Soller hat geschrieben:mich würde mal interessieren, wann Ihr in etwa bei den GG Rieslingen die optimale Trinkreife sieht. Ich habe in letzter Zeit einige junge Große Gewächse aus unterschiedlichen Regionen getrunken, die meiner Meinung nach noch sehr säurebetont waren (Schloss Johannisberg Silberlack 2012, von Winning Kirchenstück 2014, Robert Weil Kriedrich Gräfenberg 2014 usw.).
Hallo Soller,
das hängt vom persönlichen Geschmack, vom Winzer, vom Jahrgang und noch einigen weiteren Faktoren ab. Ganz generell gilt für mich:
Vorab: ich persönlich mag Weine lieber ein paar Jahre länger als ein paar Jahre kürzer gereift. Für mich schmeckt ein Großes Gewächs bzw. dessen Vorläufer am besten, wenn (i) keine oder kaum offensichtliche Reifenoten (Firne, oxidative Noten, o.ä.) zu erkennen sind, (ii) jugendbedingte Faktoren wie z.B. Primärfrucht oder Restgärkohlensäure nicht mehr spürbar sind, (iii) der Wein trotzdem noch schwungvoll ist und (iv) der Wein komplex ist, d.h. die Aromen miteinander verwoben sind, nicht mehr stark einzeln erkennbar sind.
Die Erfahrung zeigt, dass gar nicht mal so viele Riesling GGs dieses Stadium erreichen. Das Untere gilt deshalb nur für die absoluten Top-GGs. Als Faustregel kann man sich ganz grob an Folgendem orientieren:
- in der ersten Fruchtphase (je nach Jahrgang zwischen ca. einem halben Jahr und ca. zwei bis drei Jahren) sind die meisten GGs sehr vergnüglich. Nur die Komplexität ist oft noch nicht ausgeprägt.
- Dann kommt eine relativ schwierige Phase, in der Weine aus warmen Jahrgängen (wie 2009 oder 2011) lätschig und ältlich schmecken und Weine aus kühlen Jahrgängen (wie 2004 oder 2008) karg, leer, säurebetont und unzugänglich schmecken.
- Ab ca. acht bis zehn Jahren nach der Lese fangen die guten Weine dann wieder an, Spaß zu machen und man kommt so langsam dem Plateau näher.
- Für meinen persönlichen Geschmack erreichen die Top-Weine von z.B. Bürklin-Wolf, Emrich-Schönleber, Dönnhoff, Keller, Wittmann, Koehler-Ruprecht oder Breuer ihr Plateau ca. 10 bis 12 Jahre nach der Lese. Und dann kann man sie eigentlich auch austrinken. Viel passieren tut ab dem Zeitpunkt regelmäßig nicht mehr.