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Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jahre

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harti

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 11:36

Hallo zusammen,

wenn ich auf meine 40jährige Weintrinker-Karriere zurückblicke, kann ich doch einigermaßen erstaunt sagen, dass sich meine Geschmacksvorlieben nicht wesentlich verändert haben. Ich stehe immer noch auf Weine mit Ecken und Kanten, d.h. sie müssen viel Tannin (Rotweine) und gute (Rotweine) bis kräftige Säure (Weißweine) haben. Klar, meine Ansprüche sind im Laufe der Jahre immer höher geworden, der einfache Riesling reizt mich nicht mehr und auch der kleine Bordeaux langweilt mich. Aber es ist nach wie vor so, dass ich Weine bestimmter Rebsorten anstrengend bis abstoßend finde (z.B. Spätburgunder/Pinot Noirs) und ebenso Weine mit vordergründiger Süße (ohne Substanz und Säurerückgrat).

Grüße

Hartmut
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UlliB

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 13:14

Ollie hat geschrieben: Und natürlich meine ich nicht "diese eine Abfüllung von diesem Wein in diesem Jahrgang", sondern den Weinstil oder einen bestimmten Zustand eines Weins [..]

Ollie,

so hatte ich die Frage aber nicht verstanden, Oswald hatte sie ja noch einmal nachgeschärft (Hervorhebung in fett von mir):
OsCor hat geschrieben:[...] ob und wie der Wandel des eigenen Weingeschmacks mit der Zeit auch die Ergebnisse bei Wiederverkostungen des gleichen Weines nach einiger Zeit beeinflusst.

Da ist natürlich die Frage, was mit "gleichem" Wein gemeint ist - sehr eng gefasst: gleicher Erzeuger, gleicher Jahrgang, gleiche Lage, (bei deutschem Wein: gleiche AP-Nr.) - oder etwas weiter verstanden: gleicher Erzeuger, gleiche Lage, aber unterschiedlicher Jahrgang. In beiden Fällen hast Du bei der Wiederverkostung aber erhebliche confounding factors - im ersten Alter und Reifezustand, im zweiten den jeweiligen Jahrgang, und darum ist die Frage aus meiner Sicht nicht wirklich zu beantworten.

Ich hatte die Frage jedenfalls nicht im Hinblick auf eine ganze und doch eher abstrakte Kategorie (z.B. "junger Bordeaux" oder "restsüßer Riesling") verstanden - wobei man auch da anmerken könnte, dass junger Bordeaux 1986 etwas ziemlich grundlegend anderes war als 2016, gleiches gilt übrigens auch für den Riesling.

Da stellt sich natürlich die Frage, wer hier die Frage falsch verstanden hat ;) Das kann nur Oswald klären...

Gruß
Ulli
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Georg R.

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 13:41

OsCor hat geschrieben: .....
Bei mir als Anfänger ändert sich der Geschmack wegen relativ schnellem Erfahrungszuwachs so rasch, dass sich für mich diese Frage ergeben hat.
.......


Hallo Oswald,
um Missverständnissen vorzubeugen...würde ich sagen, Dein Geschmack(ssinn) hat sich in kurzer Zeit nicht verändert,
sondern Deine Vorlieben auf Grund eben diverser neuer Erfahrungen.

Wenn man herausfinden möchte, wie man sich sensorisch über die Jahre verändert, ist Wein wahrscheinlich kein geeignetes Produkt. Da würde ich eher zu Spirituosen greifen, die sich auch über viele Jahre kaum verändern.

Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
Mark Twain
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OsCor

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 14:04

UlliB hat geschrieben:Das kann nur Oswald klären...
Macht er: Wenn ich eine Kiste ein und desselben Weines kaufe, die eine Flasche gleich nach der Ankunft köpfe, beurteile und bewerte, von mir aus in 2 Jahren nochmal eine und in 5 Jahren auch nochmal.
Dann, dachte ich, könne es sein, dass aufgrund einer erfolgten Geschmacksweiterentwicklung man den frisch ausgepackten Wein (von vor 5 Jahren also) heute anders sehen würde, dass also diese VKN-Kaskade nicht mehr in sich konsistent wäre. Ja, und ich wollte wissen, ob das so sein könnte. Inzwischen bin ich zur Meinung gelangt, dass ihr alle auch nicht so viel jünger als ich seid und dass 5 Jahre da nur einen Fliegensch… bedeuten nach 50 Jahren Weinerfahrung ;)

So, das hat mich jetzt formulierungstechnisch fast an die Grenzen gebracht… :roll:

Gruß
Oswald
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Weinschlürfer

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 14:50

harti hat geschrieben:Hallo zusammen,

wenn ich auf meine 40jährige Weintrinker-Karriere zurückblicke, kann ich doch einigermaßen erstaunt sagen, dass sich meine Geschmacksvorlieben nicht wesentlich verändert haben. Ich stehe immer noch auf Weine mit Ecken und Kanten, d.h. sie müssen viel Tannin (Rotweine) und gute (Rotweine) bis kräftige Säure (Weißweine) haben. Klar, meine Ansprüche sind im Laufe der Jahre immer höher geworden, der einfache Riesling reizt mich nicht mehr und auch der kleine Bordeaux langweilt mich. Aber es ist nach wie vor so, dass ich Weine bestimmter Rebsorten anstrengend bis abstoßend finde (z.B. Spätburgunder/Pinot Noirs) und ebenso Weine mit vordergründiger Süße (ohne Substanz und Säurerückgrat).

Grüße

Hartmut


Bei mir ist das sogar schon nach wenigen Jahren so gewesen.
Basis intressiert mich schlicht gar nicht mehr. Da trink ich lieber Cola.
Das stösst auch öfter auf Unverständnis wenn ich als "Weintrinker" woanders oft kein Wein trinken mag.

Neues intressiert schon eher. Immer.

Wenn ich 1-2 Gläser (oder mehr) wirklich trinke muss es schon geiles Zeug sein.

Egal wie gut ein Wein ist. Ich will gar nicht mehr als 3 Flaschen im Keller haben.
Weil ich verschiedene Dinge trinken will.

Ansonsten eher:
Ein Schluck probieren gern. Alles probieren auch gern. Ich hab da wenig Grenzen. Aber obwohl ich Weintrinker bin trinke ich nicht Glasweise Wein irgendwo wenn es nicht etwas ist was ich unbedingt trinken will. Heisst... Ne Flasche leere ich nie an einem Abend. Nicht mal an einem WE. Deswegen feiere ich Coravin so sehr. Ich und meine Freundin wissen einfach nicht wie es andere Paare schaffen ne Flasche Rotwein am Abend zu Zweit zu leeren...
Dafür taste ich mich sehr gerne durch 50 Weine durch ohne es anstrengend zu finden.

Es gibt ja Leute die finden irgendwas was ihnen schmeckt und kaufen davon 12 Flaschen pro Jahrgang..
So werde ich nie werden. Heisst bei mir wird das Kaufverhalten immer breiter. Nicht enger.

Veränderung:

Der Geschmack an sich verändert sich schon ein Bisschen. Ich trinke weniger oft süß und immer mehr Spätburgunder oder aussergewöhnliche autochtone Sachen. Ich mag auch Bitterkeit. Am Besten etwas
'was mich an das Weisse von Zitronen oder Orangenzeste errinnert.

Bordeaux bleibt eine Bank. Trink ich einfach gern. Auch gern ruppiger und jünger.
Riesling im qualitativ hohen Segment auch.
Zuletzt geändert von Weinschlürfer am Fr 15. Mai 2020, 15:06, insgesamt 1-mal geändert.
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UlliB

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 15:04

OsCor hat geschrieben:Wenn ich eine Kiste ein und desselben Weines kaufe, die eine Flasche gleich nach der Ankunft köpfe, beurteile und bewerte, von mir aus in 2 Jahren nochmal eine und in 5 Jahren auch nochmal.
Dann, dachte ich, könne es sein, dass aufgrund einer erfolgten Geschmacksweiterentwicklung man den frisch ausgepackten Wein (von vor 5 Jahren also) heute anders sehen würde, dass also diese VKN-Kaskade nicht mehr in sich konsistent wäre. Ja, und ich wollte wissen, ob das so sein könnte.

Oswald,

danke, genau so hatte ich die Frage verstanden. Und da denke ich wirklich, dass sich das nicht klar beantworten lässt: denn da bemüht man ja nicht nur sein Geschmacksgedächtnis (das notwendigerweise noch wackeliger ist als der Geschmack an sich), sondern muss auch noch den jeweiligen Reifezustand auf den "Ursprungszustand" zurückrechnen, was selbst bei langjähriger Erfahrung sehr schwierig ist. Bei manchen Weinen können 5 Jahre mehr Reife den Eindruck schon ganz massiv verändern, und wenn man Pech hat, ist der eine oder andere dann schon über den Berg.

Ich glaube, dass man Veränderungen seiner Präferenzen nicht an einem individuellen Wein feststellen kann, sondern nur an einer Kategorie - so wie Ollie es verstanden hatte.

Gruß
Ulli

PS: 50 Jahre sind es bei mir noch nicht. Wenn ich auch die zarten Anfänge mitzähle, sind es gerade mal 46 8-)
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amateur des vins

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 15:26

OsCor hat geschrieben:Wenn ich eine Kiste ein und desselben Weines kaufe, die eine Flasche gleich nach der Ankunft köpfe, beurteile und bewerte, von mir aus in 2 Jahren nochmal eine und in 5 Jahren auch nochmal.
Dann, dachte ich, könne es sein, dass aufgrund einer erfolgten Geschmacksweiterentwicklung man den frisch ausgepackten Wein (von vor 5 Jahren also) heute anders sehen würde, dass also diese VKN-Kaskade nicht mehr in sich konsistent wäre. Ja, und ich wollte wissen, ob das so sein könnte.
Es könnte.
Da die Frage aber - mangels der Möglichkeit zu Zeitreisen - nicht falsifizierbar ist, bleibt es, so man möchte, bei der Spekulation. So man nicht spekulieren möchte, ist die Frage äußerst beschränkt in punkto möglichem Informationsgewinn (man könnte auch sagen: unwissenschaftlich).
Besten Gruß, Karsten
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OsCor

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 17:30

amateur des vins hat geschrieben:Da die Frage aber - mangels der Möglichkeit zu Zeitreisen - nicht falsifizierbar ist, bleibt es, so man möchte, bei der Spekulation. So man nicht spekulieren möchte, ist die Frage äußerst beschränkt in punkto möglichem Informationsgewinn (man könnte auch sagen: unwissenschaftlich).
Naja, Karsten, wenn wir alles hier in diesem auf Genuss ausgerichteten Forum auf das Kriterium „wissenschaftlich” eindampfen wollten… ;) auch wenn die Frage vielleicht nicht wirklich beantwortet werden kann, ist sie nicht per se falsch.
Ich jedenfalls habe aus den verschiedenen Beiträgen eine Menge gelernt - und wenn es nur um die Erweiterung der Betrachtungsweisen geht. Wenn man wie ich gefühlt am Rande eines Ozeans entlang schwimmt und sich (noch) nicht mehr als 2 Meter vom Ufer wegtraut, hilft einem sogar manchmal ein Nebensatz eines Seebären :D

Gruß
Oswald
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amateur des vins

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 18:44

Oswald, eine Frage kann sowieso nicht falsch (i.S.v. Logik) sein. Eine Aussage oder Behauptung kann falsch sein. Deshalb habe ich das auch so formuliert.

Ist doch klasse, wenn Du aus dem Austausch etwas für Dich mitnehmen könntest! Dafür ist er ja da.

Und falls Dir meine Formulierung mit dem "falsifizierbar" zu abgedreht vorkam: Erstmal sorry dafür, das ist geprägt, und manchmal bricht es durch. :mrgreen:
Und zweitens, vielleicht verständlicher: Du fragst, ob derselbe(!) Jungwein von damals heute als ebensolcher Jungwein anders schmecken oder beurteilt werden könnte. Es ist aber prinzipiell unmöglich, diese Erfahrung in der gefragten Form zu machen, Wissenschaft hin oder her, weil Zeit eben nur voranschreitet. Deshalb kann es auch keine sinnvolle Antwort darauf geben.

Außer eben, Du betrachtest Spekulation als sinnvoll. Die ist ja auch mal ganz schön. :D
Besten Gruß, Karsten
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OsCor

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Re: Veränderung des persönlichen Weingeschmacks über die Jah

BeitragFr 15. Mai 2020, 18:55

amateur des vins hat geschrieben:Und falls Dir meine Formulierung mit dem "falsifizierbar" zu abgedreht vorkam: Erstmal sorry dafür, das ist geprägt, und manchmal bricht es durch. :mrgreen:
Bitte kein „sorry”, ich habe einen ausgemachten Spaß an sowas. Dafür schätze ich dieses Forum.

Gruß
Oswald
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