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Anfängerfragen

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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MichaelS

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Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 13:40

Liebe Weinkenner,

ich lese hier ab und zu mit und bin immer wieder erstaunt über das profunde Wissen was hier herrscht. Ich bin selber totaler Anfänger, eigentlich eher Weißweintrinker aber taste mich gerade an die roten heran. Hab bei Lobenberg und paar anderen im größeren Stil eingekauft und möchte die nun ein paar Jahre einlagern. Bislang habe ich jeweils zehn Flaschen Viña Ardanza 2010, Château de Retout 2015, Château Carmenere 2015, Clos Manou 2016,Il Poggione Brunello di Montalcino, 2012 und noch Barolo Monvigliero von Bel Colle 2013.Ich hoffe, das ist eine gute Zusammenstellung für den Anfang.

Nun habe ich einige Fragen, die den meisten von euch völlig banal vorkommen mögen. Ich möchte sie trotzdem stellen und hoffe auf ein paar freundliche Antworten.

1. Beim Weißwein höre ich immer, dass man sie jung trinken kann und soll. Ein 2019er Weißburgunder ist absolut trinkbar. Beim Rotwein scheint das ja nicht so zu sein. Ab welchem Alter würdet ihr nen Rotwein denn trinken? Kann ich z.B die oben genannten Bordeaux von 2015 schon trinken?
2. Über dekantieren und karaffieren habe ich nun gelesen. Auf jeder Seite steht, dass man einen jungen Rotwein karaffieren sollte. Aber nirgends steht, was denn ein junger Rotwein ist. Ist einer von 2010 noch jung?
3. Oft lese ich, dass ein Wein noch „verschlossen“ war. Was bedeutet denn das? Woran merke ich, ob ein Wein noch verschlossen ist und längere Lagerung bräuchte?
4. Ich wollte mir ja paar Barolo und Brunello zulegen und war zunächst über die Preise erstaunt. Unter 30 Euro kriegt man ja keinen. Jetzt gibts aber die Woche einen echten Barolo bei Aldi für 14,99 Euro. Ist der dann so viel schlechter? Sagt der Preis schon etwas über die Qualität?
5. Ich komme aus Südbaden und liebe die dortigen Weißweine. Aber mit den Rotweinen, also den Spätburgundern, kann ich mich nicht so anfreunden und habe deshalb zu den Spaniern, Franzosen und Italienern gegriffen. Tu ich dem deutschen Rotwein unrecht? Ist der qualitativ ebenbürtig?

So viel erst einmal, danke für eure Geduld und für eure Antworten.
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Bernd Schulz

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 15:50

Hallo Michael,

ich bemühe mich mal um wenigstens ein paar Antworten auf deine Fragen:


MichaelS hat geschrieben:1. Beim Weißwein höre ich immer, dass man sie jung trinken kann und soll. Ein 2019er Weißburgunder ist absolut trinkbar. Beim Rotwein scheint das ja nicht so zu sein. Ab welchem Alter würdet ihr nen Rotwein denn trinken?


Alle Pauschalaussagen sind und bleiben eben - pauschal! Es gibt auch Weißweine, die im Alter von zwei Jahren tendenziell viel zu jung sind. Und auf dieser Welt existieren genug Rotweine, die dazu gedacht sind, relativ bald ihrer Bestimmung zugeführt zu werden.

MichaelS hat geschrieben:3. Oft lese ich, dass ein Wein noch „verschlossen“ war. Was bedeutet denn das? Woran merke ich, ob ein Wein noch verschlossen ist und längere Lagerung bräuchte?


Wenn ein Wein, der dem Namen nach reichhaltig und komplex schmecken müsste (ein BDX aus sehr gutem Hause z.b. oder ein hochrangiger trockener Riesling von einem hervorragenden Erzeuger) nur sehr wenig hergibt, besteht eine nicht allzu geringe Wahrscheinlichkeit, dass er sich gerade in einer Verschlussphase befindet. Unter Umständen ist er aber auch einfach nicht dolle, oder es handelt sich um eine schwache Flasche oder um einen Korkschleicher....absolute Sicherheit gibt es da nicht....

MichaelS hat geschrieben:4. Ich wollte mir ja paar Barolo und Brunello zulegen und war zunächst über die Preise erstaunt. Unter 30 Euro kriegt man ja keinen. Jetzt gibts aber die Woche einen echten Barolo bei Aldi für 14,99 Euro. Ist der dann so viel schlechter? Sagt der Preis schon etwas über die Qualität?


Ja, der Preis sagt in diesem Falle schon etwas über die Qualität. Nach meinen Erfahrungen sind die Billig-Barolos, Bordoh-Crus, Champagner etc., die von den Discountern (vor allem gerne zur Weihnachtszeit) zum vermeintlichen Schnäpppchenpreis auf den Markt geworfen werden, in aller Regel Murks und ihr Geld nicht im Entferntesten wert. Man ist besser bedient, wenn man die 14,99 (oder auch weniger!) in einen vernünftigen Italiener, auf dessen Etikett nicht "Barolo" steht, hineinsteckt und letzteren bei einem soliden Fachhändler erwirbt.

MichaelS hat geschrieben:5. Ich komme aus Südbaden und liebe die dortigen Weißweine. Aber mit den Rotweinen, also den Spätburgundern, kann ich mich nicht so anfreunden und habe deshalb zu den Spaniern, Franzosen und Italienern gegriffen. Tu ich dem deutschen Rotwein unrecht? Ist der qualitativ ebenbürtig?


Geschmacks- und Ansichtssache. Für meinen Geschmack ist richtig guter deutscher Rotwein den Franzosen, Italienern, Spaniern etc. ebenbürtig - er ist halt (in den meisten Fällen) anders. Aber da wird mir unter Umständen dieser und jener kompetente User unseres schönen Forums widersprechen :evil: .

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am So 6. Dez 2020, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
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NoTrollingerPlease

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 16:04

Mal meine 2 cents dazu:
MichaelS hat geschrieben:Liebe Weinkenner,
1. Beim Weißwein höre ich immer, dass man sie jung trinken kann und soll. Ein 2019er Weißburgunder ist absolut trinkbar. Beim Rotwein scheint das ja nicht so zu sein. Ab welchem Alter würdet ihr nen Rotwein denn trinken? Kann ich z.B die oben genannten Bordeaux von 2015 schon trinken?

Diese Frage kann man so nicht einfach beantworten und es kommt wie immer "darauf" an... Kauf Dir einfach mal 6 Flaschen von einem Wein und verfolge ihn über 10 Jahre, dann bekommst Du ein Gefühl.
Das gilt IMHO auch für deine 2. Frage.

MichaelS hat geschrieben:Liebe Weinkenner,
3. Oft lese ich, dass ein Wein noch „verschlossen“ war. Was bedeutet denn das? Woran merke ich, ob ein Wein noch verschlossen ist und längere Lagerung bräuchte?

Schwierig zu sagen, wenn Du den Wein nicht kennst oder nicht viel Erfahrung mit anderen, vergleichbaren Weinen hast. "Verschlossen" ist ein Wein dann, wenn er nach dem Öffnen eher verhalten duftet oder eher wenig komplexe oder vordergründige Aromen hat. EIn Tipp: Wenn Du so einen Wein hast, stelle ihn in den Kühlschrank und probiere ihn über Tage. Hatte schon Weine, die erst an Tag 3-7 richtig "aufblühten". Dann weißt Du, dass sie am Anfang "verschlossen" waren :D

MichaelS hat geschrieben:Liebe Weinkenner,
4. Ich wollte mir ja paar Barolo und Brunello zulegen und war zunächst über die Preise erstaunt. Unter 30 Euro kriegt man ja keinen. Jetzt gibts aber die Woche einen echten Barolo bei Aldi für 14,99 Euro. Ist der dann so viel schlechter? Sagt der Preis schon etwas über die Qualität?

Barolo und Brunello sind die Spitze des Italienschen Weinbaus. Extreme Selektion, teure Böden, hohes Prestige und Qualität kosten Geld. Barolo unter 30 EUR sind möglich, aber von Discounter Versionen solltest Du UNBEDINGT die Finger lassen. Hat nichts mit den richtigen Weinen zu tun. Bei Lobenberg gab es im Übrigen 2016 Frateli Allessandria Barolo für 30 EUR. Da hast Du echt Spaß im Glas und einen tollen Einstieg.

MichaelS hat geschrieben:5. Ich komme aus Südbaden und liebe die dortigen Weißweine. Aber mit den Rotweinen, also den Spätburgundern, kann ich mich nicht so anfreunden und habe deshalb zu den Spaniern, Franzosen und Italienern gegriffen. Tu ich dem deutschen Rotwein unrecht? Ist der qualitativ ebenbürtig?

Du hast direkt in der Nachbarschaft mit Huber, Koch, Salwey, Bercher, Fritz Keller ein paar der besten Burgunderspezialisten in DE. Wenn du keinen Pinot magst: Die Bordeaux Cuvees von Schwegler in Korb (Beryll, Saphir und Granat) sind mindestens "UEFA Cup Hauptrunde", die roten Cuvees von Knipser dito. Kosten aber halt auch Ihren Preis. Lemberger von Aldinger und Schnaitmann sind ebenfalls absolute Spitze. IMHO gibt es in DE schon Rotweine, die mit den Südeuropäern absolut mithalten können.

VG
Dirk
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Gecko

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 17:48

Hallo Michael,

ich bin etwas erstaunt über die Herangehensweise...
Je 10 Flaschen unterschiedlichster Weine zu bestellen, ohne zu Wissen, was einen erwartet. Ich habe auch Deine Frage zur Tiefgarage gelesen. Ich habe 80% Rotwein in meinem Weinklimaschrank. Finde doch erstmal heraus, was Dir schmeckt und in welche Richtung es gehen soll. Ich trinke auch gerne Sangiovese (Brunello, Rosso, Chianti) und hatte kürzlich den Il Poggione 2012 im Glas (war ein Geschenk). Der war gut, mehr aber auch nicht. Hier würde ich ggf. mal zu einem Rosso di Montalcino raten, um ein Gefühl zu bekommen, ob Dir der Geschmack überhaupt liegt. Ich habe gerade einen 2016er Rosso offen, der brauchte viel Luft, ist aber mindestens genauso gut wie der Il Poggione...
Beim Chianti habe ich mir mal 10 Flaschen unterschiedlichster Weingüter bestellt und meine Favoriten gefunden. Hier gibt es himmelweite unterschiede, die Geschmäcker sind halt verschieden....
Genauso handhabe ich das bei neunen Sachen, z.B. habe ich mir dieses Jahr ein paar Restsüße Weine von der Mosel bestellt (Kabinett, Spätlese, Auslese) und probiere mich da durch.
Ich habe zu Beginn auch viel Wein in größeren Mengen bestellt, dann findest Du besseres, Dein Geschmack ändert sich etc. Das passiert aber wohl den meisten.
Ich denke, Du möchtest ja jetzt schon was trinkbares probieren - gereifte Weine sind teilweise schwer zu bekommen, aber es muss ja nicht immer der Bordeaux sein, den Du Vielleicht in 10 Jahren antrinken kannst. Es ist und bleibt einfach immer spannend.

Viele Grüße, Chris
Viele Grüße,
Chris
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EThC

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 18:21

MichaelS hat geschrieben:Ich bin selber totaler Anfänger

...das war hier jeder mal, ich natürlich auch. Ich habe mich damals auch teils planlos durch die Stile getrunken, war viel try and error dabei. Im Unterschied dazu habe ich in der internetlosen Zeit angefangen und es gab nicht die Möglichkeit, sich in Foren auszutauschen. Insofern hast Du Möglichkeit, die Findungsphase vielleicht von 20 Jahren auf 10 zu verkürzen... :lol:
Bernd Schulz hat geschrieben:Für meinen Geschmack ist richtig guter deutscher Rotwein den Franzosen, Italienern, Spaniern etc. ebenbürtig - er ist halt (in den meisten Fällen) anders. Aber da wird mir unter Umständen dieser und jener kompetente User unseres schönen Forums widersprechen :evil: .

...ich nicht... :ugeek:
Viele Grüße
Erich

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amateur des vins

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 18:55

Gecko hat geschrieben:ich bin etwas erstaunt über die Herangehensweise...
Je 10 Flaschen unterschiedlichster Weine zu bestellen, ohne zu Wissen, was einen erwartet. [...] Finde doch erstmal heraus, was Dir schmeckt und in welche Richtung es gehen soll.
Ich finde, genau so, nämlich durch Bestellen Trinken unterschiedlichster unbekannter Weine, findet man heraus, was einem schmeckt. ;) Ich würde dann nur nicht davon ausgehen, das Zeuch lange zu lagern: raus den Zapfen und ausprobiert. Und dann kann man weitersehen.
Besten Gruß, Karsten
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Sauternes

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 20:31

Zur Geschmacksfindung gleich 10 Flaschen von einem Wein ist nicht unbedingt Zielführend, 10 verschiedene Weine zum Gegentesten, das wäre besser.
Il Poggione 2012 hatte ich auch kürzlich, gefiel mir schon deutlich besser als vor 2 Jahren, kann man jetzt schon trinken.
Ansonsten ein Tip, Wein für 50€ schmeckt nicht automatisch doppelt so gut, wie ein Wein für 25€. Es gibt schon schönen Trinkgenuss im Bereich 10-20€.
Das immer wieder neue Endecken von unbekannten Wein macht das Erlebnis Wein trinken aus, der Weg ist also das Ziel.

Gruß Heiko
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amateur des vins

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 20:34

Oh sorry, ich habe das "Je" überlesen. Mein Fehler. Bin d'accord.
Besten Gruß, Karsten
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MichaelS

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Re: Anfängerfragen

BeitragSo 6. Dez 2020, 22:32

Hallo zusammen,

erstmal vielen herzlichen Dank für eure sehr informativen und hilfreichen Antworten. Ja, ob das sinnvoll war, dass ich Kreuz und quer eingekauft habe, weiß ich nicht. Ich habe mich von den Bewertungen bei Parker etc. und Lobenberg leiten lassen und wollte ein breites Sample unterschiedlicher Regionen. Sei‘s drum. Da wird schon was dabei sein und Geschenke braucht man ja auch immer...

Was mir noch nicht so ganz klar ist: Wann kann/sollte ich nen guten Rotwein trinken. Der Il Poggione 12 sollte ja eigentlich schon trinkbar sein, oder? Was ist mit den Bordeaux von 2015? Lieber noch reifen lassen? Und wie ist das mit karaffieren?

Noch einmal herzlichen Dank!

Seid gegrüßt

Michael
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Re: Anfängerfragen

BeitragMo 7. Dez 2020, 00:07

Bei Lobenberg gibt es u.a. auch Weinpakete zu allen möglichen Themen. Damit kann man sich in diverse Gebiete, Rebsorte und Themen „einarbeiten“.

Gibt es sicher auch von vielen anderen Händlern. Scheint mir sinnvoll, als Einstieg
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