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(Ãœber)vorsichtige Weinbeschreibungen

Sterne, Punkte, Trauben - oder Obstkörbe
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WoFu

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Re: (Ãœber)vorsichtige Weinbeschreibungen

BeitragFr 31. Dez 2010, 12:04

Moin, moin,

Peter hat ja meine Vermutung als Fachkundiger im Ergebnis bestätigt. Heftig formuliert: Wertest Du meinen Wein nicht hoch genug, bekommst Du nächstes Jahr keine Probeflaschen. Konsequent und schön, wenn ein Verkoster sich so verhällt. Ich vermute nur, daß kann er nicht immer wieder so machen, dann laufen mehr Winzer weg und die Bewertungen werden mangels Umfang uninteressant und niemand kauft mehr das Buch usw. Es gibt dazu noch genügend Mitbewerber.

Ich glaube auch nicht, daß es beim Sport, Musik oder sonstwo völlig anders ist. Beziehungen wollen gepflegt sein und Werbung geschaltet oder wie auch immer. Deshalb habe ich ein ordentliches Mißtrauen in Lobeshymnen. Ich denk halt so vorsichtig, wobei Ausnahmen sicher die Regel bestätigen können.

Einen guten Rutsch wünscht

Wolfgang
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robertz

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Re: (Ãœber)vorsichtige Weinbeschreibungen

BeitragFr 31. Dez 2010, 18:19

Hallo

Bei den „vorsichtigen“ Weinbeschreibungen sehe ich auch oft die Thematik, dass manche „Autoren“ ihr Werk sehr blumig und vielschichtig aufbauschen. Ich denke da an beschriebene Aromen unterschiedlicher Publikationen (z.B. Kapstachelbeeren; Ritter-Sport-Schokolade Pflaumen-Nuss; riecht attraktiv wie rohe Bistecca Fiorentina etc).

Viel hilfreicher wären normierte Definitionen, wie man sie etwa in der Weinakademie hört.

Säure könnte flach, eingebunden, stützend oder spitz sein. Je nach Wein zeigt dies nun ein positives oder eher negatives Kennzeichen an. Wer möchte schon einen frischen jungen Weißwein mit flacher Säure, andererseits ist auch ein gereifter Roter mit spitzer Säure wenig erstrebenswert.
Andererseits gibt es inzwischen Blaufränkisch-Liebhaber von finessenreichen mineralischen Ausbauten mit leicht stützender Säure und andererseits wuchtigen eher konzentrierten Versionen mit schön eingebundener Säure.

Wer kauft/liest nun aber Publikationen, die nur mehr aus solch normierten Beschreibungen bestehen.

Jeder von uns Weinliebhabern hat nun aber sicher schon die Autoren mit den eigenen Erfahrungen abgeglichen und weiß, welche Stilistik von wem wie beschrieben und bewertet wird.

Prosit 2011

Robert
Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte. ;)
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ChezMatze

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Re: (Ãœber)vorsichtige Weinbeschreibungen

BeitragMo 14. Feb 2011, 22:41

Anderthalb Monate später...

Ich möchte mich noch mal auf Charlies Frage melden: Ja, die französischen Weinguides sind wesentlich härter in ihren Bewertungen. Zum einen einfach deshalb, weil bei denen ein "bon vin" schon bei 65% der zu erreichenden Punktzahl losgeht, bei Parker erst bei 80% (so ungefähr jedenfalls). Zum anderen vielleicht auch deshalb, weil ich in dem nationalen Guide jedes Jahr Weine der absoluten Weltspitze habe. Ein Roter von Pétrus, Latour, Romanée-Conti, Jean-Louis Chave, ein Weißer von Leflaive, d'Auvenay, Coche-Dury, d'Yquem. Große Varianz bei kleinerer Grundgesamtheit als bei Parker beispielsweise, größere Varianz auch als bei deutschen oder österreichischen Führern, was die Notenstreuung fast zwangsläufig begünstigt.

Allerdings gab es doch auch schon Ärger, als im Guide Vert kein einziger Wein aus der Provence (und es hatten eigentlich alle eingereicht) mehr als 16 Punkte bekommen hatte.

Zu den nicht eingereichten Weinen: Bettane & Dessauve machen ja immer eine Burgund-Blindverkostung, an der einige der ganz großen Weingüter nicht teilnehmen. Man kann darüber denken, was man will, für andere Regionen machen B&D das nicht, aber egal. Jedenfalls schreiben die beiden in ihren Weinführer die nicht vertretenen Güter dann mit rein, wenn sie a) entweder ihrer Meinung nach hineingehören oder sie b) ein so großes Renommee besitzen, dass man sie gern dort sehen würde.

Da heißt es dann: "Domaine xy hat leider ihre Flaschen nicht eingereicht, bei ein paar Restaurantbesuchen konnten wir uns aber davon überzeugen, dass sie ganz ausgezeichnet sind. Hoffen wir auf's nächste Jahr." Andere Variante: "Domaine xy hat uns mitgeteilt, dass sie nicht an der Blindverkostung teilnehmen wolle. Uns erschienen - mit aller Vorsicht - die Weine in diesem Jahrgang eine gewisse Tendenz zu erhöhter Fruchtextraktion zu besitzen, wir lassen uns beim nächsten Jahrgang aber gern eines Besseren belehren".

So geht's doch auch. Es lässt leider kein gutes Licht auf die Käuflichkeit der Profi- und Weinguide-Szene zu (aus Sicht des Konsumenten selbstverständlich), wenn bei ausbleibender Beschenkung durch den Winzer ein Weingut auch mit fünf Sternen einfach verschwindet.
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