So 30. Apr 2023, 00:28
Zur Porree-Steinpilz-Quiche wollte ich für meinen besten Freund etwas Besonderes aufmachen. Die erste Wahl fiel auf die "Opferflasche" des
2021 Clos des Papes, den ich eh probieren wollte. Während die Quiche in den Ofen wanderte, probierten wir schonmal die Weine: Der CdP zeigte erstmal eine neutrale, um nicht zu sagen: nichtssagende Nase. Am Gaumen kam dann ein wenig mehr, aber die Aromatik war insgesamt eigentlich nur zu erahnen. Die Struktur war allerdings schön, und die Frische für einen Südrhônewein bemerkenswert. Insgesamt wirkte der Wein geradezu filigran - für C9 umso bemerkenswerter! - und mein Freund und ich waren uns einig, daß der Wein zu zart für die Quiche sein und vermutlich daran zerschellen würde.
Wesentlich passender schien der
2015 Château de Montfaucon Vin de Mme la Comtesse; jedenfalls war er kräftiger, leicht oxidativ, mit feiner Komplexität und Tiefe der uralten (130-150 Jahre) Clairette. Es gab auch noch einen "Ersatz" für den CdP, der aber hier nur eine Nebenrolle spielt und deshalb keine weitere Erwähnung findet..
Zum Essen dann die erste Überraschung: Wider Erwarten verlor der Lirac viel seines Charmes; nicht unerhebliche Teile der Komplexität und Frucht wurden überdeckt. In der Konsequenz traten die "negativen Bestandteile", z.B. der Alkohol, deutlicher hervor.
Da auch der "Ersatzwein" nicht so richtig gut funktionierte, und weil Mme l'Amatrice auch unserer beider Skepsis nicht ganz teilte, probierten wir doch noch einen wönzigen Schlock des Cdp zur Quiche. Das Ergebnis war ebenso überraschend wie sensationell! Nicht nur hielt der so filigrane, wenn auch durch die Luft inzwischen etwas offenere CdP der Quiche mühelos stand; es ergab sich eine wunderbare
Marriage, von der beide Seiten profitierten! Der Wein, aromatisch immernoch zart, zeigte nun weiße Aromen von Blüten und Früchten; am ehesten kam die Assoziation zarter Birne auf. Und auch die Quiche profitierte von der unangestrengt frischen Substanz des Weins. Obwohl der Clos des Papes erheblichen Rückstand auf die anderen beiden Weine hatte, gewann er den Flasche-leer-Wettbewerb mit Leichtigkeit und Riesenvorsprung.
Nie im Leben hätte ich dieses Ergebnis erwartet! Gleich zweimal lag ich mit meiner Einschätzung des Zusammnspiels daneben, und zwar nicht nur ein bißchen, sondern mehr oder weniger komplett. Dieses eindrucksvolle Erlebnis erdet nicht nur gründlich, sondern animiert auch zu mehr Experimenten.