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Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

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Ollie

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 11:44

Gerald,

ich glaube, dass diese Saeuregeschichte tatsaechlich von der mikrobiologischen Stabilitaet herruehrt - die dann bei einem Post-BSA-Wein naturgemaess hoch ist, wenn noch genug Weinsaeure uebrig ist und man SO2 einwirft.

Die Geschichte von der Saeure-Lebendauer-Relation ist auch eine sehr rieslingbezogene, weil (traditionell gemachte) Rieslinge nunmal wirklich zu den langlebigsten Weinen ueberhaupt gehoeren; aber das liegt eben am geringen Flavonoidgehalt der Sorte, nicht an ihrer angeblich hohen Saeure (vgl. Chablis, Sancerre, etc...). Dass man restsuesse Weine darueberhinaus auch noch (und wohlgemerkt ursaechlich) durch Sterilfiltration langlebig hinbekommt, traegt nur zur Legende bei. Solchen Weinen kann nur Sauerstoff, weil die Phenolgehalte typischerweise sehr gering sind, und da hilft der Schwefel und der Korken.


Michael,

ja, kein Dissens weit und breit erkennbar. :lol:

Cheers,
Ollie
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Gerald

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 12:09

Hallo Ollie,

ich glaube, dass diese Saeuregeschichte tatsaechlich von der mikrobiologischen Stabilitaet herruehrt - die dann bei einem Post-BSA-Wein naturgemaess hoch ist, wenn noch genug Weinsaeure uebrig ist und man SO2 einwirft.


das würde bedeuten, dass die Sache mit der Säure ausschließlich restsüße Weine betrifft (also im internationalen Kontext ein sehr kleiner Bereich), denn bei einem trockenen Wein wüsste ich nicht, was sich da mikrobiell noch viel tun sollte, war das so gemeint?

Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 13:10

bei den Süßweinen sollte man nicht vergessen, dass die SO2-Höchstwerte deutlich höher sind um eine nachgärung zu unterbinden, als bei trockenen - was zusätzlich zur längeren Lebensdauer beiträgt.

Bei den durchgegorenen trockenen Weinen ohne (oder fast ohne) Restsüße ist die Gefahr einer Nachgärung auf der Flasche ohnehin minimal, da kaum Restzucker übrig ist. Hier dient SO2 fast ausschliesslich als Oxidationsschutz.

Säure: haben die meisten Bakterienstämme im sauren Milieu nicht größere Schwierigkeiten zu überleben, als im basischen Milieu - d.h. je niedriger der ph-Wert, desto stabiler der Wein?!?
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Gerald

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 13:27

Hallo Michael,

Säure: haben die meisten Bakterienstämme im sauren Milieu nicht größere Schwierigkeiten zu überleben, als im basischen Milieu - d.h. je niedriger der ph-Wert, desto stabiler der Wein?!?


das kommt auf die Art an - also worauf die Bakterien angepasst sind. Die meisten bevorzugen neutrale pH-Werte, es gibt aber auch einzelne Arten, die sich in Medien wohlfühlen, die viel saurer als jeder Wein sind, z.B. diese hier:

http://microbewiki.kenyon.edu/index.php/Thiobacillus

Die genannten pH-Werte kann man mit organischen Säuren wie im Wein vermutlich gar nicht erreichen, da braucht es schon Mineralsäuren (Salzsäure, Schwefelsäure etc.) ...

Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 13:56

nuja, das klar - ich bezog mich in erster Linie natürlich auf Hefebakterien, die in dem Zusammenhang das größte Problem darstellen und je saurer dass Milieu ist, desto schwieriger kommen sie zurecht - ich hoffe diesen alles-oxidierenden Thiobacillus ja nun nicht im Wein zu finden :)
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Gerald

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 13:58

Ääääh,

ich bezog mich in erster Linie natürlich auf Hefebakterien


Hefen sind im übrigen Pilze, keine Bakterien. ;)

Viele Pilze bevorzugen leicht saure Medien, bei Hefen wird ein pH-Bereich von 1,5 - 8,5 angegeben (natürlich abhängig von der jeweiligen Art und den sonstigen Bedingungen).

http://nagl.netzreport.com/dokumente/fh/02fh.pdf

Grüße,
Gerald
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Ollie

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 14:12

Gerald,

ich persoenliche glaube, dass die Sache von der Saeure und der Ueberlebensfaehigkeit von Weinen aus alten Zeiten ueberliefert wird, als die Mikrobiologie noch nicht gut verstanden (und also "gemanaged") und Verderb noch ein Problem war, schon weil man nicht filtrieren konnte.

Deutsche trockene Rieslinge der Neuzeit machen traditionell keinen BSA, also ist die Milchsaeurebakterien-Problematik immer noch gegeben - und trockene Weine werden oftmals un-sterilfiltriert gefuellt. In anderen - und damit immer suedlicheren - Weinbaugegenden gehoert der BSA deshalb immer dazu. Dort haben sich Sorten ausselektiert, die den BSA aromatisch verkraften und dann immer noch genug Saeure haben, aber auch nicht zu viel, weil die MIclhsaeurebazillen bei sehr niedrigen pH-Werte nicht so gut in Schwung kommen. (Daher auch BSA auf der Vollhefe: mehr Futter.) Auf Flasche ist dann das SO2 antibakteriell aktiv.

Uebrigens sind die Schwefelwerte bei suessen Weinen hoeher, weil dort mehr Schwefelbinder anfallen (Botrytis, Zucker, etc.) und der Alkohol niedriger ist (gemeint sind Moselrieslingtypen). Es ist nicht das SO2, sondern hauptsaechlich die Kombination mit dem Alkohol, der die Hefen hemmt - ohne Alk muesste man SO2 auf ein Gramm(!) pro Liter treiben, um die Hefen in Schach zu halten. Das ist wohl auch der Grund, weshalb im Weingesetzt Mindestalkoholgehalte vorgeschrieben sind.

Cheers,
Ollie
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MichaelWagner

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 14:16

bitte um Verzeihung - Pilze natürlich - Du mit deinem Bacillus :D
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Gerald

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 14:19

Hallo Ollie,

so wie ich es verstanden habe, ist BSA in der Flasche ohnehin durch die SO2-Zugabe ausgeschlossen - ganz egal ob der Wein jetzt viel Säure (wie Riesling) hat oder auch weniger, oder? Einen Einfluss der Säure auf die Lagerfähigkeit kann ich daraus jedenfalls nicht ableiten.

Das könnte höchstens bei "Naturweinen" ohne Sulfitzusatz ein Thema werden - die mir bekannten Vertreter sind aber völlig trocken (< 1 g/l RZ) und haben schon vor Abfüllung einen BSA durchlaufen.

Grüße,
Gerald
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Ollie

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Re: Trinkreifefenster verschiedener Kritiker

BeitragFr 12. Dez 2014, 15:07

Ja, das ist wohl so. Aber dann greift eben wieder, dass bei niedrigerem pH mehr SO2 vorliegt. Die Unterschiede sind aber nicht sooo gravierend. Kurz: Keine Ahnung, woher diese Legende kommt. (Ausser eben vielleicht durch den Umkehrschluss, dass saeurearme Weine im Mittelalter schnell umkippten, schon weil sie zu warm gelagert wurden?)

Cheers,
Ollie
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