziehen: einerseits die sensorischen Fähigkeiten an sich (also z.B. dass man bestimmte Weine in unterschiedlichen Verkostungsanordnungen wiedererkennt), andererseits die Korrelation mit anderen Verkostern, die die Sensorik-Hürde geschafft haben.

Und solange es so etwas nicht gibt, finde ich eine solche herablassende Art eines Profis gegenüber engagierten Amateuren für völlig realitätsfern ...

Grüße,
Gerald
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Bernd Schulz

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 08:31

Eine Weinverkostung und Beurteilung ist letztendlich auch nur ein Messverfahren, das eben nicht mit technischen Hilfsmitteln ausgeführt wird, sondern mit dem menschlichen Gaumen.


In meinen Augen ist das Verkosten und Beurteilen von Weinen etwas, was über ein reines "Messverfahren" deutlich hinausgeht; es ist - um es etwas hochtrabend auszudrücken - ein "ästhetischer Prozess", in welchem die unterschiedlichsten Kriterien, mittels derer *Qualität* am Ende festgemacht wird, eine Rolle spielen können. Und damit fällt die Möglichkeit, eine wie auch immer geartete Qualifikation nachzuweisen, erst recht weg.

Dazu kommt noch, dass sich etliche professionelle Weinschreiber auf allen möglichen Gebieten weltweit tummeln (müssen), heute "en primeur" im Bordeaux, morgen im Burgenland und übermorgen in Südafrika. Das führt bei einer großen Weite des Horizonts notwendigerweise zu Erfahrungslücken im Detail. Als Amateur habe ich dagegen die Möglichkeit, mich zu spezialisieren, mich tief in einzelne Anbaugebiete hineinzubohren. Eebenso konkret wie selbstbewusst-dreist :mrgreen: gesagt: Im Hinblick auf die Mosel fühle ich mich inzwischen so manchem Profi kaum unterlegen; eventuell verfüge ich da sogar über deutlich reichere Erfahrungen als Herr Mazzella (nein, wohl doch nicht - wie ich gerade sehe, ist der Mann auf deutsche Weine spezialisiert). Und wenn ich diese Erfahrung mit entsprechender Ignoranz im Hinblick auf das Piemont und das Mc Laren Vale bezahle, nimmt das meinen Moselnotizen ja nichts an Fundiertheit.

Beste Grüße

Bernd
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pivu

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 09:28

Hi tehre,

selbstverständlich gibt es Dilettanten, die gibt's aber auch bei den "Profis", gerade von der selbst erlebten "Weinkompetenz" des Feinschmecker könnte ich da die eine oder andere Geschichte erzählen ... Wenn die Winzer Blogs & Co ähnlich ignorieren würden, wie der Feinschmecker es tut, wird's mit deren Verkaufszahlen ähnlich abwärts gehen wie dies beim Feinschmecker passiert. Selbst der bis vor kurzen Web-inaffine Stuart Pigott eröffnet demnächst sein eigenes Forum und sucht die Interaktion. Zur Abgrenzung Print und Web, den jeweiligen USP's ist genügend geschrieben worden, u.a. auch von mir: Print vs Web. Je mehr über Wein berichtet wird, egal von wem, desto populärer wird Wein, und das kommt dann auch den Profis zugute. In Ö haben beispielsweise die dort weiterhin existenten Fachmedien vom allgegenwärtigen Boom in den Tagesmedien profitiert. Und das Echo der Fachwelt auf die letzten Herbst stattgefundene EWBC (European Wine Blogger's Conference) war auch ausgesprochen positiv.

Zu verurteilen ist freilich, wenn sich manch Schwarzes Schaf als selbsternannter Robert Parker gebärdet UND entsprechende "Zuschüsse" erwartet. Ansonsten gilt für mich, dass jede Meinungsäußerung über Wein willkommen ist. Ich selbst wurde im Rahmen meiner (bezahlten) Nebentätigkeit als Weinkritiker auch immer mal wieder "hofiert", behaupte aber, das bei der finalen Bewertung auszublenden. Diverse Nachverkostungen von Dritten bestätigten dies. Genauso wie ich selbst im Rahmen meiner Haupttätigkeit den einen oder anderen Kunden "hofiere", ohne ethische Grundsätze zu verletzen. Dies verbieten schon unternehmensinterne und darüber hinaus gehende Regelungen. Diese sollte es für Blogger und Forumianer genauso geben, Julia Sevenich hat in ihrem Blog ihre Standards definiert, die durchaus für jederman gültig sein könnten: my policy on “freebies”.

Ciao
Peter
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Weinzelmännchen

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 09:38

Hallo Gerald,
hallo Bernd!

Ich muss euch beiden Recht geben. Ein gewisses Grundwissen der Sensorik ist sicher standardisier- und somit messbar (zB ist der Wein süß, wie ist die Farbe, die Brillianz etc). Dann wird es aber schon subtiler. Hier enden dann wahrscheinlich die Standardisierungsbemühungen.

Eine Idee wäre, dass sich akkreditierte Verkoster periodisch einem Test unterziehen müssen, wo Ihnen einige sehr sortentypische Weine zum Erkennen hingestellt werden und sie darüber hinaus auch Weinfehler zu erkennen haben. Derartiges wird meiner Information nach an Weinbauschulen durchaus gemacht. Ob sich ein Weinjournalist dem unterziehen will, wage ich zu bezweifeln. Außerdem müßte es eine Organisation geben, die solche Monitorings veranstaltet, überwacht und gegen Mißbrauch einschreitet.

Den ästhetischen Aspekt darf man aber nicht gering schätzen. Die Kunst einen Wein so zu beschreiben, dass ein Nicht-Anwesender das Gefühl hat, selbst den Wein im Glas zu haben, ist sicher nicht allen gegeben, die über ausreichende Sensorik-Kenntnisse verfügen. Hier trennt sich dann die Spreu vom Weizen.
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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Charlie

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 09:42

Hallo,
die Akkreditierung eines Weinkritikers oder auch nur Verkosters ist eine diskussionswürdige Frage. Es gibt tatsächlich Bemühungen in diese Richtung. Jede Sommelierausbildung oder andere Weinlastige Ausbildung beinhaltet Sensorik, Beurteilung etc. die auch geprüft werden. Wenn bestanden gibt es eine Urkunde. Ich weiss auch von einer Art test-the-taster Veranstaltung bei der man Konsistenz abprüft (gleiche Weine zweimal blind im Abstand von einem Tag).
Man könnte von Fackprobierern erwarten, dass sie ihre Abschlüsse, Noten, Tests auch öffentlich machen. Mir wäre das egal.

Da ich sehr viele VKNs öffentlich gemacht habe (die meisten sogar mit Punkten), wurde ich mit der Frage oft konfrontiert, wie ich das rechtfertigen kann. Denn schliesslich kann so eine VKN dem Winzer schaden und den Leser falsch beraten. Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto eher würde meine Antwort heissen: weil ich Lust dazu habe. Wenn die Fachprobierer sich eingekreist fühlen, müssen sie selbst schauen, wie sie sich von uns Amateuren differenzieren. Dann sollen sie eben sichtbar machen, dass ihr Urteil mehr wert ist als meins (wovon ich im Allgemeinen überzeugt bin, schliesslich bin ich ein sehr erfahrener Hobbyverkoster :lol: , aber offensichtlich haben sie selbst Angst, dass ihre Leser verwirrt werden).

Übrigens würde ich das Wort Demokratie hier nicht bemühen. Ich würde es nicht demokratisch finden, wenn etwa jeder der Lust darauf hat, meinen Gehirntumor entfernen darf. Ich bin auch kein Relativist in dem Sinn, dass jede Meinung grundsätzlich gleich viel wert ist.

Mazzella schimpft in seinem Artikel übrigens eher über die Schnorrer und Angeber unter den Amateuren, als über die Amateure im Allgemeinen. Und in Italien ist das von ihm beschriebene Phänomen noch viel schlimmer. Er selbst ist in meinen Augen einer der begabtesten Weinkritiker die ich kenne.
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innauen

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 10:22

Hallo,

klingt in meinen Ohren wie die frühe Kritik des Brockhaus an Wikipedia. Über das Vertrauen entscheiden am Ende doch die Verbraucher, vulgo der Markt. Eine Kritik von Parker/Gabriel/Robinson hat natürlich mehr Gewicht als eine einzelne Stimme in http://www.verkostungsnotizen.net oder bei CellarTracker. Auch in einer Demokratie sind nicht alle Menschen und alle Kritiker gleich. Sie haben aber die gleichen Chancen. Insofern vertraue ich der Intelligenz der Masse.

Weinkritiker ist kein reglementierter Beruf wie Arzt, Rechtsanwalt oder Architekt. Insofern überzeugt mich Dein Vergleich nicht, Charlie. Der Aussage kann ich nur in so sensiblen Bereichen wie der Lebensmittelhygiene zustimmen.

Was Dirk Würtz anbelangt, so kann ich seinen Groll schon nachvollziehen. Wer einmal bei einer größeren Probe anwesend war und den Haufen alkoholfokussierter selbstverliebter Kunden erlebt hat, will sich anschließend von diesen Menschen nicht auch noch bewerten lassen müssen. Aber wie soll denn bitteschön zwischen ehrlichen, bescheidenen Bloggern und dem Popanz unterschieden werden (und vielleicht zähle ich aus Sicht mancher Weingüter ja auch dazu, ohne es bemerkt zu haben :oops: :idea: ). Ich denke, die Differenz kann man nicht aufmachen. Übrigens: Professionelle Weinkritiker können sich ihren Lebensunterhalt genauso redlich oder genauso wie die Journalisten gewisser Auto-Magazine verdienen. Professionell bedeutet ja im Wortsinne nur, dass diese Kritiker von den Einnahmen ihrer journalistischen Tätigkeit leben. Makler und Gebrauchtwagenhändler sind eben auch "Pofis". Professionell sagt nichts über Ethik aus.

Der Weg hin zur Meinungsvielfalt bei der Weinkritik ist unumkehrbar. Der Markt entscheidet eben auch hier. Und am Markt gibt es bessere und schlechtere Angebote. Wir müssen selbst entscheiden, wem wir vertrauen.

Grüße,

wolf

P.S. Und ich kaufe meine Weine immer noch selbst ein :!:
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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octopussy

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 10:22

Ich kann hier ehrlich gesagt beide Positionen ganz gut verstehen und finde, dass ein Mittelweg hier wahrscheinlich der Königsweg ist (GÄÄÄÄHN, was für ein langweiliges Statement ;)).

Wie überhaupt für jeden Bereich, über den geschrieben wird, braucht es m.E. professionelle und hauptberufliche Journalisten. Und für deren Arbeit bezahle ich auch gerne, wenn ich die Qualität für gut erachte. So bin ich z.B. zahlender Abonnent von JancisRobinson.com, da ich ihre Arbeit und die Arbeit ihrer Kollegen (z.B. Julia Harding, Michael Schmidt, usw.) sehr gut finde. Dort legt man übrigens einigen Wert auf den Titel "Master of Wine", der zwar u.U. nicht riesig aussagekräftig ist, aber wenigstens ein Mindestmaß an Wissen und Erfahrung wiederspiegelt. Wenn ich z.B. riesiger Burgunder-Fan wäre, würde ich durchaus auch zahlender Abonnent der Burghound-Seite werden.

Blogs und Newsletter (wie z.B. Mosel Fine Wines) mag ich auch zum Teil ganz gerne. Und ich finde man merkt relativ schnell, wer hier Wert auf Qualität legt, z.B. durch eine ansprechende Seitengestaltung, gut formulierte Texte und hochwertige Fotos. Das einzige Problem, das ich mit Blogs habe ist, dass eben anders als bei Bezahl-Publikationen mit einer mehr oder weniger gut funktionierenden Redaktion keine Qualitätskontrolle stattfindet. Aber dieses Problem lässt sich ja einfach lösen, indem man sich entweder die Zeit nimmt und Blogs über einen bestimmten Zeitraum liest, sie vergleicht und sich inhaltlich damit auseinandersetzt, oder es eben lässt. Keiner ist ja gezwungen, Blogs zu lesen.

Ich finde auch, dass jeder, der das möchte, über Wein schreiben können sollte, z.B. hier im Forum oder in der Verkostungsnotizen-Datenbank oder bei Cellartracker oder wo auch immer. Es ist finde ich jedem Leser zuzutrauen, einzuschätzen, auf welches Qualitätsurteil er mehr oder weniger Wert legen möchte. Und dass hier im Forum und in der VKN-Datenbank überwiegend "Amateure" (i.S. des französischen Wortes amateur, das doch erheblich positiver belegt ist als das deutsche Wort Amateur) schreiben, dürfte eigentlich jedem klar sein. Wenn man "gezwungen" wäre, sich erst einen jahrelangen Erfahrungsschatz anzueignen, bevor man ein Wort in der Öffentlichkeit über Wein schreibt, wie sollte man jemals dorthin gelangen, wenn man nicht auch die Vorzüge des Austausches im Internet nutzen könnte?

Was mich allerdings ebenfalls etwas ärgert, ist, wenn Leute sich selbst überschätzen und der Fokus ihres Schreibens mehr auf der Selbstbeweihräucherung und Angeberei zu liegen scheint als in der Information der Leser. Auch das leicht besserwisserische Auseinandernehmen von Urteilen anderer, v.a. professioneller Weinjournalisten goutiere ich im Regelfall nicht besonders. Schließlich ärgert es mich oft, wenn sich die Blog-Schreiber anscheinend mehr mit ihren Kollegen beschäftigen als mit ihren Lesern. Aber auch hier gilt das Prinzip: wenn ich einen Blog nicht mag, soll ich ihn eben nicht lesen.
Beste Grüße, Stephan
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BuschWein

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 11:22

Ich bitte nur zu bedenken, dass es mit dem friedlichen Nebeneinander von Internet-Amateuren und Berufs-Kritikern/-Journalisten ein kleines Problem hat. Derjenige der sich beruflich mit dem Thema Wein beschäftigt muss seine Arbeit verkaufen können, was immer schwerer fällt, wenn die gleiche Arbeit massenweise unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird.

Da kann man nun einwenden, dann muss der "Profi" sich halt abheben, muss einen Mehrwert bieten, dass Menschen bereit wären dafür auch zu bezahlen. Das hört sich immer erst mal logisch an, aber in Deutschland nicht einfach umzusetzen, das Thema Essen und Trinken hat es halt immer noch schwer und man muss ja ehrlich zugeben, es gibt richtig Gute unter den Bloggern oder Forums-Schreibern. Man könnte sich dann vielleicht eher fragen, warum ein guter Verkoster und Schreiber seinen Pelz so billig zu markte trägt?

Vielleicht weil er gar keine Lust hat sich auch beim Hobby noch oder auch um das Thema Geld zu kümmern, das eben manches auch schwieriger macht im Verhältnis von Kritiker zu Erzeuger.

Ein klein wenig kenne ich das Thema ja aus meinem Beruf auch, nicht wenige Weinhändler betreiben ihre Läden ja auch nebenberuflich. Ist ja auch nicht so schwer sich interessante Läden anzuschauen und dann zu versuchen dieselben Weine auch anzubieten, dazu ein paar Urlaubsentdeckungen und schon hat man ein leidliches Programm. Weil man damit nicht unbedingt Geld verdienen MUSS, oft es schon langt wenn man die jährlichen Urlaubsreisen von der Steuer absetzen kann, ist man natürlich in der Lage relativ günstig anzubieten. Fpr den der das ganze hauptberuflich macht schon ein Ärgernis.

Da mag es manchem Journalisten ähnlich gehen!?
Armin
www.gutsweine.com

Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
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Gerald

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 11:46

Hallo,

ich verstehe schon irgendwie den Ansatz von Bernd mit dem "ästhetischen Prozess", nur sind es doch genau die Kritiker, die immer versuchen, ihre Weinbewertungen als objektives Messverfahren darzustellen und nicht als subjektive Meinung. Das schönste Beispiel dafür sind doch die Punktevergaben, die durch die Zahlenwerte die Assoziation mit physikalischen Messgrößen geradezu provozieren. Man könnte ja auch "gut" - "sehr gut" etc. verwenden, die Verwendung einer Zahlenskala zeigt damit ganz klar, was der Verkoster damit ausdrücken möchte.

Und, Bernd, um einen Vergleich aus der Musik heranzuziehen: wer würde schon einen Opernkritiker ernst nehmen, dessen Gehör nicht zulässt, einen richtigen von einem falschen Ton zu unterscheiden oder herauszuhören, ob ein Stück jetzt von einem Streichquartett oder großen Orchester gespielt wird ;) Genau so etwas müsste man bei Weinverkostungen schon überprüfen können (Erkennung von Weinfehlern, Wiedererkennung gleicher Weine in unterschiedlichen Reihenfolgen etc.). Wenn ein Profi dann eine positive Prüfung durch eine anerkannte Stelle nachweisen kann, dann hat er meiner Meinung nach das Recht, über "Amateure" herzuziehen. Ansonsten definitiv nein!

Grüße,
Gerald
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Bernd Schulz

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Re: “Die Inflation der Kritiker”…

BeitragMi 11. Mai 2011, 11:48

Wenn ich es richtig verstanden habe, muss speziell Gian Luca Mazzella gar nicht von seiner Weinschreiberei leben. Er arbeitet so nebenbei auch noch als Hochschulprofessor in einem ganz anderen Fach, oder?

Mazzella schimpft in seinem Artikel übrigens eher über die Schnorrer und Angeber unter den Amateuren


Naja, über die Schnorrer und Angeber unter den Profis ließe sich auch ganz gut schimpfen... :mrgreen:

Beste Grüße

Bernd
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