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Populäre Begriffe der Weinsprache

Sterne, Punkte, Trauben - oder Obstkörbe
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Bernd Schulz

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Re: Egon Schäffer

BeitragMo 11. Jan 2021, 14:11

OsCor hat geschrieben:Die letzten Beiträge gehören für mich in den Faden über Weinbeschreibungen kopiert.


Auch wenn in der laufenden Diskussion vieles gesagt wird, was früher schon im Forum gesagt wurde, finde ich sie durchaus spannend. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn sie an einer dafür geeigneteren Stelle fortgesetzt werden könnte. Gerald - bitte :!: :)

Herzliche Grüße

Bernd
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Lorne Malvo

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Re: Egon Schäffer

BeitragMo 11. Jan 2021, 15:15

Aber bitte dann auch so präzise sein, wie bei "Phenolik". NaCl wird ja wohl nicht in jedem Fall gemeint sein.

Also bei Phenolen könnte ich auf Tannine/Gerbstoffe eingrenzen.
Bei Mineralien könnte ich auf Salz eingrenzen.

Die anderen, mir geschmacklich nicht präsenten Salze zu benennen, dafür reichts bei mir nicht. ;)

amateur des vins hat geschrieben:Ein, zweimal habe ich wohl gedacht, daß man sich das einbilden könnte.

Ganz ehrlich. Weinverkostungen und deren Formulierung ist bei mir eindeutig „Einbildung“.
Einbildung, das Gerochene und Gertrunkene in Worte mir bekannter Aromen und Texturen zu verpacken.
Manchmal bin ich mir sehr sicher. Genau das isses.
Oft aber auch nicht.
Es ist immer der Versuch, es so gut wie möglich in Worte zu kleiden.

Dennoch frage ich mich ab und an, ob jemand, der das liest, sich in etwa die gleichen Empfindungen vorstellt, die ich gerade beim Genuss zum Ausdruck bringen will. Und da das aufgrund der Individualität der Empfindungen eh kaum
machbar ist, nehme ich es dann doch auch nicht all zu ernst.
Ich selbst nehme mir weniger die Aromen einer VKN an, denn Texturen sind mir da schon einfacher
und vielleicht auch (etwas) allgemeingültiger nachzuvollziehen.
„Weine nicht, weil es vorbei ist, sondern lächle, weil es schön war.“
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stollinger

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Re: Egon Schäffer

BeitragMo 11. Jan 2021, 17:37

amateur des vins hat geschrieben:Apropos Stoffwechselendprodukte: Neben reduktiver und/oder schwefeliger Umgebung, halte ich die Theorie für plausibel, daß für den Eindruck von "Mineralik" auch das Biom am und unter'm Weinstock verantwortlich ist. Ich habe da mal eine Doku gesehen, die das auf sehr schlüssige Art und Weise untersucht hat, wenn auch nicht "bewiesen". Leider finde ich keinen Link.

Die Theorie finde ich auch verführerisch. Es ist ja wissenschaftlich bewiesen, dass flüchtige Aromen aus der Umwelt in die Weinbeeren und Blätter der Pflanze übergehen und auch chemisch eingebunden werden. Diese werden dann bei der Gärung oder Flaschenreife wieder freigesetzt. Ich habe aber schon häufiger die Erfahrung gemacht, dass gerade die verführerischsten Theorien sich später als grob falsch herausstellten, eine wissenschaftliche Untersuchung zu dem Thema ist mir nicht bekannt, so lange bleibe ich skeptisch.

In dem Zusammenhang habe ich aber begonnen mich zu fragen, ob das besprühen der Reben und Trauben mit Kompostpräparaten nicht doch eine Wirkung haben kann. Wenn man Kuhmist ein Jahr im Boden vergräbt, sind da nun mal eine Menge von Mikroorganismen vorhanden, die dann auch noch auf den Blättern und Trauben umeinander stoffwechseln können.

Grüße, Josef
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EThC

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 11. Jan 2021, 20:46

amateur des vins hat geschrieben:"Salz" im Wein habe ich noch nie wirklich geschmeckt.

...ich schon, teils richtig drastisch. Wie auch immer der Geschmackseindruck zustande kommt... :o
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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Bernd Schulz

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 11. Jan 2021, 21:23

Salz im Wein habe ich auch schon oft geschmeckt - und nach meinem Empfinden handelt es sich dann nicht selten um eine besondere Art von "Mineralität" ;). ...


Wie Ulli hier schon geschrieben hat, muss man bei der Beschreibung von Aromen zwangsläufig mit Analogien arbeiten. Ich bin sogar versucht, noch weiter zu gehen und zu behaupten, dass man zumindest teilweise eine Art von metaphorischem Code, der unter Weinfreunden gebräuchlich und verständlich ist, benutzen darf. Als die Verwendung des Attributs "mineralisch" von einigen Naturwissenschaftlern unter uns hier im Forum erstmalig streng gerügt wurde, habe ich kurz erwogen, auf diesen Begriff zu verzichten, aber dann habe ich festgestellt, dass es meine VKNs für mich selber nicht aufwertet, wenn ich das tue.

Meine Notizen sollen keine wissenschaftlichen Abhandlungen sein; als Amateur schreibe ich sie nicht, um irgendeinem Anspruch auf eine wie auch immer geartetete "Objektivität" zu genügen. Vielmehr verfasse ich sie aus schierer Freude daran, die Weineindrücke anderer zu lesen und im Gegenzug meine eigenen Eindrücke mitzuteilen. Wenn jemand, der sie liest, bestimmte Begriffe/Wendungen, die in ihnen enthalten sind, für sinnlos hält, sei ihm das unbenommen - ich werde trotzdem weiter so formulieren, wie ich es für angemessen halte.

Erichs Notizen zum Beispiel wirken in Einzelheiten auf mich immer wieder befremdlich, aber dennoch lese ich sie sehr gerne, eben weil sie einen ausgesprochen individuellen Stil besitzen. Jeder sollte hier die Freiheit haben, Weinbeschreibungen so auszuführen, wie es ihm gegeben ist. Der eine schmeckt oder riecht explizit blaue, aber keinesfalls graue Steine - der andere erkennt in einem Wein nur einen sehr weit gefassten "mineralischen Unterton". Beides hat für mich seine Berechtigung.

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 11. Jan 2021, 21:43

EThC hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:"Salz" im Wein habe ich noch nie wirklich geschmeckt.

...ich schon, teils richtig drastisch. Wie auch immer der Geschmackseindruck zustande kommt... :o

In dem Fall scheint die stoffliche Grundlage dieses Eindrucks tatsächlich mal bekannt zu sein. Es handelt sich um Bernsteinsäure, die hauptsächlich als Gärungsnebenprodukt entsteht (die Konzentration in Trauben ist meistens vernachlässigbar gering, außer in stark botrytisiertem Lesegut) und deren Konzentration im fertigen Wein von der Art der Gärführung abhängt.

Kochsalz selber kommt in Wein praktisch nicht vor, Natrium ist im Wein nur in Spuren enthalten, die weit unterhalb der Geschmacksschwelle liegen.

Gruß
Ulli
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amateur des vins

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 11. Jan 2021, 22:00

UlliB hat geschrieben:
EThC hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:"Salz" im Wein habe ich noch nie wirklich geschmeckt.

...ich schon, teils richtig drastisch. Wie auch immer der Geschmackseindruck zustande kommt... :o
In dem Fall scheint die stoffliche Grundlage dieses Eindrucks tatsächlich mal bekannt zu sein. Es handelt sich um Bernsteinsäure
Interessant, wieder was gelernt! Die Salze sind sogar als Kochsalzersatz zugelassen. :o

Ich werd' mal vermehrt darauf achten...
Besten Gruß, Karsten
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Kle

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 11. Jan 2021, 23:47

Lorne Malvo hat geschrieben:Manchmal bin ich mir sehr sicher. Genau das isses.


Ich freue mich riesig, wenn ich glaube, ein Aroma sicher erkannt zu haben und wundere mich zugleich über diese Freude, da die Erkenntnis nichts über den Wein aussagt.

Bernd Schulz hat geschrieben:Wie Ulli hier schon geschrieben hat, muss man bei der Beschreibung von Aromen zwangsläufig mit Analogien arbeiten. Ich bin sogar versucht, noch weiter zu gehen und zu behaupten, dass man zumindest teilweise eine Art von metaphorischem Code, der unter Weinfreunden gebräuchlich und verständlich ist, benutzen darf. Als die Verwendung des Attributs "mineralisch" von einigen Naturwissenschaftlern unter uns hier im Forum erstmalig streng gerügt wurde, habe ich kurz erwogen, auf diesen Begriff zu verzichten, aber dann habe ich festgestellt, dass es meine VKNs für mich selber nicht aufwertet, wenn ich das tue.

Meine Notizen sollen keine wissenschaftlichen Abhandlungen sein; als Amateur schreibe ich sie nicht, um irgendeinem Anspruch auf eine wie auch immer geartetete "Objektivität" zu genügen. Vielmehr verfasse ich sie aus schierer Freude daran, die Weineindrücke anderer zu lesen und im Gegenzug meine eigenen Eindrücke mitzuteilen. Wenn jemand, der sie liest, bestimmte Begriffe/Wendungen, die in ihnen enthalten sind, für sinnlos hält, sei ihm das unbenommen - ich werde trotzdem weiter so formulieren, wie ich es für angemessen halte.

Wichtig ist, ob die Metapher funktioniert, daher einen Sinneseindruck vermittelt oder nicht. Dabei könnte sich die sprachliche Übereinkunft theoretisch extrem vom Basisbegriff in seiner ursprünglichen Bedeutung oder in seinen Eigenschaften für den Geschmacksinn entfernen. Tatsächlich darf sie nicht zu weit gehen, ohne Anstoß zu erregen.
Als ich einst zu meinem österreichischen Opa sagte, die Knödel schmecken ja wie aufgeweichtes Zeitungspapier, fragte er, ob ich dieses denn schon probiert hätte, um mir klar zu machen, wie töricht ich bin. Habe ich nicht, sagte ich, aber so stelle ich es mir vor – und hatte das Gefühl, gut zu argumentieren.
Bei „Mineralität“ habe ich manchmal den Eindruck, die Übereinkunft meine nur etwas, was nicht Pflanze/Frucht, nicht Säure, nicht Süße, nicht Tannin, nicht Wald ist…. sondern kühl anorganisch anmutet. In anderen Fällen scheint es um sehr Konkretes wie Strandsand zu gehen, der in den Mund fliegt.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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mixalhs

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMi 31. Mai 2023, 13:03

Kirchenbank

Zum Thema Bordeaux 2022 kann und möchte ich nichts beitragen (da kenne ich mich nicht aus - habe ja bisher keinen einzigen 2022er BDX im Glas gehabt); das Epitheton "Kirchenbank" zur Charakterisierung der Geruchs oder des Geschmacks von Weinen finde ich aber schon intereressant. Ich vermute, dass das ganz unterschiedliche Assoziationen hervorruft, je nachdem welche persönlichen Erfahrungen man gemacht hat. Die letzte Kirche, zum Beispiel, in der ich mich auf die Bank gesetzt habe, war in Thessaloniki, und ich muss sagen, dass es in orthodoxen Kirchen schon deutlich anders riecht als in protestantischen oder katholischen. Das sind natürlich nicht nur die Kirchenbänke, aber ein Stück Holz, das 500 Jahre lang Weihrauch aufgesogen hat, gibt schon ein wenig andere Aromen ab als das Holz der Bank eines protestantischen Kirchenneubaus aus den 2000ern. Langer Worte kurzer Sinn: Der Begriff ist wenig hilfreich zur Charakterisierung von Weinen.
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EThC

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMi 31. Mai 2023, 18:29

mixalhs hat geschrieben:Der Begriff ist wenig hilfreich zur Charakterisierung von Weinen.
...das ist sicher richtig, dennoch wende ich mich nicht gegen dessen Verwendung bei einem privaten Verkoster. Es kommt m.E. da schon auf die Intention an; ein Profiverkoster, der direkt oder indirekt davon lebt, daß durch seine möglichst nachvollziehbaren Beschreibungen maximal viele Flaschen Wein verkauft werden, sollte die Kirchenbank sowie auch sehr viele Begriffe aus meinem Weinsprachschatz tunlichst nicht verwenden. Der Privatmann bzw. die Privatfrau (ist der Begriff eigentlich gendermäßig etabliert :?: :? ) hat dagegen die unschätzbare Freiheit, der Phantasie freien Lauf zu lassen. Wenn ein Außenstehender damit nichts anfangen kann, so what... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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