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Eigenartiges Depot

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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piggeldy

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Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 09:48

Erst einmal ein gutes neues Jahr für alle Forumsmitglieder!

Gestern hatte ich ein leicht ekeliges Erlebnis mit dem Depot eines San Polo Brunello Reserva 2006.
Es war weich, schlammig, gräulich-lila. Nicht fast schwarz, fest und kristallin, wie ich es sonst kenne.

Kennt Ihr sowas auch? Was könnte das sein?
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EThC

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 10:47

Da das Depot aus einer Vielzahl von Stoffen bestehen kann, die ihrerseits unterschiedliche physikalische Eigenschaften besitzen, sind alle möglichen Formen zwischen fest und glibberig möglich. Kommt auf den Einzelfall an. Das kristalline ist übrigens in der Regel Weinstein und wird nicht zum Depot gerechnet, auch wenn es häufig gemeinsam anfällt. Soweit zumindest mein Wissensstand...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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Muellimov

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 12:58

Trotz eines recht umfangreichen Datenblatts auf den Webseiten der Poggio San Polo finden sich keine Angaben bezüglich Schönungen und Filtration. Allerdings werden viele Rotweine ungeschönt und unfiltriert abgefüllt. Ohne das Depot jetzt gesehen zu haben, kann ich mir folgendes vorstellen:

a) Eiweißausfällung aufgrund nicht getätigter Eiweißschönung
Das führt zu schleimigen Fäden und auch leichten Verklumpungen, die in Rotweinen (im Gegensatz zu Weißweinen!) im Wein selbst nicht zu sehen sind. Normalerweise befinden sich diese Fäden im Schwebezustand im Wein, aber eventuell liegt in diesem Fall ein Absetzen als Depot vor.

b) Botrytisbelastetes Lesegut und keine Anwendung von Beta-Glucanasen
Botrytisbelastetes Lesegut hat leider die unangenehme Eigenschaft, dass der Pilz als Stoffwechselprodukt Beta-Glucan gebildet und an die Beeren abgegeben hat. Beta-Glucan ist ein Polysaccharid, welches sich in alkoholhaltiger Lösung (sehr geringe Mengen an Alkohol reichen bereits!) zu netzartigen, schleimigen Strukturen zusammenballt. Filtration solcher Flüssigkeiten führt innerhalb kürzester Zeit zu Verblocken des Filters. Aus diesem Grund muss, wenn filtriert wird, zwingend solchem Jungwein Glucanase als Enzym zugegebene werden, um die Glucane zu spalten. Traubenbürtig ist dieses Enzym im Gegensatz zu bspw. Pektinasen nicht enthalten. Filtiert der Hersteller nicht, gelangen diese Ballen eben auch in die Flasche. Dort sind sie normalerweise in Schwebe, können sich durchaus aber auch absetzen.

c) Hefesatz ist in die Flasche gelangt
Es kann passieren, wenn nicht filtriert wird, dass am Ende etwas Hefesatz mit in die Flaschen gelangt, wenn beim Abfüllen nicht aufgepasst wird. Die Konsistenz dieses Hefesatzes ist tatsächlich weich und schlammig. Zwar ist die Farbe der Hefe selbst nicht unbedingt grau-lila, allerdings wird der Satz natürlich auch durch die Anthocyane als farbgebende Bestandteile des Rotweins mit eingefärbt.
Zuletzt geändert von Muellimov am Do 4. Jan 2018, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Holzfass

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 16:23

Ich kann zwar nicht mit Erklärungen bezüglich der Herkunft oder Ursache des Depots dienen, aber weiches, schlammiges Depot hatte ich schon öfters mal in Rotweinen. So ca. 95% der von mir konsumierten Rotweine kommen aus Italien, könnte durchaus auch ein Brunello mit so einem Depot dabei gewesen sein.
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piggeldy

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 16:34

Vielen Dank für die umfangreichen Antworten.

Würde Hefesatz noch nach Hefe riechen?
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Muellimov

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 17:15

Nein, viel zu alt und zum allergrößten Teil abgestorben und (teil-)autolysiert. Ich vermute aber, dass es sich tatsächlich um Hefesatz handelt. Die anderen beiden Möglichkeiten machen mengenmäßig nur sehr wenig aus.
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piggeldy

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragDo 4. Jan 2018, 17:56

Könnte hinkommen. War ca. ein guter halber Esslöffel. Die Masse sah aus, als wäre sie mal grau/hellgrau gewesen und hätte dann die Farbe des Weins eher schlecht angenommen. Ungefähr so, wie wenn beim Ostereier färben mal ein Ei die Farbe nicht richtig annimmt und das Ergebnis dann dann sehr hell und verwaschen ist.
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la-vita

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragSo 13. Jan 2019, 15:39

Beim gestern Abend getrunkenen

Chianti Classico - San Giusto a Rentennano 2013

hatte ich beim trinken aus dem letzten Viertel plötzlich mehrere kleine gallertartige Massen im Mund. Beim Ausspucken ins Waschbecken zeigten sich, dass das Zeugs rot gefärbt war. Beim Blick in die Flasche zeigten sich noch mehr solcher Teile einschließlich spinnwebartiger Schlieren. Hat jemand eine Idee was das sein könnte? Ich weiß auch nicht, ob dadurch der Weingenuss getrübt wurde. Ich fand den Wein nicht schlecht, aber irgendwie auch unter seinen Möglichkeiten.

Viele Grüße
Detlef
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Luki25-7

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragMi 20. Nov 2019, 17:21

Ich bin mal so frei und hänge mich hier ran...

Hab gestern einen billigen (ja wirklich billig) Bordeaux aus 2012 geöffnet. Hat nicht besonders geschmeckt. Heute habe ich einen Schluck zum Kochen verwendet und den Rest wollte ich ausgießen. Da habe ich gemerkt, dass der Korken komplett kristallin überzogen ist (Siehe Bild). Glitzert wie Steine mit hohem Quarzanteil. Depot war nur sehr gering, aber auch am Flaschenboden war einiges vom Glitzer. Erinnert auch irgendwie an Fasching und das ganze Schminkzeug.

Habt ihr schonmal sowas gehabt? Mich hat das durchaus überrascht. Habe schon einige Flaschen aufgezogen und noch nie so etwas gesehen.

Danke euch!
Dateianhänge
IMG_20191120_171154.jpg
Der Glitzer überzieht den ganzen Korken. Wenn man den dreht funkelt es. Kann man leider nicht so gut fotografieren.
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amateur des vins

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Re: Eigenartiges Depot

BeitragMi 20. Nov 2019, 17:48

Besten Gruß, Karsten
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