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Anfängerfragen

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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austria_traveller

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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 07:47

MichaelS hat geschrieben:Wann kann/sollte ich nen guten Rotwein trinken.

Ganz einfach: Wenn er schmeckt !
Und das findest du nur hinaus wenn du Wein in verschiedenen Reifestadien trinkst. Nur dann kannst du sehen, oder Wein lieber gereift trinkst oder ob die die Primärfruchtaromen besser zusagen.
Wein reifen lassen kannst du mMn nur dann, wenn du weißt was dir schmeckt

MichaelS hat geschrieben:Und wie ist das mit karaffieren?

Das solltest du einfach vergessen.
Du willst den Wein ja erkunden, deinen eigenen Gaumen schulen und nicht die Entwicklungsphase deines Weines überspringen

Ansonsten halte ich es ziemlich mit meinen Vorscheibern; das mit den 10 Flaschen je Wein ist auch mir vollkommen unklar. Du kaufst 10 Flaschen Wein ohne zu wissen wie er schmeckt. Besser wären Einzelflaschen und dass du mit deine Erfahrungen jetzt eher mal eher die Breite gehst.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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Dilbert

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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 09:57

MichaelS hat geschrieben:Bislang habe ich jeweils zehn Flaschen Viña Ardanza 2010, Château de Retout 2015, Château Carmenere 2015, Clos Manou 2016,Il Poggione Brunello di Montalcino, 2012 und noch Barolo Monvigliero von Bel Colle 2013.


Hallo Michael,

nicht falsch verstehen: aber grob überschlagen hast Du jetzt etwa 1500 EUR ausgegeben, um 6 Weine kennenzulernen. das halte ich für relativ kostspielig - zumindest wenn Du so fortfahren möchtest!

Was hier ja schon oft gesagt wurde: gerade am Anfang geht nichts über probieren, probieren und wiederum probieren. Du musst Dir Deine eigenen Präferenzen herausbilden. Und Du musst davon ausgehen, dass sich diese Präferenzen auch wieder ändern werden. Ich habe vor gut 30 Jahren auch mit Bordeaux angefangen. Damals gabs leider noch kein Internet und man war auf die wenigen Fachzeitschriften angewiesen oder auf einige wenige sehr allgemein gehaltene Bücher von Johnson oder Broadbent. Vieles was ich damals gekauft habe, war sein Geld nicht wert (z.B. Croizet-Bages aus 1985). Andere Sachen trinke ich heute noch ganz gerne wie den Il Falcone von Rivera. Mit Beginn von Talk-About-Wine (dem - sorry, wenn ich das so sage - Vorgängerforum) hielt dann eine gezieltere Herangehensweise Einzug. Allerdings gab es auch seitdem wieder Geschmacksveränderungen bei mir. Die vielen Priorats aus der Anfangszeit von TAW trinke ich nur noch "leer". Inzwischen bin ich bei Rotwein sehr klassisch unterwegs: Pinot Noir/Spätburgunder aus F und D, Bordeaux eher klassischer Prägung, Rioja ebenfalls traditionell, neuerdings auch eine wenig Barolo und gerade fange ich wieder mit den eher kühleren Syrahs von der Nordrhone an zu sympathisieren. Bei den Weißweinen bin ich klassisch bei Riesling, Chardonnay, Weißburgunder und Silvaner - aber auch hier gilt: es gibt viel rechts und links davon zu entdecken. Obwohl ich mich jetzt schon 30 Jahre mit dem Thema beschäftige, komme ich mir immer noch wie eine "Unwissender" vor! :lol:

Und was die Haltbarkeit von Rot-und Weißwein anbelangt wage ich mal die provakante These: es gibt keine Unterschiede!! Viele Weißweine werden zu jung getrunken und viele Rotweine werden zu lange gelagert! :mrgreen:

Im Ernst, eher "einfache" Rotweine sind für den schnellen Verbrauch gedacht (und damit meine ich keinen Supermarkt-Chianti, sondern z.B. auch den am Samstag zur Pizza getrunkenen Crozes-Hermitage "Les Trois Chenes" von Emmanuel Darnaud). Das hat perfekt gepasst. Komplexere Weißweine (und das merkst Du leider auch oft an den ambitionierteren Preisen) sind natürlich auch für die lange Lagerung gedacht. Ein großer trockener Riesling (z.B. ein GG aus D) kann durchaus 15 bis 20 Jahre reifen und gewinnt dabei auch an Komplexität. Genauso ist es bei sehr guten Chardonnay aus dem Burgund. Von süßen und edelsüßen Weinen rede ich erst gar nicht!

Zum Aldi-Barolo: kauf Dir ruhig mal eine Flasche und mache dazu im Vergleich den Bel Colle auf, ich denke Du wirst die Unterschiede erkennen, aber das kannst Du eben nur, wenn Du Erfahrungen - auch negative - sammelst!!

Und was die deutschen Rotweine anbelangt: es gibt ja immer wieder Diskussionen zu deutschen Spätburgundern und französischen Pinot Noirs. Natürlich gibt es da Unterschiede und natürlich muss ein deutscher Spätburgunder auch nicht wie ein Pinot aus F schmecken. Alles hat seine Berechtigung, wenn es gut gemacht ist! Und mit zunehmender Klimaveränderung und auch Erfahrung der Winzer werden Rotweine aus D immer besser und sind in vielen Bereichen ihren ausländischen Pendants schon ebenbürtig! Aber auch hier gibt es Themen, die man nicht einfach wett machen kann: in Burgund gibt es eben ein außergewöhnliches Terroir und die Winzer haben hier über Generationen Erfahrungen mit den Rebsorten gesammelt. Und diese Erfahrungen kannst Du dann immer wieder in einen neuen Jahrgang einfließen lassen - das bedeutet aber auch, dass jede Verbesserung immer auch erst mit einem Jahr Zeitverzug eintreten kann. Hier ist also Erfahrung und Zeit ein durchaus entscheidender Faktor! Aber wie gesagt - viele etablierte Winzer in D wie Huber, Knipser o.a. haben inzwischen ebenfalls einen reichen Erfahrungsschatz und können natürlich auch in einer globaleren Welt aus den Fehlern lernen, die woanders gemacht wurden!

Aber all dies wird nicht Deine Zunge und Deinen Geschmackssinn ersetzen. Letztendlich musst Du entscheiden, was Dir schmeckt und dabei kommt es nur nachrangig auf den Preis oder auf Parker-Punkte oder sonstige Bewertungen an! :mrgreen:

Viel Spass!

Gruß,
Jochen
Zuletzt geändert von Dilbert am Mo 7. Dez 2020, 11:00, insgesamt 1-mal geändert.
„Eine Magnum-Flasche? Genau die richtige Größe für einen schönen Abend. Vorausgesetzt, man beginnt mit einem Champagner, man endet das Menu mit einem Sauternes, und man ist allein daheim…“
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medoc

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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 10:33

Was mir am Anfang unheimlich geholfen hat waren Weinproben jeglicher art. Ist natürlich im Moment schwierig.
Vielleicht hast du in der Nähe einen Jaques Wein-Depot. Dort kann man, zumindest war es früher so, ziemlich jeden Wein probieren. Mir hat es damals geholfen meine Präferenzen zu finden.
Mit den Jahren kommt dann jede Menge Erfahrung hinzu und man weiß, was einem schmeckt. Es kann dann auch in einen unvernünftigen Maß enden, so dass der Keller voller wird als das man es noch alles trinken könnte.
Macht aber dafür unheimlich Spaß.
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theater69

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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 16:57

Michael, welcome to the Club!

Wie schon von diversen Vorschreibern mitgeteilt: Probieren geht über studieren! Gute Weinhändler machen regelmäßig z.B. Weinproben/Weinabende auf denen Du Dich in die verschiedenen Gegenden "eintrinken" kannst. Fläschchen mitnehmen und zuhause in Ruhe nachverkosten. Aufschreiben. Wieder hingehen und sich beraten lassen ...
Ja, so ging es bei mir los. :lol:

Was die Trinkreife angeht: Der "Kleine Johnson" gibt seine Prognosen jährlich ab und ich muß sagen, ich war da noch nie enttäuscht (außer, daß das Weingut bei ihm nicht erwähnt wurde, aber das ist ein anderes Thema ;))
LG
Andreas

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Es soll keiner so wenig Wein trinken, dass er seiner Gesundheit schadet (Marc Aurel)
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MichaelS

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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 23:06

Hallo nochmal,

Ihr habt ja recht. Das war nicht so geschickt, gleich 10 Flaschen jeweils vom gleichen Stoff zu kaufen. Ich habe mich von den Bewertungen mitreißen lassen und wollte mir halt nen Grundstock zulegen, den ich in den kommenden 5 bis 10 Jahre abarbeite. Weitere Weine werden definitiv erstmal nicht gekauft. Jetzt fang ich erstmal mit dem Viña Ardanza von 2010 an. Der ist ja schon alt genug.

Ich hab jetzt nen längeren Weg vor mir und würde mich freuen, wenn ich den hin und wieder mit euch gehen könnte, es werden sicher weitere Fragen aufpoppen. Es gibt bei mir auch einen Weinclub, vielleicht werden ich da in Nach-Corona-Zeiten mal vorbeischauen.

Auf jeden Fall noch einmal herzlichen Dank für eure Hilfe. Ihr habt mich schon davor bewahrt, den Aldi-Barolo zu kaufen. Der von Bel Colle wird bestimmt spannend werden.

Liebe Grüße

Michael
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austria_traveller

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Re: Anfängerfragen

BeitragDi 8. Dez 2020, 10:17

MichaelS hat geschrieben:Jetzt fang ich erstmal mit dem Viña Ardanza von 2010 an. Der ist ja schon alt genug.

Sicher nicht !
Ich habe letztens den Jahrgang 2009 probiert und der ist noch alles andere als zugänglich!

Ich würde alle Weine die du gekauft hast mal schlafen lassen und mir bei einem deiner Weinhändler wo du gekauft hast eine Auswahl an einfachen, jetzt trinkreifen Weinen bestellen.
Du kannst ja mal den Weinhändler fragen was er dir für den Anfang empfehlen würde - ich kann dir aber auch einen Händler empfehlen, der günstigere Weine im Sortiment hat. Da kannst du mal deinen Gaumen schärfen ohne gleich viel Geld auszugeben.
Ohne Ahnung was mir schmeckt würde ich jetzt nicht auf Luft deine Flaschen köpfen.
Das wäre mir für den Anfang zu schade ;)
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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amateur des vins

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Re: Anfängerfragen

BeitragDi 8. Dez 2020, 10:58

Gerhards Ansatz mit "anderen, trinkreifen" Weinen ist sicher gut. Im Gegensatz zu ihm würde ich aber gerade eine von zehn Flaschen jetzt aufziehen - wie sonst soll denn das eigene Urteil wachsen? Das Caveat! bzgl. der Trinkreife kann dabei ja im Hinterkopf sein. Und wenn dann irgendwas garnicht oder nicht so richtig schmeckt, finden sich sicher Foristi, die ihren Senf dazu abgeben und das einordnen können.
Besten Gruß, Karsten
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OsCor

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Re: Anfängerfragen

BeitragDi 8. Dez 2020, 11:13

Das sehe ich so wie Karsten. Du hast nun mal 10 Flaschen von jeder Sorte und kannst dann z.B. jedes Jahr eine aufmachen und die Entwicklung beobachten - die des Weines und deine eigene. Äußerst hilfreich ist es natürlich, sich ausführliche Notizen zu machen - auch das muss sich in Form und Umfang erst noch einspielen.
Was auch eine Rolle spielen kann, wo dir die Vielzahl der Flaschen helfen kann: Deine Tagesform beim Verkosten und Trinken wird (möglicherweise im Einzelfall sogar drastisch) schwanken; eine einzelne Flasche kann leicht Opfer dieser Tatsache werden. Suche mal nach dem Begriff Tagesform in diesem Forum :-) Ich habe sagenhafte 171 Einträge gefunden. Das ist also relevant.

Gruß von einem, der schon aus Altersgründen seinen Anfängerstatus nicht mehr los werden wird
Oswald
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austria_traveller

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Re: Anfängerfragen

BeitragDi 8. Dez 2020, 12:01

OsCor hat geschrieben:kannst dann z.B. jedes Jahr eine aufmachen und die Entwicklung beobachten

Sicher kann er das.
Aber ob ihm das halt reichen wird ist die Frage.
Und ob die Freude groß sein wird bei einem 2012er Brunello .... na ich weiß nicht.
Aber er soll mal machen und seine Erfahrungen sammeln
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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OsCor

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Re: Anfängerfragen

BeitragDi 8. Dez 2020, 14:00

Ich wollte dir im Einzelnen gar nicht widersprechen. Erfahrungen sammeln heißt auch Lehrgeld zahlen. Das gilt ebenso für die Möglichkeit, Wein zu verschenken, wenn einem einer partout nicht zusagt. Lernen muss man auch, wem man welchen Wein schenken sollte ;-)
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