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Wein und Musik

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jessesmaria

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 21:11

stollinger hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass eine Improvisation -vor allem in der Intensität- in den Verzierungen erst nach Bach Einzug gehalten hat und damit musikhistorisch als unpassend betrachtet werden sollte.


Also so sehr ich deine Bewertung der Lang Lang-Aufnahme teile: diese Aussage scheint mir haltlos, tatsächlich war es doch genau umgekehrt. Die improvisatorischen Anteile haben im Laufe der klassischen Musikgeschichte immer mehr abgenommen, gerade vor Bach wurde sehr viel hinzu improvisiert.

Bernd Schulz hat geschrieben:Allerdings bin ich mir darüber bewusst, dass es mittlerweile wahrscheinlich mehr Klassikhörer gibt, die zu deinen Vorlieben tendieren, als solche, die so ähnlich wie ich mit meinen Ohren hören. Trotzdem stehe ich zu meinen eigenen Vorstellungen.


Ist das so? Wenn ich mir die ehrfürchtigen Kritiken der Lang Lang-Aufnahme durchlese (z. B. in der SZ) und die nahezu ausschließlichen 5-Sterne-Bewertungen (271 an der Zahl) bei Amazon... na gut, die sind nicht unbedingt alle fundiert, aber du sprachst ja von "mehr Klassikhörern". Die Wahrnehmung hängt wahrscheinlich davon ab, in welcher Blase man sich bewegt.

Denn trotz aller Begeisterung für Beethovens drei letzte Klaviersonaten (besonders op. 109 liebe ich sehr) kapiere ich die Hammerklaviersonate vorne und hinten nicht..... :oops:


Echt, auch den langsamen Satz? Da bräuchte man auf jeden Fall einen Wein mit langem Abgang. :mrgreen:
Die Fuge ist aber echt sperrig, deshalb bin ich auch beim passenden Wein überfragt.

Witzig finde ich, dass hier so viele schwierige Werke genannt werden. Beethovens Streichquartette, Xenakis, ...
Vielleicht müssten wir mal einen gemeinsamen Versuch wagen und ein etwas "tafelmusikalischeres" Werk aussuchen? Vielleicht könnte man damit vermeiden, dass sich Wein und Musik zu viel voneinander stehlen und unsere Multitasking-Kapazitäten zu schnell an ihre Grenzen kommen. (Frauen können die Messlatte ja höher setzen, die können ja anscheinend auch besser schmecken. :D )

Also z. B.: Händels Wassermusik und dazu, na klar, Wasser, plus 10 verschieden Rebsorten, um in der ersten Runde erstmal einzugrenzen, was funktionieren kann und was nicht.
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Bernd Schulz

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 21:27

EThC hat geschrieben:...da wird die VKN-Datenbank aber krass kontaminiert!
:lol: :lol: :lol:


Gerade habe ich überlegt, ob ich im gleichen Stil weitermache, aber das lasse ich dann doch lieber. Trotzdem eine sehr originelle Idee, Josef!

stollinger hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass eine Improvisation -vor allem in der Intensität- in den Verzierungen erst nach Bach Einzug gehalten hat


Umgekehrt wird ein Schuh draus, würde ich mal sagen: Bach war einer der ersten, der viele Verzierungen bewusst im Notentext ausgeschrieben hat. Vor Bach und während der Bach-Zeit hat man Verzierungen wie wild improvisiert, nach Bach ging diese Praxis immer mehr zurück; bei Beethoven kam/kommt dann keiner mehr auf die Idee, alle möglichen Verzierungen nach eigenem Gusto anzubringen.

Was dich an der Lang-Lang-Interpretation stört, kann ich - wie ich glaube - nachvollziehen. Mir geht es ganz anders als dir; ich mag diese "romantisierende" Art, Bach zu spielen (meine weit bevorzugte Aufnahme des Wohltemperierten Klaviers ist übrigens die mit Edwin Fischer) viel lieber als jedwede "historisch informierte" Pfennigfuchserei. Der Grund dafür ist ein ganz subjektiver: Lang-Lang bewegt mich mit seiner Aufnahme der Goldbergvariationen emotional, diverse Cembalisten bewegen mich emotional nicht. Andere empfinden das genau umgekehrt.... ;)

Herzliche Grüße

Bernd
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Allegro

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 21:49

Bernd Schulz hat geschrieben: Bach war einer der ersten, der viele Verzierungen bewusst im Notentext ausgeschrieben hat. Vor Bach und während der Bach-Zeit hat man Verzierungen wie wild improvisiert, nach Bach ging diese Praxis immer mehr zurück; bei Beethoven kam/kommt dann keiner mehr auf die Idee, alle möglichen Verzierungen nach eigenem Gusto anzubringen.


Genau das wollte ich auch gerade schreiben ;)

jessesmaria hat geschrieben:Vielleicht müssten wir mal einen gemeinsamen Versuch wagen und ein etwas "tafelmusikalischeres" Werk aussuchen? Vielleicht könnte man damit vermeiden, dass sich Wein und Musik zu viel voneinander stehlen und unsere Multitasking-Kapazitäten zu schnell an ihre Grenzen kommen.


Bitte schön: https://www.youtube.com/watch?v=xIRDWb0nVTo :mrgreen:
Viele Grüße - Allegro
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stollinger

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 22:00

Bernd Schulz hat geschrieben:
stollinger hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass eine Improvisation -vor allem in der Intensität- in den Verzierungen erst nach Bach Einzug gehalten hat


Umgekehrt wird ein Schuh draus, würde ich mal sagen: Bach war einer der ersten, der viele Verzierungen bewusst im Notentext ausgeschrieben hat. Vor Bach und während der Bach-Zeit hat man Verzierungen wie wild improvisiert, nach Bach ging diese Praxis immer mehr zurück; bei Beethoven kam/kommt dann keiner mehr auf die Idee, alle möglichen Verzierungen nach eigenem Gusto anzubringen.

Mmh, ich bin da nicht so trittfest. Danke für eure Richtigstellung!
Dann argumentiere ich eben, gerade weil Bach mit seinen ausgeschriebenen Verzierungen im Notentext der Improvisation Einhalt geboten hat, sollte man sich auch streng an den Notentext halten. :twisted: :lol:

Bernd Schulz hat geschrieben:Der Grund dafür ist ein ganz subjektiver: Lang-Lang bewegt mich mit seiner Aufnahme der Goldbergvariationen emotional, diverse Cembalisten bewegen mich emotional nicht. Andere empfinden das genau umgekehrt.... ;)

Bei allem Augenzwinkern, bei mir war der letzte Satz der Fall. Es hat mich eben so gar nicht bewegt, sondern gelangweilt.

Grüße, Josef
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Bernd Schulz

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 22:26

Allegro hat geschrieben:Genau das wollte ich auch gerade schreiben


Jessesmaria hatte es weiter oben schon vor mir geschrieben (es handelte sich um ein Kreuzposting).

stollinger hat geschrieben:Dann argumentiere ich eben, gerade weil Bach mit seinen ausgeschriebenen Verzierungen im Notentext der Improvisation Einhalt geboten hat, sollte man sich auch streng an den Notentext halten.


Aber das machen selbst die meisten strengen HIPler nicht. Bei Bach sind Verzierungen des Notentextes in sämtlichen Lagern keine Seltenheit. Auch bei Mozart erlebt man in dieser Hinsicht noch Erstaunliches....

stollinger hat geschrieben:Bei allem Augenzwinkern, bei mir war der letzte Satz der Fall. Es hat mich eben so gar nicht bewegt, sondern gelangweilt.


Es gibt ja auch genug Weine, die polarisieren..... ;) ;)

jessesmaria hat geschrieben:Also z. B.: Händels Wassermusik und dazu, na klar, Wasser, plus 10 verschieden Rebsorten, um in der ersten Runde erstmal einzugrenzen, was funktionieren kann und was nicht.


Die "Wassermusik" und die von Allegro ins Rennen geschickte "Tafelmusik" könnten wir schon mal festhalten. Ich würde dann noch die Suite aus "Der Bürger als Edelmann" von Richard Strauss vorschlagen. In deren letztem Satz "Das Diner" wird ein Lachs aus dem Rhein aufgetragen, und Strauss bringt dazu ein Zitat aus Wagners "Rheingold" (wie ich gelesen habe - hörenderweise konnte ich das bislang noch nicht so gut nachvollziehen :oops: ). Vielleicht ist es aber eine zu triviale Aufgabe, den hier passenden Wein zu finden....ein Chianti käme mir jedenfalls eher nicht in den Sinn :mrgreen:......

Herzliche Grüße

Bernd
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Wolfgang Kärcher

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 22:39

Hallo

Jetzt bin ich den umgekehrten Weg gegangen.

Ich habe einen 2020er Chardonnay von Karl Pfaffmann im Glas und möchte eine schöne Musik dazu hören.

Da scheidet natürlich ganz vieles aus. Ich habe mich für französisches Barock entschieden: Les Indes Galantes von Jean-Philippe Rameau in der Einspielung mit dem Orchestra of the 18th Century und Franz Brüggen.

Gruß
Wolfgang

PS: Auch zur Pasta mit Käsesauce hat er sehr gut gepasst.
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jessesmaria

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Re: Wein und Musik

BeitragDi 2. Feb 2021, 22:53

Also allein die Tatsache, dass hier so viele Musikbeflissene schreiben, zeigt doch schonmal, dass zwischen Wein und Musik wohl tatsächlich eine tiefere Verbindung bestehen muss. ;)

Würde man sich jedenfalls in eine x-beliebige Gesellschaft begeben (nicht von Musik geleitet), wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sich gleich mehrere auf einen Schlag dazu äußern, ob vor oder nach oder bei Bach viel verziert wurde, sicher äußert gering. :mrgreen:

Die "Wassermusik" und die von Allegro ins Rennen geschickte "Tafelmusik" könnten wir schon mal festhalten. Ich würde dann noch die Suite aus "Der Bürger als Edelmann" von Richard Strauss vorschlagen.


Geniale Idee! Die von Wolfgang erwähnte farbenreiche Les Indes Galantes-Musik von Jean-Philippe Rameau können wir von mir aus auch noch gleich hinzunehmen. Bestimmt auch fantastisch zu einem Pfälzer Riesling (nicht nur wegen Liselotte von der Pfalz).

Um noch eine Variable mehr in die Gleichung zu bringen und das Ganze noch ein bisschen schwieriger zu machen, könnten wir ja jeweils nach einer Traumkombi Musik + Käse + Wein suchen. Quasi eine Art Feldstudie.

Straussens Der Bürger als Edelmann, ein (wahrscheinlich eher sahniger) Käse und ein cremiger, gehaltvoller Weißwein auf dem Sofa. Das kann doch nur Spaß machen.

Das Ganze natürlich spielerisch, Freigeister willkommen. :!:

P. S.: Mit Pasta/Käsesoße als dritter Komponente war der Pfälzer Chardonnay wahrscheinlich ein Volltreffer. Da fällt der Riesling (jedenfalls für mich) weg.
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Georg R.

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Re: Wein und Musik

BeitragMi 3. Feb 2021, 18:48

jessesmaria hat geschrieben:Also allein die Tatsache, dass hier so viele Musikbeflissene schreiben, zeigt doch schonmal, dass zwischen Wein und Musik wohl tatsächlich eine tiefere Verbindung bestehen muss. ;)

Würde man sich jedenfalls in eine x-beliebige Gesellschaft begeben (nicht von Musik geleitet)......



Ich denke jeder hat eine Verbindung zu Musik, ob er Wein trinkt oder nicht.
Eine direkte Verbindung sehe ich da eher nicht.

Und Gesellschaften, die nicht von Musik geleitet wurden, sind mir auch nicht bekannt.
Ausser man erhöht sich und die klassische Musik soweit, dass alles andere nicht mehr als Musik wahrgenommen wird.


Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
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Ingo

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Re: Wein und Musik

BeitragMi 3. Feb 2021, 19:09

Spiele ich (Streichquartett) eine Fuge in F, Cis oder G, mag ich nur Weißwein. Bei Fugen in parallelen Molltonarten meist Pauillac. Mich dürstet es nach Sauternes, wenn ich aus dem Stand sechsstimmige Kanons und Fugetten extemporiere. Pomerol ziehe ich hingegen vor, wenn ich über vermollte Subdominanten im Tutti improvisiere.
Mich treibt seit Monaten die Frage um, warum mir in B nichts schmecken mag.
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Jochen R.

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Re: Wein und Musik

BeitragMi 3. Feb 2021, 19:33

Ingo hat geschrieben:Spiele ich (Streichquartett) eine Fuge ...
Mich treibt seit Monaten die Frage um, warum mir in B nichts schmecken mag.

Ich mag "Progressive Rock" sehr, gerne mit Streicher (also einer
Geige) am Start. Jedenfalls waren Konzerte von Pavlov´s Dog und
Kansas mit das Beste, was ich live gesehen habe.
Dazu habe ich immer gerne Bier getrunken - das hat super harmoniert.
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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