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Der Tatort im Weinsumpf

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Finkenweine

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragDi 10. Feb 2015, 18:22

Hallo zusammen, ich fand den Tatort ganz unterhaltsam und die unausgesprochene Analogie zum Betrug rund um Hardy Rodenstock´s Jeffersonflaschen nicht abwegig als Krimigedanken. Aber wenn ich mich recht erinnere war Petrus damals noch nicht unter den bekannten Top-Weinen und ich schließe mich an, dass 1832 wohl kein must have war. Entweder wollte man den Anwälten des realen Händlers aus dem Wege gehen oder der Recherchierende war wie hier schon angeführt kein echter Weinfreak. Aber etwas Gesprächsstoff am Sonntagabend über das Thema Wein im ersten ist unter dem Strich etwas Gutes wie ich finde... und Ernst sollte man einen Tatort ja nicht wirklich nehmen. Grippegeschwächt garantiere ich aber nicht für meinen aktuellen Geschmackssinn..
Dr. Lutz Krämer
Falkensee-Finkenkrug
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Winedom

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragMi 11. Feb 2015, 22:32

Super Tatort der sich wirklich viel um Wein gedreht hat. Versteigerung, Verkostung, Fälschung oder nicht, Investment Lagerung. Alles verwoben mit der Geschichte dieser Zeit. Aufbruch in die Demokratie und die dichtende Droste Hülshoff.
Da ich beides sehr interessant finde, Wein und die Zeit (gerade im Badischen) der aufkommenden Demokratie in Deutschland (und auch anderen Ländern) war dieser Tatort für mich ein herrliches Vergnügen.
Zum Glück wurde er mit sehr viel augenzwinkernden Humor erzählt und hat sich selbst nicht zu ernst genommen.
Viele Grüße
Rainer
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slowcook

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragDo 12. Feb 2015, 18:04

Hallo zusammen

Mit der Wahrnehmung eines Films verhält es sich halt schon so wie mit derjenigen eines Weines; manchmal hat man den Eindruck, man habe einen anderen gesehen respektive getrunken als der Nebenmann :roll: .
Was das Vinophile betrifft, will ich gar nicht gross motzen, als Persiflage war der Plot wohl brauchbar. Für noch mehr Authentizität hätten die Macher sich allerdings besser hier im Forum Rat geholt :lol: !

Geärgert habe ich mich aber masslos darüber, wie kasperltheaterhaft die Schweizer Charaktere wieder gezeigt wurden: Eine Auktionatorin vom Typ verstörtes Huhn, die nach 5 Sekunden bereits den Zuschlag erteilt; ein ermittelnder Kommissar im Paris-Dakar-Rallye-Offroader, der sich rambomässig über sämtliche Vorschriften hinwegsetzt; im Gegenzug dazu ein düsterer Schweizer Staatsanwalt im Mafiosostil. Und Oma Blum lächelt resigniert dazu. Fehlte eigentlich nur noch das Krokodil!

So tut es nicht weh, dass der Konstanzer Tatort bald liquidiert wird!

Gruss
Werner
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OsCor

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragDo 12. Feb 2015, 18:20

Es stellt sich also die Frage, was man zu so einem Krimi trinkt. Der eine braucht etwas Beruhigendes, der andere etwas Anregendes ;)
Grundsätzlich hatte ich ähnliche Probleme wie Werner.
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WoFu

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragFr 13. Feb 2015, 11:18

Moin, moin,

so richtig viel mit Realität hat der Tatort sicher nicht zu tun, ist halt nur ein Film, Sonntagsabendunterhaltung für Generationen von Zuschauern. Das ist auch gut so.

Richtig aus dem Leben gegriffen sind andere als die Konstanzer, z. B. die norddeutschen mit Borowski in Kiel oder erst recht das Hamburger Feuerwerk mit T. S. und ein ganz klein wenig auch die aus Münster, da hat man ja den Kontakt zu St. Pauli...

Ernst nehmen kann man das alles nicht wirklich, ich bin bekennender Gelegenheitstatortschauer, die meisten langweilen mich nur, in Münster erwarte ich immer noch das Zusammentreffen mit Wilsberg, so viel wie dort passiert, die müssen sich doch mal über den Weg laufen. Klappt ja bei Carsten S. Henn auch, habe gerade mit der Praline angefangen und es zeigt sich eine Verbindung zu den "alten" Ahr-Krimis. So ist das wirklich Leben, man trifft sich mindestens zweimal.

Ok., die Konstanzer Tatorte habe ich auch immer wieder gern gesehen, nicht so Cobra-like und häufig mit ruhigem Humor. M. E. kann man aber von den 90 Minuten erwarten, daß der Hintergrund realistisch dargestellt wird. Sonst meinen die Leute noch bei Hohwacht an der holsteinischen Ostsee liegen die Kreidefelsen (von Rügen?), vgl. ZDF diese Woche "Tod eines Mädchens". Es wird zusammengeschnitten was der Regie gefällt, vielleicht auch den Zuschauern, wir wollen eingelullt bis verdummt werden, zumindest manche manchmal und wir hier im Forum natürlich viel weniger als der durchschnittliche TV-Zuschauer.

Man könnte alles weiter ausführen, zusammenfassen läßt es sich aber analog der alten Weinregel: Schmecktoderschmecktnicht als Gefälltodergefälltnicht, es ist alles Unterhaltung und nicht lebensnotwendig, der Eine sieht es so, die Andere sieht es anders. Und das ist gut so.

Vielleicht können wir ja aufgrund der Diskussion hier einen neuen Faden öffnen: Was trinkt ihr zum Tatort/Wilsberg/ZDF-Krimi oder zu Karneval oder allgemein Fernsehen? Selbst kann ich mich nicht daran erinnern, Wein nach Fernsehprogramm ausgesucht zu haben, vielleicht eher unterbewußt.

Abwarten und jetzt erst mal weiter Tee trinken.

Schöne Grüße in die Runde

Wolfgang
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weingeist

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragFr 13. Feb 2015, 12:50

Hallo Wolfgang!
WoFu hat geschrieben:Was trinkt ihr zum Tatort/Wilsberg/ZDF-Krimi oder zu Karneval oder allgemein Fernsehen? Selbst kann ich mich nicht daran erinnern, Wein nach Fernsehprogramm ausgesucht zu haben, vielleicht eher unterbewußt.

Als fast TV-abstinenter Konsument (ich sitze Abends eher am Computer und bereite mich auf Geocachingabenteuer vor), während meine Frau die "Fernseherin" ist, kann ich nicht viel dazu beitragen. Nur so viel - kommenden Dienstag läuft in Ö wieder der "Villacher Fasching", und der ist bei mir seit meiner Jugend "Pflichtprogramm", obwohl tiefstes Niveau :shock: (jedes Jahr noch tiefer).

ABER - dazu machen wir uns jedesmal etwas einfaches, aber gutes zu Essen (kalte Platte, Brötchen, usw...) UND trinken dazu einen Riesling oder Grünen Veltliner Smaragd aus der Wachau. Somit ist vielleicht die TV-Sendung unter jedem Niveau, aber das gleichen wir dann mit unserem "Programm" wieder aus. Das wiederum könnte schon durch mein "Unterbewusstsein" gesteuert sein (zumindest seit ich mich für Wein interessiere.....) :lol:
Liebe Grüße
weingeist
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Zürcher

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragMi 11. Mär 2015, 14:15

Hallo zusammen

Tatort und Wein, bin da noch auf einen Artikel von Philipp Schwander gestossen, ganz amüsant und lehrreich!

http://www.selection-schwander.ch/pdf.a ... 2-2015.pdf

Grüsse
Sacha
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Zürcher

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Re: Der Tatort im Weinsumpf

BeitragMi 11. Mär 2015, 19:37

der link verweist nicht direkt auf das dokument...

hier der text:


Neue Zürcher Zeitung vom 14.02.2015, Seite 47:
Château Mort

Nachlese zum «Tatort» vom 8. Februar

Philipp Schwander ⋅ Die oft mit viel Gesellschaftskritik und einem überzogenen Hang zur Tragik arbeitenden «Tatort»-Produzenten haben für einmal einen süffigen, unterhaltsamen, wenn auch nicht allzu spannungsgeladenen Sonntagabend-Krimi gedreht. Auf amüsante Weise werden darin Mord, Weinfälschungen und Schwarzgeld miteinander vermischt. Tatsächlich erinnert die Geschichte an einen realen Weinfälscherskandal um einen deutschen Sammler, der vorgab, uralte Château Lafite mit den eingravierten Initialen des amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson in einem Pariser Keller gefunden zu haben.

Selbstgebrautes

Im «Tatort» vom letzten Sonntag wurde der Fall gewissermassen an den Bodensee verlegt und wurden die alten Château Lafites der früher dort lebenden, zeitlebens kränkelnden Dichterin Annette von Droste-Hülshoff als Hochzeitswein zugewiesen. Der Weinpapst Hans Lichius – humorvoll von Felix von Manteuffel verkörpert – will diese lange verschollenen, edlen Tropfen angeblich entdeckt haben und verkauft sie samt eigener Echtheitsexpertise über das seiner Freundin gehörende Zürcher Auktionshaus. Als dann aber plötzlich die echten Droste-Weine auftauchen, bringt das den Weinspezialisten und seine Auktionatorin in Bedrängnis. Im Verlauf der Geschichte stellt sich nämlich heraus, dass die von Lichius entdeckten Kostbarkeiten von ihm selbst zusammengebraut wurden. Dieser Betrug hat durchaus einen Bezug zum aktuellen Geschehen, denn aufgrund der astronomischen Preise werden heute sehr viele rare Weine gefälscht. Spezialisten gehen davon aus, dass beispielsweise vom berühmten Château Cheval Blanc 1947 etwa dreimal mehr auf den Markt gelangte, als je produziert wurde.

Für die Dramaturgie unerheblich, aber dennoch ein wenig bedauerlich, ist die Tatsache, dass bei allem Aufwand, der für die «Tatort»-Folgen betrieben wird, den weinspezifischen Details offensichtlich kein Augenmerk geschenkt wurde. So darf mit Recht angenommen werden, dass dem Weinfälscher Lichius im wirklichen Leben eine sehr kurze Karriere beschieden gewesen wäre. Bei einer gemeinsamen Verkostung mit Kommissarin Blum und ihrem Mitarbeiter Perlmann führt er sich bereits durch den in der Story echten Droste-Wein und dessen Beschreibungen ins önologische Abseits. So giesst Lichius einen tiefdunklen, purpurnen Tropfen ins Glas, der allenfalls von einem 5-jährigen, jedoch unmöglich von einem gut 180-jährigen Wein stammen kann. Dazu schwafelt er von «Tränen», die der Wein beim Schwenken auf der Glasinnenseite zeigt. Auch das ist unwahrscheinlich, weil diese «Tränen» oder «Kirchenfenster» gut erkennbar erst ab einem Alkoholgehalt von mindestens 12 Prozent auftreten und die damaligen Bordeaux lediglich etwa 10 Prozent Alkohol enthielten. Lichius riecht dann tatsächlich noch Röstaromen vom Barrique. Solche Würzaromen, hervorgerufen u. a. durch Vanillin und Eugenol, können bei einem jungen Wein wahrgenommen werden, bestimmt aber nicht mehr bei einem derart alten Erzeugnis, weil sie sich im Lauf der Zeit verändern und überlagert werden von den tertiären Aromen der Weinalterung.

Auch die Rede Lichius' vom «Rothschild-Weingut» stimmt genaugenommen nicht, da 1832 unter diesem Namen noch kein solches im Bordelais existierte: Der englische Zweig der Rothschild-Familie erwarb Mouton 1853, während unabhängig davon die französische Linie 1868 Eigentümerin von Lafite wurde. Die penetrant hellgrüne Lafite-Flasche – üblich wäre bei authentischen Flaschen ein Braun oder ein grünes «feuille-morte» – lässt zudem vermuten, dass die Requisiteure aus Kostengründen auf eine billige Bouteille aus dem Supermarkt zurückgreifen mussten.

Gravur oder Etikette?

Ebenfalls problematisch ist die Gravur der 1832er Flaschen, die den gefälschten Rodenstock-Lafites sehr ähneln. Durch die Erfindung der Lithografie 1798 wurde erstmals der Druck von Etiketten zu vergleichsweise bescheidenen Kosten ermöglicht. Damit ist auch das Aufkommen der Weinetiketten zu erklären, die in Deutschland seit dem legendären Jahrgang 1811 anzutreffen sind. Ob Lafite für den 1832er Etiketten verwendete, konnte selbst das Château auf Anfrage nicht beantworten, es ist aber durchaus möglich. Als gesichert gilt allerdings, dass echte, gravierte Lafite-Flaschen bisher noch nie auf dem Markt anzutreffen waren.

Gänzlich unglaubwürdig macht sich der vom Drehbuch irregeführte Weinguru aber schliesslich durch die Aussage, dass die Droste neben Lafite und Yquem auch Pétrus 1832 bestellt haben soll. Château Pétrus war nämlich im 19. Jahrhundert nichts weiter als ein einfacher Landwein und völlig unbekannt. Er wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch das Geschick des Bordelaiser Händlers Jean-Pierre Moueix weltweit berühmt. Im 19. Jahrhundert fristete der Wein, wie die meisten Pomerol und Saint-Emilion dieser Epoche, als weitgehend unbeachteter Libournais ein wenig glamouröses Dasein. Er ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht in Flaschen gefüllt worden, und eine deutsche Adelige hätte ihn gewiss nie und nimmer für ihre Hochzeit bestellt. Die von Lichius neben dem 1832er servierten Flaschen, beispielsweise ein nicht existenter Château Saulus aus dem grauenvollen Frost-Jahrgang 1956, lassen die Vermutung zur Gewissheit werden, dass keine Minute in die Recherche investiert wurde. Auch der angeblich «ganz grosse» Jahrgang 1832 war nichts Besonderes, das Drehbuch hätte hier besser auf 1825 oder 1831 gesetzt.

Mangelnde Sorgfalt

Wirklich gravierend ist das alles nicht, aber betrüblich. Unsorgfältige Nachforschungen scheinen bei Weinthemen Tradition zu haben. So lässt sich in der amerikanischen Krimiserie «Columbo» der grosse Spitzenkoch Vittorio Rossi einen vermeintlichen Château Margaux in einer Beaujolais-ähnlichen Flasche servieren. Und vor gut einem Jahr wurde der bis anhin grösste Weinfälscher in den USA zu einer 10-jährigen Haftstrafe verurteilt. Der lange Zeit bei Sammlern und Auktionshäusern hochangesehene Betrüger soll in seiner geheimen «Küche» rare Weine für geschätzte 50 Millionen Dollar «produziert» haben. Seine Machenschaften kamen indes erst ans Tageslicht, als er bei einem Versteigerer Weine des Burgunder-Winzers Ponsot aus der Grand-Cru-Lage Clos Saint-Denis mit den Jahrgängen 1945 bis 1971 anlieferte. Die Flaschen sahen zwar täuschend echt aus, hatten jedoch einen kleinen Makel: Einen Clos Saint-Denis erntete der Winzer Ponsot erstmals im Jahr 1982 . . .



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