Ein besonderes Wochenende in Bodenheim!

Hallo zusammen,

zugegeben etwas spät anbei meine Notizen der Weine von unserem wunderbaren Weinwochenende in Bodenheim. Die Fassproben habe ich mir geschenkt, weil es mir zur Beurteilung und Beschreibung schlicht an Erfahrung mangelt. Auch der ein oder andere Wein der Abend-Programme scheint mir durch die Lappen gegangen zu sein.

Ich hoffe, ich trete niemandem Noten-mäßig auf den Schlips – insbesondere die Spanier scheinen einfach mein Euphorie-Zentrum nicht auf breiter Basis anzusprechen....

Fox Creek -Shiraz Reserve 1998
Aceton, Rumtopf. Trotzdem schöne Frucht. Anmachend. Sexy. Kriegt etwas sehr duftiges. Am Gaumen erweist sich der Wein als echter Plombenzieher. Säure, Tannine, Struktur - da ist alles - vorsichtig gesagt - im Übermaß vorhanden. Fans von Kraftprotzen mögen hier erheblich höher werten, für mich ist ein Glas interessant und auch beeindruckend - vor allem aber völlig ausreichend. (90)

Almaviva 2004
Aus der Magnum. Sehr, sehr dunkel. Passionsfrucht (!), Cassis. Der riecht, als hätte irgendwer mehr als einen guten Schuß Sauvignon Blanc in den Wein rein gekippt. Am Gaumen extrem dicht, alles gut in der Balance. Ein sehr eigenständiger, vielleicht sogar seltsamer Wein, der bei aller Kraft aber wunderbare Balance zeigt. Klasse. (92)

Van Volxem - Riesling "Volz“ 2005
Aus der Magnum. Und mal wieder will sich der Reiz der Van Volxem-Weine für mich auf hohem Niveau nicht recht erschließen. Etwas gemüsige, seltsame Nase. Am Gaumen relativ gute Struktur (relativ für Van Volxem), schöne Länge. Aber eben etwas filigran, meint: schwach auf der Brust, wie die vV-Weine eben so sind. Na ja, nicht schlimm, dann trinke ich den Fans wenigstens nichts weg. (90)

Chateau Certan de May 1995
In der Nase klar als Bordeaux erkennbar. "Schöner" Stinker. Tolle, geschliffene Fruchtsüße. Am Gaumen dicht, mittlere Länge, Wirkt noch etwas ruppig und hohl, was aus meiner Sicht weniger an der mangelnden Qualität als an der Jugendlichkeit liegt. Klasse. (91)

Chateau La Conseillante 1995
Superdichte, konzentrierte Fruchtsüße. Üppig. Großes Kino. Am Gaumen viel Frucht, noch etwas bitter. Die Länge ist noch nicht ganz da, die Tannine zerren noch etwas am Gaumen, aber man spürt alle Anlagen des großen Jahrgangs. Das wird mal sensationell. (93+)

Chateau Leoville Barton 2003
War 24 Stunden auf. Sehr üppige, expressive Frucht. Wunderbar. Fein. Am Gaumen etwas breit aber aussergewöhnlich lang. Schön aber – wen wunderts? – erheblich zu jung. (92+)

Chateau Leoville Las Cases 1995
Sehr schöne, feine wenn auch dezente Nase. Anmachende Eukalyptus-Note. Am Gaumen sehr dicht, viel Power. Die Tannine sind noch ziemlich ruppig. Trotz aller Kraftprotzerei ist vor allem in der Nase die enorme Feinheit und Eleganz schon auszumachen. Den möchte ich in fünfzehn Jahren wieder trinken – dann auch sehr gerne öfter. (92+)

Roc 2004
Aus der Doppelmagnum. Der Wein ist im Vergleich zum Vortag noch mal fruchtiger geworden. Am Gaumen etwas pralinig aber lecker. Schöne Balance. Es hapert noch etwas mit der Länge, aber das kann ja noch werden. (89)

Chateau Sociando Malet 1986
Aus der Magnum. Sieht (welch Wunder!) erheblich jünger aus als der parallel getrunkene 83er Talbot. Wunderbare, dichte, elegante Fruchtsüße. Toll! Die Nase ist so jung und antörnend, wie ein unentwickelter Bordeaux nur sein kann. Natürlich kann man sich berechtigte Frage stellen, wie lange es wohl noch dauern wird, bis diese Schönheit wirklich reif sein wird. Aber lecker finde ich sie jetzt trotzdem schon. Am Gaumen extrem dicht, körperreich, drückend. Power ohne Ende. Großartig plus. (94+)

Chateau Talbot 1983
Aus der Magnum. Deutlicher Wasserrand,. Wunderbare üppige, rotbeerige Bordeaux-Nase. Etwas Stall, mineralisch. Am Gaumen schön aber etwas wenig Struktur und eher schon über den als obern auf dem Berg. Trotzdem sehr, sehr lecker. (90)

Henri Rebourseau - "Clos Vougeot" Grand Cru 1999
Dunkel, leichter Wasserrand. Tolle ätherische Nase. Sehr schöne Fruchtsüße. Am Gaumen dicht, balanciert, sehr schöne Länge, elegant. Die Säure sticht noch deutlich heraus, aber das kann sich ja mit den Jahren noch geben. (90+)

Domaine Gauby - Côtes de Roussillon Villages Vieilles Vignes 2003
Kakao. Schokolade. SEXY!!! Ein Hauch Rumtopf. Der riecht wie ein großer, moderner Kalifornier. Am Gaumen tragende Säure, großartige Länge. Schöne Frische, die vor allem vor dem Hintergrund des heißen Jahres wirklich erstaunlich ist. Der ganze Wein ist bei aller Üppigkeit wunderbar frisch, elegant und balanciert. Gefällt mir sehr gut. (92)

Chateau de Beaucastel - Roussanne Vieilles Vignes 2008
Tolle Nase: zitronig. Sehr üppig: Orange, cremig, kräuterig. Auch am Gaumen tolle Würze, stoffig, tragende Säure. Sehr, sehr lang. Bisher hat mich weisser Chateauneuf noch sehr selten angetörnt, aber das hier ist wirklich großer Stoff. (93)

Domaine Santa Duc – Gigondas 2007
Wow! Megareif, die volle Fruchtbombe. Unglaublich üppig. Würzig. Am Gaumen sehr, sehr lang. Schön eingebundene Säure, gute Balance. Der hat aktuell zuviel von allem, aber davon ausgehend wie sich frühere Jahrgänge entwickelt haben, könnte hier ein wirklich schöner Wein entstehen. Wenn ich dazu einen scharfen Blick auf das Preisschild werfe, kribbelt es mir mächtig in meinem Weinkauf-Reflex-Hirnzentrum. (91+)

Aldo Conterno - Barolo "Bussia Soprana" 1990
Schon beim Doppeldekantieren erfüllt ein wunderbarer, expressiver Duft nach gereiftem Nebbiolo den Raum. Dann, zwei Stunden später: Breiter Wasserrand: Tee, Eukalyptus, Rosen, tolle Fruchtsüße. Mit der Zeit Schokolade und Nussaromen. Am Gaumen sehr schöne, balancierte Länge. Tragende Säure. Super. (92)

Angelo Gaja - "Darmagi" Cabernet Sauvignon 1990
Doppel-dekantiert, ca. eine Stunde später getrunken. Sehr, sehr dunkel. Wirkt extrem jung. Meine erste Assoziation ist: Kalifornien. Leichte Aceton-Note, Rumtopf. Doch durch genau diese Rumtopf-Note lasse ich mich so oft hinters Licht führen. Denn die ist keineswegs ein Hinweis auf eine Region (Kalifornien), sondern auf einen bestimmten Typ Wein. Ich vermute, dass die Note entsteht, wenn Trauben extrem reif oder sogar überreif geerntet werden. Deshalb findet man die Aromen sowohl in Kaliforniern wie dem 97er Monte Bello oder dem 2001er Bryant Family Vineyard als auch im 98er Fox Creek.
Mit der Zeit verfliegt diese Note und gibt wunderbar dichte Frucht und erdige, mineralische Noten frei. Wirkliche Piemont-Typizität will sich aber nicht einstellen. Am Gaumen ist der Wein ein unglaublich junges Geschoss, dass (leider) viel zu wenig Luft bekommen hat. Sehr dicht, extrem lang aber noch austrocknende Tannine, jung, astringierend. Das ist Weltklasse im Werden, allerdings muss der Wein mindestens noch mal fünf, besser zehn Jahre in den Keller. Ich hätte blind auf einen jungen Turbo-Kalifornier aus den 2000er Jahren getippt. Dementsprechend schockiert war, als Harti den Flight aufdeckte. ( 92+)

Avignonesi - Desiderio Merlot 2000
Aus der Magnum. Stumpfe, eingepackte Nase. Am Gaumen trockene Tannine, mittlere Länge. Unharmonisch. Seelenlos. Entweder verschlossen oder auf dem Weg ins Trocken-Nirvana. (86)

Heribert Bayer - In Signo Leonis 2001
Aus der Magnum. Schönes, dichtes Rot. Leichter Wasserrand. Medoc! Macht schön auf. Viel Frucht, würzig. Klasse. Wirkt sehr jung. Deutlich gefälliger und antörnender als der 2001er Desiderio. Am Gaumen lecker wenn auch nicht übermäßig lang und konzentriert. (90)

Can Rafols del Caus - Gran Caus Negre Reserva 1998
Aus der Magnum. Tutti Frutti. Kühle Nase. Komplex. Gefällt mir. Etwas stinkig. Samtig. Kriegt im Glas etwas Minziges. Am Gaumen viel Säure, trocknet aus. Ziemlich lang, aber unbalanciert. Könnte zu jung sein, glaube ich aber nicht. Macht auf mich eher den Eindruck eines Weines, der auf dem Weg in den Keller ist. (86)

Clos Figueras - Clos Figueras 2001
Wunderbare, rumtopfige, üppige Frucht. Sexy!! Anmachend. Am Gaumen etwas körnige Tannine, lang. Trocknet etwas aus. Schöne Süße. Trotzdem wirkt der Wein aktuell am Gaumen etwas dumpf. (89)

Montsalvat – Selection 2001
Wieder viel Teer, Rumtopf. Dicht, aber nicht übertrieben. Geschliffen, schön. Die Nase ist klasse. Am Gaumen wenig Säure, für eine Wuchtbrumme sehr elegant. Lang, aber irgendwie fehlt mir die Spannung. (90)

Val Lach 2004
Voll auf die 12. Süß, Haarspray, von allem (Süße, Alkohol, Extrakt) zu viel. Zitrus-Noten. Für Fans junger Portweine mag das ein Vergnügen sein, für mich ist das wenn überhaupt aus "wissenschaftlichen" Gründen interessant. Am Gaumen würzig, ordentliche Säure, stoffig. Sehr, sehr lang. Der schmeckt ein bißchen, als ob man den Gauby auf ein Drittel konzentriert hätte und dabei die Frische über die Wupper gegangen wäre. Ich kann verstehen, dass man diese Art Wein beeindruckend finden kann. Mein Ding ist es nicht.(86)

Terre de Verema - Corelium 2005
Nicht so süß wie der parallel getrunkene 1994er Shafer. Viel dunkler und würziger. Pflaume. Dreht im Glas erheblich auf und wird schöner und schöner. Am Gaumen dicht, üppig, toll balanciert. Großartige Länge. (93)

Alejandro Fernandez - Pesquera Janus Gran Reserva 1994
Puhhh! Der stinkt. Am Gaumen zunächst etwas flach und hohl, das gibt sich aber. Der Wein bleibt schlank, entwickelt aber eine schöne Länge. Nur die Nase bleibt stinkig. (90)

Bodegas Vega Sicilia - Valbuena 5 anos 2001
Beide Weine (dieser und der parallel getrunkene Fox Creek Shiraz Reserve 1998) sind extrem dunkel und dicht. Frucht ohne Ende. Üppig. Blaue Beeren. Intensiv. Zigarre. Wird im Glas schöner und schöner. Am Gaumen noch extrem jung. Die Tannine trocknen etwas aus und beschlagen die Zähne. Der scheint aktuell in einer schwierigen Phase zu sein. (88)

Robert Mondavi - Cabernet Sauvignon Reserve 1996
St. Julien!!!! Pferdestall-Stinker, rote Beeren, Kaffee, tolle Mineralität. Wunderbare Nase. Am Gaumen mittlerer Körper, schöne, balancierte Länge. Die üppige Süße am Gaumen hätte einen ersten Hinweis darauf geben können, dass wir uns hier eben nicht in St. Julien sondern in Kaliforniern befinden. "Hätte", weil es mir an dem Abend nicht dämmerte... (92)

Shafer Vineyards - Cabernet Sauvignon - 1994
Wunderbar süße, üppige, samtige Nase. Der große Beerenkorb. So eine üppige und gleichzeitig elegante Fruchtsüße kriegen in Kalifornien (und nicht nur da) nur die besten hin. Am Gaumen schlank aber sehr lang. Tolle Tabak-Noten. Jetzt perfekt reif und bester Trinkspaß. Klasse. (92)

Viele Grüße,

Oliver

hallo oliver,

danke für die sehr ausführlichen notizen! da war ja wohl der sociando bei all den granaten dein wotn! das freut mich natürlich, viele grüsse sociando-martin

Chateau La Conseillante 1995
Superdichte, konzentrierte Fruchtsüße. Üppig. Großes Kino. Am Gaumen viel Frucht, noch etwas bitter. Die Länge ist noch nicht ganz da, die Tannine zerren noch etwas am Gaumen, aber man spürt alle Anlagen des großen Jahrgangs. Das wird mal sensationell. (93+)

Schön zu lesen, dass einer meiner Lieblingsjahrgänge von La Conseillante auch dir gut geschmeckt hat. Ich hatte den Wein in den letzten Jahren mehrmals im Glas und bin jedesmal voll begeistert. Ich sah sie regelmässig zwischen 18 und 19 Punkten (93-96). Schön, dass Mr. P hier nur 89 gibt, somit bleibt der Wein einigermassen bezahlbar.

Gruss,

Adrian

Auch wenn es etwas verspätet kommt, so möchte ich mich recht herzlich bei Oliver für die interessanten Verkostungsnotizen bedanken, die es mir ermöglichten den netten Abend noch einmal gedanklinch Revue passieren zu lassen.

Schade das der von mir mitgebrachte Clos Figueras 2001 sich nicht so präsentierte, wie ich und einige andere es erwartet hätten. Sowohl die Rumtopf/Marmelade Aromen sowie die Süsse war auch mir zu viel und zu vordergründig. Die sonst von diesem Wein gewohnte packende Mineralik fehlte sowohl an der Nase als auch am Gaumen. Für das nächste Treffen wird vorher probiert, wie sich das Mitbringsel gerade präsentiert