Seite 1 von 2

Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: Fr 23. Sep 2022, 22:09
von Rieslingfan
Für die dem VDP angehörigen Winzer ist u. a. vorgeschrieben, dass die Weine traditionell ausgebaut werden.

Dazu habe ich u. a. gelesen, dass man darunter den Ausbau im großen Holzfass oder Edelstahltank versteht, aber z. B. der Ausbau im Barrique keine traditionelle Ausbaumethode ist.

Gibt es dazu evtl. detailliertere Angaben, was letztendlich unter traditionellem Ausbau zu verstehen ist und was nicht?

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 10:24
von EThC
...ohne jetzt nochmal genau recherchiert zu haben, verwendet der VDP das Wort "traditionell" im Zusammenhang mit Rebsorten und Lagen. Wenn's auch auf den Ausbau angewendet würde, dürfte z.B. von Winning die meisten seiner Weine nicht in der VDP-Klassifikation unterbringen.

Hast Du da eine Quelle dafür?

Überhaupt ist das mit der Tradition ja so eine Sache, wie lange braucht man, bis etwas traditionell ist und ab wann ist's das nicht mehr?

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 12:00
von Kle
EThC hat geschrieben:...ohne jetzt nochmal genau recherchiert zu haben, verwendet der VDP das Wort "traditionell" im Zusammenhang mit Rebsorten und Lagen. Wenn's auch auf den Ausbau angewendet würde, dürfte z.B. von Winning die meisten seiner Weine nicht in der VDP-Klassifikation unterbringen.

Hast Du da eine Quelle dafür?

Überhaupt ist das mit der Tradition ja so eine Sache, wie lange braucht man, bis etwas traditionell ist und ab wann ist's das nicht mehr?

erschreckend, wenn pauschal jede Innovation untersagt werden würde. Wobei etwa oxidativer Ausbau oder in Amphoren dann ja nur regional als „nicht traditionell“ angesehen werden könnten. Tatsächlich begibt sich der VDP in diesen Nebel, wenn auch ausschließlich bei den GG.
VINIFIKATION
Die Weine werden ausschließlich mittels traditioneller Produktionsverfahren erzeugt.
https://www.vdp.de/de/die-weine/klassifikation#c78

Fast kann man da schon dankbar über den dehnbaren Begriff sein und den Verzicht darauf, Methoden vorzuschreiben. Es könnte ja auch einen lustigen Verband deutscher Köche geben.
Wir kochen traditionell, daher mit Rezepten aus spätestens den 80er Jahren. Wir nehmen Butter und Schmalz, Mehlschwitze und als Hauptgericht Fisch oder Fleisch.

Gruß, Kle

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 12:12
von Kle
PS: die Formulierung könnte natürlich vor allem gegen umstrittene Techno-Innovationen wie Mostkonzentration etc. gerichtet sein.

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 13:04
von jessesmaria
Ist nicht Holzausbau beim Riesling sogar sehr traditionell? Ich meine mich zumindest zu erinnern, dass Stephan Attmann das mal in einem Interview behauptet hat.

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 13:41
von amateur des vins
jessesmaria hat geschrieben:Ist nicht Holzausbau beim Riesling sogar sehr traditionell?
NiRoSta gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Riesling gibt es länger.

tl;dr
ja

Und dann gibt es da noch den klitzekleinen Unterschied von rund einem Faktor 10 zwischen den Volumina von Barrique und Doppelstückfaß.

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 14:00
von Rieslingfan
EThC hat geschrieben:...ohne jetzt nochmal genau recherchiert zu haben, verwendet der VDP das Wort "traditionell" im Zusammenhang mit Rebsorten und Lagen. Wenn's auch auf den Ausbau angewendet würde, dürfte z.B. von Winning die meisten seiner Weine nicht in der VDP-Klassifikation unterbringen.

Hast Du da eine Quelle dafür?

Überhaupt ist das mit der Tradition ja so eine Sache, wie lange braucht man, bis etwas traditionell ist und ab wann ist's das nicht mehr?


Leider finde ich die Quelle nicht mehr, die besagt, dass der VDP das Wort "traditionell" auch im Bezug auf den Ausbau anwendet.

Die Quelle zur Definition des Begriffs "traditioneller Ausbau" stammt von Wein-plus.
Unter dem umgangssprachlichen Begriff traditioneller Ausbau versteht man, dass ein Wein „nach alter und traditioneller Art und Weise“ ohne Einsatz neuerer Verfahren produziert wurde. In der Regel wird darunter verstanden, dass der Ausbau im großen Holzfass oder vielleicht auch im Edelstahltank, aber eben keinesfalls auf „moderne“ Art in Barrique erfolgte.

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 16:22
von EThC
Rieslingfan hat geschrieben:Leider finde ich die Quelle nicht mehr, die besagt, dass der VDP das Wort "traditionell" auch im Bezug auf den Ausbau anwendet.
...hat Kle ja dankenswerterweise schon gefunden (s.o). Aber wenn der VDP die Wein-Plus-Definition 1:1 übernehmen würde, müßten einige der VDP-Weinchen umbenannt werden. Edelstahl ist mittlerweile so lange im Einsatz, daß es wohl schon Tradition ist, es gibt GG's, die zumindest teilweise im Betonei ausgebaut wurden (Tradition :?: :? :roll: ), ein bißchen Amphore gibt's da auch (zwar seit tausenden von Jahren Tradition, nur hier nicht), Chardonnay gibt's in Baden schon als GG (ist ja auch schon seit 31 Jahren in D als Sorte zugelassen :o ). Wahrscheinlich hat auch jeder Regionalverband des VDP da seine eigene Linie, so wie bei den Klassifizierungen auch...

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 17:37
von Rieslingfan
Bei Wittmann heißt es z. B. "Die Weine vergären zum Großteil im traditionellen Holzfass" Der laut Wein-plus "regelwidrige" Ausbau im Barrique nutzt er meiner Kenntnis nach nicht.

Für mich ein interessantes Thema, das weiterhin im Sinne von "traditioneller Ausbau" etliche Fragen offen lässt.

Um nicht falsch verstanden zu werden, Wittmann dient hier lediglich als Beispiel und aus meiner Sicht spricht auch nichts gegen einen Ausbau im Barrique.

Zudem ist mir zur Definition von "traditionellem Ausbau" bisher nur die Interpretation von Wein-plus bekannt, daher wäre es interessant weitere Quellen zu nennen, insbesondere was den Ausbau im Barrique anbelangt.

Re: Was versteht man unter "Traditionellem Ausbau"?

BeitragVerfasst: So 25. Sep 2022, 20:44
von Bernd Schulz
Rieslingfan hat geschrieben:Die Quelle zur Definition des Begriffs "traditioneller Ausbau" stammt von Wein-plus.

"Unter dem umgangssprachlichen Begriff traditioneller Ausbau versteht man, dass ein Wein „nach alter und traditioneller Art und Weise“ ohne Einsatz neuerer Verfahren produziert wurde. In der Regel wird darunter verstanden, dass der Ausbau im großen Holzfass oder vielleicht auch im Edelstahltank, aber eben keinesfalls auf „moderne“ Art in Barrique erfolgte."


Da wäre erst einmal die Frage, auf welche Rebsorte sich die Wein-Plus-Zeilen beziehen? Riesling wird selten und sicher nicht "traditionell" im Barrique ausgebaut, aber der ganze VDP Ahr z.b. produziert in der Hauptsache Rotweine (so er denn überhaupt noch produziert :cry: ) - und die ganz selbstverständlich unter anderem im Barrique. Auch in anderen Anbaugebieten gibt es genug VDP-Erzeuger, die rote und weiße Burgundersorten unter Barrique-Einsatz ausbauen. Mit der Formulierung "traditioneller Ausbau" ist also seitens des VDPs gewiss nicht die Vermeidung von Barriques gemeint.

Meines Erachtens handelt es sich bei dem Attribut "traditionell" im hier vorliegenden Kontext um einen Gummibegriff, der alles und nichts besagen kann.

Kle hat geschrieben:PS: die Formulierung könnte natürlich vor allem gegen umstrittene Techno-Innovationen wie Mostkonzentration etc. gerichtet sein.


Eine klare Aussage im Sinne von Butter bei die Fische wäre dann "Unsere Mitglieder verzichten bewusst auf Mostkonzentration". Das vage Gerede/Geschreibe über einen wie auch immer gearteten "traditionellen Ausbau" dagegen kann man sich aus meiner Sicht komplett schenken.

Herzliche Grüße

Bernd