Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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thvins
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Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von thvins »

Was ist passiert - eine relativ junge Flasche, noch kein Jahr gefüllt wurde aus dem Keller geholt, wo er etwa ein halbes Jahr verbrachte und in der Wohnung aufrecht gestellt - gemeinsam mit anderen zum gleichen Zeitpunkt aus dem Keller geholten Flaschen. Nichts Auffälliges. zwei Tage später bemerke ich einen Korklecker - komischerweise jetzt, wo die Flasche aufrecht steht (der Wein reichte nicht bis an den Korken) tritt Flüssigkeit aus , die leicht zwischen Likör und Balsamico riecht. Ich wische den Tropfen ab und lasse die Flasche weiterhin aufrecht stehen. Einen Tag später hat es wieder einen Tropfen aus der stehenden Flasche abgesondert.

Die Flasche geöffnet, der nicht mal ein Jahr alte Korken ist komplett durchgesuppt, die offene Flasche riecht wie schon der Tropfen. Im Glas wird es nicht besser, zu den erwähnten likörigen Noten und dem beinahe Essigstich kömmen chemische Noten, die den Wein, der süßlicher schmeckt als er es sollte, eigentlich ungenießbar machen.

Was ist hier vorgefallen? Nachgärung? Liegt es an der Korkqualität? Warum trat aus der liegenden Flasche kein Tropfen aus, aber dann, aus der stehenden über mehrere Tage immer wieder? Lohnt es sich, nach einer Konterflasche zu suchen und dort auf mehr Spaß zu hoffen oder steht zu befürchten, dass eine ganze Partie dasselbe Problem aufweist?

In all den Jahren ist mir etwas derartiges so bislang noch nicht untergekommen, daher richtet sich diese Frage auch vor allem an hier mitlesende Winzer und Fachleute.
Beste Grüße

Torsten

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Bernd Schulz
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von Bernd Schulz »

Hallo Torsten,

was ist es denn ungefähr für ein Wein? Ein trockener oder einer mit spürbarem Restzucker? Die "likörigen" Noten, die den Wein süßlicher schmecken lassen, als er eigentlich sollte, sprechen aus meiner laienhaften Sicht gegen eine Nachgärung (welche ich im letzten Jahr mehrfach als Flaschenfehler erlebt habe, aber immer nur bei restsüßen Weinen).

Beste Grüße

Bernd
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thvins
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von thvins »

Hallo Bernd - ein eigentlich trockener Roter aus reifem, aber nicht überreifem Lesegut...

Nachgärung hab ich eigentlich auch eher so erlebt, dass der Wein plötzlich mit perlen anfing... Das gab es hier nicht. Ein TCA Fehler ist auch nicht erkennbar. Spaß macht es auf jeden Fall nicht und ich kenne den Wein bislang auch nicht so...
Beste Grüße

Torsten

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Bernd Schulz
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von Bernd Schulz »

Merkwürdig, sehr merkwürdig! Wenn in der stehenden Flasche Flüssigkeit durch den Korken getrieben wird, würde ich erst einmal von einem durch Kohlensäure entstandenen Überdruck ausgehen, aber so etwas scheint ja nicht vorzuliegen.

Da müssen wohl die Spezialisten ran! Was unsere Winzer und/oder Naturwissenschaftler dazu zu erzählen haben, interessiert mich jetzt schon.

Beste Grüße

Bernd
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hendrik
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von hendrik »

Ein Wunder :?: :mrgreen:

Hendrik
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thvins
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von thvins »

hendrik hat geschrieben:Ein Wunder :?: :mrgreen:

Hendrik


Die Blutung aus einer Jesus- oder Marienfigur muß wohl was ähnlich wundersames sein... :lol:

Allerdings ist hier wohl tatsächlich eher der Korken das Hauptproblem, wie ich bei näherer Betrachtung des Korkens vermute. Dennoch bleibt die Frage, wieso nicht schon was an der liegenden Flasche bemerkt werden konnte, wie ich das sonst von herkömmlichen Korkläufern kenne - auch hatte ich die wenigen Korkläufer meines Lebens sonst eher nach warmen Sommern (2003 z.B.) und der Wein war meist nicht so kraß hinüber wie jetzt hier. Meist noch trinkbar, höchstens Babymord, da ich die Flasche dann zu zeitig trinken mußte.
Beste Grüße

Torsten

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Gerald
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von Gerald »

Hallo Torsten,

ich glaube ja nicht, dass du jetzt vom Wein- auf Devotionalienverkauf umsteigen musst wegen des in Kürze beginnenden Pilgerstroms zu deinem Marienwunder :D

Meiner Meinung nach spricht die Symptomatik für ein ganz "irdisches" Phänomen: der Korken war mit Wein vollgesaugt und porös, aber ohne Luftkanäle. Da ich mal annehme, dass die Wohnung bei dir wärmer als der Keller ist ;), ist dann der Druck in der Flasche ein bisschen gestiegen und hat den im Kork befindlichen Wein ganz langsam herausgedrückt. Wegen des (Hallo Susa, man beachte den Genitiv!) geringen Druckunterschieds und der mikroskopisch kleinen Kanäle im Korken geht das eben nur ganz langsam.

Die erwähnten likörigen oder sogar essigstichigen Noten deuten auch auf Oxidation hin, wie es bei einem fehlerhaften Korken zu erwarten wäre.

Grüße,
Gerald
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von susa »

Ich habe des Genitivs mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen :).

Torsten, hast Du diese Flüssigkeit mal probiert - die war schon auf Weinbasis, oder? Oder könnte irgendeine bei unsauberer Füllung in den Wein geratene Substanz für das Phänomen verantwortlich sein (dann wäre es reproduzierbar -> Pilgerströme ;) ).

Allerdings glaube ich schon, dass Geralds Erklärung die wahrscheinlichste ist.

lieben Gruß
susa
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Heri
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von Heri »

Hallo Torsten,

das könnte sich um einen nachträglich aufgetretenen biologischen Säureabbau handeln.
Aufgetreten deswegen, weil die Flasche vorher im (wohl kühlen) Keller lag und deine Wohnung genug Wärme aufweist, um im Wein verbliebene (Milch-)Säurebakterien den Abbau beginnen zu lassen.
Beim Abbau entsteht u.a. CO2, welche Wein durch den Korken drückt.
Essigstich sind dann daraus resultierende Sekundärfehler, da Essigsäurebakterien Sauerstoff zur Veratmung von Alkohol benötigen - Nährboden dafür der aus dem Korken ausgetretene Wein.
Entweder hat der Wein keinen kompletten Säureabbau im Fass vollzogen und/oder man hat bei der Abfüllfiltration geschludert.

Gruss
Heri
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Gerald
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Re: Seltsamer Weinfehler - wer hat eine Idee?

Beitrag von Gerald »

Aber ein BSA ist bei einem vor der Abfüllung geschwefelten Wein doch recht unwahrscheinlich, da die Milchsäurebakterien recht empfindlich auf Sulfit reagieren. Oder handelt es sich um einen schwefelfrei produzierten Wein (das wäre aber ziemlich ungewöhnlich)?

Grüße,
Gerald
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