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Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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jonflo

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Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

BeitragMi 17. Mär 2021, 14:00

Hallo zusammen

Ich bin einer der stillen Leser und Lernen und möchte mich für die vielen tollen Beiträge bedanken.
Richtig klasse was da alle an Wissen vorhanden ist -irgendwann komm ich dann auch noch dorthin.
Kurz zu mir: Als ich aufgehört habe zu rauchen, sparte ich ein paar Franken an. Was willste mit denen machen -ach komm, gönn dir doch mal einen dieser überteuerten Bdx, den du schon immer mal probieren wolltest.
Glück gehabt auf Ricardo und eine richtig tolle Flasche erwischt welche super gereift war (Comtesse 06). Die Liebe/Leidenschaft/Sammlerbedürnis zu Bdx wurde entdeckt und nun 4 Jahre später eigener Weinkeller gebaut und so ca. 1000 Fläschchen darin. Bezeichne mich aber immer noch als Newbie da ich immer noch warte bis der erste Jahrgang '16 richtig reif wird. Momentan sehr teures "Hobby" da man auf Vorrat kauft und zusätzlich den aktuellen Konsum abdecken muss. Und die Ansprüche steigen je mehr man kennt...

Nun zur Frage: Die Cru Bourgeoise Klassifizierung finde ich ja toll, ist so quasi eine Hilfe um Weine grundsätzlich einzuschätzen dass das was sein könnte. Nun gibt es aber Gewächse, welche meiner Meinung saumässig gut sind (Clos Manou, le grand Verdus, Reysse, ...), jedoch nicht "klassifiziert" sind. Was ist der Grund hierfür: Kosten, Aufwand, Eigenwilligkeit der Besitzer oder sonst was? An der Qualität kann es meiner bescheidenen Meinung nicht liegen, oder?!? Nicht dass dies mir etwas bedeuten würde ob diese Klassifiziert sind -vielmehr die Frage ob noch weitere tolle Weine da draussen sind welche noch nicht entdeckt wurden durch mich. Die grossen Namen (=teuer) ist ja nicht die Herausforderung. Ich bin da im +/- 30Fr. Bereich zuhause. Zusätzlich gibt es ja noch Blaie, Fronsac, Côte de Bourg, nicht zu vergessen Pessac-Léognon welche potentielle Juwelen hätten. Aber wie erfährt man von denen -ausser durch enormes Wissen, lesen oder durch den Weinhändler welcher diesen anpreist, jedoch auch verkaufen möchte und daher nicht immer ganzganz objektiv ist. Wobei ich sagen muss, Gerstl finde ich super. Viele tolle (mir unbekannte) Weine dort gekauft!

Da wir schon beim Fragen sind, hier eine weitere: Gibt es eine Übersicht, welche generellen Vorlieben die einzelnen Verkoster haben sodass man die Texte/Punkte besser einschätzen kann auf den eigenen Geschmack? Das einzige Beispiel zum anfügen ist Luca Marroni mit 99 Punkten -dann weiss ich, dass ich sicherlich nicht diesen nehme (bewertet er die Bdx Weine auch so?). Ausschlaggebend ist die eigene Vorliebe, klar, aber wenn ich besser einschätzen kann wie die Profis "ticken" bei Bewertungen, kann ich besser ableiten was mir passen könnte.

Besten Dank

Jon
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jonflo

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Re: Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

BeitragMi 17. Mär 2021, 17:30

ahh, und noch eine Frage: Bei Saint Emilions gibt es ja 78 (offizielle) Grand Cru classés.
Oftmals lese ich aber auch Saint Emilion Grand Cru -ohne classés, bei ganz vielen Weinen. Ist das auch eine Klassifizierung oder eher nur eine Herkunftsbezeichnung? Sagt das irgendetwas aus?
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innauen

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Re: Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

BeitragDo 18. Mär 2021, 08:11

Hallo und willkommen im Forum,

ich fange mal mit ein paar vorläufigen Antworten an. Vorläufig deshalb weil insbesondere zu Frage drei eine Menge möglicher Antworten bestehen.

Zur Klassifikation. Ob ein Weingut zur Klassifikation ansteht, entscheidet das Weingut selbst. Das berühmteste Cru Bourgeois Weingut ist zB offiziell keines mehr, Sociando Mallet. Es gibt keinen Zwang zur Klassifikation. Treten Weingüter an, müssen sie bestimmten formalen Kriterien genügen (Mindestgröße, Rebdichte, Holzfassausbau etc.). Und dann können Kandidaten auch aus qualitative Gründen zurückgewiesen werden, was auch passiert und wogegen geklagt wird. Die Mitgliedschaft in der Alliance des Crus Bourgeois du Médoc dürfte auch etwas kosten. Winzer werden Aufwand und Marketingnutzen abwägen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Cru_Bourgeois

Bei den Grand Cru aus St. Emilion verhält es sich etwas anders. Es gibt zwei unterschiedliche kommunale Appellationen. Wer sein Weingut auf dem Gebiet der Appellation St. Emilion Grand Cru hat, bekommt diesen Titel also mit dem Boden mitgeliefert. Interessant wird es deshalb erst wenn unter den Grand Cru Weingütern die Cru Classé und Premier Grand Cru ausgewählt werden.

Und zu den Kritikern. Das ist auch aber auch vor allem eine Frage der individuellen, persönlichen Vorliebe. Natürlich ist es der Job eines Kritikers Weine möglichst objektiv zu beurteilen. Doch Fehler, Unstimmigkeiten oder Ungenießbarkeiten kommen bei dem technischen Standard der heutigen Weinproduktion so gut wie gar nicht mehr vor. Das war vor 30 Jahren noch anders. Ob ein Kritiker einem Wein nun 90 oder gleich 92 Punkte gibt, ist gewürfelt. Such Dir einen Kritiker (es gibt aber auch talentierte Weinhändler) aus, denen Du vertraust, weil sie Deine Vorlieben treffen.

Grüße und viel Spaß auf dem Forum,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Re: Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

BeitragDo 18. Mär 2021, 08:47

Moin moin und willkommen!

Zu Bdx selbst kann ich Dir mangels eigener Erfahrung gar nichts Erhellendes sagen, aber da gibt's hier genügend Spezialisten, die Dir da weiterhelfen können, an Lesestoff zu dem Thema mangelt es hier wahrlich nicht.

Aber zu den Kritikern ein bißchen was: am Anfang meiner Trinkerkarriere hab ich -wie praktisch alle anderen auch- darauf vertraut, daß viele Punkte auch gleichbedeutend mit viel Qualität bzw. Spaß im Glas sind. Wenn sich da bei mir keine Deckungsgleichheit einstellte, hab ich anfangs immer zuerst an mir selbst gezweifelt, so in dem Sinne, daß ich das, was da jeweils im Glas war, einfach aufgrund meiner Unbedarftheit nicht zu würdigen weiß und hab mir das Zeug oft genug auch schöngeredet. Erst im Laufe der Jahre wurde ich hinsichtlich meines eigenen Geschmackes selbstbewußter und habe gelernt, die Profimeinungen für mich einzuordnen. Heute schaue ich auf (fast) gar keine professionellen Bewertungen mehr, auf Punkte gar nicht, wenn dann eher auf die zu einem Wein verfaßte Prosa. Und es ist in meinem Fall nur ein einziger Verkoster übrig geblieben, bei dem sich eine relativ hohe Übereinstimmung mit meinen Einschätzungen ergibt, der also anscheinend ähnlich tickt wie ich, das ist Christoph Raffelt. Der steht allerdings nicht in einer Reihe mit den großen Namen wie Parker, Gabriel, Gerstl etc. (um mal ein paar Namen anzuführen, die im Bdx-Kontext immer wieder auftauchen), denn er hat eine ganz andere geschäftliche Ausrichtung.

Deshalb meine Empfehlung: wenn Du meinst, daß solche Profipunkte für Dich ein willkommenes oder gar nötiges Hilfsmittel sind oder sein sollten (z.B. in Bezug auf die Bdx-Subserei), dann vergleiche einfach, ob Dein persönlicher Spaßfaktor mit den von einem Verkoster aufgestellten Bewertungen für Dich in Einklang zu bringen sind. Das wird sicher ein, zwei, drei oder noch mehr Jahre bis zu einem belastbaren Ergebnis dauern, aber da wirst Du durch müssen. Der Weg ist das Ziel! :D

Und noch was: Luca Maroni bewertet grundsätzlich nur italienische Weine...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
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jonflo

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Re: Vorstellung und gleich ein paar Bdx-Fragen

BeitragDo 18. Mär 2021, 11:47

Novinophobie -das trifft es ganz gut bei mir :lol:
Und fast schon der Zwang Weine mit hoher Anpreisung/Lobhudelei/Punkte querbeet mit dem Prädikat "will haben /muss probieren" zu markieren und auf die Einkaufsliste zu setzen. Immer mit dem Ziel den Weinhorizont zu erweitern. Soll ein weitverbreitetes Problem sein...

Besten Dank für die Antworten und Tips, Christoph Raffelt war mir unbekannt und ich erkenne mich in der Beschreibung der Startphase Deiner Trinkerkarriere recht gut wieder. Für mich ist es schwierig "Qualität" zu erkennen unter den vielen Varianzen welches jedes Gebiet/Traubensorte/Herstellung hervorbringt. Ich kann dies noch schlecht systematisch einordnen. Bei Bdx kratze ich erst an der Oberfläche. Da wird wohl nur viel Praxis helfen.

Stimmt Sociando wäre ja eigentlich das Zugpferd in dieser Klassifikation -oder aber zu gut um dort mitzumachen. Für mich sind diese Klassifikationen halt sinnvoll da man hier einen guten Überblick erhält über die Kleineren -besonders da ich eher Linksufrig zuhause bin.

Auf ein anderes Mal

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