Liebe Forianer!
Ab und an sinniere ich, weshalb bei vergleichbarer Qualität Rotwein in der Regel mehr kostet als Weisswein. Meine - im Sinne der popperschen Wissenschaftstheorie zu widerlegende - Hypothese lautet, dass sich der Unterschied aus den Produktionskosten ergibt. Aber stimmt das? Wenn wir die Produktionskosten vergleichen, dann bitte solche ohne Ausbau im Holzfass, weil das ganz leicht zu Verzerrungen führt.
Bei uns im Forum gibt es ja eine ganze Mange von Profis. Wer kann mir bei der Falsifizierung meiner Hypothese weiter helfen?
Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
- Weinzelmännchen
- Beiträge: 578
- Registriert: Di 7. Dez 2010, 19:28
- Wohnort: Salzburg
Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)
Daniel
(Mit vinophilen Grüssen)
Daniel
- Gerald
- Administrator
- Beiträge: 7585
- Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
- Wohnort: Wien
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Hallo Daniel,
wir haben das vor Jahren noch zu taw-Zeiten auch schon einmal diskutiert - ohne eine wirklich einleuchtende Erklärung zu finden. Ich glaube auch, dass das mit den höheren Preisen bei gleicher Qualität nicht überall gilt. Im Burgund beispielsweise sind die Top-Weißen bekanntlicherweise auch sehr teuer (ein exakter Preisvergleich scheitert natürlich daran, dass man die "Qualität" ja nicht objektiv messen und daher nicht direkt in Relation setzen kann). Und auch in Österreich sind die Top-Weißweine und Top-Rotweine ungefähr ähnlich bepreist. Gut, die Top-Weißweine haben in den Weinführern zwar meistens höhere Punkte als die Top-Roten, da stellt sich aber - wie immer - die Frage nach der Vergleichbarkeit, da viele Verkoster eine Konsistenz ihrer Punkte nur innerhalb einer Kategorie annehmen (wodurch sich - zum x.ten Mal die Sinnfrage nach den Punkten wieder stellt ).
Ansonsten denke ich, dass es sich einfach nach Angebot und Nachfrage richtet. Rotwein strahlt offenbar irgendwie mehr den Hauch von Luxus aus. Vielleicht da - zufälligerweise? - die berühmtesten Weine der Welt Rotweine sind und sich dieses Image auf die anderen Roten überträgt?
Grüße,
GErald
wir haben das vor Jahren noch zu taw-Zeiten auch schon einmal diskutiert - ohne eine wirklich einleuchtende Erklärung zu finden. Ich glaube auch, dass das mit den höheren Preisen bei gleicher Qualität nicht überall gilt. Im Burgund beispielsweise sind die Top-Weißen bekanntlicherweise auch sehr teuer (ein exakter Preisvergleich scheitert natürlich daran, dass man die "Qualität" ja nicht objektiv messen und daher nicht direkt in Relation setzen kann). Und auch in Österreich sind die Top-Weißweine und Top-Rotweine ungefähr ähnlich bepreist. Gut, die Top-Weißweine haben in den Weinführern zwar meistens höhere Punkte als die Top-Roten, da stellt sich aber - wie immer - die Frage nach der Vergleichbarkeit, da viele Verkoster eine Konsistenz ihrer Punkte nur innerhalb einer Kategorie annehmen (wodurch sich - zum x.ten Mal die Sinnfrage nach den Punkten wieder stellt ).
Ansonsten denke ich, dass es sich einfach nach Angebot und Nachfrage richtet. Rotwein strahlt offenbar irgendwie mehr den Hauch von Luxus aus. Vielleicht da - zufälligerweise? - die berühmtesten Weine der Welt Rotweine sind und sich dieses Image auf die anderen Roten überträgt?
Grüße,
GErald
- Weinzelmännchen
- Beiträge: 578
- Registriert: Di 7. Dez 2010, 19:28
- Wohnort: Salzburg
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Hallo Gerald!Gerald hat geschrieben:Ansonsten denke ich, dass es sich einfach nach Angebot und Nachfrage richtet. Rotwein strahlt offenbar irgendwie mehr den Hauch von Luxus aus. Vielleicht da - zufälligerweise? - die berühmtesten Weine der Welt Rotweine sind und sich dieses Image auf die anderen Roten überträgt?
Genau wie ich es mir gewünscht habe. Du hast meine Hypothese auf den Prüfstand gestellt und lieferst gute Argumente zur Falisfikation !
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)
Daniel
(Mit vinophilen Grüssen)
Daniel
- susa
- Beiträge: 4163
- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 16:33
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
- Wohnort: Niederrhein
- Kontaktdaten:
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Das frag ich mich bei den unterschiedlichen Friseurpreisen für Damen und Herren (auf die vergleichbaren Leistungen heruntergebrochen!) auch immer .
Aber wenn es nun nicht in höheren Gestehungskosten begründet liegt, dann kann es ja nur andere Gründe haben, hauptsächliche die, dass sich für Rotweine höhere Preise erzielen lassen (siehe auch Friseurbeispiel).
lieben Gruß
susa
Aber wenn es nun nicht in höheren Gestehungskosten begründet liegt, dann kann es ja nur andere Gründe haben, hauptsächliche die, dass sich für Rotweine höhere Preise erzielen lassen (siehe auch Friseurbeispiel).
lieben Gruß
susa
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
...wenn schon elaboriert, dann bitte richtig (Falsifikation!)Weinzelmännchen hat geschrieben: Genau wie ich es mir gewünscht habe. Du hast meine Hypothese auf den Prüfstand gestellt und lieferst gute Argumente zur Falisfikation !
Ich habe irgendwo (Seite?) bei Stephan Pinkert (Weinmilieus - Kleine Soziologie des Weintrinkens, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Lit Verlag Münster, 2005) mal gelesen, dass kein Wein (Einzelflasche, 0,75l) mehr als 12 Euro in der Herstellung kosten kann. Der Rest ist wohl Marketing. Aber das muss man ja in einem Bordeaux affinen Weinforum eigentlich gar nicht groß erwähnen
Grüße Alexander
- Gerald
- Administrator
- Beiträge: 7585
- Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
- Wohnort: Wien
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Hallo,
Stell dir vor, du hast ein Château in Bordeaux nicht etwa geerbt, sondern gekauft (soll vorkommen) und mit einem Kredit finanziert. Da muss man die Kreditzinsen ebenfalls einrechnen - und die alleine werden bei einem 1er wohl höher als die genannten 12 Euro pro Flasche sein...
Grüße,
Gerald
sorry, ich fürchte das ist eine Milchmädchenrechnung, da sie - zumindest - die kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital (insb. den Boden) vergisst.dass kein Wein (Einzelflasche, 0,75l) mehr als 12 Euro in der Herstellung kosten kann
Stell dir vor, du hast ein Château in Bordeaux nicht etwa geerbt, sondern gekauft (soll vorkommen) und mit einem Kredit finanziert. Da muss man die Kreditzinsen ebenfalls einrechnen - und die alleine werden bei einem 1er wohl höher als die genannten 12 Euro pro Flasche sein...
Grüße,
Gerald
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Da wäre auch noch zu klären, wie die Kosten für das Marketing mit in den (Herstellungs-)Preis fließen müssen?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass eine echte Billig-Plörre tatsächlich 12,-€ in der Herstellung kostet, weil der Winzer am ganz großen Marketingrad drehen muss.
Die Kiste Warsteiner oder Krombacher kostet schließlich auch so viel wie ein gutes Bier.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass eine echte Billig-Plörre tatsächlich 12,-€ in der Herstellung kostet, weil der Winzer am ganz großen Marketingrad drehen muss.
Die Kiste Warsteiner oder Krombacher kostet schließlich auch so viel wie ein gutes Bier.
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Gerald hat geschrieben:Hallo,
sorry, ich fürchte das ist eine Milchmädchenrechnung, da sie - zumindest - die kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital (insb. den Boden) vergisst.dass kein Wein (Einzelflasche, 0,75l) mehr als 12 Euro in der Herstellung kosten kann
Stell dir vor, du hast ein Château in Bordeaux nicht etwa geerbt, sondern gekauft (soll vorkommen) und mit einem Kredit finanziert. Da muss man die Kreditzinsen ebenfalls einrechnen - und die alleine werden bei einem 1er wohl höher als die genannten 12 Euro pro Flasche sein...
Grüße,
Gerald
Es ist ja nicht meine "Milchmädchenrechnung" (schöne alte Bezeichnung, hört man nicht mehr oft ), aber im Falle eines Château-Kaufes kann diese Rechnung sicher nicht bestehen. Andereseits müsste es aber bedeuten, dass ererbte Schlösser (ohne Erbschaftssteuer eingerechnet) viel günstiger anbieten könnten und dies ist ja auch selten der Fall...vielleicht sollte man vor der nächsten Subskription erstmal Einblick ins Grundbuch verlangen ...
Beste Grüße
Alexander
- Gerald
- Administrator
- Beiträge: 7585
- Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
- Wohnort: Wien
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
zumindest nach gängigen Methoden der Kostenrechnung können sie nicht günstiger anbieten, da mit den "kalkulatorischen Zinsen" ja die fiktiven Zinsen einberechnet werden, egal ob sie jetzt tatsächlich anfallen (Fremdkapital) oder nicht (Eigenkapital), um zu einheitlichen Kosten unabhängig von den Eigentümerstrukturen zu kommen. http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkulatorische_ZinsenAndereseits müsste es aber bedeuten, dass ererbte Schlösser (ohne Erbschaftssteuer eingerechnet) viel günstiger anbieten könnten und dies ist ja auch selten der Fall...vielleicht sollte man vor der nächsten Subskription erstmal Einblick ins Grundbuch verlangen
Grüße,
Gerald
Re: Produktionskosten bei Weiss- und Rotwein
Hallo Daniel,Weinzelmännchen hat geschrieben:Liebe Forianer!
Ab und an sinniere ich, weshalb bei vergleichbarer Qualität Rotwein in der Regel mehr kostet als Weisswein. Meine - im Sinne der popperschen Wissenschaftstheorie zu widerlegende - Hypothese lautet, dass sich der Unterschied aus den Produktionskosten ergibt. Aber stimmt das? Wenn wir die Produktionskosten vergleichen, dann bitte solche ohne Ausbau im Holzfass, weil das ganz leicht zu Verzerrungen führt.
Bei uns im Forum gibt es ja eine ganze Mange von Profis. Wer kann mir bei der Falsifizierung meiner Hypothese weiter helfen?
meines Erachtens gehen die bisherigen Antworten am Kern Deiner Frage vorbei. Rotwein muss - bei vergleichbarer Qualität - teurer als Weißwein sein, allein schon, weil die Herstellkosten höher sind.
Der höhere Aufwand beginnt bereits im Weinberg, weil Rotweintrauben (weitestgehend) botrytisfrei verarbeitet werden müssen, da bei einem Botrytis-Befall der Trauben die roten Farbpigmente zerstört werden und zudem Botrytistöne im Rotwein unerwünscht sind. Daher ist höherer Aufwand im Weinberg und bei der Lese zu betreiben, was sich auf die Kosten und die Erntemenge niederschlägt.
Weiterhin müssen die angelieferten Rotweintrauben entrappt werden, bevor sie vergoren werden können. Zudem muss zusätzlich eine Farbstoffextraktion mittels Maischerhitzung oder (mehrtägiger) Maischegärung erfolgen, was deutlich aufwändiger und risikobehafteter ist als die Verfahrensschritte bei der Weißweinherstellung (Pressung ohne Entrappung, Mostvergärung mit der Möglichkeit der Vorklärung).
Grüße
Hartmut
Zuletzt geändert von harti am Mo 4. Jul 2011, 10:58, insgesamt 1-mal geändert.